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Vollständige Version anzeigen : Karl der Kühne - schneller ist nie ein Reich untergegangen



blumenau
28.01.2007, 13:13
Bei Grandson verlor er sein Gut.

Bei Murten den Mut.

Bei Nancy das Blut.

Erschlagen wie ein Pferdeknecht.

Einer, der in der Organisation seines Heeres ausgesprochen modern war, aber in der Schlacht versagte die Truppe vollständig. VÖLLIG UNERKLÄRLICH, wie das modernste Heer des damaligen Europa mit 400 GESCHÜTZEN sich von einigen Schweizer Gewalthaufen bedrängt innerhalb von Minuten ohne Verluste zur Flucht absetzte, noch bevor es überhaupt zur Schlacht kam.

Es lohnt sich, diese BURGUNDERKRIEGE bei Wikipedia einmal nachzulesen.

Zwar ist es möglicherweise richtig, daß gesamthistorisch kein Platz war für ein weiteres Reich zwischen Frankreich und Habsburg, die Schweiz einmal ganz beiseite, der Fall Karl der Kühne bleibt jedoch völlig rätselhaft. Ein Heer, das 400 Kanonen verliert ohne daß ein Schuß abgefeuert worden war, da tippe ich auf Verrat.

Oder auf sonstige Einflüsse.

Militärhistorisch ist das nicht zu erklären.

Meister Lampe
28.01.2007, 15:25
So merkwürdig und unerklärlich finde ich das nicht.

1.) Anzunehmen, dass das burgundische Kriegswesen sei "ausgesprochen modern" gewesen, ist irrig. Am burgundischen Hof blieb man den Idealen des mittelalterlichen Rittertums verhaftet. Auch die Armee war demzufolge eher traditionell aufgebaut, trotz der Artillerie.

2.) In der Schlacht von Nancy waren die Burgunder ihren Gegnern (dem Herzog von Lothringen und schweizer Söldnern) zahlenmäßig um die Hälfte unterlegen. Die burgundische Artillerie (die ürigens eher 40 Geschütze ausmachte) war noch nicht ausgereift und in Front des Heeres aufgestellt. Die Alliierten jedoch machten sich die Tatsache, dass starker Schneefall die Sicht behinderte, zunutze und griffen die Burgunder in einer Zangenbewegung von den Flanken her an, so dass die Artillerie gar nicht zum Einsatz kam. Im Nahkampf waren die schweizer Gewalthaufen ihren Gegnern sowieso überlegen.
Das wäre meine militärhistorische Erklärung.

blumenau
28.01.2007, 19:01
So merkwürdig und unerklärlich finde ich das nicht.

1.) Anzunehmen, dass das burgundische Kriegswesen sei "ausgesprochen modern" gewesen, ist irrig. Am burgundischen Hof blieb man den Idealen des mittelalterlichen Rittertums verhaftet. Auch die Armee war demzufolge eher traditionell aufgebaut, trotz der Artillerie.

2.) In der Schlacht von Nancy waren die Burgunder ihren Gegnern (dem Herzog von Lothringen und schweizer Söldnern) zahlenmäßig um die Hälfte unterlegen. Die burgundische Artillerie (die ürigens eher 40 Geschütze ausmachte) war noch nicht ausgereift und in Front des Heeres aufgestellt. Die Alliierten jedoch machten sich die Tatsache, dass starker Schneefall die Sicht behinderte, zunutze und griffen die Burgunder in einer Zangenbewegung von den Flanken her an, so dass die Artillerie gar nicht zum Einsatz kam. Im Nahkampf waren die schweizer Gewalthaufen ihren Gegnern sowieso überlegen.
Das wäre meine militärhistorische Erklärung.

Nun ja, bei Nancy war schon alles vorbei.

Setz deine Erklärung mal bei Grandson an.

Übrigens wenn ich schreibe: 400 Geschütze, dann meine ich 400 Geschütze, und nicht 40 Geschütze.


DIESE 400 GESCHÜTZE STANDEN DANN ALLE IN MURTEN,

ein Wahnsinn, diese Stadt anzugreifen, wo die Berner schon zum Entsatz unterwegs waren, und wo es nicht erforderlich gewesen wäre, man hätte an der Stadt vorbeiziehen können ohne Feindberührung.

Ein militärischer Idiot, dieser Karl?

Meister Lampe
28.01.2007, 22:02
Nun ja, bei Nancy war schon alles vorbei.

Setz deine Erklärung mal bei Grandson an.

Übrigens wenn ich schreibe: 400 Geschütze, dann meine ich 400 Geschütze, und nicht 40 Geschütze.

Wie schon gesagt, war die Artillerie der damaligen Zeit noch nicht ausgereift. Man schoß noch größtenteils mit Steinkugeln und irgendwelche Berechnungen für die Flugbahnen existierten auch noch nicht. Bei einer Belagerung war Karls Artilleriepark nützlicher, als in einer Feldschlacht.



DIESE 400 GESCHÜTZE STANDEN DANN ALLE IN MURTEN,

ein Wahnsinn, diese Stadt anzugreifen, wo die Berner schon zum Entsatz unterwegs waren, und wo es nicht erforderlich gewesen wäre, man hätte an der Stadt vorbeiziehen können ohne Feindberührung.

Ein militärischer Idiot, dieser Karl?

Karls Entscheidung, Murten anzugreifen war durchaus richtig. Die Stadt stellte eine Schlüsselstellung auf dem Weg nach Bern dar. Die von dir aufgeführte Alternative hätte dazu geführt, dass Karl mit seinem Heer in feindlichem Gebiet, abgeschnitten von seinen Nachschubwegen und mit feindlichen Truppen im Rücken den Kampf gegen die numerisch überlegenen Schweizer hätte aufnehmen müssen. Gar nicht gut.
Also fasse ich nochmal kurz zusammen: Karl der Kühne erlitt seine Niederlagen, weil die Schweizer seinen Truppen in ihrem Territorium überlegen waren. Sowohl zahlenmäßig, als auch in punkto Kampfkraft. Für Verrat sehe ich kein Indiz.

blumenau
29.01.2007, 18:34
Wie schon gesagt, war die Artillerie der damaligen Zeit noch nicht ausgereift. Man schoß noch größtenteils mit Steinkugeln und irgendwelche Berechnungen für die Flugbahnen existierten auch noch nicht. Bei einer Belagerung war Karls Artilleriepark nützlicher, als in einer Feldschlacht.




Karls Entscheidung, Murten anzugreifen war durchaus richtig. Die Stadt stellte eine Schlüsselstellung auf dem Weg nach Bern dar. Die von dir aufgeführte Alternative hätte dazu geführt, dass Karl mit seinem Heer in feindlichem Gebiet, abgeschnitten von seinen Nachschubwegen und mit feindlichen Truppen im Rücken den Kampf gegen die numerisch überlegenen Schweizer hätte aufnehmen müssen. Gar nicht gut.
Also fasse ich nochmal kurz zusammen: Karl der Kühne erlitt seine Niederlagen, weil die Schweizer seinen Truppen in ihrem Territorium überlegen waren. Sowohl zahlenmäßig, als auch in punkto Kampfkraft. Für Verrat sehe ich kein Indiz.

Murten kann man geteilter Meinung sein. Es gab ja auch im WK II die geradezu panische Furcht vor der ungedeckten, auch der tiefsten oder mal so gesagt der hypothetischen Flanke, die dann zu dem unseligen Unternehmen Marita führte, welches allein geeignet war, den geplanten Ostfeldzug mehr als zu ruinieren.

Wenn aber Karl weder in der Lage war, Murten zu nehmen, noch dem Berner Heerbann zumindest zahlenmäßig überlegen, dann läßt sich die Ursache der Niederlage nicht an der Niederlage selbst festmachen, sondern an der vorausgehenden Strategischen Überlegung. Die war Mist. Er war dann, auf der einen Hand bei der Belagerung von Murten eingeklemmt, auf der anderen in Erwartung der Berner Entsatzarmee, kräftemäßig völlig überfordert, das ganze wäre aber vorauszusehen gewesen, und es fehlt die strategische Gegeninitiative. Es fehlt irgendwas, eigentlich alles, was der überlegt und veranlaßt haben könnte.

Man ließt, er habe Cäsars Doppelwall vor Alesia imitiert, allerdings wegen Dauerregen die Besatzung des Außenwalls, nachdem die Berner am zweiten Tag nicht angriffen, ins Lager abberufen. Unmittelbar darauf sollen die Berner dann die Außenschanzen angegriffen haben.

Kommt mir so vor als wenn da ein großer Mist erzählt wird, das paßt doch gar nicht.

Murten war aber eine auf Grandson folgende Operation.

Man findet den Kulminationspunkt des Untergangs bei Grandson.

Interessanterweise also ganz am Anfang vom Geschehen.

Und dort stellen wir fest, daß die Truppen der 2. (i.d.H. Artillerie) und 3. Linie ohne Feindberührung in Massen desertiert bzw. geflohen sind,

weil sie, so ist die Erklärung, die geplante seitliche Verschwenkung des linken Flügels der 1. Reihe für eine Flucht hielten. Diese Bewegung war gedacht, um das Schußfeld für die Artillerie in der 2. Reihe zu öffnen. Was logisch klingt.

Also warum sollten die tiefer gestaffelten Reihen dann in Panik geraten?

Es mag ja Leute geben, die sich mit sowas zufriedengeben.

Ich würde diese Erklärung als verdammten Mist bezeichnen.

SOOOO kann es auf keinen Fall gewesen sein.

Bei Söldnertruppen muß man immer auch im Auge haben, daß die auch noch eine andere Tasche haben.