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Vollständige Version anzeigen : Ideen erschaffen keine Staaten, sie verhindern sie.



Platon
26.04.2007, 13:59
Von manchen Staatsideologien wird immer wieder behauptet man solle einen Staat nach dem Vorbild einer Ideologie schaffen, z.B. der sozialistische Staat als Vorstufe zur klassenlosen Gesellschaft.
Ich habe allerdings die Vermutung, dass dies ein völlig falscher Ansatz ist.
Staatliche Institutionen tendieren meiner Ansicht nach immer dazu ihre Befugnisse zu erweitern - man sieht es ja derzeit auch im Kampf gegen den Terror wo Bürgerrechte immer weiter eingeschränkt werden.
Es wird manchmal davon ausgegangen, dass die Institutionen im Geiste einer Ideologie errichtet werden, ich aber behaupte, dass der Staat lediglich dadurch von einer Ideologie bestimmt wird als das er sagt: Bis hierhin und nicht weiter.
Dadurch lässt sich auch erklären warum der real existierende Sozialismus in eine totalitäre Staatsstruktur enden musste - wenn man dem Staat sämtliche Freiheiten gibt, natürlich mit dem Auftrag eine wie auch immer geartete Gesellschaft zu errichten muss man sich nicht wundern wenn sich dieser diese Freiheiten auch nimmt und auch so schnell nicht wieder abgibt.
Eine Ideologie kann den Staat weil dieser tendenziell zur Erweiterung seiner Befugnisse tendiert nicht erschaffen, eine Ideologie kann ihn nur beschränken.
Anders ausgedrückt:
Ideen erschaffen keine Staaten, sie verhindern sie.

leuchtender Phönix
27.04.2007, 22:20
Sehe ich auch so.

Staatsideologen sind immer zum Scheitern verurteilt, weil sie allein auf ihren unrealistischen Vorstellungen aufbauen.

Gewaltenteilung ist das beste mittel gegen Machtmissbrauch (kann nicht alles verhindern). Menschen sind eben keine ideellen Wesen, sondern brauchen Kontrolle.

Roter Sturm
28.04.2007, 13:44
Ihr seid wohl Anarchisten X(

FranzKonz
28.04.2007, 13:46
Nicht immer, aber immer öfter.

viator
29.04.2007, 10:42
Nur ist jeder Staat ein Konstrukt, das auf materiellen Interessen und damit entstandenen Ideen beruht.

-Die Schweiz wurde gegründet, um sich vor aggressiven Horden zu schützen, die im Auftrag des Adels mordeten und plünderten.

-Das dt. Reich wurde gegründet, um die Zollbarrieren auszuräumen und einen einheitlichen Rechtsraum zu schaffen

-die USA wurden gegründet, um die Unabhängigkeit der ehem. Kolonie zu sichern

-die Sowjetunion wurde gegründet, um der Weltrevolution eine wirtschaftliche und militärische Basis zu bieten

-die EU wurde aus den gleichen Gründen gegründet wie das dt. Reich
.....

Biskra
29.04.2007, 12:59
-die EU wurde aus den gleichen Gründen gegründet wie das dt. Reich
.....

Markante These.

viator
29.04.2007, 13:11
Markante These.

Wieso markant? Ist doch völlig logisch. Die meisten Ziele, die das dt. Reich im ersten Weltkrieg hatte, konnten doch erreicht werden:

-einheitliche Währung
-Zollunion
-Verwaltungskoordination
-freier Kapital- und Güterverkehr
-Weltmachtsposition Europas
-Rechtsangleichung

Das müsste doch allgemein bekannt sein, oder?

Biskra
29.04.2007, 13:24
Wieso markant? Ist doch völlig logisch. Die meisten Ziele, die das dt. Reich im ersten Weltkrieg hatte, konnten doch erreicht werden:

-einheitliche Währung
-Zollunion
-Verwaltungskoordination
-freier Kapital- und Güterverkehr
-Weltmachtsposition Europas
-Rechtsangleichung

Das müsste doch allgemein bekannt sein, oder?

Im Ersten Weltkrieg? Wie kommst du denn darauf?

Die EU entstand aus dem Bestreben einen einheitlichen Wirtschaftsraum zu schaffen. Montanunion, Euratom etc. waren die Schritte dazu.
Die Zollunion gab es übrigens schon vor dem dt. Reich und war Folge der Aufhebung der Kontinentalsperre.

viator
29.04.2007, 16:45
Im Ersten Weltkrieg? Wie kommst du denn darauf?



Darüber soll es sogar Bücher (z.B. Fritz Fischer, Griff nach der Weltmacht) geben. Im Werk von Fischer wird anhand hunderter Dokumente die Kriegszielpolitik und Diplomatie erläutert; es beschreibt die militärische Seite nur unwesentlich. Die dt. waren doch im ersten Weltkrieg noch nicht vollständig barbarisiert und wollten nicht Europa dauerhaft versklaven oder Völker ermorden. Sie wollten ökonomische Vorteile durch einen vergrößerten Markt entwickeln, was durch die EU nun auf friedliche Weise umgesetzt werden konnte. Die Kriegsziele sind also größtenteils erreicht und das ohne Krieg.

SteveFrontera
29.04.2007, 17:39
Eine politisch/soziologische Theorie ist die Konflikttheorie. Ein demokratischer Staat hat immer mehrere Ideologien, die in den Wettbewerb treten.

Biskra
29.04.2007, 18:15
Darüber soll es sogar Bücher (z.B. Fritz Fischer, Griff nach der Weltmacht) geben. Im Werk von Fischer wird anhand hunderter Dokumente die Kriegszielpolitik und Diplomatie erläutert; es beschreibt die militärische Seite nur unwesentlich.

Dann erläutere mal inwiefern Fischer mit seinem Buch folgende von dir angesprochenen Ziele formulierte:

-einheitliche Währung
-Zollunion
-Verwaltungskoordination
-freier Kapital- und Güterverkehr
-Weltmachtsposition Europas
-Rechtsangleichung

viator
29.04.2007, 20:15
Dann erläutere mal inwiefern Fischer mit seinem Buch folgende von dir angesprochenen Ziele formulierte:

-einheitliche Währung
-Zollunion
-Verwaltungskoordination
-freier Kapital- und Güterverkehr
-Weltmachtsposition Europas
-Rechtsangleichung

Ist das noch wesentlich zu intensivieren? Dann solltest du es selbst lesen - du erhältst es in jeder gut sortierten Uni-Bibliothek.

Was eine Währung ist, ist bekannt, oder?
Was eine Zollunion ist auch, oder?
.....

Biskra
29.04.2007, 20:17
Ist das noch wesentlich zu intensivieren? Dann solltest du es selbst lesen - du erhältst es in jeder gut sortierten Uni-Bibliothek.

Was eine Währung ist, ist bekannt, oder?
Was eine Zollunion ist auch, oder?
.....

Ich kenne die Thesen Fischers, auch das Buch habe ich schon gelesen. Was du da an Thesen sehen willst ist mir aber mitnichten dort begegnet.

Gottkaiser
01.05.2007, 17:21
Ihr seid wohl Anarchisten X(
Anarchie ist im Grunde auch die beste aller Staatsformen. Hat halt leider das gleiche Problem wie der Pazifismus. Es funktioniert in Vollendung nur, wenn alle mitmachen. Und die Zeit in der es keine Menschen mehr gibt, die gegen den sprichwörtlichen Storm schwimmen, werden wir, sofern sie je kommt, nicht mehr erleben.

Ruepel
01.05.2007, 17:53
Von manchen Staatsideologien wird immer wieder behauptet man solle einen Staat nach dem Vorbild einer Ideologie schaffen, z.B. der sozialistische Staat als Vorstufe zur klassenlosen Gesellschaft.
Ich habe allerdings die Vermutung, dass dies ein völlig falscher Ansatz ist.
Staatliche Institutionen tendieren meiner Ansicht nach immer dazu ihre Befugnisse zu erweitern - man sieht es ja derzeit auch im Kampf gegen den Terror wo Bürgerrechte immer weiter eingeschränkt werden.
Es wird manchmal davon ausgegangen, dass die Institutionen im Geiste einer Ideologie errichtet werden, ich aber behaupte, dass der Staat lediglich dadurch von einer Ideologie bestimmt wird als das er sagt: Bis hierhin und nicht weiter.
Dadurch lässt sich auch erklären warum der real existierende Sozialismus in eine totalitäre Staatsstruktur enden musste - wenn man dem Staat sämtliche Freiheiten gibt, natürlich mit dem Auftrag eine wie auch immer geartete Gesellschaft zu errichten muss man sich nicht wundern wenn sich dieser diese Freiheiten auch nimmt und auch so schnell nicht wieder abgibt.
Eine Ideologie kann den Staat weil dieser tendenziell zur Erweiterung seiner Befugnisse tendiert nicht erschaffen, eine Ideologie kann ihn nur beschränken.
Anders ausgedrückt:
Ideen erschaffen keine Staaten, sie verhindern sie.


Ideen erschaffen keine Staaten, sie verhindern sie.

Falsch ! siehe Israel !

-jmw-
02.05.2007, 11:16
Anarchie ist im Grunde auch die beste aller Staatsformen. Hat halt leider das gleiche Problem wie der Pazifismus. Es funktioniert in Vollendung nur, wenn alle mitmachen.
Hmm...
Versteh ich nicht.
Warum sollten denn alle mitmachen müssen?
Ich bitte ergebenst um Aufklärung! :)

Gottkaiser
02.05.2007, 18:00
Hmm...
Versteh ich nicht.
Warum sollten denn alle mitmachen müssen?
Ich bitte ergebenst um Aufklärung! :)
Kein Problem. :)

Nun... Anarchie bedeutet soviel wie Herrschaftslosigkeit. Jeder Mensch kann sich in der Anarchie (wohlgemerkt theorethisch) ohne unterdrückende Autorität und in freier Assoziation mit anderen Menschen frei entfalten. Es gibt keine Executive, keine Legislative und keine Judicative Gewalt.
Und darin liegt der Knackpunkt. Ich nehme mal an, du hast den (M.E. übrigens gelungenen) Film Mad Max gesehen. Das gibt ein grobes Bild dessen wohin es führt. Denn damit das System funktioniert, muss jeder seine Freiheit dort enden lassen, wo sie anderen Schadet. Wenn nicht, ist es mit der Anarchie vorbei. Banden werden herrschen, Unterdrückung, Mord, Vergewaltigung etc pp wird dann auf dem Fuße folgen, weil es keine Gewalten gibt, die sie verhindern. Und damit ist die Anarchie auch schon wieder zerstört. Weil sich durch die Elemente, die nicht mit machen, eine neue unterdrückende Autorität durchgesetzt hat.

-jmw-
02.05.2007, 18:33
@ Gottkaiser

Danke für die Antwort.
So ganz verstehe ich den Punkt aber wohl noch nicht.
Du schreibst, in einer Anarchie gelte sowas wie "freie Assoziation", soweit klar, und dass es keine staatlichen Gewalten (Exekutive usw.) im eigentlichen Sinne mehr gäbe, auch klar, darum geht es den Anarchisten ja wohl. :)
Den Sprung von da zu der Aussage aber, es gäbe überhaupt keine Gewalten, die Unterdrückung, Mord, Vergewaltigung, kurz: Verbrechen an Leben, Gesundheit, Besitz ahnden würden, kann ich nicht nachvollziehen.
Warum sollte es sie denn nicht geben?
Immerhin hätten wir ja "freie Assoziation", was ja wohl die Assoziation zur Abwehr von Verbrechern, Gewalttätern usw. einschlösse (Bürgerwehr, Verein zur Gegenseitigen Hilfe etc.), oder nicht?

Vielleicht magst Du dazu ja noch was sagen.

mfg

Gottkaiser
02.05.2007, 18:43
Nun das würde das Prinzip der Gewaltlosigkeit ad absurdum führen. Um Gewalten zu ahnden muss man eine (angemessene oder gar übetriebene) Gegengewalt aufbringen. Und damit hätte man wieder eine Gewalt im System.

Wer Regeln (welche auch immer) festlegt macht sich zur Legislative.
Wer sie durchsetzt macht sich zur Executive.
Wer ihre Verstöße bestraft macht sich zur Judicative.

Wahlweise auch kombinierbar.

Damit würden die Anarchisten ihr eigenes System abschaffen.

System ist eine schlechte Wortwahl, ich weiß.

-jmw-
02.05.2007, 18:52
Nun das würde das Prinzip der Gewaltlosigkeit ad absurdum führen.
Doch heisst "Anarchie" nicht Gewaltlosigkeit, sondern Herrscherlosigkeit.
Gewalt geht auch ohne Herrscher. :)

Ausserdem stellt sich die Frage, ob man Notwehr oder Zwang zur Wiedergutmachung von Schäden sinnvoll gleichsetzen sollte mit verbrecherischer Gewalt.


Wer Regeln (welche auch immer) festlegt macht sich zur Legislative.
Wer sie durchsetzt macht sich zur Executive.
Wer ihre Verstöße bestraft macht sich zur Judicative.
Hmm...
Fussball !
Internationale Vereinigungen machen die Regeln und Schiedsrichter setzen sie am dem Spielfeld um.
Allerdings hab ich noch niemanden dies als Exekutive, Legislative und Judikative bezeichnen gehört.
Und ich glaube nicht, dass Anarchisten den Fussball verbieten würden, nur weil's da Regeln gibt, die durchgesetzt werden.

Mcp
02.05.2007, 19:11
Ideen erschaffen keine Staaten, sie verhindern sie.

Falsch ! siehe Israel !

Das Beispiel zeigt übrigens recht anschaulich wie zäh Ideen sein können. Die Idee eines neuerlichen Judenstaates ist älter ab 2000 Jahre.

Gottkaiser
02.05.2007, 19:18
Doch heisst "Anarchie" nicht Gewaltlosigkeit, sondern Herrscherlosigkeit.
Gewalt geht auch ohne Herrscher. :)

Ausserdem stellt sich die Frage, ob man Notwehr oder Zwang zur Wiedergutmachung von Schäden sinnvoll gleichsetzen sollte mit verbrecherischer Gewalt.
Herrschaft(slosigkeit) ist nicht zwingend gleichzusetzen mit Herrscher. ;)
Eine Demokratische Regierung übt auch Herrschaft aus.

Gehen wir mal über zum Begriff Autorität, damit lässt sich einfacher arbeiten. Eine Autorität bedeutet im Grunde auch nichts anderes als eine Herrschaftsbeziehung.
Die Autorität des Gesetzes (bzw der Regeln) untergräbt wieder das System.*



Hmm...
Fussball !
Internationale Vereinigungen machen die Regeln und Schiedsrichter setzen sie am dem Spielfeld um.
Allerdings hab ich noch niemanden dies als Exekutive, Legislative und Judikative bezeichnen gehört.
Und ich glaube nicht, dass Anarchisten den Fussball verbieten würden, nur weil's da Regeln gibt, die durchgesetzt werden.
Das Prinzip dahinter ist das gleiche. Der Schiri übt Autorität gegenüber den Spielern aus, ist also so gesehen zwei in einem Executive und Judicative.
Wenn wir das Fußballspiel in der Anarchie weiterspinnen, so dürfte jeder den anderen faulen.

*Sry dass ich mich da gerade so kurz fasse. Ich würds gern weiter erläutern (mach ich dann bei bedarf morgen), die Frau ruft, und ich werd heute wohl nicht mehr online gehen.

-jmw-
02.05.2007, 19:29
Eine Autorität bedeutet im Grunde auch nichts anderes als eine Herrschaftsbeziehung.
Ich sehe einen deutlichen Unterschied zwischen Herrschaft und Autorität.
Ich höre z.B. ohne Weiteres auf die Autorität eines Philosophieprofessors, wenn er über Philosophie spricht;
oder eines Klempners, wenn er mir sagt, wie mein Schaden im Hause zu richten ist;
oder meines Arztes, wenn er mir sagt, welche Heilmethoden er für richtig hält.

Doch Herrschaft üben diese Personen nicht auf mich aus.


Die Autorität des Gesetzes (bzw der Regeln) untergräbt wieder das System.*
Wenn die Regel lautet: Freie Assoziation, kann dann Zwang bzw. Gewalt, der / die ausgeübt wird gegen solche, die sich an die Regel nicht halten, als regelwidrig gelten?
Sollten wir von einer Regel mithin annehmen, dass sie ihre dauerhafte Nichtgeltung hinnehmen muss?

Sieh's mal so:
Du spielst mit Bekannten ein Gesellschaftsspiel.
An einem Punkte stellt sich die Frage, wie eine Regel zu interpretieren sei.
Die eine Deutung liesse das SPiel weiterlaufen, die andere zwänge, es zu beenden, da es nicht mehr weitergespielt werden könne.
Für welche Interpretation entschiedest Du Dich?
Ich entschiede mich für das Weiterspielen, denn das Ziel der Regeln ist der ordnungsgemässe Ablauf des Spieles und es liefe dem Sinn von Regeln zuwider, sie so zu deuten, dass das Spiel nicht weitergespielt werden könne.

Bezogen auf eine Anarchie hiesse dies:
"Zwang" wäre dann gestattet, wenn er gegen Verbrecher, Gewalttäter, allgemein gegen "Zwinger" zur Verhinderung weiteren Zwanges ausgeübt würde.

Wir finden einen ähnlichen Gedanken im Konzept der "wehrhaften Demokratie", in der ja auch nur die am "Spiel" teilnehmen dürfen, die es nicht beenden, also die Demokratie abschaffen wollen.


Wenn wir das Fußballspiel in der Anarchie weiterspinnen, so dürfte jeder den anderen faulen.
Ich habe meine Zweifel, ob DAS der Anarchiebegriff der meisten Anarchisten ist. :)

Roter Sturm
02.05.2007, 23:36
Ich habe meine Zweifel, ob DAS der Anarchiebegriff der meisten Anarchisten ist. :)

Und ich habe meine Zweifel, ob ein offizielles Ligaspiel im Fußball unter den Anarchiebegriff der meisten Anarchisten fällt. Im Straßenfußball herrscht eine Nomokratie, wie du sie schätzungsweise favorisierst, noch eher. Alle Spieler unterwerfen sich den groben Regeln des Spiels. Doch auch hier macht sich eine stärkere Anwendung von Gewalt zur Umgehung der Regeln für den eigenen Vorteil bemerkbar. Zwar tritt der Stürmer dem Abwehrspieler nicht profilaktisch in die Eier um die gegnerische Verteidigung zum Erliegen zu bringen, aber ein kräftiger Ellbogenstoß, während man sich um den Ball streitet, ist keine Seltenheit. Abgesehen von Spielern, welche die Einhaltung der Regeln für sich selbst etwas grober auslegen kommt es noch häufiger vor, dass die Interpretation eines Regelverstoßes in der Praxis abweicht. War das nun Abseits? War das ein Foul oder hat er den Ball gespielt? Wer hat wen zu Boden gerissen? Häufig wissen das die Spieler selbst nicht.

Um diese Streitigkeiten zu umgehen, gibt es in Ligen nicht nur feste Regeln, die durch einen übergeordneten Verband festgesetzt und in Feinheiten auch verändert werden, es gibt vor allen Dingen Schiedsrichter und Linienrichter, die den Einhalt der Regeln durchsetzen. Damit haben sich die Spieler den Entscheidungen der Linienrichter zu unterwerfen, wobei sich die Entscheidungen der Linienrichter wiederum dem Regelwerk zu unterwerfen haben.
Es gibt Legislative, Exekutive und Judikative. Von Anarchie keine Spur!

Gottkaiser
03.05.2007, 08:58
Ich sehe einen deutlichen Unterschied zwischen Herrschaft und Autorität.
Ich höre z.B. ohne Weiteres auf die Autorität eines Philosophieprofessors, wenn er über Philosophie spricht;
oder eines Klempners, wenn er mir sagt, wie mein Schaden im Hause zu richten ist;
oder meines Arztes, wenn er mir sagt, welche Heilmethoden er für richtig hält.

Doch Herrschaft üben diese Personen nicht auf mich aus.
Nein das tun sie schon. Sie tun es wegen ihrer Kompetenz. Und du nimmst was sie dir diktieren hin. In diesem Fällen aber auch nur, weil es sich auf deinen freien Willen begründet.



Wenn die Regel lautet: Freie Assoziation, kann dann Zwang bzw. Gewalt, der / die ausgeübt wird gegen solche, die sich an die Regel nicht halten, als regelwidrig gelten?
Sollten wir von einer Regel mithin annehmen, dass sie ihre dauerhafte Nichtgeltung hinnehmen muss?
Ja. Es sei denn, sie würden ihre Bestrafung aus freien Stücken annehmen. Die Freie Assoziation schreibt ja nicht vor, mit wem und wegen was, das ist jedem Individum frei überlassen.


Sieh's mal so:
Du spielst mit Bekannten ein Gesellschaftsspiel.
An einem Punkte stellt sich die Frage, wie eine Regel zu interpretieren sei.
Die eine Deutung liesse das SPiel weiterlaufen, die andere zwänge, es zu beenden, da es nicht mehr weitergespielt werden könne.
Für welche Interpretation entschiedest Du Dich?
Ich entschiede mich für das Weiterspielen, denn das Ziel der Regeln ist der ordnungsgemässe Ablauf des Spieles und es liefe dem Sinn von Regeln zuwider, sie so zu deuten, dass das Spiel nicht weitergespielt werden könne.
Gutes Beispiel. Was machst du denn, wenn ich mich nun dazu entscheide dass das Ende des Spiels in den Regeln steht und ich mich davon nicht abbringen lasse?
Oder aber ich einfach sage, dass ich nicht weiter mitspiele? (Warum auch immer)
Zwingst du mich doch dazu, hast du meine freie Entscheidung untergraben.



Bezogen auf eine Anarchie hiesse dies:
"Zwang" wäre dann gestattet, wenn er gegen Verbrecher, Gewalttäter, allgemein gegen "Zwinger" zur Verhinderung weiteren Zwanges ausgeübt würde.

Womit dann die Anarchie für das eine Individum aufgehoben würde.



Wir finden einen ähnlichen Gedanken im Konzept der "wehrhaften Demokratie", in der ja auch nur die am "Spiel" teilnehmen dürfen, die es nicht beenden, also die Demokratie abschaffen wollen.
Wobei sich da auch die Demokratie, gegen den freien Willen ihrer Mitglieder stellt. Aber ist ein anderes Thema.^^



Ich habe meine Zweifel, ob DAS der Anarchiebegriff der meisten Anarchisten ist. :)
Ich habe doch gesagt, zum funktionieren, darf jeder seine Freiheit nicht auf Kosten anderer ausleben.

Das Problem sind die, die gegen den Strom schwimmen. Zwingt man sie, untergräbt man seine eigenen Prinzipien.

Szenario:
Um niemanden zu verletzen mache ich mich mal selbst zum freien Radikalen, der nicht so will wie alle anderen.
Anarchie überstreckt das ganze land. Du und ich leben in einer kleinen Gemeinde.
Ich kann mich frei mit allen Assoziieren, ich möchte das aber nicht, sondern nur mit wenigen.
Nun hast du eine wunderschöne Frau. Ich will sie haben. Auch das ist (noch) okay.
Ich will mit ihr Schlafen. Aber ise will nicht. Ich bestehe auf meinen Willen, und verletze damit promt den ihren. Im Opitmalfalle kann sie selbst mit mir fertig werden. Oder du bekommst es mit.
Da es keine Gesetze gibt, kannst du wegen übertriebener Maßnahmen von niemanden belangt werden. Doch das Problem ergibt sich, dass das gleiche auch für mich gilt. Alle Gemeinschaftsmiglieder fordern von mir, dass ich Widergutmachungsdienste leiste. Ich aber lehne ab. Folge wäre wohl, dass kaum einer in der Gemeinschaft mit mir etwas zu schaffen haben will. Ist auch kein Thema. Es ist die freie Entscheidung aller, mich zu meiden. Ferner wirst mit Sicherheit du wie deine Frau und vielleicht noch weitere, ein besonderes Auge aus der Distanz auf mich werfen. Auch soweit kein Problem.
Ich trage praktisch die Konsequenzen für mein Handeln - und das ohne Rechtsprechung.

Nur dann will ich irgendwann die Gemeinschaft verlassen. Auch kein Problem. Ist meine freie Entscheidung. Ich überrede einige andere, die wenigen, die mir noch nahe Standen, mit mir zu ziehen, und ein paar davon tuen es. Gleiches Spiel. Es ist ihre freie Entscheidung mir zu folgen.
Nun sind wir fort. Doch leider nicht für immer. Die Zahl derer die mir folgen ist von Gemeinde zu Gemeinde gewachsen. Meine Leute haben ein altes Waffendepot gefunden, oder Leute in unseren Reihen entdeckt, die wissen, wie man ein paar bösartige Waffen bauen kann. Meine Leute haben Hunger und andere bedürfnise, und wir finden schnell heraus, dass es leichter ist, die ehrlichen Erträge der Gemeinden zu nehmen.
Und so kehren wir auch irgendwann in unser Dorf zurück. Ich persönlich oder ein anderer als Bote, kommt und verlangt abgaben. Ohne Umschweife lässt man erkennen, dass die Gemeinde ausgelöscht würde, wenn sie dem nicht nachkommt.
Das Dorf ist umzingelt. Ich marschiere ein. Ich entscheide mich, dass einige Söhne in mein Heer sollen. Und suche die auch promt aus. Widerworte werden nicht akzeptiert. Im schlimmsten Fall wird getötet. Dann sehe ich deine Frau und erinnere mich an unsere gemeinsame Geschichte. Sie muss auch mit. Fortan als meine Konkubine. Da ich großzügig bin, verfüge ich das auch für andere Frauen und Mädchen damit meine treuen Truppen auch was bekommen.
Alle paar Wochen oder Monate komme ich wieder. Regelmäßig wird jede Gemeinde meines Herrschaftsbereichs besucht.

Die Anarchie hätte ich abgeschafft und über sie eine Tyrannei, mit feudalen Ansätzen gelegt. Irgendwann wird meine Herrschaft sicher enden. Vielleicht mit gründung meiner eigenen Dynastie. Vielleicht wird meine Tyrannei durch die eines anderen Despoten der mit mir im Krieg lag, ersetzt. Vielleicht usupiert sich einer meiner vermeindlich ergebensten Diener auf meinen Thron. Vielleicht (hoffentlich) stürzen mich irgendwann meine unterdrückten Untertanen. Doch gewiss, wird es niemals wieder so sein, wie zuvor.

EDIT
@Roter Sturm
Danke für die Ergänzung

heinrich der löwe
03.05.2007, 11:09
Wirtschafliche und propagandistische aufrührer,wucherer ,wie die juden sind ,sind die ,die verhindern das gesundheitliche gedeihen einer staat.

-jmw-
03.05.2007, 14:46
@ Roter Sturm

Die Unterwerfung unter die Entscheidung des Schiedsrichters gehört zum Spiel, am Spiel aber nimmt man freiwillig teil.
Also ist auch die Annahme des Schiedsrichterentscheides letztlich freiwillig (- behaupte ich).


@ Gottkaiser


Ja.
Aha.
Und warum?
Welche Gründe gibt es dafür?
Ich sehe es nämlich gerade nicht so, 's scheint also nicht eindeutig zu sein.
Regeln sind, sofern sie nicht ausdrücklich anderes sagen, so auszulegen, dass weder ihr Sinn noch ihr Fortbestehen beeinträchtigt wird.
(Beispiel: Art. 79 GG schützt sich auch selber, obgleich er's nicht sagt. Ohne Eigenschutz jedoch wär er sinnlos.)


Was machst du denn, wenn ich mich nun dazu entscheide dass das Ende des Spiels in den Regeln steht und ich mich davon nicht abbringen lasse?
Oder aber ich einfach sage, dass ich nicht weiter mitspiele?
Dann steigst Du halt aus und ich denk zweimal drüber nach, ob ich nochmal mit Dir spiele. :)


Womit dann die Anarchie für das eine Individum aufgehoben würde.
Nur im Rahmen Deines Anarchiebegriffes, dessen Sinnhaftigkeit durchaus bestritten werden kann und von mir ja hier grad auch wird. :)


Das Problem sind die, die gegen den Strom schwimmen. Zwingt man sie, untergräbt man seine eigenen Prinzipien.
Nur dann, wenn das Prinzip Vermeidung jeglichen Zwanges ist.
Das muss es nicht, soweit ich das sehen kann.


Zu Deinem Szenario:


Da es keine Gesetze gibt, kannst du wegen übertriebener Maßnahmen von niemanden belangt werden.
Ich schlage als Alternative die Regel vor, dass jeder Versuch einer Zwangsanwendung nur durch soviel Gegenzwang beantwortet werden darf, wie nötig ist, um ihn zu beenden bzw. Wiedergutmachung zu bekommen, d.h., die Notwehr / Gegengewalt muss angemessen sein, darf nicht übertrieben sein.


Meine Leute haben ein altes Waffendepot gefunden, oder Leute in unseren Reihen entdeckt, die wissen, wie man ein paar bösartige Waffen bauen kann. Meine Leute haben Hunger und andere bedürfnise, und wir finden schnell heraus, dass es leichter ist, die ehrlichen Erträge der Gemeinden zu nehmen.
Und so kehren wir auch irgendwann in unser Dorf zurück. Ich persönlich oder ein anderer als Bote, kommt und verlangt abgaben. Ohne Umschweife lässt man erkennen, dass die Gemeinde ausgelöscht würde, wenn sie dem nicht nachkommt.
Öhm...
Das gefällt mir nicht.
Du machst zuviele Annahmen, die sich nett in Dein Gottkaiser-wird-General-Bethlehem-Szenario reinpassen, aber die in unserer modernen Welt doch reichlich unwirklich scheinen m.E.:
Z.B. gehst Du davon aus, dass wir keine Waffen hätten;
Du gehst davon aus, die Gegend wäre menschenleer und erstens könntet ihr irgendwo hinziehen, ohne das jemand es mitkriegt und zwotens könntet ihr zurückkommen, ohne das jemand das mitkriegt;#
Du gehst davon aus, die Gemeinden wären nicht in der Lage, eine Verteidigung zu organisieren;
usw.
Sowas mag man sich für's australische Outback oder die postatomare Kriegszone vorstellen - doch in Hamburg oder Lyon oder Northumberland oder auf der Krim säh die Sache wohl ganz anders aus.

Lange Rede kurzer Sinn: Dein Szenario ist zu speziell für ein allgemeines Thema wie Anarchie.

mfg

Gottkaiser
03.05.2007, 15:04
@ Gottkaiser


Aha.
Und warum?
Welche Gründe gibt es dafür?
Ich sehe es nämlich gerade nicht so, 's scheint also nicht eindeutig zu sein.
Regeln sind, sofern sie nicht ausdrücklich anderes sagen, so auszulegen, dass weder ihr Sinn noch ihr Fortbestehen beeinträchtigt wird.
(Beispiel: Art. 79 GG schützt sich auch selber, obgleich er's nicht sagt. Ohne Eigenschutz jedoch wär er sinnlos.)
Wenn du nur ein "Ja" von mir zitierst, kann ich den Bezug nur schwer rekonstruieren. ;)

Ich nehme mal an, dass es das "Ja" ist, das vor folgendem kam


Es sei denn, sie würden ihre Bestrafung aus freien Stücken annehmen. Die Freie Assoziation schreibt ja nicht vor, mit wem und wegen was, das ist jedem Individum frei überlassen.
Dann berücksichtige auch die vollständige Aussage und nicht einen einzelnen, in diesem Falle unzureichenden Teil.


Nur im Rahmen Deines Anarchiebegriffes, dessen Sinnhaftigkeit durchaus bestritten werden kann und von mir ja hier grad auch wird. :)
Du setzt Regeln, und Bestrafung voraus. Damit hast du das System schon zerstört.


Nur dann, wenn das Prinzip Vermeidung jeglichen Zwanges ist.
Das muss es nicht, soweit ich das sehen kann.
Welchen Teil von "Frei" hast du nicht verstanden?
Gebote und Verbote egal wie sinnvoll oder sinnlos sie sind, schränken die Freiheit ein.




Ich schlage als Alternative die Regel vor, dass jeder Versuch einer Zwangsanwendung nur durch soviel Gegenzwang beantwortet werden darf, wie nötig ist, um ihn zu beenden bzw. Wiedergutmachung zu bekommen, d.h., die Notwehr / Gegengewalt muss angemessen sein, darf nicht übertrieben sein.
Und schon machst du dich zur Legislative. :) Anarchie ade.


Öhm...
Das gefällt mir nicht.
Du machst zuviele Annahmen, die sich nett in Dein Gottkaiser-wird-General-Bethlehem-Szenario reinpassen, aber die in unserer modernen Welt doch reichlich unwirklich scheinen m.E.:
Z.B. gehst Du davon aus, dass wir keine Waffen hätten;
Du gehst davon aus, die Gegend wäre menschenleer und erstens könntet ihr irgendwo hinziehen, ohne das jemand es mitkriegt und zwotens könntet ihr zurückkommen, ohne das jemand das mitkriegt;#
Du gehst davon aus, die Gemeinden wären nicht in der Lage, eine Verteidigung zu organisieren;
usw.
Nein, davon gehst du aus. ;)
Ich gehe nur von einer Überlegenheit aus. Und die wird kommen. Es sei denn man kann mich vorher mit einem eigenen Herr unschädlich machen. Ein Anarchistisches Heer wird nur wenn wirklich Anarchistisch geführt zwangsläufig unterliegen. Es sei denn es baut sich eine Hierarchie auf. Und damit wäre die Anarchie wieder weg.
Selbst die Organisation eines Widerstandes bedarf dessen, dass alle an einem Strang ziehen, und selbst wenn es "nur" in demokratischer Form geschieht, so kommt hier der Aspekt der Herrschaft ins Spiel. Die Volksherrschaft.

-jmw-
03.05.2007, 15:35
Wäre es nicht sinnvoller, in die Begriffe "Anarchie" und "Freiheit" nur dass reinzupacken, was nicht ihre Umsetzzung verunmöglicht?

Gottkaiser
03.05.2007, 17:40
Wäre es nicht sinnvoller, in die Begriffe "Anarchie" und "Freiheit" nur dass reinzupacken, was nicht ihre Umsetzzung verunmöglicht?
Leider nicht. Jede Maßnahme zur Verhinderung, dass Freiheit genommen wird, nimmt ihrerseits wieder Freiheit.:(

-jmw-
03.05.2007, 19:57
Hmm...
Sehe ich nicht so.
Das ist kein politisch sinnvoller Freiheitsbegriff.

Gottkaiser
04.05.2007, 08:30
Ich habe doch schon so ziemlich zu anfang geschrieben, dass die Freiheit nur so weit gehen darf, dass sie keinen anderem schadet.
Du machst nur ständig den Fehler die Anarchie politisch zu sehen. Du setzt permanent Regeln voraus an die sich jeder zu halten hat. Nur ist das der Klumpfuß, in der Anarchie ist keiner gezwungen, und kann keiner gezwungen werden, sich an bestimmte Regeln und Kodizies zu halten.
Es hat schon Gründe, warum Anarchie nicht nur als Utopia wie ich es zuerst beschrieb verstanden wird, sondern auch als pures Chaos.

-jmw-
04.05.2007, 13:25
Ich habe doch schon so ziemlich zu anfang geschrieben, dass die Freiheit nur so weit gehen darf, dass sie keinen anderem schadet.
Eben.
Die Vorstellung vollkommener oder grenzenloser Freiheit als eines Tu-was-Du-willst kann vernünftigerweise nicht Grundlage sein.


Du machst nur ständig den Fehler die Anarchie politisch zu sehen.
Anarchie ist ein politisches System, Anarchismus eine politische Ideenlehre, oder nicht?
Wie soll man es anders sehen als politisch?


Du setzt permanent Regeln voraus an die sich jeder zu halten hat. Nur ist das der Klumpfuß, in der Anarchie ist keiner gezwungen, und kann keiner gezwungen werden, sich an bestimmte Regeln und Kodizies zu halten.
Doch, eben drum, weil "Zwang" nicht so breit definiert werden darf, dass er die berechtigte Abwehr freiheitsfeindlicher Übergriffe mit einschliesst.
Notwehr z.B. ist kein "Zwang" in diesem Sinne;
Wiedergutmachung ist kein "Zwang" in diesem Sinne.
Nur mit so einem eingeschränkten Zwangsbegriff können wir überhaupt arbeiten, allen anderen fehlt die Grundlage praktischer Umsetzbarkeit.
Warum aber von etwas ausgehen, was nicht umsetzbar ist?
Eben.
Da muss man dann "einen Gang runterschalten" und den Zwangs- und Freiheitsbegriff anpassen.

Gottkaiser
05.05.2007, 21:11
Eben.
Die Vorstellung vollkommener oder grenzenloser Freiheit als eines Tu-was-Du-willst kann vernünftigerweise nicht Grundlage sein.
Aber das muss von jedem selbst ausgehen.


Anarchie ist ein politisches System, Anarchismus eine politische Ideenlehre, oder nicht?
Wie soll man es anders sehen als politisch?
Nein ist es nicht wirklich. Ich schrieb auch schon, das System eine schlechte Wortwahl ist. In der Anarchie gibt es keine Politik. Keine Gesetze, keine Kräfte die Gesetze durchsetzen. Versteh das doch endlich.


Doch, eben drum, weil "Zwang" nicht so breit definiert werden darf, dass er die berechtigte Abwehr freiheitsfeindlicher Übergriffe mit einschliesst.
Notwehr z.B. ist kein "Zwang" in diesem Sinne;
Wiedergutmachung ist kein "Zwang" in diesem Sinne.
Wer legt das fest?
Du? (Als Diktator)
Die Gemeinschaft? (Als Demokratie)
;)



Da muss man dann "einen Gang runterschalten" und den Zwangs- und Freiheitsbegriff anpassen.
Damit ist es dann keine Freiheit mehr, sondern die Wertevorstellungen, die irgendwer diktiert hat.

Roter Sturm
05.05.2007, 21:34
@ Roter Sturm

Die Unterwerfung unter die Entscheidung des Schiedsrichters gehört zum Spiel, am Spiel aber nimmt man freiwillig teil.
Also ist auch die Annahme des Schiedsrichterentscheides letztlich freiwillig (- behaupte ich).

Mehr oder weniger. Es wird zwar keiner gezwungen, an einem Ligaspiel teilzunehmen, aber als Vereinsspieler hat man keine große Wahl. Und wer am Ligaspiel teilnimmt, muss sich auch dem Diktat von Regeln und Schiedsrichter unterwerfen. Aufgrund der freiwilligen Teilnahme ist die Liga zwar verträglich innerhalb einer Anarchie, aber selbst nicht anarchistisch.

-jmw-
06.05.2007, 13:47
Aber das muss von jedem selbst ausgehen.
Dann wär's unmöglich.
Wieso über ein ohnehin unmögliches System nachdenken?


Nein ist es nicht wirklich. Ich schrieb auch schon, das System eine schlechte Wortwahl ist. In der Anarchie gibt es keine Politik. Keine Gesetze, keine Kräfte die Gesetze durchsetzen. Versteh das doch endlich.
Das kommt ganz drauf an, was Du unter "Politik" und "Gesetz" verstehst, würd ich sagen.
Ist jede Regel ein Gesetz?
Ist jegliches gemeinschaftsbezogene Handeln Politik?

Alles Definitionssache.


Wer legt das fest?
Du? (Als Diktator)
Die Gemeinschaft? (Als Demokratie)
;)
Hmm...
Wenn wir einen bestimmen Zustand oder eine bestimme Art zwischenmenschlicher Beziehung mit "Freiheit" benennen und dazu "Zwang" als das Gegenteil setzen, dann scheint es mir evident, dass wir bei der genaueren Definition der Inhalte dieser beiden Begriffe Schnittmengen vermeiden müssen - denn dann könnte ein Zustand gleichzeitig Zwang UND Freiheit sein, was wir aber, da wir sie ja beide als Gegenteile setzen wollen, um mit ihnen vernünftig arbeiten zu können, vermeiden müssen.
Das "Zwang" und "Freiheit" keine Schnittmenge haben, wäre dann schlichtweg Erfordernis der Operationalisierbarkeit beider.


Damit ist es dann keine Freiheit mehr, sondern die Wertevorstellungen, die irgendwer diktiert hat.
Wer legt diesen Freiheitsbegriff fest?
Du? ;) :D

-jmw-
06.05.2007, 14:04
Aufgrund der freiwilligen Teilnahme ist die Liga zwar verträglich innerhalb einer Anarchie, aber selbst nicht anarchistisch.
Ja, das könnte man wohl so sagen. :)

Wenn wir das mal verallgemeinern, kommen wir dahin, zu sagen, dass, da wir nicht jede Organisation mit Reglement aus einer Anarchie verbannen würden können, wir die Möglichkeit freiwilligen Ein- und Austritts als ausreichend für die "Anarchieverträglichkeit" einer Organisation ansehen müssen.

Jemand Einwände?

Gottkaiser
06.05.2007, 15:48
Dann wär's unmöglich.
Wieso über ein ohnehin unmögliches System nachdenken?

Weil Menschen Utopien lieben.


Ist jede Regel ein Gesetz?
Ist jegliches gemeinschaftsbezogene Handeln Politik?

Alles Definitionssache.
Man kann alles umdefinieren wie man möchte. Statt dessen kann man auch gleich ne andere Sprache sprechen.

Aber du hast mit meiner Frage nicht verstanden worauf sie abzielte. Wer auch immer irgendwas bestimmt, in der Anarchie, macht sich selbst zumindest teilweise zum Herrscher. Ganz egal ob ein Einzelner oder Alle gemeinsam.



Wer legt diesen Freiheitsbegriff fest?
Du? ;) :D
Nö. Ich halte mich nur an die Definition des Lexikons.

Ich halte auch nichts davon Freiheit umzudefinieren. Hat man vor 60 Jahren auch schon mal gemacht und Freiheit war das nun wirklich nicht mehr.

-jmw-
06.05.2007, 17:17
Wer auch immer irgendwas bestimmt, in der Anarchie, macht sich selbst zumindest teilweise zum Herrscher.
"Bestimmen" finde ich unscharf als Begriff.
Man wird sich einigen können darüber, dass Naturwissenschaftler, Ingenieure, Mathematiker, Logiker nicht "bestimmen", wenn sie über einen Sachverhalt aussagen, dass es so und nicht anders sei.
Auch bei den empirischen Sozial- und Geisteswissenschaften wird man dazu kommen.
Schwieriger wird es, wenn wir die Empirik verlassen, doch auch dann haben wir es immernoch mit anerkannten Wissenschaftsbereichen zu tun.
Z.B. in der Philosophie.
Mein Zugang ging jetzt über die, dahingehend, dass ich schaue, welchen notwendigen Beschränkungen wir die Inhalte von Begriffen wie "Freiheit", "Zwang", "Anarchie", "Regel" usw. unterwerfen müssen, um mit ihnen arbeiten zu können, so dass sie sich u.a. nicht widersprechen.
Weiter oben habe ich dann z.B. geschrieben, dass, wenn wir "Freiheit" wollen und "Zwang" als Gegensatz dazu sehen, wir die beiden so definieren müssen, dass nicht "Freiheit" gleichzeigit "Zwang" und umgelehrt sein kann.
"Bestimme" ich dadurch irgendwas oder irgendwen?
Schwinge ich mich zum "Herrscher" auf über irgendwen oder irgendwas?
M.E. nicht - ich behaupte nur etwas über einen Sachverhalt, hier: eine Bezihung zwischen Begriffen und ihren Inhalten und dem vernünftigen Verständnis selbiger.
Mit "Herrschaft" in einem originären politischen Sinne, meine ich, hat das wenig zu tun.

Gottkaiser
07.05.2007, 06:56
"Bestimme" ich dadurch irgendwas oder irgendwen?
Schwinge ich mich zum "Herrscher" auf über irgendwen oder irgendwas?
M.E. nicht - ich behaupte nur etwas über einen Sachverhalt, hier: eine Bezihung zwischen Begriffen und ihren Inhalten und dem vernünftigen Verständnis selbiger.
Mit "Herrschaft" in einem originären politischen Sinne, meine ich, hat das wenig zu tun.
Soweit ist es ja auch noch in Ordnung. Noch verlangst du ja nicht, dass andere sich daran zu halten haben.

-jmw-
07.05.2007, 09:32
Ich behaupte, dass es nicht "unanarchistisch" wäre, würde Unwillige gezwungen, sich entsprechend zu verhalten, sondern dass dies bereits in dem Konzept "Anarchie" miteingeschlossen ist. :]

Gottkaiser
07.05.2007, 09:43
Unwillige würden gezwungen... klingt schon nach nem totalitären System.

Doch wie will die Anarchie jemanden zu irgendwas zwingen... so ganz ohne Exekutive?

-jmw-
07.05.2007, 09:51
Zu Satz 1: Dann wären alle Staaten totalitär bis ins Mark.

Zu Satz 2: "Die Anarchie" zwänge nicht. Menschen zwängen. Und die bräuchten dafür keine Exekutive, brauchen sie jetzt ja auch nicht. (Schonmal vonnem Überfall gehört, bei dem die Räuber eine Exekutive bei sich hatten?:) )

Gottkaiser
07.05.2007, 12:44
Zu Satz 2: "Die Anarchie" zwänge nicht. Menschen zwängen. Und die bräuchten dafür keine Exekutive, brauchen sie jetzt ja auch nicht. (Schonmal vonnem Überfall gehört, bei dem die Räuber eine Exekutive bei sich hatten?:) )
Nein, aber gegen sich. Achso, die "Zwinger" arbeiten gegen die Anarchie. Dann hab ich dich falsch verstanden. :)

-jmw-
07.05.2007, 13:01
Kommt jetzt drauf an, ob wir "Zwänger" in einem engen oder in einem weiten Sinne von "Zwang" verstehen. :)

Sowohl diejenigen, die im engeren Sinn zwingen, vulgo Verbrecher, brauchen keine Exekutive, als auch nicht notwendig die, die im weiteren Sinne "Zwang" ausüben gegen eben die Zwinger / Verbrecher.