papageno
11.12.2006, 21:27
Seit Bekanntwerden der Ergebnisse der Vergleichsstudie PISA ist offensichtlich, daß die Leistungsfähigkeit des auf Selektion beruhenden BRD- Bildungswesens im internationalen Maßstab kaum Mittelmaß erreicht...
Es ist kaum mehr als ein Jahrzehnt her, daß es im Osten Deutschlands normal war, wenn die Kinder und Jugendlichen zehn Jahre lang gemeinsam die Oberschule besuchten. Statt diese Erfahrung für die Reformierung des Schulwesens in der ganzen heutigen BRD zu nutzen, wurde das altbundesdeutsche Bildungssystem auch der annektierten DDR übergestülpt. Von PISA kam die Quittung! ...
Erinnern wir uns: Von Anfang an war die Gestaltung des Bildungswesens der SBZ und dann der DDR dem Ziel verpflichtet, eine hohe Bildung für alle Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten.Diesem Ziel diente vor allem die auf der Grundlage der Gesetze von 1959 und 1965 eingeleitete Entwicklung der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule zur Schule für alle Kinder und Jugendlichen... Die Tatsache, daß alle Kinder und Jugendlichen eine zehn Jahre umfassende Oberschulbildung erwerben konnten und daß nahezu alle, die nicht über die Erweiterte Oberschule das Abitur anstreben konnten, eine vollwertige Berufsausbildung – z. T. in Verbindung mit dem Erwerb des Abiturs – erhielten, hatte deutlich sichtbare Auswirkungen´auf die Qualifikationsstruktur der DDR-Bevölkerung:
Die Zahl der Un- und Angelernten, d. h. der Werktätigen ohne abgeschlossene Ausbildung bzw. mit einer Teilberufsausbildung sank von 69,9 % (1955) über 28,2 % (1977) auf 15 % (1985); für 1990 waren 10 % anvisiert. Die Zahl der Facharbeiter und Meister stieg von 25,8 % (1955) über 54,6 % (1977) auf 64 % (1985); für 1990 waren 67 % vorgesehen. Die Zahl der Hoch- und Fachschulkader stieg von 4,3 % (1955) über 17,2 % (1977) auf 21 % (1985); für 1990 waren 23 % ins Auge gefaßt.
Der Aufbau der zehnjährigen Oberschule galt der Gewährleistung einer hohen Allgemeinbildung für alle Kinder und Jugendlichen. Diese ist allerdings mehr als die Vermittlung und Aneignung von Faktenwissen! Sie beinhaltet ganz wesentlich auch die Entwicklung und Herausbildung von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Gewohnheiten – darunter ganz entscheidend die Befähigung zu selbständigem und lebenslangem Lernen. Allgemeinbildung ist auf die Entwicklung der Persönlichkeit als Ganzes gerichtet. Sie beinhaltet auch die Ausprägung grundlegender Charaktereigenschaften.
Bei der Bestimmung der Inhalte der Allgemeinbildung gingen DDR-Pädagogik und DDR-Schulpolitik von dem klassischen deutschen Bildungsbegriff aus, der mit dem Namen Wilhelm von Humboldts untrennbar verknüpft ist. Das Motiv hierfür bestand darin, so die historische Verwurzelung unserer Bildungskonzeption im bürgerlich-humanistischen Gedankengut deutscher Vergangenheit zu verdeutlichen. Tatsächlich hielt sich die DDR-Schule hinsichtlich des Kanons für allgemeine Bildung an die traditionellen Bereiche; die folgende Übersicht über die Proportionen in der zehnklassigen Oberschule verdeutlicht das: Muttersprache mit Literatur und Heimatkunde 27,5 %, Mathematische Bildung 18,5 %, Naturwissenschaftliche Bildung 11,6 %, Gesellschaftswissenschaftliche Bildung (einschließlich Geographie) 9,2 %, Künstlerische Bildung 7,2 %, Fremdsprachen 7,8 %, Körpererziehung 7,8 %. Als für die Persönlichkeitsentwicklung besonders bedeutsamer Bereich war ab Ende der 50er Jahre die polytechnische Bildung hinzugekommen; ihr Anteil betrug 10,4 %.Nun wurde die Lebenswelt der Eltern Bildungsgut, die Lebensvorbereitung gestaltete sich allseitiger. Polytechnische Bildung zielte darauf ab, die jungen Menschen in Grundlagen von Technik und Produktion, in den 80er Jahren zusätzlich in Informatik und Computertechnik, einzuführen und sie praktisch mit produktiver werteschaffender Arbeit vertraut zu machen.Der polytechnische Unterricht umfaßte die Fächer „Schulgarten- und Werkunterricht“ in den ersten sechs Schuljahren und „Einführung in die sozialistische Produktion“, „Technisches Zeichnen“ und„Produktive Arbeit“ in den 7. bis 10. Klassen. Die produktive Arbeit leisteten Schülerinnen und Schüler der 7. und 8. Klassen in der Regel in speziellen Einrichtungen/betriebseigenen Kabinetten, der 9. und 10. Klassen in der unmittelbaren Produktion von Betrieben der volkseigenen Industrie sowie der Land- und Forstwirtschaft.Als ein Element von Allgemeinbildung und als Möglichkeit, differenzierten Interessen und Neigungen älterer Schülerinnen und Schüler Rechnung zu tragen, wurden Ende der 70er Jahre Arbeitsgemeinschaften eingeführt, für die es als Empfehlungen zentral erarbeitete Rahmenprogramme gab. Sie waren als ein Schritt in Richtung „Fakultativer Unterricht“ konzipiert und wurden zunächst in den 9. und 10. Klassen mit zwei Unterrichtsstunden pro Woche angeboten; erst Ende der 80er Jahre begann man mit ihrer Einführung auch in den 7. und 8. Klassen.
Es ist kaum mehr als ein Jahrzehnt her, daß es im Osten Deutschlands normal war, wenn die Kinder und Jugendlichen zehn Jahre lang gemeinsam die Oberschule besuchten. Statt diese Erfahrung für die Reformierung des Schulwesens in der ganzen heutigen BRD zu nutzen, wurde das altbundesdeutsche Bildungssystem auch der annektierten DDR übergestülpt. Von PISA kam die Quittung! ...
Erinnern wir uns: Von Anfang an war die Gestaltung des Bildungswesens der SBZ und dann der DDR dem Ziel verpflichtet, eine hohe Bildung für alle Kinder und Jugendlichen zu gewährleisten.Diesem Ziel diente vor allem die auf der Grundlage der Gesetze von 1959 und 1965 eingeleitete Entwicklung der zehnklassigen allgemeinbildenden polytechnischen Oberschule zur Schule für alle Kinder und Jugendlichen... Die Tatsache, daß alle Kinder und Jugendlichen eine zehn Jahre umfassende Oberschulbildung erwerben konnten und daß nahezu alle, die nicht über die Erweiterte Oberschule das Abitur anstreben konnten, eine vollwertige Berufsausbildung – z. T. in Verbindung mit dem Erwerb des Abiturs – erhielten, hatte deutlich sichtbare Auswirkungen´auf die Qualifikationsstruktur der DDR-Bevölkerung:
Die Zahl der Un- und Angelernten, d. h. der Werktätigen ohne abgeschlossene Ausbildung bzw. mit einer Teilberufsausbildung sank von 69,9 % (1955) über 28,2 % (1977) auf 15 % (1985); für 1990 waren 10 % anvisiert. Die Zahl der Facharbeiter und Meister stieg von 25,8 % (1955) über 54,6 % (1977) auf 64 % (1985); für 1990 waren 67 % vorgesehen. Die Zahl der Hoch- und Fachschulkader stieg von 4,3 % (1955) über 17,2 % (1977) auf 21 % (1985); für 1990 waren 23 % ins Auge gefaßt.
Der Aufbau der zehnjährigen Oberschule galt der Gewährleistung einer hohen Allgemeinbildung für alle Kinder und Jugendlichen. Diese ist allerdings mehr als die Vermittlung und Aneignung von Faktenwissen! Sie beinhaltet ganz wesentlich auch die Entwicklung und Herausbildung von Fähigkeiten, Fertigkeiten und Gewohnheiten – darunter ganz entscheidend die Befähigung zu selbständigem und lebenslangem Lernen. Allgemeinbildung ist auf die Entwicklung der Persönlichkeit als Ganzes gerichtet. Sie beinhaltet auch die Ausprägung grundlegender Charaktereigenschaften.
Bei der Bestimmung der Inhalte der Allgemeinbildung gingen DDR-Pädagogik und DDR-Schulpolitik von dem klassischen deutschen Bildungsbegriff aus, der mit dem Namen Wilhelm von Humboldts untrennbar verknüpft ist. Das Motiv hierfür bestand darin, so die historische Verwurzelung unserer Bildungskonzeption im bürgerlich-humanistischen Gedankengut deutscher Vergangenheit zu verdeutlichen. Tatsächlich hielt sich die DDR-Schule hinsichtlich des Kanons für allgemeine Bildung an die traditionellen Bereiche; die folgende Übersicht über die Proportionen in der zehnklassigen Oberschule verdeutlicht das: Muttersprache mit Literatur und Heimatkunde 27,5 %, Mathematische Bildung 18,5 %, Naturwissenschaftliche Bildung 11,6 %, Gesellschaftswissenschaftliche Bildung (einschließlich Geographie) 9,2 %, Künstlerische Bildung 7,2 %, Fremdsprachen 7,8 %, Körpererziehung 7,8 %. Als für die Persönlichkeitsentwicklung besonders bedeutsamer Bereich war ab Ende der 50er Jahre die polytechnische Bildung hinzugekommen; ihr Anteil betrug 10,4 %.Nun wurde die Lebenswelt der Eltern Bildungsgut, die Lebensvorbereitung gestaltete sich allseitiger. Polytechnische Bildung zielte darauf ab, die jungen Menschen in Grundlagen von Technik und Produktion, in den 80er Jahren zusätzlich in Informatik und Computertechnik, einzuführen und sie praktisch mit produktiver werteschaffender Arbeit vertraut zu machen.Der polytechnische Unterricht umfaßte die Fächer „Schulgarten- und Werkunterricht“ in den ersten sechs Schuljahren und „Einführung in die sozialistische Produktion“, „Technisches Zeichnen“ und„Produktive Arbeit“ in den 7. bis 10. Klassen. Die produktive Arbeit leisteten Schülerinnen und Schüler der 7. und 8. Klassen in der Regel in speziellen Einrichtungen/betriebseigenen Kabinetten, der 9. und 10. Klassen in der unmittelbaren Produktion von Betrieben der volkseigenen Industrie sowie der Land- und Forstwirtschaft.Als ein Element von Allgemeinbildung und als Möglichkeit, differenzierten Interessen und Neigungen älterer Schülerinnen und Schüler Rechnung zu tragen, wurden Ende der 70er Jahre Arbeitsgemeinschaften eingeführt, für die es als Empfehlungen zentral erarbeitete Rahmenprogramme gab. Sie waren als ein Schritt in Richtung „Fakultativer Unterricht“ konzipiert und wurden zunächst in den 9. und 10. Klassen mit zwei Unterrichtsstunden pro Woche angeboten; erst Ende der 80er Jahre begann man mit ihrer Einführung auch in den 7. und 8. Klassen.