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Vollständige Version anzeigen : Wie sind Persönlichkeit und Politik von Vladimir Putin zu bewerten?



Don Pacifico
18.04.2007, 23:34
Im "Fahnen-Strang" kam es heute zu kontroversen Diskussionen über die Bewertung des russischen Präsidenten Vladimir Putin. Auf Vorschlag von NITUP eröffne ich hiermit einen eigenen Themen-Strang.

1999 wurde Putin von Präsident Boris Jelzin zum Ministerpräsidenten ernannt. Als Jelzin am 31. Dez. 1999 zurücktrat, fungierte Putin als Amtierender Präsident der Russischen Föderation. Am 26. März 2000 wurde er im 1. Wahlgang zum Präsidenten gewählt. Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Putin

Die folgenden Fragen dienen zunächst einmal dazu, das Diskussionsfeld auszuloten. Selbstverständlich können auch neue Fragen eingeführt werden:

1. Wie ist Putin als Person und als Politiker zu bewerten?

- Ist er ein "roter" Diktator?
- Ist er ein Diktator von anderer Couleur?
- Ist er überhaupt kein Diktator, sondern nur ein Realist, der erkennt: Rußland muß mit harter Hand regiert werden?
- Stimmt diese letztgenannte Prämisse überhaupt?

2. Könnte Putin statt als "Diktator" eher als "Autokrator" eingeordnet werden?

Dazu eine Meinungsäußerung: Unter einem Autokrator würde ich einen Menschen verstehen, der zwar Macht z.T. rücksichtlslos umsetzt, sich aber immerhin noch an eine geschriebene Verfassung hält, während ein Diktator die Verfassung mit den Füßen tritt

3. Könnte die Politik der "gelenkten Demokratie" tatsächlich das einzige Mittel sein, Rußland in eine Demokratie nach westlichem Muster zu überführen? Ist das überhaupt Endziel der russischen Politik?

4. Wie ist die Rolle der Machthaber um Putin (Siloviki) zu bewerten?

- Ist er Erster unter Gleichen?
- Wird er von ihnen getrieben?

5. Ist die Gängelung bzw. die Vertreibung der alten "Oligarchen" eine für Rußland förderliche Politik oder führt sie das Land abwärts?

6.Wie stellt sich die Politik Putins dar, wenn man sie mit der Situation unter Boris Jelzin vergleicht?

Stuttgart25
19.04.2007, 00:03
Putin hat Russland stark gemacht. Das sieht man an den gigantischen Wachstumszahlen in der Wirtschaft. Putin hat Russland Selbstbewußtsein wiedergegeben.
Ändert aber nix daran, daß er ein skrupelloser Massenmörder ist. Im 2. Tschetschenienkrieg sind 80.000 Menschen gestorben laut Gesellschaft für bedrohte Völker.
http://www.gfbv.de/report.php?id=15&stayInsideTree=1

Daß Russland stark geworden ist freut mich, weil Russland zusammen mit China auf die USA etwas Druck ausüben können in Bezug zu der aggressiven Außenpolitik der USA.

Grotzenbauer
19.04.2007, 08:53
Das Zuschlagen der Staatsmacht hat nichts mit einer Paranoia im Kremel zu tun und nur bedingt mit aktuellen Wahljahr. Putin schottet sein zentral gelenktes Reich immer fugendichter gegen jeden Einfluss ab, Gleichzeitig tritt er international zunehmend offensiver auf. Hinter seiner Tagespolitik steht eine langfristiger Strategie. Das Kremel-Regime wendet sich von der europäischen Wertegemeinschaft ab und knüpft daran seinen Stolz./:(

carlson.vom.dach
19.04.2007, 09:22
3. Könnte die Politik der "gelenkten Demokratie" tatsächlich das einzige Mittel sein, Rußland in eine Demokratie nach westlichem Muster zu überführen? Ist das überhaupt Endziel der russischen Politik?


ja,denn dieses Land kennt seit jeher keine Demokratie,vielleicht ist dies so der beste Weg,wenn auch fuer den Westen nicht nachvollziehbar



4. Wie ist die Rolle der Machthaber um Putin (Siloviki) zu bewerten?


Bush wird gern die Beeiflussung durch Think Thanks vorgeworfen,bei Putin wird es nicht anders sein,mit dem Unterschied das seine Berater dem Weltmachtstatus hinterher trauern [durch das Arsenal an Nuklearwaffen ist es noch eine, wirtschaftlich wie politisch aber unbedeutend, siehe Ausdehnung des us. amerikanischen Machtbereiches in Osteuropa und Asien im ehemaligen Einflussbereich Moskaus]



5. Ist die Gängelung bzw. die Vertreibung der alten "Oligarchen" eine für Rußland förderliche Politik oder führt sie das Land abwärts?


Bisher wurden nur Oligarchen ausgeschaltet die dem Kreml nicht positiv gegenueberstanden,alle anderen sind noch immer aktiv



6.Wie stellt sich die Politik Putins dar, wenn man sie mit der Situation unter Boris Jelzin vergleicht?

erfolgereicher,er hat aber auch keine Gegner wie sie Jelzin hatte


Putin hat Russland stark gemacht. Das sieht man an den gigantischen Wachstumszahlen in der Wirtschaft. Putin hat Russland Selbstbewußtsein wiedergegeben.


Dein gigantisches Wirtschaftswachstum ist ein Luftschloss,die Wirtschaft mag dort zwar um bis zu 7% wachsen,das BIP betraegt lediglich ~800 milliarden $ [und das ist hauptsaechlich dem gestiegenen Oelpreis zu verdanken!ist somit Schwankungen unterlegen].
Die USA weisen ein BIP von ueber 13,5 Billionen $ auf - die Wirtschaft ist fast 17x groesser und weisst ,was sehr wichtig ist, eine wesentlich bessere diversifizierung auf.
Das BIP Chinas betraegt etwa 2,6 Billionen $ und ob das rasante Wachstum anhalten kann ist fraglich,bisher gibt es in der Geschichte nicht viele Vergleiche und immer wieder machen Analysten darauf aufmerksam das sich die chin. Wirtschaft ueberhitzen wird.



Daß Russland stark geworden ist freut mich, weil Russland zusammen mit China auf die USA etwas Druck ausüben können in Bezug zu der aggressiven Außenpolitik der USA.

Sie konnten weder neue Militaerbasen in Asien verhindern noch den Irakkrieg,was also setzen sie den USA entgegen?
China kauft den Weltmarkt an Oel leer,so ist das eben am freien Markt und damit kommen die USA sicher zurecht.
Was machen sie sonst?
dumme reden auf der Sicherheitskonferenz in Muenchen halten?

alberich1
19.04.2007, 10:38
Putin ist der Zar auf Zeit von Russland.Die Geheimdienstmethoden,die er unter Breschiew gelernt hat,setzt er ruecksichtslos gegen jede Opposition ein.
Er hat die Errungenschaften,die Russland unter Schnapsdrossel Jelzin erlangt hat,wie Pressefreiheit,Wahldemokratie etc nach und nach ausgehebelt.
Kritische Zeitungen und Fernsehsender wurden geschlossen,politische Gegner nach Sibirien verfrachtet,Wahlen durch Einschuechterung der Waehler gefaelscht und wer es wagt,dagegen zu demonstrieren oder nur das Pech hat,zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein,wird,wie der juengste Fall zeigt,von seinen Pruegelbullen krankenhausreif geschlagen.

Die Russen brauchen halt ihren Iwan den Schrecklichen,ob in Gestalt der Zaren,der Sowjet-Herrscher oder eben in der Putins,des kapitalistischen Zaren.

Das Altkanzler Schroeder wegen eines Poestchens im Ausichtsrat der Gaz-Prom Deutschlands Gasversorgung von einem so unberechenbaren Diktatoren abhaengig gemacht hat,spricht immerhin fuer die Art der politischen Qualitaeten der SPD.Hat er Putin nicht als einen "astreinen Demokraten" bezeichnet?

cajadeahorros
19.04.2007, 10:47
Jeder weiß, dass der russische Präsident heimlich Kinderblut trinkt. Da er nicht wiedergewählt weren kann, arbeiten KGB Wissenschaftler an der Herstellung eines Klons, der bei den nächsten Wahlen antritt - der Alternativplan sieht vor, alle anderen Politiker mit Polonium zu ermorden so dass das Volk gezwungen ist, wieder Putin zu wählen.

Russland versucht außerdem, die Gasreserven der Welt unter seine Kontrolle zu bringen um sie ausschließlich selbst zu verbrauchen.

carlson.vom.dach
19.04.2007, 11:14
Putin ist der Zar auf Zeit von Russland.Die Geheimdienstmethoden,die er unter Breschiew gelernt hat,setzt er ruecksichtslos gegen jede Opposition ein.


Der heutige Geheimdienstapparat [FSB] ist groesser als der damalige KGB.


Da er nicht wiedergewählt weren kann, arbeiten KGB Wissenschaftler an der Herstellung eines Klons....

Er kann nicht zum dritten mal nacheinander gewaehlt werden,das ist richtig.Was aber wohl geht ist das ein Strohmann den Posten des Praesidenten besetzt,dieser wird nach einiger Zeit abgesetzt[Unfaehigkeit oder sonstwas], der Retter Putin tritt auf und wird erneut Praesident,eigenartig aber laut Verfassung waere dies moeglich in Russland.

lexiphon
19.04.2007, 11:37
anfangs war er mir sympathisch; da europa-freundlich.

Jetzt stinkt er mir gewaltig, da mittlerweile sein wahres Gesicht zu Tage kommt.

Putin ist ein dunkelroter Diktator, der politisch Oppositionelle mal schnell um die Ecke bringen lässt.


Der ist noch zu ganz anderen Sachen fähig.


Hat was von Stalin.

lexiphon
19.04.2007, 11:38
Der heutige Geheimdienstapparat [FSB] ist groesser als der damalige KGB.



Er kann nicht zum dritten mal nacheinander gewaehlt werden,das ist richtig.Was aber wohl geht ist das ein Strohmann den Posten des Praesidenten besetzt,dieser wird nach einiger Zeit abgesetzt[Unfaehigkeit oder sonstwas], der Retter Putin tritt auf und wird erneut Praesident,eigenartig aber laut Verfassung waere dies moeglich in Russland.



Er könnte ja sowas wie ein Ermächtigungsgesetz erlassen :D

Don Pacifico
19.04.2007, 13:53
Der heutige Geheimdienstapparat [FSB] ist groesser als der damalige KGB.

Er kann nicht zum dritten mal nacheinander gewaehlt werden,das ist richtig.Was aber wohl geht ist das ein Strohmann den Posten des Praesidenten besetzt,dieser wird nach einiger Zeit abgesetzt[Unfaehigkeit oder sonstwas], der Retter Putin tritt auf und wird erneut Praesident,eigenartig aber laut Verfassung waere dies moeglich in Russland.

Zustimmung: Ich halte das sogar für die wahrscheinlichste Variante des politischen Finassierens dort.
Vom moralischen Standpunkt würde ich das verurteilen, doch in der Politik zählt Moral fast nichts.
Was mir hier auch auffällt: So, wie die Staatsduma derzeit arbeitet, scheint es nicht möglich zu sein, daß Leute hervortreten, welche den politischen Machtinstinkt eines Putin besitzen, zugleich aber auch wahrhaften Reformwillen zeigen. Wo hörten wir von so jemandem? Das ist doch bezeichnend gegenüber z.B. den USA, wo es viele Alternativen zu Bush auf beiden Seiten gibt.

Stechlin
19.04.2007, 21:24
VOLLZITAT

Hallo Don Pacifico!

Prima, daß Du die Diskussion eröffnet hast, und wie es scheint, bist Du ein ernstzunehmender Diskussionspartner, dem es wirklich auf Inhalte ankommt.

Quasi als Einstieg in die Diskussion gebe ich einen Aufsatz wieder, den ich schon vor geraumer Zeit hier im Forum veröffentlichte. Er soll nur als Aufhänger dienen, bevor wir ins Detail gehen.

Rußland wurde unter Jelzin nicht nur gedemütigt, es wurde geplündert, verspottet und von seinem "Präsidenten" vor aller Welt lächerlich gemacht. Der Westen hatte nur noch Mitleid mit dem Land, lehnte sich aber beruhigt zurück und hofierte Jelzin als Garant der Freiheit (wohl eher als Garant für Rußlands Bedeutungslosigkeit). Das war Gift für die russische Seele. Was wurde nicht alles erreicht? Man hatte den Faschismus geschlagen, war Atommacht, startete den ersten Sputnik, schickte den ersten Menschen ins All, errichtete unzählige Raumstationen,baute die größten und schnellsten Flugzeuge, besaß renomierte Wissenschaftler, feierte traumhafte Siege bei Olympia, war international ein politisches Schwergewicht und respektiert - auch in Washington!
Und dann der tiefe Fall: Der Zusammenbruch der Sowjetunion, der Ausverkauf der Wirtschaft, das Ausbluten an Wissenschaftlern und Technologien, der Niedergang der stolzen Raumfahrt; die Armee wurde zum Bittsteller, mußte mit veralteter Technik auskommen, für die niemand Geld hatte, um wenigstens das nötigste zu reparieren, geschweige denn seine Soldaten zu bezahlen. Soldaten wurden mit Naturalien abgespeist. Oder wer kennt sie nicht, die Bilder einer vor sich hinrottenden Atom-U-Bootflotte als tickende ökologische Zeit-Bombe, weil sogar das Geld fehlte, den Schrott zu entsorgen.
Gehälter, Renten, Pensionen wurden nur noch sporadisch gezahlt oder gar nicht. Rußland war am Ende.
Auf der anderen Seite die Oligarchen, die über Nacht steinreich wurden und ihren zusammengerafften Reichtum schamlos zu Schau stellten. Keine Moral, keine Skrupel - wie sagte man bei uns früher: Das gibt´s in keinem Russenfilm.

Wie sollte es weitergehen? Wie wäre es weitergegangen, wenn alles beim Alten geblieben wäre? Man hätte auch den letzten Rest verscherbelt - vor allem Atomtechnologien, Wissenschaftler und Tafelsilber. Ein jeder selbst kann sich in Gedanken ausmalen, wie das geendet hätte. Bürgerkrieg wäre noch eine harmlose Umschreibung. Implodierende Imperien sind gefährlicher als jede Diktatur - weil sie gänzlichst unberechenbar sind

Und dann betrat am Silvesterabend 1999/2000 ein unscheinbarer, etwas schüchtern dreinblickender Ex-KGB-Oberst die politische Bühne des dahinsiechenden Rußlands. Alles sah danach aus, als ob Jelzin und der Clan der Oligarchen ihren Statthalter gefunden hätten und alles beim Alten blieb. Aber dieser Putin machte das, womit niemand gerechnet hätte: Er packte an. Er zog Rußland aus dem Sumpf. Er entmachtete die Oligarchen, er holte sich Experten und gute alte Freunde aus KGB-Zeiten in die Regierung, er sanierte die Finanzen und er machte den Staat wieder zu einem respektiertem und vor allem machtvollen Instrument. Er brillierte auf der internationalen Bühne als ein gewiefter und mit allen Wassern gewaschener Diplomat, der sich auch von einem GWB nicht sie Show stehlen läßt. Er hat Charme, zuweilen macht er gar einen niedlichen, unscheinbaren Eindruck, der aber arg täuscht.

Putin vertrat wieder die Interessen Rußlands, nicht der Oligarchen oder des Westens. Ist er ein Despot? Ist er ein Antidemokrat? Mitnichten. Putin führte die gelenkte Demokratie ein. Er nennt es die Vertikale der Macht. Natürlich schmeckt das dem Westen nicht. Da schickt sich ein Land an, wieder Weltmacht zu werden, von dem man glaubte, es endgültig dahin verbannt zu haben wo es hingehört: in die Bedeutungslosigkeit. Aber er machte den Strategen in Washigton einen Strich durch die Rechnung. Da ist die Wut, die Ohnmacht groß.

Die Vertikale der Macht mag undemokratisch aussehen. Sie ist es wohl auch - nach westlichen Standards. Den Russen muß sie aber gefallen, nicht dem Westen. Rußlands Selbstbewußtsein speist sich aus seiner Geschichte, die von Putin wieder stark betont wird. Was unter Jelzin noch verpönt war, gehört heute wieder zum guten Ton: Der Stolz auf das Erreichte - angefangen vom Sieg über den Faschismus bis hin zur Eroberung des Weltraums. Putin hat es geschafft, das alte mit dem neuen harmonisch zu vereinigen. Die Armee bekam wieder ihr Siegesbanner zurück, das Land seine alte und schöne Hymne - mit neuem Text zwar, aber vom selben Autor. Eine schon fast spitzbübische Meisterleistung.

Kritiker sollten selbst einmal überlegen, ob es in der Weltgeschichte schon einmal gelungen war, ein Land, welches kurz vor dem wirtschaftlichen, moralischen als auch zivilisatorischen Zusammenbruch stand, binnen weniger Jahre wieder auf die Beine zu stellen, ohne dabei auch zu Maßnahmen zu greifen, die nicht unbedingt der altgriechischen Vorstellung von Demokratie entsprachen. Wer erfüllt diese Maßstäbe schon? Der Westen tut es mitnichten.
Natürlich kann man aus dem Parlament eine Schwatzbude machen, wo alles hin und herdiskutiert wird, bis es nichts mehr zu entscheiden gibt, weil die Realität an einem vorbeizieht.

Rußland hatte und hat keine andere Wahl als die Putinsche Politik. Er ist ein Glücksfall. Die Alternative zu Putin wäre im Jahre 2000 ein Gennadi Sjuganow von den "Kommunisten" gewesen. Was ist dem Westen denn lieber? Putin oder eine sich kommunistisch nennende Partei, die nicht mal sich selbst im Griff hatte? Das stand zur Auswahl.

Und ich prophezeie, daß die Welt auch nach dem Ende seiner Präsidentschaft im Jahre 2008 noch lange mit einem Wladimir Wladimirowitsch Putin rechnen muß. Seine Mission ist noch lange nicht beendet. Wenn der Westen meint, die Schmerzgrenze russischen Selbstbewußtseins gegenüber dem Westen sei erreicht, der irrt gewaltig. Rußland befindet sich erst am Anfang seiner Wiedergeburt. Wir sprechen uns alle in 15 bis 20 Jahren wieder.
Rußland muß seinem (Putins) Kurs bei Strafe des eigenen Untergangs folgen. Entweder es erreicht sein Ziel, oder es wird in Schmach und Schande untergehen. Solange Putin die Fäden in der Hand behält, ist das Land auf dem richtigen Kurs.
"Wer unseren Hund schlägt, lebt keine 3 Tage mehr.", sagte Putin vor Journalisten. Das allen ins Stammbuch geschrieben, die meinen, noch immer das Rußland eines Gorbatschow oder Jelzin vor sich zu haben.

Wie eingangs erwähnt, will ich mit diesen Worten darlegen, wie die Sichtweise auf Putin aus russischer Sicht sich darstellt. Ich verarbeitete dabei Erfahrungen, die ich einerseits selbst in Rußland gemacht habe, und andererseits Erfahrungen und Sichtweisen russischer Medien.

Helga
19.04.2007, 21:27
Ich hoffe, dass es nicht oft vorkommt, Putin, aber was Putin betrifft, kann ich Ihnen nur zustimmen!

Und wenn Europa klug wäre, würde es sich jeden Gedankens an weiteren Ausbau transantlantischer Bindungen versagen und mitwirken dabei, dass Rußland auf die Beine kommt.

Ganz Europa hätte alles - und dies ganz ohne eine die Welt plündernde USA!

Stechlin
19.04.2007, 22:38
Ich hoffe, dass es nicht oft vorkommt, Putin, aber was Putin betrifft, kann ich Ihnen nur zustimmen!

Und wenn Europa klug wäre, würde es sich jeden Gedankens an weiteren Ausbau transantlantischer Bindungen versagen und mitwirken dabei, dass Rußland auf die Beine kommt.

Ganz Europa hätte alles - und dies ganz ohne eine die Welt plündernde USA!

Ich bin auf Deine Zustimmung ganz bestimmt nicht angewiesen. Und auch Putin als auch die russische Regierung haben zu Leuten wie Dir eine klare Haltung:


Gleichzeitig verschärft das neue Gesetz die Verantwortung der Wahlkandidaten, welche während des Wahlkampfes soziale, Rassen-, nationale oder religiöse Spannungen schüren, Nazi-Propaganda betreiben oder auf eine andere Weise das Gesetz zur Bekämpfung des Extremismus verletzen. Bei solchen Verstößen können Parteien und Kandidaten aus dem Wahlkampf genommen werden.

Quelle: RIA Nowosti

Don Pacifico
19.04.2007, 22:47
Hallo Nitup,

zunächst einmal vielen Dank für Deine freundlichen Worte.
Deinen Aufsatz finde ich ebenfalls sehr gut. Exakt so stelle ich mir eine Forendiskussion vor. :)

Dem Gedankengang kann ihm im wesentlichen zustimmen, insbesondere hier (alle Hervorhebungen von mir) :



[I]Rußland wurde unter Jelzin nicht nur gedemütigt, es wurde geplündert, verspottet und von seinem "Präsidenten" vor aller Welt lächerlich gemacht. Der Westen hatte nur noch Mitleid mit dem Land, lehnte sich aber beruhigt zurück und hofierte Jelzin als Garant der Freiheit (wohl eher als Garant für Rußlands Bedeutungslosigkeit). Das war Gift für die russische Seele. (...)

Auf der anderen Seite die Oligarchen, die über Nacht steinreich wurden und ihren zusammengerafften Reichtum schamlos zu Schau stellten. Keine Moral, keine Skrupel - wie sagte man bei uns früher: Das gibt´s in keinem Russenfilm.
(...)
Implodierende Imperien sind gefährlicher als jede Diktatur - weil sie gänzlichst unberechenbar sind


Ist er ein Despot? Ist er ein Antidemokrat? Mitnichten. Putin führte die gelenkte Demokratie ein. Er nennt es die Vertikale der Macht. (...)

Die Vertikale der Macht mag undemokratisch aussehen. Sie ist es wohl auch - nach westlichen Standards. Den Russen muß sie aber gefallen, nicht dem Westen. Rußlands Selbstbewußtsein speist sich aus seiner Geschichte, die von Putin wieder stark betont wird. (...)

Rußland befindet sich erst am Anfang seiner Wiedergeburt. Wir sprechen uns alle in 15 bis 20 Jahren wieder.
(...)


Es ist in der Tat wichtig, daß wir erkennen: Die Geschichte Rußlands kann man nicht nur mit dem Kopf verstehen, sondern muß auch das Gefühl einbeziehen.
Es gibt eine mystische Dimesion im Volk, womit ich hier nicht theologischen Mystizismus meine. Wenn das Volk das Gefühl bekommt, von der Welt draußen verachtet zu werden, dann gehen sie dorthin, wo sie Stärke und Aura vermuten.

Selbstverständlich gibt es sehr viele kritische Anfragen an Putin: Der Tschetschenienkrieg, Khodorkovsky im Käfig, Abwicklung von Yukos, Gaskrieg usw. Aber das müssen wir nun im einzelnen diskutieren.

Ich denke, daß Putin von Gorbatschows Fehlern lernte. Gorbatschow führte Glasnost (etwa: Offenheit, Transparenz) und Perestroika (Umbau) ein. Offensichtlich wollte er einen reformierten Sozialismus, eine Art "Sowjet-Sozialismus mit menschlichem Antlitz".
Aber eben durch die Perestroika ließ er den Geist des Nationalismus aus der Flasche. Das Ende war der Zerfall der Sowjetunion im Dezember 1991.

Wenn Putin das westliche Demokratiemodell eins zu eins umsetzen würde, dann wäre das Projekt "Aufrichtung Rußlands", wie Nitup es in seinem Aufsatz darstellte, gescheitert.

Das sind hier auch nur Einzelgedanken. Meine kritische Anfrage: Putin ist sieben Jahre im Amt. Könnte man nicht annehmen, daß er fest genug im Sattel sitzt, um die gelenkte Demokratie humaner zu machen?
Das heißt: Oppositionsparteien demonstrieren lassen, die Medien sind sowieso auf seiner Seite (Berlusconi läßt grüßen.). Doch vor allen Dingen: Öffnung Tschetscheniens für ausländische Journalisten, damit nachgeprüft werden kann, ob der Aufbau wirklich in Gang kommt.
Darüber hinaus sollten wir in der Lage sein, die Geschichte der Tschetschenienkriege genauer zu reflektieren. Es wird immer von der Brutalität der Russen gesprochen. Wie aber ging der Krieg genau ab? Und sind die Tschetschenen immer die reinen Engel? Wir wissen zuwenig darüber.
Seien wir doch mal ehrlich: Wer interessiert sich im Westen eigentlich dafür? Nur wenige offenbar. Sehr traurig!

Don Pacifico
19.04.2007, 22:59
Noch etwas zur Psychologie der Russen. Nach meiner Erinnerung stand das in Klaus Mehnerts Buch "Der Sowjetmensch" (ein echter Klassiker der 70er Jahre, besitze es leider nicht mehr).

Er schrieb ungefähr so: Wenn man mit Russen privat zusammensitzt, ganz unter sich, dann kommt es vor, daß sie ihre Regierung scharf kritisieren. Wenn dann der Ausländer zutraulich wird und ebenfalls Politiker X oder Y beschimpft, dann rücken die Russen wieder zusamen und verteidigen genau diesen Mann.

Ich muß auch immer wieder an ein Bild im Internet aus einem Bericht von den Wahlen in Weißrußland denken. Darauf war ein Mütterchen zu sehen, das ein Plakat hochhielt. Geschrieben war darauf: "JA, JA für Väterchen Lukashenka".
Ich verabscheue Lukashenko/a, aber so was gibt mir doch zu denken.

Helga
20.04.2007, 07:18
Ich bin auf Deine Zustimmung ganz bestimmt nicht angewiesen. Und auch Putin als auch die russische Regierung haben zu Leuten wie Dir eine klare Haltung:

Im Gegensatz zu manch selbsternanntem Putin, ist der echte Putin kein Idiot!

Mein Gott, Putin, was sind Sie nur für ein Lachsack!

:))

Wahabiten Fan
20.04.2007, 07:43
Und auch Putin als auch die russische Regierung haben zu Leuten wie Dir eine klare Haltung:

Das haben die User hier im Forum auch!

Lass "das alte Jungfer" einfach "schwätzen"!

Helga
20.04.2007, 07:52
Das haben die User hier im Forum auch!

Lass "das alte Jungfer" einfach "schwätzen"!

Eines müssen Sie doch einräumen, Wahabiten-Fan:

Putin weiß mit diebischen Juden a la Beresowkij, Gussinski und Chodorkowskij angemessen umzugehen! Und dann: Können Sie sich vorstellen, wie Rußland aussähe, wenn Putin sich nicht so trefflich drauf verstünde, dieses Diebsgesindel auf die kleinstmögliche Größe zurechtzustutzen?

Grotzenbauer
20.04.2007, 08:39
Im Gegensatz zu manch selbsternanntem Putin, ist der echte Putin kein Idiot!

Mein Gott, Putin, was sind Sie nur für ein Lachsack!

:))
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Anna Politkovskajas Vermächtnis
Quo vadis, Russland?
Von Friedrich-Wilhelm Schlomann, Königswinter/Deutschland

Ungeachtet aller Repressalien seitens der russischen Behörden besuchte Anna Politkovskaja, die Sonderkorrespondentin der Moskauer Zeitung "Nowaja Gaseta", immer wieder die vom Krieg verwüstete Kaukasus-Republik. Ihr Buch "Tschetschenien, die Wahrheit über den Krieg" erregte weltweit grosses Aufsehen. Am 7. Oktober 2006 indes wurde die unerschrockene 48jährige im Eingang ihres Hauses in der Moskauer Lesnaja-Strasse durch mehrere Schüsse ermordet.


Zweifellos war es die Tat eines Auftragskillers, der - erwartungsgemäss im heutigen Russland - niemals ermittelt wurde. Allgemein erachtet man Präsident Putin persönlich für den Auftraggeber... Zuvor konnte sie ihr jetzt erschienenes Tagebuch in der Zeitspanne von Ende 2003 bis Herbst 2005 verfassen. Sie erwähnt darin die ziemlich freien, zugleich aber ebenfalls chaotischen Jahre unter Präsident Jelzin. Es war dann Putin, der das Land aus der Lähmung führte. Doch hatte er vor seiner Wahl ein echtes Mehrparteiensystem für die Demokratie Russlands als unabdingbar beschworen, so existiert diese längst nicht mehr - höchstens auf dem Papier. Natürlich, schreibt die Autorin, werde niemand gezwungen, der Partei Putins "Einiges Russland" beizutreten. Aber wer Karriere machen möchte, sollte dort möglichst Mitglied werden. Der Parlamentarismus im Lande erlebte inzwischen sein Ende: Der Vorsitzende der Staatsduma wird nicht mehr gewählt, sondern vom Kreml ernannt. Die Gouverneurswahlen im Riesenland sind abgeschafft worden; die föderativen Regionen werden von Beamten verwaltet, die allein von der Moskauer Zentrale bestimmt werden. Recht plastisch erlebt der Leser, dass Wahlkommissionen sich skrupellos verschiedenster Machenschaften bedienen, um das gewünschte Wahlergebnis rechnerisch zu bekommen!


Keine Freiheit


Frau Politkovskaja schildert, wie sich russische Politiker, Wirtschaftsbosse und Journalisten in Anhänger Putins verwandeln: Haben sie noch bis gestern zum Freundeskreis von Andrej Sacharow und Jelena Bonner gehört und sich stolz gerühmt, Dissidenten zu sein - so kuschen sie heute vor dem Kreml-Herrscher. Die Macht hat sie umarmt: Manche herzt sie, Widerspenstigen wird bei der Umarmung so lange die Luft abgedrückt, bis der gewünschte Grad an Schweigsamkeit erreicht ist - etliche überleben sie gar nicht. Putin selber verspricht allen alles und wird dabei genau wissen, dass er seine Worte nie realisieren kann. Die Opposition verfügt über keinen Zugang mehr zu den Massenmedien, Sommer 2004 starb die letzte politische Talkshow im gesamten russischen Fernsehen. Die Presse ist als nahezu völlig gleichgeschaltet zu sehen. Die Redakteure üben Selbstzensur, um ihr hohes Gehalt nicht zu verlieren. Es ist eine bittere Feststellung der Autorin: Ihr Land ist absolut nicht auf dem versprochenen Wege zu Demokratie und Freiheit - im Gegenteil!


Erschütternd muss sie allerdings bei der russischen Bevölkerung registrieren, "niemand hat Widerstand geleistet, es gab keine Demonstrationen, keine Massenkundgebungen. Das Volk hat alles geschluckt." Apathie und Frustation griffen immer mehr um sich. Mit überaus vielen Details beschreibt die Journalistin, wie das alte Sowjetsystem zurückkehrt, wie Agenten der Nachfolge-Organisationen des berüchtigten KGB allmählich alle wichtigen Schlüsselpositionen in Staat und Wirtschaft besetzen und das öffentliche Leben gleichgeschaltet wird. Sie tut dies kenntnisreich und unerbittlich und doch distanziert von billiger Affekthascherei; immer wieder ist im Buch dabei ein deutlicher Unterton von Resignation zu spüren.


Innenpolitische Agonie


Die Autorin ist aber mehr als eine fleissige Chronistin der innenpolitischen Agonie ihrer Heimat, sie hat ebenso einen untrügerischen Blick für das Schicksal des Einzelnen. Er gilt in erster Linie dem der Verschleppten und Ermordeten - all den vielen Verschwundenen in ihrem Land während der letzten Jahre. Ausführlich stellt sie das heutige Leben der russischen Veteranen des Tschetschenien-Krieges vor: Lediglich zehn Prozent von ihnen konnten wieder Fuss fassen im Zivilleben, die allermeisten sind verbraucht und völlig dem Alkohol verfallen. Ein Schwerbeschädigter aus jenen Jahren erhält eine Monatsrente von zweitausend Rubel (rund sechzig Euro), Hinterbliebene von Gefallenen circa ein Drittel - für beide ist ein Zahnersatz unbezahlbar. Viele frühere soziale Vergünstigungen für diese sind gestrichen worden... Das heutige Russland, resümiert die Autorin, befindet sich in einem Klima der Resignation, der Angst und der Rechtlosigkeit. Wohin läuft der Weg der Zukunft? In "eine Sowjetunion nach neuer Fasson, ein bisschen angetüncht und aufgehübscht, ein bisschen modernisiert, aber eben Sowjetunion. Mit einem bürokratischen Kapitalismus, in dem die Diener der Staatsmacht die obersten Oligarchen sind, unvergleichlich mächtiger und reicher als Privateigentümer und Kapitalisten." Eine äusserst bedrückende Lektüre.



Die Entwicklung Russlands sollte mit Augenmass und Bodenhaftung seitens der Europäer betrachtet werden. Ein einfacher Gang mit Russland wird es wohl in Zukunft nicht geben!:rolleyes:

carlson.vom.dach
20.04.2007, 10:06
Russlands Reiche haben das Beste aller Jahre hinter sich. Das kumulierte Vermögen der 100 wohlhabendsten Russen stieg binnen eines Jahres von 248 auf 337 Mrd. Dollar.




Die Ära Putin ist für Russlands Geldadel ein goldenes Jahrhundert - mit Ausnahme derjenigen, die in Ungnade fielen wie etwa der ehemalige Ölbaron Michail Chodorkowski, der in der Sibirien acht Jahre Straflager verbüßt.


Quelle - WElt.de
http://www.welt.de/finanzen/article822731/Reichste_Russen_werden_immer_reicher.html

Helga
20.04.2007, 10:20
Quelle - WElt.de
http://www.welt.de/finanzen/article822731/Reichste_Russen_werden_immer_reicher.html


Fragt sich, wie die "Ära Putin" ein "goldenes Jahrhundert" sein kann!

:))

alberich1
20.04.2007, 11:49
Russlands Reiche haben das Beste aller Jahre hinter sich. Das kumulierte Vermögen der 100 wohlhabendsten Russen stieg binnen eines Jahres von 248 auf 337 Mrd. Dollar.

Zitat:
Die Ära Putin ist für Russlands Geldadel ein goldenes Jahrhundert - mit Ausnahme derjenigen, die in Ungnade fielen wie etwa der ehemalige Ölbaron Michail Chodorkowski, der in der Sibirien acht Jahre Straflager verbüßt.

Nun,ein goldenes Zeitalter haben hoechstens die Superreichen gehabt.
Meistens Inhaber oder Manager von Firmen,die der Russenmafia die Gelder gewaschen haben.
Das Volk hingegen wurde im Stich gelassen.Einige Gegenden im Nordosten Russlands haben nichtmal das Notwendigste zum Leben.
Die Menschen dort wuenschen sich die alte Sowietunion zurueck,die ihnen wenigstens ein halbwegs anstaendiges Leben gewaehrleistet hat.

carlson.vom.dach
20.04.2007, 11:55
genau das wollte ich mit den Quotes doch aufzeigen

Kenshin-Himura
20.04.2007, 12:00
1. Wie ist Putin als Person und als Politiker zu bewerten?

- Ist er ein "roter" Diktator?
- Ist er ein Diktator von anderer Couleur?
- Ist er überhaupt kein Diktator, sondern nur ein Realist, der erkennt: Rußland muß mit harter Hand regiert werden?
- Stimmt diese letztgenannte Prämisse überhaupt?


Er ist ein menschenverachtender Tyrann, aber er hat Russland wirtschaftlich nach vorne gebracht. Das hätte er allerdings auch mit Demokratie schaffen können, wenn er gut genug gewesen wäre. Das Phänomen zeigt aber, dass in der Tat Menschenrechte und Wohlstand nicht unbedingt zusammenpassen müssen, und dass Diktatur eben manchmal nötig ist, da die Menschen ja meistens viel zu unreif und veblödet für Demokratie sind.

Im Weiteren scheint Putin psychisch erheblich Einen an der Waffel zu haben. Wie auch seine Anhänger.

alberich1
20.04.2007, 12:01
Er ist ein menschenverachtender Tyrann, aber er hat Russland wirtschaftlich nach vorne gebracht. Das hätte er allerdings auch mit Demokratie schaffen können, wenn er gut genug gewesen wäre. Das Phänomen zeigt aber, dass in der Tat Menschenrechte und Wohlstand nicht unbedingt zusammenpassen müssen, und dass Diktatur eben manchmal nötig ist, da die Menschen ja meistens viel zu unreif und veblödet für Demokratie sind.

Im Weiteren scheint Putin psychisch erheblich Einen an der Waffel zu haben. Wie auch seine Anhänger.

Wirtschaftlicher Aufschwung auf Kosten der Freiheit und der Menschen ist nicht akzeptabel.

Don Pacifico
20.04.2007, 12:37
Im Weiteren scheint Putin psychisch erheblich Einen an der Waffel zu haben. Wie auch seine Anhänger.

Woran machst Du das fest?
Eines fiel mir auch auf, soweit man das auf Bildern beurteilen kann: Er hat einen extrem kalten Blick. (Keine Ironie, ich halte Körpersprache für ein bedeutsames Indiz.)

Helga
20.04.2007, 12:40
Woran machst Du das fest?
Eines fiel mir auch auf, soweit man das auf Bildern beurteilen kann: Er hat einen extrem kalten Blick. (Keine Ironie, ich halte Körpersprache für ein bedeutsames Indiz.)

Hat FDJ-AgitPropÄndschi den nicht auch?

Mal ehrlich:

Wenn ich Betroffener von des Juden Berosowkij Androhung des gewaltsamen Sturzes wäre, dann hätt' ich schon lange den ganz eiskalten Blick drauf - und Beresowkij, der diebische Jude, wäre ein toter Mann!

Kenshin-Himura
20.04.2007, 13:14
Wirtschaftlicher Aufschwung auf Kosten der Freiheit und der Menschen ist nicht akzeptabel.

Das ist zu pauschal gesagt.

Kenshin-Himura
20.04.2007, 13:16
Woran machst Du das fest?

Zum Beispiel an seinem berühmten ,,Bauch-Kuss" bei dem Jungen, aber auch an seiner bizarren Sprache, seinen seltsamen Ansichten über die Welt (z.Bsp. über die US), die Tatsache dass er zwar Menschenrechte verachtet aber trotzdem nicht gleich Nägel mit Köpfen (also sprich komplette Diktatur) macht, und seinem extremen Geltungsbedürfnis.

Don Pacifico
20.04.2007, 13:30
An kenshin-himura: Das mit dem Bauch-Kuß habe ich nicht mitbekommen. Danke für Info.
Hier ein "Googlehupf"-Link: http://www.tagesspiegel.de/weltspiegel/nachrichten/russland/67932.asp

"Bizarre Sprache": Das stimmt. Putin hat tatsächlich mal gesagt: "Wenn wir die Tschetschenen auf dem .... (derbes Wort für Toilette) finden, werden wir sie auf dem .... (dito) abmurksen." Quelle kann ich nicht mehr beibringen. Aber ich las eine "Itogi" (eine Art russischer "Focus"), wo wortwörtlich drinstand: "Ein unaussprechbarer Ausdruck." Das gefiel / gefällt mir in der Tat gar nicht.

An Helga: Den Blick hatte er von Anfang an.

alberich1
20.04.2007, 15:54
Das ist zu pauschal gesagt.
Keineswegs!
Das gilt sowie fuer den russischen Kapitalismus als auch fuer den europaeischen Neoliberalismus.

Kaiser
20.04.2007, 16:47
Putin ist ein fähiger Präsident, dessen Politik ein Vorbild für Deutschland wäre.

Stechlin
20.04.2007, 16:51
Hat FDJ-AgitPropÄndschi den nicht auch?

Mal ehrlich:

Wenn ich Betroffener von des Juden Berosowkij Androhung des gewaltsamen Sturzes wäre, dann hätt' ich schon lange den ganz eiskalten Blick drauf - und Beresowkij, der diebische Jude, wäre ein toter Mann!

Das glaube ich Dir aufs Wort! Allerdings mit dem Zusatz, daß neben Herrn Beresoweski wohl auch noch ein paar andere Juden - tot wären!

Deine Unterstützung Putins speist Du aus Deinem offenkundigen und ekelerregenden Antisemitismus. Deine Argumente sind demzufolge wertlos.

Helga
20.04.2007, 16:56
Das glaube ich Dir aufs Wort! Allerdings mit dem Zusatz, daß neben Herrn Beresoweski wohl auch noch ein paar andere Juden - tot wären!

Eine völlig abwegige Annahme, die nur Ihrer Böswilligkeit geschuldet ist, Möchtegernputin!

Wäre ich Russe, hätte ich vielleicht Grund, aber ich bin ja kein Russe!


"Die allzu augenfällige Beteiligung der Juden am bolschewistischen Wüten bannt die Blicke der russischen Menschen und die Blicke der Welt auf uns."

(Alexander Solschenizyn, "Zweihundert Jahre zusammen", Seite 105, unter Bezugnahme auf I. M. Bikerman: Rossija i ruskoje evrejstvo, in RuJ, S. 14f.)


Deine Unterstützung Putins speist Du aus Deinem offenkundigen und ekelerregenden Antisemitismus. Deine Argumente sind demzufolge wertlos.

Siehe oben - das Zitat von Bikerman, Jude himself!

Helga
20.04.2007, 16:57
Putin ist ein fähiger Präsident, dessen Politik ein Vorbild für Deutschland wäre.

So ist das!

Frau Knobloch würde dann vielleicht etwasa leisere Töne anschlagen, wie auch dieser Hetzer Kramer!

Aldebaran
20.04.2007, 17:14
Putin ist der Zar auf Zeit von Russland.Die Geheimdienstmethoden,die er unter Breschiew gelernt hat,setzt er ruecksichtslos gegen jede Opposition ein.
Er hat die Errungenschaften,die Russland unter Schnapsdrossel Jelzin erlangt hat,wie Pressefreiheit,Wahldemokratie etc nach und nach ausgehebelt.
Kritische Zeitungen und Fernsehsender wurden geschlossen,politische Gegner nach Sibirien verfrachtet,Wahlen durch Einschuechterung der Waehler gefaelscht und wer es wagt,dagegen zu demonstrieren oder nur das Pech hat,zur falschen Zeit am falschen Ort gewesen zu sein,wird,wie der juengste Fall zeigt,von seinen Pruegelbullen krankenhausreif geschlagen.

Die Russen brauchen halt ihren Iwan den Schrecklichen,ob in Gestalt der Zaren,der Sowjet-Herrscher oder eben in der Putins,des kapitalistischen Zaren.

Das Altkanzler Schroeder wegen eines Poestchens im Ausichtsrat der Gaz-Prom Deutschlands Gasversorgung von einem so unberechenbaren Diktatoren abhaengig gemacht hat,spricht immerhin fuer die Art der politischen Qualitaeten der SPD.Hat er Putin nicht als einen "astreinen Demokraten" bezeichnet?

Sie sind schon ein bisschen merkwürdig, die Russen. Gewaltherrscher wie Iwan der Schreckliche, Peter der Große oder Stalin starben eines natürlichen Todes in ihrem Amt und werden heute noch verehrt, während Reformer wie Alexander II oder Gorbatschow ermordet bzw. ins Abseits geschickt wurden.

Wenn ich die "Größe" Deutschlands mit Unfreiheit, Militarismus und Korruption bezahlne müsste, würde ich ganz entschieden darauf verzichten.

Aldebaran
20.04.2007, 17:19
Hallo Don Pacifico!



...Wie sollte es weitergehen? Wie wäre es weitergegangen, wenn alles beim Alten geblieben wäre? Man hätte auch den letzten Rest verscherbelt - vor allem Atomtechnologien, Wissenschaftler und Tafelsilber. Ein jeder selbst kann sich in Gedanken ausmalen, wie das geendet hätte. Bürgerkrieg wäre noch eine harmlose Umschreibung. Implodierende Imperien sind gefährlicher als jede Diktatur - weil sie gänzlichst unberechenbar sind

Und dann betrat am Silvesterabend 1999/2000 ein unscheinbarer, etwas schüchtern dreinblickender Ex-KGB-Oberst die politische Bühne des dahinsiechenden Rußlands. Alles sah danach aus, als ob Jelzin und der Clan der Oligarchen ihren Statthalter gefunden hätten und alles beim Alten blieb. Aber dieser Putin machte das, womit niemand gerechnet hätte: Er packte an. Er zog Rußland aus dem Sumpf. Er entmachtete die Oligarchen, er holte sich Experten und gute alte Freunde aus KGB-Zeiten in die Regierung, er sanierte die Finanzen und er machte den Staat wieder zu einem respektiertem und vor allem machtvollen Instrument. Er brillierte auf der internationalen Bühne als ein gewiefter und mit allen Wassern gewaschener Diplomat, der sich auch von einem GWB nicht sie Show stehlen läßt. Er hat Charme, zuweilen macht er gar einen niedlichen, unscheinbaren Eindruck, der aber arg täuscht. ....

Die Erklärung für dieses Wunder ist nicht in Putin zu suchen, sondern darin:

1. Ölpreis.

2. Gaspreis.

3. Abwertung des Rubels 1998.

4. Basiseffekt: Die Wirtschaft lag 1998/99 wegen der Finanzkrise am Boden.

Übrigens haben wir da eine gute Parallele zu Hitler, der ja auch davon profitierte, dass mit der Bankenkrise das Schlimmste überstanden war und die Konjunktur wieder nach oben zeigte. Die Arbeitslosigkeit ging bereits vor den ersten Maßnahmen der Nazis wieder zurück.

Aldebaran
20.04.2007, 17:25
Woran machst Du das fest?
Eines fiel mir auch auf, soweit man das auf Bildern beurteilen kann: Er hat einen extrem kalten Blick. (Keine Ironie, ich halte Körpersprache für ein bedeutsames Indiz.)

Er war Geheimdienstler. Kann man diesen Beruf ausüben, ohne ein bisschen anders gestrickt zu sein?

Don Pacifico
20.04.2007, 17:56
Verstehe schon. Aber der beste Geheimdienstler wäre für mich der, bei dem man es überhaupt nicht merkt, mit dem man gerne mal ein Bier trinken würde. :)

Aldebaran
20.04.2007, 18:34
Verstehe schon. Aber der beste Geheimdienstler wäre für mich der, bei dem man es überhaupt nicht merkt, mit dem man gerne mal ein Bier trinken würde. :)

Der müsste dann aber schizophren sein.

Stechlin
20.04.2007, 18:36
Hallo Nitup,

zunächst einmal vielen Dank für Deine freundlichen Worte.
Deinen Aufsatz finde ich ebenfalls sehr gut. Exakt so stelle ich mir eine Forendiskussion vor. :)

Oh vielen Dank. Endlich mal ein sachlicher Gesprächspartner!


Es ist in der Tat wichtig, daß wir erkennen: Die Geschichte Rußlands kann man nicht nur mit dem Kopf verstehen, sondern muß auch das Gefühl einbeziehen.
Es gibt eine mystische Dimesion im Volk, womit ich hier nicht theologischen Mystizismus meine. Wenn das Volk das Gefühl bekommt, von der Welt draußen verachtet zu werden, dann gehen sie dorthin, wo sie Stärke und Aura vermuten.

Selbstverständlich gibt es sehr viele kritische Anfragen an Putin: Der Tschetschenienkrieg, Khodorkovsky im Käfig, Abwicklung von Yukos, Gaskrieg usw. Aber das müssen wir nun im einzelnen diskutieren.

Ich denke, daß Putin von Gorbatschows Fehlern lernte. Gorbatschow führte Glasnost (etwa: Offenheit, Transparenz) und Perestroika (Umbau) ein. Offensichtlich wollte er einen reformierten Sozialismus, eine Art "Sowjet-Sozialismus mit menschlichem Antlitz".
Aber eben durch die Perestroika ließ er den Geist des Nationalismus aus der Flasche. Das Ende war der Zerfall der Sowjetunion im Dezember 1991.

Wenn Putin das westliche Demokratiemodell eins zu eins umsetzen würde, dann wäre das Projekt "Aufrichtung Rußlands", wie Nitup es in seinem Aufsatz darstellte, gescheitert.

Das sind hier auch nur Einzelgedanken. Meine kritische Anfrage: Putin ist sieben Jahre im Amt. Könnte man nicht annehmen, daß er fest genug im Sattel sitzt, um die gelenkte Demokratie humaner zu machen?
Das heißt: Oppositionsparteien demonstieren lassen, die Medien sind sowieso auf seiner Seite (Berlusconi läßt grüßen.). Doch vor allen Dingen: Öffnung Tschetscheniens für ausländische Journalisten, damit nachgeprüft werden kann, ob der Aufbau wirklich in Gang kommt.
Darüber hinaus sollten wir in der Lage sein, die Geschichte der Tschetschenienkriege genauer zu reflektieren. Es wird immer von der Brutalität der Russen gesprochen. Wie aber ging der Krieg genau ab? Und sind die Tschetschenen immer die reinen Engel? Wir wissen zuwenig darüber.
Seien wir doch mal ehrlich: Wer interessiert sich im Westen eigentlich dafür? Nur wenige offenbar. Sehr traurig!

Hui, viele Punkte, die abzuarbeiten sind. Beginnen wir mit dem leidigen Thema Tschetschenien, das ja immer wieder für Putins "Barbarentum" herhalten muß.


Tschetschenien - eine Bilanz
Ursachen und Wirkungen

Die Kolonisierung des Kaukasus behann im Jahre 1772 mit dem persischen Feldzug der Russen unter der Zarin Katharina der Zweiten (die große). Im Ergebnis dessen wurden die Städte Derbent und Baku am Kaspischen Meer besetzt. In Folge dessen folgten mehrere russisch-iranische und russisch-türkische Kriege, bis im Jahre 1813 unter Zar Alexander dem Ersten Aserbaidschan, Armenien und West-Georgien erobert und kolonisiert wurden. Man kann diese Politik mit der Kolonialpolitik des Britschen Empire vergleichen, nur daß eben die russischen Kolonien, im Gegensatz zu den Überseekolonien des British Empire, eng an den Grenzen Rußlands lagen, so daß diese im Laufe der Zeit an das Russische Reich angeschlossen wurden.

Die neuen Kolonien im Süden des Kaukasusgebirges waren jedoch durch dagestanische, tschetschenische, tscherkessische, abchasische und andere nordkaukasischen Gebiete von Rußland getrennt. Deshalb widmete sich das Russische Zarenreich nach dem siegreichen Krieg gegen Napoleon dem Eroberungsfeldzug im Nordkaukasus. 1856 war dieser Feldzug unter Alexander dem Zweiten größtenteils beendet, bis auf wenige Aufstände in den 60er und 70er Jahren des 19. Jahrhunderts.

Im Oktober 1917 (Julianischer Kalender) siegte die Oktoberrevolution unter Lenin. Da der Vielvölkerstaat auseinanderzubrechen drohte, entschied Lenin, einen förderalen Staat zu gründen, der im Jahre 1922 mit der Gründung der UdSSR formell bestätigt wurde. Im Zuge dessen entstanden im Transkaukasus, also südlich der kaukasischen Berge, die drei Sowjetrepubliken Georgien, Armenien und Aserbaidschan. Diese Republiken hatten alle möglichen Souveränitätsrechte, wie ein eigenes Ministerkabinett, ein Parlament und ein eigenes ZK. (In diesem Zusammenhang sei mal darauf hingewiesen, daß die Sowjetrepubliken Belarus und Ukraine sogar einen eigenen UN-Sitz inne hatten, und somit neben der UdSSR zu den Gründungsmitgliedern der Vereinten Nationen gehören.)
Neben einem eigenen ZK der Kommunistischen Partei der genannten Republiken hatten diese laut Verfassung der UdSSR jederzeit das Recht, aus dem Staatenverband der Sowjetunion auszutreten, da sie alle eine Außengrenze zu anderen Staaten besaßen.
Tschetschenien hatte diese Rechte jedoch nicht, was allerdings dem Umstand geschuldtet war, daß dort insgesamt dutzende Stämme und Völker lebten. Allein im Nordkaukasus werden 150 Sprachen gesprochen. Diese administrativen Republiken hießen Autonome Republiken, Autonome Gebiete und Autonome Kreise. Sie alle, also auch Tschetschenien, hatten eine eigene Verwaltung und verschiedene Rechte, so zum Beispiel Schulunterricht in der Nationalsprache.

In der Gorbatschow-Ära unternahmen die Tschetschenen einige Schritte, um sich von der UdSSR loszulösen, und gründeten die Republik Itschkeria und wählten einen eigenen Präsidenten, den Tschetschenen und General der sowjetischen Luftstreitkräfte, Dschochar Dudajew.
Zuerst wurde im Kreml die Bedeutung dieses Ereignisses völlig unterschätzt, was dazu führte, daß eine Bekämpfung dieser Aufständischen nicht mehr effektiv möglich war.
Im Laufe der Zeit wurde die Lage vor Ort immer besorgniserregender. Dudajew leistete seinen Amtseid auf den Koran, und erklärte 1992 Tschetschenien für Unabhängig. Im April 1993 löste er das Parlament und das Konstitutionelle Gericht in Tschetschenien auf und führte das Land in einen bürgerkriegsnahen Zustand. Ab 1. Februar 1995 lief eine russlandweite Fahndung nach ihm. Neben Mut bis zur Tollkühnheit wird ihm auch eine Begabung für Schwarzhandel und finanzielle Manipulation nachgesagt. Unter seiner Regentschaft wurde Grosny zu einem Umschlagsplatz für dubiose Petroleumgeschäfte, Waffen und Drogen. (Wikipedia)
Der russische Staat war lange nicht mehr so handlungsfähig gewesen wie noch Jahre zuvor, und Jelzins Losung, "nehmt Euch so viel Autonomie, wie ihr bekommen könnt" führte zu einer Lage, die für die territoriale Integrität der Russischen Förderation gefährlich wurde. Es etablierte sich eine tschetschenische Mafia, die kurioser Weise ihren Hauptsitz in Moskau hatte, wo 40 000 Tschetschenen lebten.
1994 begann dann der erste Tschetschenienkrieg (bis 1996), der in der Tat sehr grausam geführt wurde. 40 000 russische Soldaten marschierten in Tschetschenien ein und besetzten nach tagelangen Artilleriebeschuß die Hauptstadt Grosny (russ. für schrecklich).
Die Anhänger des Mafiapaten Dudajew verfolgten daraufhin eine Guerillataktik, dessen trauriger Höhepunkt die gewaltsame Einnahme eines Krankenhauses im Südrussischen Budschonowsk unter der Führung von Schamil Bassajew gewesen war. Die Rebellen nahmen über 1000 Patienten und Angestellte des Krankenhauses als Geisel und verschanzten sich dort. Russische Einheiten versuchten vergeblich, dieses Krankenhaus wieder zu befreien. Deshalb ließ man sich auf ein Abkommen ein, das vorsah, die Militäraktionen in Tschetschenien zu beenden und den Geiselnehmern einen freien Abzug zuzusichern. Unter der Vermittlung der OSZE begannen in Moskau Verhandlungen über einen Waffenstillstand, die mit der Unterzeichnung eines Vertrages am 30. Juni 1995 endeten. Dieser sah den Verzicht auf weitere Kampfhandlungen, die Entwaffnung der Tschetschenen sowie den Abmarsch der russischen Soldaten aus Tschetschenien bis auf 6 000 Mann vor.

Doch der Waffenstillstand war nicht von langer Dauer, da tschetschenische Freischärler ihre Unabhängigkeitsansprüche mit neuen Gewalttaten und Angriffen unterstrichen. Am 9. Januar 1996 drangen sie in das in Rußland gelegene Krankenhaus (!) von Kislja (http://de.wikipedia.org/wiki/Kisljar) ein und besetzten nur Tage später das dagestanische Dorf Perwomaiskoje (Dagestan ist eine Nachbarrepublik Tschetscheniens!). Jelzin beantwortete diesen offenkundigen Terror wiederum mit Gewalt, in dessen Ergebnis das Dorf zerstört wurde und die Rebellen vertrieben.
Dudajew wurde am 21. April 1996 in der Nähe des Dorfes Gechi Tschu mittels einer SS-21-Rakete getötet, die auf die Funksignale seines Mobiltelefons eingestellt war.

1996 fanden in Rußland wieder Präsidentschaftswahlen statt. Deshalb war man bemüht, Ruhe in die Region zu bringen, und handelte ein Waffenstillstandsabkommen aus, welches am 16. Juni 1996 unterzeichnet wurde. Da dieses abermals von tschetschenischer Seite gebrochen wurde, waren Nachverhandlungen nötig, der sich die russische Seite nicht entziehen wollte. Im August 1996 handelte dann der russische Sicherheitsberater Alexander Lebed mit dem Chef der tschetschenischen Übergangsregierung Aslan Alijewitsch Mashadow ein neues Waffenstillstandsabkommen aus, das auch den Abzug der russischen Truppen aus Tschetschenien beinhaltete.
Anfang Januar 1997 war der Truppenabzug der russischen Streitkräfte aus Tschetschenien abgeschlossen. Ende Januar fanden in Tschetschenien Parlaments- und Präsidentenwahlen statt, aus denen Maschadow als Staatschef hervorging; im Mai 1997 unterzeichneten Jelzin und Maschadow einen formellen Friedensvertrag. Nach den Berichten russischer, darunter auch regierungskritischer Journalisten, herrschte in Tschetschenien keinesfalls Ruhe und Ordnung. Unzählige Warlords bekriegten sich; Überfälle und Geiselnahmen waren in Tschetschenien an der Tagesordnung. Wohlgemerkt - die russischen Truppen waren vollständig abgezogen!

Im Jahre 1999 eskalierte die Gewalt wieder, indem abermals tschetschenische Rebellen die Nachbarrepublik Dagestan überfielen und dabei tausende Menschen in die Flucht trieben und auch ermordeten. Doch die tschetschenischen Rebellen gingen nun ganz offen zum Terrorismus über. Sprengstoffanschläge auf Wohnhäuser in Moskau und Budschonnowks waren der Auftakt zu dieser Taktik, die ihre Höhepunkte in der Geiselnahme im Moskauer Nord-Ost-Theater und im Geiseldrama von Beslan hatten.

Der Rest ist Geschichte. Faktum ist, daß tschetschenische Rebellen ihre Waffen größtenteils aus Afghanistan von der Al Qaida bezogen, deren Verbindungen selbst den US-Geheimdiensten bekannt sind:


Nach diesem Sieg blieb Afghanistan bis 2001 das Gravitationszentrum für Dschihadisten. Mit terroristischem Training versehen, kehrten sie zumeist in ihre Heimatländer zurück. Zwischen 3000 und 5000 Kämpfer, schätzen die UN, traten dortigen Terrorgruppen bei. Bis zum Jahr 2001 erstreckte sich bin Ladens Netzwerk, laut einer Zählung des US-Außenministeriums, über etwa 55 Staaten. In Algerien heißen die islamistischen Kämpfer »Bewaffnete Gruppe für Predigt und Kampf«, in Indonesien »Dschama’at al-Islamija«, in Tschetschenien »al-Ansar Mudschahedin«, in Ägypten »al-Gama’a al-Islamija«, im Irak »Ansar al-Islam«, in Europa »al-Tawhid«. Unabhängige, so genannte »non-aligned Mudschahedin« oder »Schläfer« stehen im Bedarfsfall Gewehr bei Fuß.http://www.zeit.de/2005/29/terrorismus_bittner

Tschetschenien war nunmehr nicht ein Problem an der Südflanke Rußlands, sondern entwickelte sich zu einer ernsthaften Bedrohung für das gesamte russische Volk, wie es die Beispiele "Nord-Ost" und "Beslan" beweisen. Wie hätte der russische Staat anders reagieren sollen? Belehrungen des Westens über verletzte Menschenrechte bekommen im Angesicht des "Weltweiten Krieges gegen den Terror", in dessen Ergebnis Afghanistan und Irak besetzt wurden, einen mehr als heuchlerischen Beigeschmack. Nicht Rußland unterhält weltweite Folterlager, nicht Rußland ist das Land, welches verdächtige Personen weltweit entführt, um sie dann in Drittländern foltern zu lassen. Eine ähnliche Vorgehensweise sollte man sich mal vergegenwärtigen, wenn Rußland seinen Auslandsgeheimdienst in die Spur schicken würde, um den im Londoner Exil lebenden "Emissär" der tschetschenischen Rebellen, Sakajew, nach Moskau zu entführen, um ihm dann unter anderem den Prozeß zu machen wegen seiner nachgewiesenen Verwicklungen in dieTerroranschläge auf das Moskauer Nord-Ost-Theater und in die Geiselnahme von Beslan. Der Aufschrei wäre wahrscheinlich noch auf dem Mond zu hören.

In Punkto Tschetschenien wird eindeutig mit zweierlei Maß gemessen. Während sich der Westen unter der Führung der USA jegliches Recht herausnimmt, seinen "Kampf gegen den Terror" so zu führen, wie man es für richtig hält, mit den uns allen bekannten Konsequenzen, wird Rußland jedes Recht, auf seine Art mit einem Teil des weltweiten Problems innerhalb ihres Landes (!) umzugehen, verweigert.

Ich will keinesfalls bestreiten, daß es Gewaltexzesse russischer Soldaten in Tschetschenien gab. Das war zum großen Teil sicherlich auch dem Umstand geschuldet, daß sich die Russischen Streitkräfte in Folge des Zusammenbruchs der Sowjetunion und dem anschließenden moralischen als auch technischen Niedergangs der Armee in einem äußerst desolaten Zustand befanden. Jedoch, ist das Putins Schuld? Überhaupt stellt sich die Frage, hat Putin den Tschetschenienkrieg begonnen? Nein.


Doch wie sieht die Lage in Tschetschenien heute aus? Der Krieg ist bis auf wenige Scharmützel zwischen verstreuten Rebellen und russischen Sicherheitskräften außerhalb der Städte beendet. Die Lage ist zwar noch leicht angespannt, aber ruhig. Die Tschetschenen haben sich ein Parlament und den ethischen Tschetschenen Achmed Kadyrow zu ihrem Präsidenten gewählt.
Der Wiederaufbau des Landes ist dank russischen Geldes in vollem Gange. Präsident Kadyrow verkündete, daß in Grosny am Ende des Jahres keine Ruine mehr im Stadtbild zu finden sein wird. Wir erinnern uns, daß vor wenigen Jahren in Grosny kein Stein mehr auf dem anderen stand! Vom Flugahafen Grosny aus kann man seit einigen Monaten auch wieder internationale Ziele anfliegen

Fazit: Die Causa Tschetschenien war mit Sicherheit kein Ruhmesblatt in der Geschichte der Russischen Förderation. Aber um zu einer objektiven Beurteilung zu gelangen, sollte immer die ganze Geschichte betrachtet werden. Mit diesem Aufsatz, so hoffe ich, ist es mir wenigstens einigermaßen gelungen, ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen.

Jedoch besteht im Angesicht der Lage im Irak als auch in Afghanistan, wo der Krieg nun schon seit 6 Jahren, bzw. im Irak seit vier Jahren tobt, und keinerlei Fortschritte zu beobachten sind - vom Wiederaufbau der Länder ganz zu schweigen - ,im Westen keinerlei Grund, belehrend auf Rußland einzuwirken oder gar die Menschenrechte zu instrumentalisieren, nur um Putin die abenteuerlichsten Dinge zu unterstellen ("Massenmörder"). Vergleicht man die Ausgangsbedingungen Rußlands beim Amtsantritt Wladimir Wladimirowitschs, die Lage in der Armee, die Wirtschaft, die Staatsfinanzen, also die gesamte Potenz des russischen Staates, mit der Lage in Irak und Afghanistan, so herrschen unweit bessere Zustände in Tschetschenien - bei aller brechtigter Kritik! So kann man Wladimir Wladimirowitsch Putin, der russischen Regierung als auch den Soldaten nur dafür danken, den Menschen in Tschetschenien wieder eine Zukunft gegeben zu haben.

PS: No Copy and Past!

Quellen:
Aus erster Hand - Gespräche mit Wladimir Putin
Victor Timtschenko: "Putin und das neue Rußland"
Alexander Rahr: "Wladimir Putin"
Wladimir Federowski: "Der Kreml"
Wikipedia
Internetseite des Radiosenders WDR 2

Stechlin
20.04.2007, 19:13
Verstehe schon. Aber der beste Geheimdienstler wäre für mich der, bei dem man es überhaupt nicht merkt, mit dem man gerne mal ein Bier trinken würde. :)

Tut´s auch ein Kaffee und ein Stück Kuchen?


Zunächst einmal brachte der Kreml-Chef jedoch den Zeitplan seiner Gastgeber gehörig durcheinander. Wegen eines Stadtbummels in Dresden, wo er zu DDR-Zeiten für die sowjetische Auslandsspionage tätig war, startete Wladimir Putin erst mit mehr als einstündiger Verspätung Richtung Süden. Unweit der Frauenkirche „betrat das Staatsoberhaupt ein Cafe, trank eine Tasse Kaffee, blätterte die Dresdener Zeitungen durch und unterhielt sich mit Dresdener Bauarbeitern“, berichtete das Staatsfernsehen in Moskau. http://www.aktuell.ru/russland/politik/wladimir_putins_gestaendnis_ich_liebe_deutschland_ 3211.html

Kaiser
20.04.2007, 22:19
Die Erklärung für dieses Wunder ist nicht in Putin zu suchen, sondern darin:

1. Ölpreis.

2. Gaspreis.


Was hätte das dem russischen Staat gebracht, wenn jener nicht dafür gesorgt hätte dass die privaten Profiteure zugunsten der Staatskonzerne weitgehend verschwinden? Richtig, nichts. Ganz gut zu sehen unter der Schnapsdrossel Jelzin.



3. Abwertung des Rubels 1998.


Und? Öl und Gas werden in Dollar verkauft. Importe werden durch Abwertungen der heimischen Währung teurer.



4. Basiseffekt: Die Wirtschaft lag 1998/99 wegen der Finanzkrise am Boden.


Sollen wir das Verdienst Jelzins oder Starterleichterung für Putin anrechnen?



Übrigens haben wir da eine gute Parallele zu Hitler, der ja auch davon profitierte, dass mit der Bankenkrise das Schlimmste überstanden war und die Konjunktur wieder nach oben zeigte. Die Arbeitslosigkeit ging bereits vor den ersten Maßnahmen der Nazis wieder zurück.

Wie die Entwicklung in den anderen Ländern wie etwa USA, GB und Frankreich zeigt, sind solche Thesen Unsinn. Als 1938 in Deutschland faktisch Vollbeschäftigung herrschte, lag die Arbeitslosigkeit in den USA noch bei knapp 20 %. Wer also suggeriert, dass in Deutschland bei Fortbestand der Weimarer Republik die Massenarbeitslosigkeit besiegt worden wäre, hat entweder keine Ahnung von Wirtschaftsgeschichte oder lügt aus politischen Motiven.

Was ist es bei dir? :(

Aldebaran
21.04.2007, 18:58
Was hätte das dem russischen Staat gebracht, wenn jener nicht dafür gesorgt hätte dass die privaten Profiteure zugunsten der Staatskonzerne weitgehend verschwinden? Richtig, nichts. Ganz gut zu sehen unter der Schnapsdrossel Jelzin.

Natürlich hat der russische Staat auch unter Jelzin Förderabgaben erhoben. Die waren natürlich viel niedriger als heute. Auch in den arabischen Ölländern haben sich die Einnahmen vervielfacht.



Und? Öl und Gas werden in Dollar verkauft. Importe werden durch Abwertungen der heimischen Währung teurer.

Eben. Das hat der russischen Industrie geholfen.



Sollen wir das Verdienst Jelzins oder Starterleichterung für Putin anrechnen?

Letzteres natürlich.



Wie die Entwicklung in den anderen Ländern wie etwa USA, GB und Frankreich zeigt, sind solche Thesen Unsinn. Als 1938 in Deutschland faktisch Vollbeschäftigung herrschte, lag die Arbeitslosigkeit in den USA noch bei knapp 20 %. Wer also suggeriert, dass in Deutschland bei Fortbestand der Weimarer Republik die Massenarbeitslosigkeit besiegt worden wäre, hat entweder keine Ahnung von Wirtschaftsgeschichte oder lügt aus politischen Motiven.

Was ist es bei dir? :(

Das kennen wir doch alles: Durch verschleierte Geldvermehrung und Stagnation der Löhne (oder sogar reale Senkung) wurden die Investitionen gesteigert.

Der "New Deal" wird tatsächlich überschätzt. Vollbeschäftigung trat in den USA erst mit dem Beginn des 2. WK ein - also aus einem ganz ähnlichen Grund wie in Deutschland, wo es die Kriegsvorbereitungen waren.

Frankreich hat eine unglückliche Währungspolitik betrieben. GB hat in den 30er Jahren übrigens gar nicht so schlecht abgeschnitten.

Justas
24.04.2007, 11:33
Das Zuschlagen der Staatsmacht hat nichts mit einer Paranoia im Kremel zu tun und nur bedingt mit aktuellen Wahljahr. Putin schottet sein zentral gelenktes Reich immer fugendichter gegen jeden Einfluss ab, Gleichzeitig tritt er international zunehmend offensiver auf. Hinter seiner Tagespolitik steht eine langfristiger Strategie. Das Kremel-Regime wendet sich von der europäischen Wertegemeinschaft ab und knüpft daran seinen Stolz./:(Echo der Zeit vom 4. April? :)) Radio an, Hirn aus.