Kiffel
19.04.2004, 22:36
Wer kennt sie nicht, die Hymne aller Haus-, Senatorenbüro-, Parteizentralen- und Unibesetzer, den "Rauch-Haus-Song" der Scherben von 1972? (Wer sie nicht kennt, dem helfe ich jetzt hiermit eine Bildungslücke zu schließen :) ):
Rauch-Haus-Song
(Ton Steine Scherben, 1972 auf dem Album "Keine Macht für Niemand")
Der Mariannenplatz war blau, soviel Bullen waren da,
und Mensch Meier mußte heulen, das war wohl das Tränengas.
Und er fragt irgendeinen: "Sag mal, ist hier heut 'n Fest?"
"Sowas ähnliches", sacht einer "das Bethanien wird besetzt."
"Wird auch Zeit", sachte Mensch Meier, stand ja lange genug leer.
Ach, wie schön wär doch das Leben, gäb es keine Pollis mehr.
Doch der Einsatzleiter brüllte: "Räumt den Mariannenplatz,
damit meine Knüppelgarde genug Platz zum Knüppeln hat!"
Doch die Leute im besetzen Haus
riefen: "Ihr kriegt uns hier nicht raus!
Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus."
Der Senator war stinksauer, die CDU war schwer empört,
daß die Typen sich jetzt nehmen, was ihnen sowieso gehört.
Aber um der Welt zu zeigen, wie großzügig sie sind,
sachten sie: "Wir räumen später, lassen sie erstmal drin!"
Und vier Monate später stand in Springer's heißem Blatt,
daß das Georg-von-Rauch-Haus eine Bombenwerkstatt hat.
Und die deutlichen Beweise sind zehn leere Flaschen Wein
und zehn leere Flaschen können schnell zehn Mollies sein.
Doch die Leute im Rauch-Haus
riefen: "Ihr kriegt uns hier nicht raus!
Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus."
Letzten Montag traf Mensch Meier in der U-Bahn seinen Sohn.
Der sagte: "Die woll'n das Rauch-Haus räumen,
ich muß wohl wieder zu Hause wohnen."
"Is ja irre", sagt Mensch Meier "sind wa wieder einer mehr
in uns'rer Zweiraum Zimmer Luxuswohnung und das Bethanien steht wieder leer.
Sag mir eins, ha'm die da oben Stroh oder Scheiße in ihrem Kopf?
Die wohnen in den schärfsten Villen, unsereins im letzten Loch.
Wenn die das Rauch-Haus wirklich räumen,
bin ich aber mit dabei und hau den ersten Bullen,
die da auftauchen ihre Köppe ein.
Und ich schrei's laut:
"Ihr kriegt uns hier nicht raus!
Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus."
Der Refrain des Liedes hat mich dazu veranlasst, mal zu klären, wer eigentlich diese drei Typen sind, die da aus X-berg raus sollen. Parallelen zu heute drängen sich geradezu auf:
Es sind -wohl irgendwie typisch für Berlin - Immobilienspekulanten. Das, was die letzten Jahre mit Fonds durchgezogen wurde, hieß früher "privater Sozialwohnungsbau". Private Investoren bekamen Steuernachlässe und Zuschüsse für den Bau von Sozialwohnungen. Mit einem solchen Ding haben also diese ehrenwerten Herren das "neue Kreuzberger Zentrum", die Westplatte beim U-Bhf. Kottbusser Tor, hochgezogen. Und es ist tatsächlich ganz genauso, wie die Immobilienfonds der Bankgesellschaft. Denn während uns die 30 Jahre lang belasten werden, schreibt etwa 30 Jahre nach Entstehung des Rauch-Haus-Songs die Berliner-Mieter-Gemeinschaft e.V.:
[i]Original geklaut bei http://www.bmgev.de/mieterecho/297/11.htm
Als ein typisches Spekulationsprojekt im westberliner sozialen Wohnungsbau wäre das NKZ mit seinen etwa 300 Wohnungen längst pleite, würde das Land Berlin die Mieten im Haus nicht mit jährlich etwa 2,5 Mio. Euro subventionieren. Dem Verkehrswert des Gebäudes in Höhe von etwa 13 Mio. Euro stehen im Grundbuch Schulden von ungefähr 45 Mio. Euro, vor allem bei der Investitionsbank Berlin (IBB)(Das ist selbstverständlich eine Tochter der Bankgesellschaft Berlin. Anm. von Kiffel), gegenüber. Offensichtlich tilgten die Kommanditisten in den letzten 30 Jahren mit keinem Cent die Baukosten, denn exakt diese Summe wurde 1974 verbaut. Aber für jede eingelegte Mark bezahlten die Kommanditisten 2,01 DM weniger an Steuern, dazu kommen noch die jährlichen prozentualen Ausschüttungen auf ihre Einlage. So betragen für die Wohnungen die realen Kostenmieten bis zu 14 Euro/qm. [....]
Normalerweise besteht für Kommanditisten eine Nachschusspflicht bis zur Höhe ihrer Einlage.(Scheint im Rahmen dieser Sonderregelungen verlangt worden zu sein. Normal ist das nämlich an sich nicht bei einer Kommanditgesellschaft. Anm. von Kiffel) "Diese Nachschusspflicht müsste in den Verträgen stehen, doch gesehen habe ich noch keinen", berichtet die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Barbara Oesterheld. Aber sie kann verstehen, warum niemand das NKZ in den Konkurs treiben will. Weniger weil irgendwelche "Kumpels geschützt werden sollen", sondern weil bei einer Zwangsversteigerung nicht nur die Millionen der IBB weg wären und eventuelle Bürgschaften des Lands fällig würden. Außerdem würden dann die Sozialbindung und die Belegungsrechte des sozialen Wohnungsbaus wegfallen und ein neuer Besitzer könnte die Mieten zumindest in 20%-Schritten alle drei Jahre erhöhen. Dazu komme, dass das Haus "nicht für einen "Appel und Ei" an jemand verkauft werden soll". Doch obwohl das Problem seit Jahren bekannt sei, kümmere sich niemand um Alternativen. Heute sei Berlin viel zu pleite, um über den Kauf des Hauses für einen Euro auch nur nachdenken zu können, so Oesterheld.
Berlin ist wirklich und wahrhaftig seit mindestens dreißig Jahren im Würgegriff der Immobilienmafias.
Das Rauch-Haus wurde durch seine Instandbesetzer vor dem selben Schicksal, das die Gebäude am Kotti erfahren mußten (Abriss und dafür West-Platte mit schießschartenartigen Fenstern, also "krimineller Wohnungsbau") gerettet und existiert noch heute als selbstverwaltetes Hausprojekt. Berlin wurden damit wahrscheinlich Millionen an Steuergeldern gerettet.
EIN HOCH AUF DIE HAUSINSTANDBESETZER!!!
Grüße
Kiffel
Rauch-Haus-Song
(Ton Steine Scherben, 1972 auf dem Album "Keine Macht für Niemand")
Der Mariannenplatz war blau, soviel Bullen waren da,
und Mensch Meier mußte heulen, das war wohl das Tränengas.
Und er fragt irgendeinen: "Sag mal, ist hier heut 'n Fest?"
"Sowas ähnliches", sacht einer "das Bethanien wird besetzt."
"Wird auch Zeit", sachte Mensch Meier, stand ja lange genug leer.
Ach, wie schön wär doch das Leben, gäb es keine Pollis mehr.
Doch der Einsatzleiter brüllte: "Räumt den Mariannenplatz,
damit meine Knüppelgarde genug Platz zum Knüppeln hat!"
Doch die Leute im besetzen Haus
riefen: "Ihr kriegt uns hier nicht raus!
Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus."
Der Senator war stinksauer, die CDU war schwer empört,
daß die Typen sich jetzt nehmen, was ihnen sowieso gehört.
Aber um der Welt zu zeigen, wie großzügig sie sind,
sachten sie: "Wir räumen später, lassen sie erstmal drin!"
Und vier Monate später stand in Springer's heißem Blatt,
daß das Georg-von-Rauch-Haus eine Bombenwerkstatt hat.
Und die deutlichen Beweise sind zehn leere Flaschen Wein
und zehn leere Flaschen können schnell zehn Mollies sein.
Doch die Leute im Rauch-Haus
riefen: "Ihr kriegt uns hier nicht raus!
Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus."
Letzten Montag traf Mensch Meier in der U-Bahn seinen Sohn.
Der sagte: "Die woll'n das Rauch-Haus räumen,
ich muß wohl wieder zu Hause wohnen."
"Is ja irre", sagt Mensch Meier "sind wa wieder einer mehr
in uns'rer Zweiraum Zimmer Luxuswohnung und das Bethanien steht wieder leer.
Sag mir eins, ha'm die da oben Stroh oder Scheiße in ihrem Kopf?
Die wohnen in den schärfsten Villen, unsereins im letzten Loch.
Wenn die das Rauch-Haus wirklich räumen,
bin ich aber mit dabei und hau den ersten Bullen,
die da auftauchen ihre Köppe ein.
Und ich schrei's laut:
"Ihr kriegt uns hier nicht raus!
Das ist unser Haus, schmeißt doch endlich
Schmidt und Press und Mosch aus Kreuzberg raus."
Der Refrain des Liedes hat mich dazu veranlasst, mal zu klären, wer eigentlich diese drei Typen sind, die da aus X-berg raus sollen. Parallelen zu heute drängen sich geradezu auf:
Es sind -wohl irgendwie typisch für Berlin - Immobilienspekulanten. Das, was die letzten Jahre mit Fonds durchgezogen wurde, hieß früher "privater Sozialwohnungsbau". Private Investoren bekamen Steuernachlässe und Zuschüsse für den Bau von Sozialwohnungen. Mit einem solchen Ding haben also diese ehrenwerten Herren das "neue Kreuzberger Zentrum", die Westplatte beim U-Bhf. Kottbusser Tor, hochgezogen. Und es ist tatsächlich ganz genauso, wie die Immobilienfonds der Bankgesellschaft. Denn während uns die 30 Jahre lang belasten werden, schreibt etwa 30 Jahre nach Entstehung des Rauch-Haus-Songs die Berliner-Mieter-Gemeinschaft e.V.:
[i]Original geklaut bei http://www.bmgev.de/mieterecho/297/11.htm
Als ein typisches Spekulationsprojekt im westberliner sozialen Wohnungsbau wäre das NKZ mit seinen etwa 300 Wohnungen längst pleite, würde das Land Berlin die Mieten im Haus nicht mit jährlich etwa 2,5 Mio. Euro subventionieren. Dem Verkehrswert des Gebäudes in Höhe von etwa 13 Mio. Euro stehen im Grundbuch Schulden von ungefähr 45 Mio. Euro, vor allem bei der Investitionsbank Berlin (IBB)(Das ist selbstverständlich eine Tochter der Bankgesellschaft Berlin. Anm. von Kiffel), gegenüber. Offensichtlich tilgten die Kommanditisten in den letzten 30 Jahren mit keinem Cent die Baukosten, denn exakt diese Summe wurde 1974 verbaut. Aber für jede eingelegte Mark bezahlten die Kommanditisten 2,01 DM weniger an Steuern, dazu kommen noch die jährlichen prozentualen Ausschüttungen auf ihre Einlage. So betragen für die Wohnungen die realen Kostenmieten bis zu 14 Euro/qm. [....]
Normalerweise besteht für Kommanditisten eine Nachschusspflicht bis zur Höhe ihrer Einlage.(Scheint im Rahmen dieser Sonderregelungen verlangt worden zu sein. Normal ist das nämlich an sich nicht bei einer Kommanditgesellschaft. Anm. von Kiffel) "Diese Nachschusspflicht müsste in den Verträgen stehen, doch gesehen habe ich noch keinen", berichtet die wohnungspolitische Sprecherin der Grünen im Abgeordnetenhaus, Barbara Oesterheld. Aber sie kann verstehen, warum niemand das NKZ in den Konkurs treiben will. Weniger weil irgendwelche "Kumpels geschützt werden sollen", sondern weil bei einer Zwangsversteigerung nicht nur die Millionen der IBB weg wären und eventuelle Bürgschaften des Lands fällig würden. Außerdem würden dann die Sozialbindung und die Belegungsrechte des sozialen Wohnungsbaus wegfallen und ein neuer Besitzer könnte die Mieten zumindest in 20%-Schritten alle drei Jahre erhöhen. Dazu komme, dass das Haus "nicht für einen "Appel und Ei" an jemand verkauft werden soll". Doch obwohl das Problem seit Jahren bekannt sei, kümmere sich niemand um Alternativen. Heute sei Berlin viel zu pleite, um über den Kauf des Hauses für einen Euro auch nur nachdenken zu können, so Oesterheld.
Berlin ist wirklich und wahrhaftig seit mindestens dreißig Jahren im Würgegriff der Immobilienmafias.
Das Rauch-Haus wurde durch seine Instandbesetzer vor dem selben Schicksal, das die Gebäude am Kotti erfahren mußten (Abriss und dafür West-Platte mit schießschartenartigen Fenstern, also "krimineller Wohnungsbau") gerettet und existiert noch heute als selbstverwaltetes Hausprojekt. Berlin wurden damit wahrscheinlich Millionen an Steuergeldern gerettet.
EIN HOCH AUF DIE HAUSINSTANDBESETZER!!!
Grüße
Kiffel