Ka0sGiRL
29.04.2007, 23:33
SZ: Heute geht es um vergleichbare Fragen. Russland wehrt sich vehement gegen die Pläne der USA, in Polen Raketen und in Tschechien eine Radarstation zu installieren. Was ist Ihre Meinung?
Havel: Ich bin eindeutig der Meinung, dass dieser Radar bei uns zu stehen hat. Ich habe eine ganze Reihe von Gründen dafür. Mir scheint, dass das Projekt zu einer Festigung der Sicherheit beiträgt. Unser Land ist zwar Mitglied der Nato-Allianz, was unter dem Aspekt der Sicherheit sehr gut ist, aber es ist sicherheitsmäßig noch nicht völlig verankert. Das Projekt Radarschirm ist für die Sicherheit des Staates sehr gut, es ist ein sehr guter Schutz gegen mögliche Bedrohungen. Überdies kostet es uns nichts, und es stärkt die tschechisch-amerikanischen Beziehungen. Es ist immer gut, wenn Amerika ein bisschen in Europa verankert ist. Denn die größte Gefahr für Europa ist Europa selbst. Seien wir uns immer dessen bewusst, welche Weltkriege hier in Europa ausgebrochen sind, und die Amerikaner haben dann immer die Situation gerettet. Mir scheint, dass deren Anwesenheit im ganzen auch für Europa gut ist, zumal wenn es um Systeme geht, die durch und durch der Verteidigung und nicht dem Angriff dienen.
SZ: Aber es gibt in Tschechien starken Widerstand dagegen.
Havel: Wenn sich heute bei uns Stimmen dagegen erheben, sind das durchaus unglaubwürdige und heuchlerische Stimmen, weil im vorgesehenen Stationierungsgebiet 20 Jahre lang ganze Divisionen ausländischer Truppen eines totalitären Staates standen, und niemand hat einen Laut von sich gegeben. Und wenn die Menschen Freiheit haben, dann beginnen sie zu meckern gegen eine Radarkugel im Brdy-Gebirge. Mir kommt das so tschechisch-kleinkariert vor, so heuchlerisch und miefig. Jeder möchte jetzt darüber reden, ob diese Raketen auch die anderen Raketen treffen, die sie treffen sollen, und wieviel das die Steuerzahler kostet und ob dieses ganze System nicht überflüssig ist. Sie machen sich Sorgen, ohne dafür auch nur eine Krone zahlen zu müssen. Dieses System wird jetzt seit 15 Jahren entwickelt, und wenn die Amerikaner dafür ihre Milliarden ausgeben, dann hat das ja wohl Hand und Fuß. Aber mehr als diese fachliche Seite interessiert mich die moralische Seite dieser tschechischen Haltung, dieser Tradition - ob wir die sein werden, die immer abwarten, wie eine Sache ausgeht, oder ob wir uns an einer gemeinsamen Sicherheit und Verteidigung beteiligen wollen. Und interessanterweise bringen einige Politiker das halbgare Argument vor, sie würden zustimmen, wenn das Radar ein Bestandteil der Streitkräfte der Allianz wäre. Es sei aber nur eine bilaterale Angelegenheit, sodass sie nicht zustimmen könnten. Nun, das ist eine technische Sache, dass das derzeit ins Nato-System nicht eingegliedert werden kann. Aber vor allem amüsiert mich, dass das Leute sagen und sich auf die Nato hinausreden, die früher gegen unsere Mitgliedschaft waren. Und jetzt ist sie ihnen wieder recht.
http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/952/111841/2/
SZ-Interview mit Vaclav Havel - komisch dass es hierzulande so still ist.
Havel: Ich bin eindeutig der Meinung, dass dieser Radar bei uns zu stehen hat. Ich habe eine ganze Reihe von Gründen dafür. Mir scheint, dass das Projekt zu einer Festigung der Sicherheit beiträgt. Unser Land ist zwar Mitglied der Nato-Allianz, was unter dem Aspekt der Sicherheit sehr gut ist, aber es ist sicherheitsmäßig noch nicht völlig verankert. Das Projekt Radarschirm ist für die Sicherheit des Staates sehr gut, es ist ein sehr guter Schutz gegen mögliche Bedrohungen. Überdies kostet es uns nichts, und es stärkt die tschechisch-amerikanischen Beziehungen. Es ist immer gut, wenn Amerika ein bisschen in Europa verankert ist. Denn die größte Gefahr für Europa ist Europa selbst. Seien wir uns immer dessen bewusst, welche Weltkriege hier in Europa ausgebrochen sind, und die Amerikaner haben dann immer die Situation gerettet. Mir scheint, dass deren Anwesenheit im ganzen auch für Europa gut ist, zumal wenn es um Systeme geht, die durch und durch der Verteidigung und nicht dem Angriff dienen.
SZ: Aber es gibt in Tschechien starken Widerstand dagegen.
Havel: Wenn sich heute bei uns Stimmen dagegen erheben, sind das durchaus unglaubwürdige und heuchlerische Stimmen, weil im vorgesehenen Stationierungsgebiet 20 Jahre lang ganze Divisionen ausländischer Truppen eines totalitären Staates standen, und niemand hat einen Laut von sich gegeben. Und wenn die Menschen Freiheit haben, dann beginnen sie zu meckern gegen eine Radarkugel im Brdy-Gebirge. Mir kommt das so tschechisch-kleinkariert vor, so heuchlerisch und miefig. Jeder möchte jetzt darüber reden, ob diese Raketen auch die anderen Raketen treffen, die sie treffen sollen, und wieviel das die Steuerzahler kostet und ob dieses ganze System nicht überflüssig ist. Sie machen sich Sorgen, ohne dafür auch nur eine Krone zahlen zu müssen. Dieses System wird jetzt seit 15 Jahren entwickelt, und wenn die Amerikaner dafür ihre Milliarden ausgeben, dann hat das ja wohl Hand und Fuß. Aber mehr als diese fachliche Seite interessiert mich die moralische Seite dieser tschechischen Haltung, dieser Tradition - ob wir die sein werden, die immer abwarten, wie eine Sache ausgeht, oder ob wir uns an einer gemeinsamen Sicherheit und Verteidigung beteiligen wollen. Und interessanterweise bringen einige Politiker das halbgare Argument vor, sie würden zustimmen, wenn das Radar ein Bestandteil der Streitkräfte der Allianz wäre. Es sei aber nur eine bilaterale Angelegenheit, sodass sie nicht zustimmen könnten. Nun, das ist eine technische Sache, dass das derzeit ins Nato-System nicht eingegliedert werden kann. Aber vor allem amüsiert mich, dass das Leute sagen und sich auf die Nato hinausreden, die früher gegen unsere Mitgliedschaft waren. Und jetzt ist sie ihnen wieder recht.
http://www.sueddeutsche.de/ausland/artikel/952/111841/2/
SZ-Interview mit Vaclav Havel - komisch dass es hierzulande so still ist.