PDA

Vollständige Version anzeigen : Geht Großbritanien seinem Ende entgegen?



Kaiser
19.01.2007, 20:00
Wir unterstützen alle außer England“
Die Schotten haben Geschmack an ihrer politischen Teilautonomie gefunden – jetzt wollen viele die völlige Unabhängigkeit

Wenn es nach dem Chef der schottischen Nationalpartei SNP, Alex Salmond, geht, wird Schottland 2012 mit einem eigenen Team an den Olympischen Spielen in London teilnehmen. Auch viele Engländer halten es nicht für besonders erstrebenswert, dass schottische und englische Fußballer 2012 ein gemeinsames Olympiateam bilden. „Wir unterstützen alle außer England“ – so lautete schließlich auch der Schlachtruf der Schotten bei der Fußball-Weltmeisterschaft im vergangenen Sommer.

Parteichef Salmond setzt nun darauf, dass er nach der Neuwahl des schottischen Regionalparlaments am 3. Mai 2007 den Labour-Politiker Jack McConnell als „First Minister“ ablöst – als Chef einer Koalitionsregierung, auch wenn Labour die stärkste Partei bleiben sollte. Dann will er seinen Plan für die schottische Unabhängigkeit umsetzen: Ein Unabhängigkeitsreferendum, vielleicht schon 2008 oder 2009.

Der Plan ist gar nicht so abwegig. 44 Prozent der Schotten wollen die Union auflösen, die Schottland und England vor fast genau 300 Jahren zum „Königreich Großbritannien“ zusammenfügte. Nur 42 Prozent wollen den status quo. Im Jahr 2000, als das Referendum über die Regionalautonomie noch frisch und das neue schottische Regionalparlament noch neu war, wollten nur 23 Prozent die Unabhängigkeit. Labour hatte gehofft, dem Unabhängigkeitsstreben der Schotten mit der Teilautonomie den Stachel gezogen zu haben. Das Gegenteil scheint der Fall.

Die Schotten haben Geschmack an der Selbstständigkeit gefunden. Schottlands Liberaldemokraten wollen von dem Recht Gebrauch machen, die Steuern gegenüber England um bis zu drei Prozent zu variieren – nach oben. Andere wie der konservative Historiker Michael Fry, einst ein Verfechter der Union, setzen auf eine „liberale Demokratie mit limitiertem staatlichen Einfluss und kapitalistischem Wohlstand“. Er findet, dass die Teilautonomie „alles nur schlimmer gemacht hat“. Lieber ganz unabhängig sein, als „den Engländern immer die Bettelschale hinhalten“, meint Fry. Nachdem sogar der schottische Kardinal Keith O’Brien die Unabhängigkeit als gute Sache bezeichnete, warnte Premierminister Tony Blair: „Das würde die schottische Wirtschaft zerstören und das Land zurückwerfen.“ Noch eindringlicher warnte Schatzkanzler Gordon Brown die Schotten davor, die Union aufzukündigen: Kein Wunder, als schottischer Abgeordneter könnte er bei einer Trennung der Nationen nie und nimmer Premier der Engländer werden. Brown hütet sich aber, Blairs Wirtschaftswarnung mit Zahlen auszuschmücken. Denn das würde viele Engländer noch mehr gegen ihn als Schotten aufbringen. Schottland bringt dem Vereinigten Königreich zwar rund 4,3 Milliarden Pfund im Jahr an Öleinnahmen – aber es schluckt 11,3 Milliarden an Subventionen von London.

Die fünf Millionen Schotten träumen von einem Wirtschaftswunder à la Irland. Aber die Wohltaten ihrer Teilautonomie werden durch einen gigantischen Regionaltransfer englischer Steuergelder finanziert. Schottland kennt keine Studiengebühren, dafür aber kostenlose Alterspflege und eine bessere Gesundheitsversorgung – alles mit dem Geld der 50 Millionen Engländer. Die Labour-Partei würde durch eine Ablösung Schottlands die Macht in einem rein englischen Britannien verlieren. Die Konservativen dagegen, die in Schottland nur einen Westminsterwahlkreis haben, würden einen schottischen Alleingang gelassener sehen. Sie halten es mit den englischen Fußballfans, die sagen: „Die Schotten hassen uns, das ist uns egal.“


http://www.tagesspiegel.de/politik/archiv/22.10.2006/2851148.asp

Tja, die Schotten wollen es nun endlich den Iren gleichtun und ihren eigenen Weg in die Unabhängigkeit beschreiten. Ein derartiges Votum hätte 2008 bzw. 2009 gute Chancen auf Erfolg. Und was den Schotten aus London aus Suventionen verloren geht, könnte es als EU-Mitglied sehr schnell wieder reinholen.

Und Rest-GB? Auf den ersten Blick spart man vielleicht 7 Mrd. Pfund im Jahr. Doch was hindert die Schotten daran die Preise zu erhöhen? Ist das alles? Nein, Wales und Nordirland werden durch eine schottische Unabhängigkeit ebenfalls darin gestärkt ihren Weg in die Eigenständigkeit zu suchen. Auch verstärkt sich das relative Gewicht der Nicht-Europäer in Rest-GB wenn die Schotten gehen.

Ich für meinen Teil würde mich sehr freuen, wenn Schottland endlich ein eigenständiger Staat wird.

arnd
19.01.2007, 20:06
Davon habe ich auch schon gehört. Aber wollen die Schotten im Falle ihrer Unabhängigkeit diese umgehend in eine EU Abhängigkeit eintauschen,nur um einige Gelder zu kassieren?

Kaiser
19.01.2007, 20:14
Davon habe ich auch schon gehört. Aber wollen die Schotten im Falle ihrer Unabhängigkeit diese umgehend in eine EU Abhängigkeit eintauschen,nur um einige Gelder zu kassieren?

Klingt doch nach einem guten Tausch. Wenn die Osteuropäer, Spanier, Portugiesen und Iren kein Problem damit haben, warum dann die Schotten?

Und besser denn als britische Provinz ist es allemal.

Scotland must be free! :)

arnd
19.01.2007, 20:17
Klingt doch nach einem guten Tausch. Wenn die Osteuropäer, Spanier, Portugiesen und Iren kein Problem damit haben, warum dann die Schotten?

Und besser denn als britische Provinz ist es allemal.

Scotland must be free! :)

Das sollen die Schotten selbst entscheiden. Ich kann dies beim besten Willen nicht beurteilen.

ROUGE
19.01.2007, 21:38
Geht Großbritanien seinem Ende entgegen?

Vielleicht noch nicht ganz. Jedenfalls wird der Pudel wohl immer unbedeutender.

Was allerdings dann auch heißt, dass sie IHREN Sieg im WK II mit immer größerer Inbrunst feiern werden und sich dann nicht mehr nur für die Größten sondern eher für die ALLERGRÖSSTEN halten werden.

Kaiser
19.01.2007, 22:19
Vielleicht noch nicht ganz. Jedenfalls wird der Pudel wohl immer unbedeutender.

Was allerdings dann auch heißt, dass sie IHREN Sieg im WK II mit immer größerer Inbrunst feiern werden und sich dann nicht mehr nur für die Größten sondern eher für die ALLERGRÖSSTEN halten werden.

Das macht nichts. Ihr Sieg im WK II war gleichbedeutend mit dem Ende des Empires und schlußendlich auch Großbritanniens.

Grotzenbauer
20.01.2007, 10:31
Warum? Ist die Insel am absaufen?/:( :D

lupus_maximus
20.01.2007, 10:35
Warum? Ist die Insel am absaufen?/:( :D
Natürlich, das Wasser steigt ständig!
Schließlich haben wir eine intellektuelle Klimakatastrophe.
Wenn man einen Grünen sieht, ist dies ja schon eine Katastrophe an sich!

franek
20.01.2007, 11:36
Davon habe ich auch schon gehört. Aber wollen die Schotten im Falle ihrer Unabhängigkeit diese umgehend in eine EU Abhängigkeit eintauschen,nur um einige Gelder zu kassieren?

Die Schotten möchten sogar den EURO einführen.

franek
20.01.2007, 11:43
Die Schotten möchten sogar den EURO einführen.


Die jüngste Umfrage der "Sunday Times" sieht die Nationalisten bei der Regionalwahl gar mit sechs Prozentpunkten in Führung. Das könnte ausreichen, um die Koalitionsregierung aus der schottischen Labour-Partei und den Liberaldemokraten zu stürzen, und dann vielleicht auch, um dem Vereinigten Königreich, um den Engländern den Rücken zu kehren. Die SNP will keine schottischen Soldaten mehr in den Irak schicken. Sie tritt für eine Einführung des Euro in Schottland ein und hat sich darauf festgelegt, gleich nach einem Wahlsieg ein Referendum anzusetzen über die Gründung eines eigenen Staates.

Das allerdings, so hat die britische Regierung bisher argumentiert, könne sich Schottland gar nicht leisten. Das Dudelsack-Land sei viel zu abhängig von Subventionen aus London. Schließlich bekomme jeder Schotte im Durchschnitt pro Jahr gut 2000 Euro mehr aus der Staatskasse als ein Engländer. Schottland, wo jeder Dritte im Staatsdienst arbeitet, käme die Unabhängigkeit teuer zu stehen, so Tony Blair, und müsste auf Wohlstand verzichten.
(...)
Und seine Warnung vor einem wirtschaftlichen Niedergang scheint Umfragen zufolge auch nicht mehr so großen Eindruck zu machen. Die SNP jedenfalls stellt den Schotten ein Wirtschaftswunder "ähnlich wie in Irland" in Aussicht: Investitionen aus dem Ausland, Fördergelder der Europäischen Union und die Steuereinnahmen aus dem Geschäft mit dem Nordseeöl müssten nicht mehr nach London überwiesen werden. Ob diese Vorstellung der Wirklichkeit gerecht würde, darüber gehen die Meinungen allerdings weit auseinander. Und auch das Wirtschaftsmagazin "Economist" gibt sich skeptisch: Schottland gleiche "mehr der DDR von gestern als dem Irland von heute".


http://www.dradio.de/dlf/sendungen/europaheute/583082/

Europa würde es wohl richten können.

Efna
20.01.2007, 11:51
Schotten und Engländer verstanden sich nie wirklich. Also nichts wirklich neues.

Grotzenbauer
20.01.2007, 11:56
Natürlich, das Wasser steigt ständig!
Schließlich haben wir eine intellektuelle Klimakatastrophe.
Wenn man einen Grünen sieht, ist dies ja schon eine Katastrophe an sich!

Claudia Roth, die Schreinemaker von den Grünen lebt in Angst: Was passiert jetzt mit den Kröten, wer führt die jetzt über die Szrassen? Laufen die uns jetzt auch noch davon?/:( :D

Westfale
20.01.2007, 12:07
Claudia Roth, die Schreinemaker von den Grünen lebt in Angst: Was passiert jetzt mit den Kröten, wer führt die jetzt über die Szrassen? Laufen die uns jetzt auch noch davon?/:( :D

Apropos Kröten, die wandern schon!

Pandulf
20.01.2007, 20:36
In der International Herald Tribune war diese Woche auch ein Artikel zu lesen, daß die Schotten die Unabhängigkeit anstreben. Dieser Artikel überraschte mich. Als ich vor 5 Jahren in Schottland war, waren alle über die Devolution glücklich, eine Trennung befürwortete jedoch mir gegenüber niemand. Nun scheint sich dies geändert zu haben.

Aus deutscher Sicht wäre diese Entwicklung zu begrüssen. Je schwächer England wird, desto besser für uns. Warum sollen wir Deutschen nur mit Kleinstaaten (CH/AU/LUX/NE) umringt sein, die ehemals Teile unseres Reiches waren, jetzt unabhängig sind und deren Identität darauf basiert, sich vom Nachfolgestaat des Reiches haßerfüllt abzugrenzen?

Als nationalgesinnter Europäer sehe ich diese Entwicklung aber mit Sorge. Alte Staaten wie Spanien und jetzt Großbritannien werden von dem Virus der Sezession zerfressen. Dies schmälert die Macht Europas, die sowieso schon wegen der Demographie nachlässt. Europa braucht einen Kern von großen Mächten, um international handlungsfähig zu sein. Außerdem weiß ich als Deutscher, daß nationale Einheit ein unschätzbarer Wert ist.

Der Patriot
20.01.2007, 21:48
Wenn die Schotten dies wollen, dann ist das ihr Recht. Doch tut diese grausige EU doch alles um den Status Quo ihrer "Mitgliedsländer" zu halten. Es wäre gradezu eine Aufforderung für das Baskenland, Katalonien, usw.

Ein vereintes Europa würde die Möglichkeit bieten, ethnische Konflikte, die seit Jahrhunderten toben zu lösen, doch die EU zeigt wiedermal. daß es nur um Geld geht und nicht um Freiheit.

Ich wünsche Schottland die Unabhänigkeit. Ebenso dem Baskenland, Flandern, Padanien und Katalonien. Ich wünsche Irland die Einheit, ebenso wie Tirol.


Die SNP vertritt keinen ethnisch fundierten Nationalismus, sondern ein kommunitaristisches Konzept des "inclusive nationalism", das auf positive Identifikation mit Schottland, seiner Kultur und demokratischen Werten bei gleichzeitiger Offenheit für alle, die in Schottland leben und arbeiten möchten, setzt. Das Programm der SNP enthält weitreichende ökologische Forderungen, so den Ausstieg aus der Kernenergie und den konsequenten Einstieg in Erneuerbare Energien. Im Europaparlament ist die SNP durch Alyn Smith und Ian Hudghton vertreten und gehört der Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz an, deren stellvertretender Vorsitzender Ian Hudghton zugleich ist.

Der Schauspieler Sean Connery ist einer der größten finanziellen Förderer dieser Partei.
Quelle: Wikipedia.de (http://de.wikipedia.org/wiki/Scottish_National_Party)

Der Patriot
20.01.2007, 21:49
Schotten und Engländer verstanden sich nie wirklich. Also nichts wirklich neues.

Ich glaube sogar die haßen sich sogar wie Iren und Engländer.

Pandulf
20.01.2007, 21:57
@Patriot

Als föderaler Deutscher bin ich gegen einen Zentralismus a`la France und für regionale Freiheit. Doch als Deutscher weiß ich auch, wie wichtig nationale Einheit ist. Als 1648 das Reich in die Brüche ging, ging es uns Deutschen dann besser oder schlechter? Mit dem Zerfall des Reiches kam die kulturelle Selbstverachtung und die Fremdenliebe (Frankreich) der "Elite". Du als Österreicher weißt doch auch, wie schrecklich der Zerfall eines Reiches ist. Aufeinmal wird man um große Teile seiner Identität beraubt. Diese sind dann auf einmal "Ausland". Ich finde das schrecklich.

Von daher befürworte ich Dezentralisierung, aber antinationale Kräfte sind für mich das absolute Unglück. Sogar in anderen Staaten.

Gruss

pandulf

asdfasdf
20.01.2007, 23:20
@Patriot

Als föderaler Deutscher bin ich gegen einen Zentralismus a`la France und für regionale Freiheit. Doch als Deutscher weiß ich auch, wie wichtig nationale Einheit ist. Als 1648 das Reich in die Brüche ging, ging es uns Deutschen dann besser oder schlechter? Mit dem Zerfall des Reiches kam die kulturelle Selbstverachtung und die Fremdenliebe (Frankreich) der "Elite". Du als Österreicher weißt doch auch, wie schrecklich der Zerfall eines Reiches ist. Aufeinmal wird man um große Teile seiner Identität beraubt. Diese sind dann auf einmal "Ausland". Ich finde das schrecklich.

Von daher befürworte ich Dezentralisierung, aber antinationale Kräfte sind für mich das absolute Unglück. Sogar in anderen Staaten.

Gruss

pandulf

Ja, es tut weh, wenn man daran denkt wie mächtig oder ohnmächtig man einmal war, jedoch glaube ich, die Spaltung musste kommen.

Was GB betrifft: Die Schotten sollen die Freiheit bekommen, sie verdienen sie. Irland wird nie einig sein, dafür sorgen schon die englischen Mordbuben.

Und dass die Engländer Wales ziehen lassen werden, ist auch unwahrscheinlich.

Pandulf
21.01.2007, 00:01
Ja, es tut weh, wenn man daran denkt wie mächtig oder ohnmächtig man einmal war, jedoch glaube ich, die Spaltung musste kommen.
Was GB betrifft: Die Schotten sollen die Freiheit bekommen, sie verdienen sie.

Wahrscheinlich hast Du Recht. Schottland wurde zu lange in seiner Geschichte von London aus beherrscht, als das da noch ein föderales Model möglich wäre. Schottland erinnert mich `a weng` an das alt-ehrwürdige Franken, das zu lange unter der Fremdherrschaft von München gelitten hat.