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Vollständige Version anzeigen : Archetypische Zuordnung



-jmw-
22.02.2007, 19:36
Bitte keine neuen Beiträge mehr!

Das Thema wird an anderer Stelle neu aufgemacht werden!


'n Abend,

man farge nicht, warum, jedenfalls kam mir heute morgen die Idee, so eine Umfrage zu machen.
Sie ist in den letzten fünf MInuten formuliert worden, deshalb unvollständig, undurchdacht und alle Angaben sind wie immer ohne Gewähr.

In medias res:

Viele Gemeinwesen der Vergangenheit und z.T. auch noch der Gegenwart kennen Stände, Kasten oder vergleichbare Einrichtungen.
Im Mittelalter gab es hierzulande bekanntlich die Dreiteilung von Adel – Klerus – Bürger- und Bauerntum;
Platon entwarf in seinem Buch „Das Gemeinwesen“ ebenfalls ein Dreiständemodell mit Philosophenherrschern – Wächtern und – Rest;
im alten Persien fand man die vier pishtra der Priestermagier, der Krieger, der Familienoberhäupter und der Diener und Knechte;
das Kastensystem Indiens dürfte euch grob geläufig sein.

Dies waren nicht nur materielle Aufgabenstände, es waren auch Ideale mit ihnen verknüpft, bestimmte Einstellungen, Ethiken, Werte und Weltsichten, die der jeweiligen Gruppe zueignen waren und sie abhoben von den anderen in ihrem eigenen, spezifischen Sinne.

Um diese Werte und Ideale soll es hier gehen - bitte orientiere Dich also nicht nach dem, was Du materiell-beruflich tust, sondern nach dem, was Du meinst, was Dir am ehesten entspricht.

Welchem Archetyp also ordnest Du Dich zu?

stummer
23.02.2007, 12:59
Hallo, -jmw- -

ich weiß nicht, inwieweit Du C.G. Jung rezipiert haben willst, möchte hier aber als Laie weder auf dem Archetypen-Begriff noch auf meiner grundlegenden Skepsis gegenüber psychoanalytischen Schulrichtungen herumreiten.

Also: Ich "bin" ein aussätziger und freiheitsliebender (Berg-)Bauer

Mit freundlichen Grüßen

stummer

Stechlin
23.02.2007, 13:31
Ich zähle mich zu den lohnabhängig-Beschäftigten - kurz: Arbeiter; wer ist mehr?

stummer
23.02.2007, 13:41
Ich zähle mich zu den lohnabhängig-Beschäftigten - kurz: Arbeiter; wer ist mehr?

Hallo, NITUP -

auch wenn es weltfremd klingen mag: ich will nicht "mehr" sein. Außerdem bin ich "aussätzig".
Was bedeutet das praktisch in meinem engen Spielraum politischer Einflußmöglichkeiten?

Asche auf mein Haupt: Da muß ich noch viel Arbeit leisten. Ich stecke in einem Lernprozeß. Dazu ist jener "Aussatz" nötig: Eine Heimatlosigkeit angesichts bewußter Verwurzelung. Klingt blöd, ist blöd - aber mehr kann ich derzeit nicht bieten.
Da ich respektiere, daß Du, NITUP, Atheist bist (gemäß Deiner Angabe im Profil), möchte ich an dieser Stelle zunächst verstummen.

Mit freundlichen Grüßen

stummer

Stechlin
23.02.2007, 13:53
Hallo, NITUP -

auch wenn es weltfremd klingen mag: ich will nicht "mehr" sein.

"Ich bin Arbeiter - wer ist mehr?" ist eine DDR-Losung, die ich philosophisch bemerkenswert finde. Warum? Im Eingangsbeitrag ist die Rede von "Kasten" oder "Ständen". Bisher war es und ist es so, daß der gewöhnliche Arbeiter in den postindustriellen Staaten eine untere Schicht darstellt, die zwar die größte Gruppe innerhalb einer jeden Industriegesellschaft, aber dennoch im öffentlichen Bewußtsein unterrepräsentiert ist (auch in den Parlamenten).

Meine Frage, "...wer ist mehr" bezieht sich auf einen revolutionären Schritt, nämlich die unterste Schicht, welche erst den Reichtum der obersten Schicht, und damit sie selbst, produziert, zur höchsten zu machen. Ein historischer Akt der Gerechtigkeit, der ja 1990 wieder rückgängig gamacht wurde - ohne Wertung.

Heute leben wir in einer Gesellschaft postindustrieller Barbaren, in der das Ständedenken so dazu gehört, wie das Korn zum Brot.

stummer
23.02.2007, 14:01
"Ich bin Arbeiter - wer ist mehr?" ist eine DDR-Losung, die ich philosophisch bemerkenswert finde. Warum? Im Eingangsbeitrag ist die Rede von "Kasten" oder "Ständen". Bisher war es und ist es so, daß der gewöhnliche Arbeiter in den postindustriellen Staaten eine untere Schicht darstellt, die zwar die größte Gruppe innerhalb einer jeden Industriegesellschaft, aber dennoch im öffentlichen Bewußtsein unterrepräsentiert ist (auch in den Parlamenten).

Meine Frage, "...wer ist mehr" bezieht sich auf einen revolutionären Schritt, nämlich die unterste Schicht, welche erst den Reichtum der obersten Schicht, und damit sie selbst, produziert, zur höchsten zu machen. Ein historischer Akt der Gerechtigkeit, der ja 1990 wieder rückgängig gamacht wurde - ohne Wertung.

Heute leben wir in einer Gesellschaft postindustrieller Barbaren, in der das Ständedenken so dazu gehört, wie das Korn zum Brot.

Hallo, NITUP -

Danke für Deine Darlegungen! An diese Gesichtspunkte dachte ich nicht.
Nun bin auch ich ein Gegner von Dünkeln und selbstgefälliger Klassifizierung von Menschen. Zweifellos fehlt es in D an glaubhaft gelebter Solidarität.

Genügt es Dir an dieser Stelle, wenn ich es hier bei unseren Gemeinsamkeiten belasse?

Falls nicht, so möchte ich nur erwähnen, daß das Volk der DDR damals gegen seine Obrigkeit demonstriert hatte. Theorie und Praxis klafften und klaffen auseinander - nicht nur im Sozialismus.

Mit freundlichen Grüßen

stummer

Stechlin
23.02.2007, 14:21
Hallo, NITUP -

Danke für Deine Darlegungen! An diese Gesichtspunkte dachte ich nicht.
Nun bin auch ich ein Gegner von Dünkeln und selbstgefälliger Klassifizierung von Menschen.

Genügt es Dir an dieser Stelle, wenn ich es hier bei unseren Gemeinsamkeiten belasse?

Falls nicht, so möchte ich nur erwähnen, daß das Volk der DDR damals gegen seine Obrigkeit demonstriert hatte. Theorie und Praxis klafften und klaffen auseinander - nicht nur im Sozialismus.

Mit freundlichen Grüßen

stummer

Das hat ja wenig mit der DDR zu tun, denn es wurde ja bestimmt nicht dafür demonstriert, den Arbeiter wieder zum Angehörigen eines minderen Standes zu "befördern". Mir ging es einzig und allein darum, dieses bürgerliche Kastendenken philosophisch als auch ideologisch zu entlarven mit einer provokanten und zum Nachdenken anregenden Formulierung, die das Kernproblem schonungslos darlegt: Der Arbeiter, der den gesellschaftlichen Reichtum schafft, wird ausgerechnet, obwohl er die gesellschaftliche Mehrheit stellt, zur untersten Kaste dirigiert.

Kann man die Ungerechtigkeit im klassischen Sinne besser darstellen?

PS: Da ja in unseren Industriegesellschaften der Reichtum darüber entscheidet, wer zu welchen Stand gehört, möchte ich Aristoteles zitieren, der in seinem Werk "Die Nikomachische Ethik" mal folgendes festgehalten hat, was mein Anliegen unterstützt:


Die kaufmännische Lebensform hat etwas Gewaltsames an sich, und offensichtlich ist der Reichtum nicht das gesuchte Gute. Denn er ist nur als Mittel zu anderen Zwecken zu gebrauchen.

Manfred_g
23.02.2007, 14:26
Ich fühle mich von den im Eingangspost genannten klassischen Konzepten nicht hinreichend gut getroffen. Unabhängig von der Umfrage hier habe ich mich an anderer Stelle bereits schon einige Male als jemanden beschrieben, der niemandes Knecht sein möchte, aber umgekehrt auch keine Knechte haben will. Die politische Ausprägung ist daher (einigermaßen erwartungsgemäß denke ich) der Liberalismus mit einigen Anleihen aus dem konservativen und eher wenigen aus dem linken Lager. "Laisser-faire"

Stechlin
23.02.2007, 14:28
Ich fühle mich von den im Eingangspost genannten klassischen Konzepten nicht hinreichend gut getroffen. Unabhängig von der Umfrage hier habe ich mich an anderer Stelle bereits schon einige Male als jemanden beschrieben, der niemandes Knecht sein möchte, aber umgekehrt auch keine Knechte haben will.

Bis dahin keinen Widerspruch.


Die politische Ausprägung ist daher (einigermaßen erwartungsgemäß denke ich) der Liberalismus mit einigen Anleihen aus dem konservativen und eher wenigen aus dem linken Lager. "Laisser-faire"

Der Liberalismus ist nichts weiter als eine alternative Bezeichnung der Crematistik, die ja nun am Besten geeignet ist, dem Standesdünkel Vorschub zu leisten.

Ausonius
23.02.2007, 14:33
Da wir heute keine Ständegesellschaft mehr haben und die ohne Frage wirkenden sozialen Hierarchien sich nur diffus umreißen lassen.

Grobe Kategorisierung: träfe wohl männlicher WASP am besten, nur dass ich kein Anglo-Saxon bin.
Meine Eltern und älteren Verwandten gehörten sämtlich dem mittelständischen, in der Nachkriegszeit starken, aber mittlerweile immer mehr verschwindendem "Bildungsbürgertum" an.
Selber würde ich mich als "klassischer" westlicher Intellektueller ansehen.

Stechlin
23.02.2007, 14:37
Da wir heute keine Ständegesellschaft mehr haben und die ohne Frage wirkenden sozialen Hierarchien sich nur diffus umreißen lassen.

Grobe Kategorisierung: träfe wohl männlicher WASP am besten, nur dass ich kein Anglo-Saxon bin.
Meine Eltern und älteren Verwandten gehörten sämtlich dem mittelständischen, in der Nachkriegszeit starken, aber mittlerweile immer mehr verschwindendem "Bildungsbürgertum" an.
Selber würde ich mich als "klassischer" westlicher Intellektueller ansehen.

Was ist ein "klassisch - westlicher Intellektueller"? Und inwiefern unterscheidet er sich vom gewöhnlichen westlichen "Intellektuellen"?

stummer
23.02.2007, 14:39
Das hat ja wenig mit der DDR zu tun, denn es wurde ja bestimmt nicht dafür demonstriert, den Arbeiter wieder zum Angehörigen eines minderen Standes zu "befördern". Mir ging es einzig und allein darum, dieses bürgerliche Kastendenken philosophisch als auch ideologisch zu entlarven mit einer provokanten und zum Nachdenken anregenden Formulierung, die das Kernproblem schonungslos darlegt: Der Arbeiter, der den gesellschaftlichen Reichtum schafft, wird ausgerechnet, obwohl er die gesellschaftliche Mehrheit stellt, zur untersten Kaste dirigiert.

Kann man die Ungerechtigkeit im klassischen Sinne besser darstellen?

PS: Da ja in unseren Industriegesellschaften der Reichtum darüber entscheidet, wer zu welchen Stand gehört, möchte ich Aristoteles zitieren, der in seinem Werk "Die Nikomachische Ethik" mal folgendes festgehalten hat, was mein Anliegen unterstützt:

Hallo, NITUP -

Danke für die ausführliche Darstellung Deiner Ansichten!
Mein "konservativer" Ansatz ist indes dies: Menschen generell neigen zum Kastendenken.
Du sagtest u.a., (nur) der Arbeiter schaffe gesellschaftlichen Reichtum. Da kann ich Dir nicht folgen.

Was jenes Zitat aus der Nikomachische Ethik betrifft, so scheint mir dies schon aus historisch-kritischen Gründen nicht auf eine Industriegesellschaft der heutigen Zeit übertragbar zu sein.

Kurz: Reichtum kann durchaus auch sozialverträglich und menschenfreundlich eingesetzt werden. Auch als Apostat steht mir immer noch die katholische Soziallehre näher als dies Deine Ansichten vermögen.
Es ist mir bewußt, daß ich in Deiner Sichtweise von falschen philosophischen Voraussetzungen ausgehe und mein Denken auf Dich, NITUP, wohl bürgerlich verzerrt wirken muß.

In der theoretisch-weltanschaulichen Sicht kann ich Dir, NITUP, also nicht folgen.

Deiner Empörung angesichts sozialer Ungerechtigkeit (und Deinem Anliegen, diese zu überwinden) zolle ich meinen Respekt - wie auch dem Menschen,. der hinter jener Empörung steht.


Mit freundlichen Grüßen

stummer

cajadeahorros
23.02.2007, 14:52
Dies waren nicht nur materielle Aufgabenstände, es waren auch Ideale mit ihnen verknüpft, bestimmte Einstellungen, Ethiken, Werte und Weltsichten, die der jeweiligen Gruppe zueignen waren und sie abhoben von den anderen in ihrem eigenen, spezifischen Sinne.


Natürlich waren das materielle Aufgabenstände. Im Lauf der Jahrhunderte wurden jedoch diese Besitz- und Aufgabenstände zum gesellschaftlichen Fetisch erhoben, d.h. irgendwann wurde der lokale Großgrundbesitzer oder völkerwandernde Heerführer der Spätantike im eigenen Verständnis und im Verständnis seiner Lehensmänner zum "Adeligen", d.h. zu einem angeblich durch seine Abstammung, seine Geburt zu etwas Besonderem geborene, zu etwas Verehrungswürdigen, das durch die Natur mit höheren Rechten ausgestattet wurde als der gemeine Pöbel.

Stechlin
23.02.2007, 14:58
Mein "konservativer" Ansatz ist indes dies: Menschen generell neigen zum Kastendenken.

Dem will ich nicht widersprechen. Dennoch ist dieses Denken eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Warum? Würden 100 "Top"-Unternehmer vor dem Reichstag gegen die Regierung demonstrieren, würde das ein mittleres Erdbeben verursachen.
Wenn aber 350 000 Arbeitslose, Harz-IV-Empfänger und Arbeiter demonstrieren, interessiert das keine Sau.

Ich denke, das dürfte so einiges beantworten, wo die Kausalitäten zwischen dem "Standesdünkel" und der gesellschaftlichen Beschaffenheit der bürgerlichen Ideologie liegen.


Du sagtest u.a., nur der Arbeiter schaffe gesellschaftlichen Reichtum. Da kann ich Dir nicht folgen.

Quantitativ schafft der Arbeiter mehrheitlich den gesellschaftlichen Reichtum. Wer sonst? Herr Kleinfeld? Herr Esser? Herr Harz? Mitnichten.


Was jenes Zitat aus der Nikomachische Ethik betrifft, so scheint mir dies schon aus historisch-kritischen Gründen nicht auf eine Industriegesellschaft der heutigen Zeit übertragbar zu sein.

Dann ist es die Demokratie auch nicht. Merkwürdigerweise ist das nicht mal ein Widerspruch. Du hast insofern recht, als daß Deine These durchaus auf unsere heutige profitorientierte Gesellschaft paßt! Du müßtest nur präzisieren, welche Industriegesellschaften Du meinst.
Das Vorhandensein eines jeden Standesdünkel verhindert die Durchsetzung jeglicher Demokratie.


Kurz: Reichtum kann durchaus auch sozialverträglich und menschenfreundlich eingesetzt werden. Auch als Apostat steht mir immer noch die katholische Soziallehre näher als Deine Ansichten.

Die katholische Soziallehre, überhaupt die moralischen Thesen des Christentums vertragen sich mehr mit meinen Ansichten als mit denen unserer neoliberalen Verfechter:


2. »Selig im Geiste sind die Armen, denn ihrer ist das Himmelreich. Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden. Selig sind die Sanftmüti-gen, denn sie werden das Erdreich besitzen. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen gesättigt werden.

3. Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Selig sind, die reinen Her-zens sind, denn sie werden Gott schauen. Selig sind die Friedensstifter, denn sie werden Kinder Gottes heißen. Selig sind, die um der gerechten Sache willen Verfolgung leiden, denn ihrer ist das Reich Gottes.

4. Ja, selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und euch ausstoßen werden aus ihrer Gemeinschaft und allerlei Übles wider euch reden und euren Namen ächten um des Menschensohnes willen. Freut euch an jenem Tage und hüpfet vor Freude, denn siehe, euer Lohn ist groß im Himmel. Denn Gleiches taten ihre Väter den Propheten. (Kap. 25, 1-4)


In der theoretisch-weltanschaulichen Sicht kann ich Dir, NITUP, nicht folgen.
Deiner Empörung angesichts sozialer Ungerechtigkeit (und Deinem Anliegen, diese zu überwinden) zolle ich meinen Respekt.

Du bist neu hier! Mit Dir kann man ja wirklich inhaltsbezogen und argumentativ diskutieren. Wie angenehm. Ist eher selten hier.

Von daher: Ein von Herzen kommendes Willkommen!

Mit besten Grüßen,
NITUP.

Der Patriot
23.02.2007, 15:01
Arbeiter.

Genauer Facharbeiter-Mittelschicht.

stummer
23.02.2007, 15:13
Dem will ich nicht widersprechen. Dennoch ist dieses Denken eine gesellschaftliche Notwendigkeit. Warum? Würden 100 "Top"-Unternehmer vor dem Reichstag gegen die Regierung demonstrieren, würde das ein mittleres Erdbeben verursachen.
Wenn aber 350 000 Arbeitslose, Harz-IV-Empfänger und Arbeiter demonstrieren, interessiert das keine Sau.

Ich denke, das dürfte so einiges beantworten, wo die Kausalitäten zwischen dem "Standesdünkel" und der gesellschaftlichen Beschaffenheit der bürgerlichen Ideologie liegen.



Quantitativ schafft der Arbeiter mehrheitlich den gesellschaftlichen Reichtum. Wer sonst? Herr Kleinfeld? Herr Esser? Herr Harz? Mitnichten.



Dann ist es die Demokratie auch nicht. Merkwürdigerweise ist das nicht mal ein Widerspruch. Du hast insofern recht, als daß Deine These durchaus auf unsere heutige profitorientierte Gesellschaft paßt! Du müßtest nur präzisieren, welche Industriegesellschaften Du meinst.
Das Vorhandensein eines jeden Standesdünkel verhindert die Durchsetzung jeglicher Demokratie.



Die katholische Soziallehre, überhaupt die moralischen Thesen des Christentums vertragen sich mehr mit meinen Ansichten als mit denen unserer neoliberalen Verfechter:


2. »Selig im Geiste sind die Armen, denn ihrer ist das Himmelreich. Selig sind, die da Leid tragen, denn sie sollen getröstet werden. Selig sind die Sanftmüti-gen, denn sie werden das Erdreich besitzen. Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit, denn sie sollen gesättigt werden.

3. Selig sind die Barmherzigen, denn sie werden Barmherzigkeit erlangen. Selig sind, die reinen Her-zens sind, denn sie werden Gott schauen. Selig sind die Friedensstifter, denn sie werden Kinder Gottes heißen. Selig sind, die um der gerechten Sache willen Verfolgung leiden, denn ihrer ist das Reich Gottes.

4. Ja, selig seid ihr, wenn euch die Menschen hassen und euch ausstoßen werden aus ihrer Gemeinschaft und allerlei Übles wider euch reden und euren Namen ächten um des Menschensohnes willen. Freut euch an jenem Tage und hüpfet vor Freude, denn siehe, euer Lohn ist groß im Himmel. Denn Gleiches taten ihre Väter den Propheten. (Kap. 25, 1-4)



Du bist neu hier! Mit Dir kann man ja wirklich inhaltsbezogen und argumentativ diskutieren. Wie angenehm. Ist eher selten hier.

Von daher: Ein von Herzen kommendes Willkommen!

Mit besten Grüßen,
NITUP.

Hallo, NITUP -

ich danke Dir für Deine detaillierte Stellungnahme und den herzlichen Willkommensgruß!

Bzgl. der Industriegesellschaften dachte ich an mitteleuropäische Gesellschaften.

Was ich schon an anderer Stelle erwähnt hatte, muß hier wiederholt werden: Leider bin ich in BWL / VWL völlig inkompetent (das ist ein schwerwiegender Makel und ich bilde mir beileibe nichts darauf ein).
Ich habe halt ganz einfach Zweifel an der - Von Dir nicht so vergröbert formulierten - These: "Mache die Reichen ärmer. Dann werden die Armen reicher." (Stichwort: Ackermann usw.)
Als stummer Beobachter lese ich mir hier im Forum natürlich auch die Postings im Wirtschaftsteil durch.

Auch wenn ich mittlerweile kein Christ mehr bin: Es würde mich freuen, von Deinen Deutungen der Seligpreisungen etwas zu erfahren (aber nur, wenn Du Lust und Zeit hast).

(Wenn ich mich bzgl. der Archetypen-Anfrage als "aussätziger ... Bauer" gekennzeichnet habe, so ist dies übrigens Teil meines subjektiven Zugangs zu den Makarismen. Dabei würde ich versuchen, mit möglichst wenig Metaphysik zu hantieren. Aber nur, wenn Du möchtest - und vielleicht an anderer Stelle.)

Mit herzlichen Grüßen

stummer

Stechlin
23.02.2007, 15:27
Was ich schon an anderer Stelle erwähnt hatte, muß hier wiederholt werden: Leider bin ich in BWL / VWL völlig inkompetent (das ist ein schwerwiegender Makel und ich bilde mir beileibe nichts darauf ein).
Ich habe halt ganz einfach Zweifel an der - Von Dir nicht so vergröbert formulierten - These: "Mache die Reichen ärmer. Dann werden die Armen reicher." (Stichwort: Ackermann usw.)
Als stummer Beobachter lese ich mir hier im Forum natürlich auch die Postings im Wirtschaftsteil durch.

Auch ich habe weder BWL noch VWL studiert. Ist also mitnichten ein Makel.


Auch wenn ich mittlerweile kein Christ mehr bin: Es würde mich freuen, von Deinen Deutungen der Seligpreisungen etwas zu erfahren (aber nur, wenn Du Lust und Zeit hast).

Hoppla! Ich bin selbst auch kein Christ. Ungetauft, atheistisch. Und das soll auch so bleiben.

Aber - das Christentum (das echte, so, wie es mal angedacht war) hat durchaus interessante Ansätze, die sich mehr mit Marx vertragen als mit unseren heutigen turbokapitalistischen Ansichten und Lehren.

Sagt Dir der Name Leonardo Boff etwas?

Überhaupt ist auch die Bibel ein Quell voller Spiegel, welche sich vorzüglich dazu eignen, der Gesellschaft jene auch vors Gesicht zu halten.
Mein Favorit ist die Geschichte des Volkes Israels bei seiner Wanderung von Ägypten ins "gelobte" Land. Der dabei stattgefundene Tanz ums Goldene Kalb sagt vieles über uns und unsere Werte aus. Erschreckend, nicht wahr?

Ich werde mich mit Freuden an jeder Diskussion beteiligen, die genau dieses Themenfeld zum Inhalt macht.

Gruß,
NITUP.

stummer
23.02.2007, 15:33
Auch ich habe weder BWL noch VWL studiert. Ist also mitnichten ein Makel.



Hoppla! Ich bin selbst auch kein Christ. Ungetauft, atheistisch. Und das soll auch so bleiben.

Aber - das Christentum (das echte, so, wie es mal angedacht war) hat durchaus interessante Ansätze, die sich mehr mit Marx vertragen als mit unseren heutigen turbokapitalistischen Ansichten und Lehren.

Sagt Dir der Name Leonardo Boff etwas?

Überhaupt ist auch die Bibel ein Quell voller Spiegel, welche sich vorzüglich dazu eignen, der Gesellschaft jene auch vors Gesicht zu halten.
Mein Favorit ist die Geschichte des Volkes Israels bei seiner Wanderung von Ägypten ins "gelobte" Land. Der dabei stattgefundene Tanz ums Goldene Kalb sagt vieles über uns und unsere Werte aus. Erschreckend, nicht wahr?

Ich werde mich mit Freuden an jeder Diskussion beteiligen, die genau dieses Themenfeld zum Inhalt macht.

Gruß,
NITUP.

Hallo, NITUP -

ja, der Name Boff sagt mir etwas. Mein Rezeptionsprozeß ist aber noch nicht abgeschlossen.

Könntest Du zustimmen, wenn ich in den nächsten Tagen (der Schnellste war ich noch nie) im Religions-Forum einen entsprechenden Thread* eröffne? Oder wäre Dir ein anderer Ort lieber?

*etwa: "Die Seligpreisungen der Bergpredigt - Versuch einer nichtmetaphysischen Interpretation"

Mir war schon bewußt, daß Du, NITUP; Atheist bist. Aus Erfahrung weiß ich nur, daß ich als Abtrünniger - im Hinblick auf manche Gläubige, welche darauf bestehen - meine Apostasie immer wieder ausdrücklich betonen sollte.
Ich respektiere es, wenn manche Gläubige mit mir nichts zu schaffen haben wollen.

Mit freundlichen Grüßen

stummer

Stechlin
23.02.2007, 15:46
[I]

könntest Du zustimmen, wenn ich morgen im Religionsforum einen entsprechenden Thread* eröffne?

*etwa: "Die Seligpreisungen der Bergpredigt - Versuch einer nichtmetaphysischen Interpretation"

Prima Idee. Bin einverstanden.

stummer
23.02.2007, 15:52
Prima Idee. Bin einverstanden.

Hallo, Nitup -

Danke für Deine Antwort!

Ich werde dem gerne nachkommen. Jetzt muß ich Dich aber um Verzeihung bitten, denn mir fiel gerade ein, daß ich es morgen nicht schaffen werde.

Ich habe deshalb das entsprechende Posting so abgeändert:

"Könntest Du zustimmen, wenn ich in den nächsten Tagen (der Schnellste war ich noch nie) im Religions-Forum einen entsprechenden Thread eröffne?

Mit freundlichen Grüßen

stummer

-jmw-
23.02.2007, 15:58
Hä?
Sowas!
Was macht diese Umfrage denn hier? ?(
In der Tat wollt ich gestern eine erstellen, hab dies jedoch zwischendrin abgebrochen, weil sie mir nicht ausgereift schien.
Warum steht sie trotzdem hier?
Technikfehler?
Bedienungsfehler meinerseits?


@ Mods

Ist es mit den Regeln vereinbar, diesen Strang zu schliessen?
Er sollte weder hier noch heute noch in dieser Form vorhandensein.

mfg

Waldgänger
23.02.2007, 16:06
Ich dachte ich steuer auch mal was zum Thema bei. :) Allem vorweg: Trotz meiner sozialistischen Ausrichtung, bin ich kein Freund der Gleichheitslehre. Es wäre Realitätsklitterung, die natürliche Vielfalt, die Unterschiedlichkeiten der Völker und der Einzelnen untereinander zu leugnen. Die Vermassung, der Ruf nach totaler Gleichheit, all das hat uns im 20. Jahrhundert in die Katastrophe gestürzt. Nur, wie so oft gibt es keine universelle, eindimensionale Definition.

In der griechischen Demokratie ist die politische Gleichheit nicht das Abbild einer natürlichen Gleichheit. Sie rührt von der Staatsbürgerschaft her und ist nur ein Mittel der Freiheit. Alle antiken Autoren, die die Demokratie verteidigen, rühmen in ihr nicht etwa eine durchaus egalitäre Staatsform, sondern vielmehr eine Form, bei der der allen zugängliche Wettbewerb ermöglicht, Eliten besser zu erkennen. Im "Staat" verurteilt Platon die Regierungssysteme, welche "gleichmäßig Gleichen wie Ungleichen eine gewisse Gleichheit austeilen" (8.Buch, 558c). Aristoteles bemerkt, dass die Gerechtigkeit ebenso die Idee der Gleichheit enthält, wie die der Ungleichheit: "So scheint etwa die Gleichheit gerecht zu sein, und sie ist es auch, aber nicht unter allen, sondern nur unter den Ebenbürtigen; und ebenso scheint die Ungleichheit gerecht zu sein, und ist es auch, aber unter den Unebenbürtigen" (Politik, III, 1280a, 11sq). Perikles selbst hebt laut Thukydides hervor, dass die Gleichheit mit der systematischen Suche nach Verdiensten verbunden ist, die von Natur aus ungleich sind (II, 37, 1).

In Wirklichkeit gibt es zwei Auffassungen der Gleichheit, wie es auch zwei Auffassungen der Freiheit gibt. Isokrates unterscheidet demnach die Gleichheit, die "alle den gleichen Anteil gibt", und er verurteilt sie, von derjenigen, die einem jeden gewährt, "was zu ihm passt" (Aeropagitikos, 21-22). "Ungleiche Verdienste", schreibt er an anderer Stelle, "können nicht mit gleichen Lebenslagen bedacht sein, und jeder wird seinem Wert entsprechend behandelt und geehrt werden" (Nikokles, 14). In dem einen Fall haben wir es mit der arithmetischen Gleichheit zu tun, die dem einfachen Gesetz der Mehrzahl entspricht; in dem anderen mit der geometrischen, die die Idee der Proportion berücksichtigt. Für Aristoteles "gibt es eine zweifache Gleichheit, nach der Zahl und nach dem Werte" (Politik, V, 1, 1301a, 25sq); die eine darf die andere nicht ersticken.

Die geometrische Gleichheit folgt dem klassischen Prinzip: suum cuique, "Jedem das Seine". Daraus ersieht man, dass die modernen Liberaldemokratien, die von einer egalitären, im Christentum gründenden Ideologie getragen wurden, hauptsächlich die numerische Auffassung der Gleichheit verbreitet haben. In dieser Auffassung soll die politische Gleichberechtigung angeblich von einer "natürlichen" Gleichheit herrühren, und ihre allmähliche Verwirklichung wird als Ideal hingestellt. Diese "natürliche" Gleichheit kann empirisch nicht nachgewiesen werden; sie entpuppt sich nun als "moralische Forderung", das heißt als Glaube. Die geometrische Gleichheit dagegen stützt sich auf die Realität.

Zusammengefasst bedeutet dies, dass es immer Unterschiede innerhalb einer Gesellschaft geben wird, jene entstehen logischerweise aus der menschlichen Ungleichheit. Damit möchte ich keinesfalls das Klassendünkel der Kapitalistenkaste gutheißen; eine Schicht die ein parasitäres und für die Ökonomie sinnloses Dasein fristet, kann keinesfalls die Grundlage einer zukunftsträchtigen Gemeinschaft bilden. Doch selbst in der, von zahlreichen Sozialisten beschworenen "klassenlosen Gesellschaft", wird es weiterhin Unterschiede nach Fähigkeit und Leistung geben. Somit ist neben der genossenschaftlichen Räteverwaltung (vergleichbar mit den mittelalterlichen Zünften und Gilden) eine korporative Ständekammer in jedem Orts-, Lokal-, Regionalrat usw. unerlässlich.

Abschließend lässt sich zum Thema Räte folgendes festhalten:

"Der Rätegedanke ist uralt. Räte sind im eigentlichen Sinne nichts andres als die Vereinigung Gleichberechtigter zur Beratung ihrer eigenen gemeinsamen Angelegenheiten. Diese Bedeutung hatten die Gemeindeversammlungen des Altertums, die Gilden des Mittelalters, die Sektionen der französischen Revolution und der Kommune. Das Rätewesen als Zusammenarbeit von Ratgebern und Ratholern auf Gegenseitigkeit ist über die Bestimmung der Interessenvertretung in sich verbundener Menschengruppen hinaus die natürliche Organisationsform jeder Gesellschaft überhaupt, welche die Leitung der öffentlichen Sachen von einer staatlichen Spitze aus durch die Ordnung von unten herauf, durch Föderation, Bündnis und unmittelbaren Zusammenschluss der Arbeitenden zur Regelung von Arbeit, Verteilung und Verbrauch ersetzt sehn will." (Erich Mühsam)

Stechlin
23.02.2007, 16:46
Hallo, Nitup -

Danke für Deine Antwort!

Ich werde dem gerne nachkommen. Jetzt muß ich Dich aber um Verzeihung bitten, denn mir fiel gerade ein, daß ich es morgen nicht schaffen werde.

Ich habe deshalb das entsprechende Posting so abgeändert:

"Könntest Du zustimmen, wenn ich in den nächsten Tagen (der Schnellste war ich noch nie) im Religions-Forum einen entsprechenden Thread eröffne?

Mit freundlichen Grüßen

stummer


...siehe PN.