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Vollständige Version anzeigen : demokratisch regierte Welt???



Grüner Simon
24.11.2006, 04:55
Guten Tag die Damen und Herren der Schöpfung,

nach einiger Ruhezeit verkünde ich meine Rückkehr aus der Versenkung - back in den game - auf Neudeutsch.

Um mich jedoch nicht allzu lange mit Floskeln aufzuhalten widme ich mich sofort dem Thema. Fakt ist, dass im Zuge der Globalisierung der Felder kommunikation, Wirtschaft, Technologie, eine nicht zu ignorierende Entmachtung des Modelles "Nationalstaat" zu verzeichnen ist. Wirtschaftspolitisch - Steuerechtlich - Sozialpolitisch - sind den nationalen Regierungen mehr oder minder die Hände gebunden, da die stets bestehende Drohung, wenngleich nicht in aktiver form sondern bereits bewusst verinnerlichter Art und Weise, die Abwanderung gewisser Teile der Wirtschaft souveränes Handeln oftmals unterbindet.

Ansätze wie EU, UNO, WTO und G8 sind zwar vorhanden um internationale entscheidungen und Vereinbarungen zu treffen, doch zeichnen sich diese durch einen gewissen demokratischen Mangel aus. Die UNO hat fünf Vetomächte, die jegliche internationale Vereinbarungen in bestimmte Richtungen verhindern. Effektive Waffengesetze bezüglich Produktion, Vertrieb, aber vor allem Export zum Beispiel finden keinen Weg da ausgerechnet die größten Waffenespoteure zu den besagten Vetomächten zählen - und wer will sich das lukrative Geschäft mit dem Tod aus den Lappen gehen lassen?
Auch ein angemessener Umgang mit der Politik Israels ist unmöglich - Vetomavht USA ist allzeits bereit.
Die G8 sind alles andere als demokratisch - Ausführungen diesbezüglich sind wohl unnötig. Die EU weist auch den Mangel auf, dass die Kommisionen weitaus mehr Macht inne haben als das Parlament - einziger Punkt weshalb ich die gescheiterte EU- Verfassung bedauere.
Die WTO ist in der Theoire demokratisch - die Realtitä ist dann wiederum eine andere.

Doch ist es nun mal so, dass die wachsenden Herausforderungen längst keine national beschränkten und deshalb national lösbareb sind. Thema Armut - Thema Kilmawandel...
Es müsste also eine internationale Kooperation her, die dies zu bewältigen verstünde. Ich fordere ja nicht gleich eine Welt-Regierung, aber etwas effektiveres als die UNO müsste schon her.

Dies stelle ich einmal zur Diskussion

Rheinlaender
24.11.2006, 08:22
Gute Idee - Demokratische Weltregierung? Lieber gestern als morgen!

Nur: Hast Du einen Ansatz einer Idee wie man das durchsetzen koennte? Ich nicht; und so muessen wir uns wohl sehr lange mit dem souveraenen Nationalstaat herumschlagen, so hohl seine Institutionen zum Teil auch geworden sein moegen.

Noch eine Bemerkung: Bisher waren wirkliche Umstuerze im System der Staaten und der Art wie sie interagierten war immer das Ergebnis grosser und verherrender Kriege. Das letzte, was wir braeuchten ware ein solcher Krieg. Ich mag nicht theoretisch ausschliessen, dass ein solcher Umbruch ohne einen solchen Krieg moeglich ist, es gibt kein Beispiel in der Geschichte, dass dies passiert waere.

Haloperidol
24.11.2006, 09:54
Die Institution des Nationalstaates hat sich, geschichtlich betrachtet, etabliert. In unserer Lebenszeit, werden wir daher auch wahrscheinlich kein anderes Model erleben.
UNO, etc faktisch nur multinationale Interessensvertretungen dar.

Simples Problem einer solchen Organisation ist die Entscheidungsträgheit. Schlussendlich sind wir uns Global nicht einmal bei den Menschenrechten einig.

Misteredd
24.11.2006, 10:10
Demokratisierung bedarf der Demokraten als Träger. Das braucht wohl Bildung, damit es nicht zum Mob verkommt.

Ich glaube nicht, dass hieran eine Mehrheit in der Welt besteht.

Frei-denker
24.11.2006, 11:29
Es dürfte eine Illusion sein, daß Demokratie das Allheilmittel für die Kämpfe in der Welt sind.

Denn die Interessenskonflikte zwischen Völkern bestehen nach wie vor. England und Argentinien sind auch Demokratien, trotzdem haben sie im Falklandkrieg um Öl gekämpft.

Ebenso ist Israel und Palästinenser Demokratien, trotzdem bekämpfen die sich bis aufs Messer aufgrund eines Interessenkonfliktes.

Das Grundproblem ist, daß die Menscheit bis heute noch keinen Algorythmus entwickelt hat, mit dem es Interessenskonflikte ohne Krieg (in welcher Form auch immer) und zur allgemeinen Zufriedenheit lösen kann. Wir Menschen sind unfähig, Interessenkonflikte moderat zu lösen. Traurig, aber wahr.

Rheinlaender
24.11.2006, 11:37
Es dürfte eine Illusion sein, daß Demokratie das Allheilmittel für die Kämpfe in der Welt sind.

Denn die Interessenskonflikte zwischen Völkern bestehen nach wie vor. England und Argentinien sind auch Demokratien, trotzdem haben sie im Falklandkrieg um Öl gekämpft.

Zunaechst Argentien war zur Zeit der Invasion der Falklands eine Diktatur. Es geht auch um eine demokratische weltordnung. Eine der Eigenschaften einer demokratischen Ordnung ist es eben, Konflikte nicht mit Gewalt, sondern ueber Institutionen auszutragen: Oder erklaert Bayern Bremen den Krieg wg. des Laenderfinanzausgleichs, oder Grossbritanien Frankreich wg. der EU-Agrasubventionen?



Das Grundproblem ist, daß die Menscheit bis heute noch keinen Algorythmus entwickelt hat, mit dem es Interessenskonflikte ohne Krieg (in welcher Form auch immer) und zur allgemeinen Zufriedenheit lösen kann. Wir Menschen sind unfähig, Interessenkonflikte moderat zu lösen. Traurig, aber wahr.

Die EU ist hier ein Model.

KrascherHistory
24.11.2006, 11:44
Gute Idee - Demokratische Weltregierung? Lieber gestern als morgen!

Nur: Hast Du einen Ansatz einer Idee wie man das durchsetzen koennte? Ich nicht; und so muessen wir uns wohl sehr lange mit dem souveraenen Nationalstaat herumschlagen, so hohl seine Institutionen zum Teil auch geworden sein moegen.

Noch eine Bemerkung: Bisher waren wirkliche Umstuerze im System der Staaten und der Art wie sie interagierten war immer das Ergebnis grosser und verherrender Kriege. Das letzte, was wir braeuchten ware ein solcher Krieg. Ich mag nicht theoretisch ausschliessen, dass ein solcher Umbruch ohne einen solchen Krieg moeglich ist, es gibt kein Beispiel in der Geschichte, dass dies passiert waere.

Bei der EU sind mir die zugrunde liegenden Kriege doch verloren gegangen.

Bitte nicht den WK II als Ursache/Auslöser bringen !

KrascherHistory
24.11.2006, 11:45
Demokratisierung bedarf der Demokraten als Träger. Das braucht wohl Bildung, damit es nicht zum Mob verkommt.

Ich glaube nicht, dass hieran eine Mehrheit in der Welt besteht.

Zumal diese "Demokratisierung" selbst in einer EU als unerreichbar erscheint.

Beverly
24.11.2006, 11:50
Die Idee eines Weltstaates bzw. einer Weltordnung gibt es meines Wissens mindestens seit Ende des 18. Jahrhunderts, wo sie Denker wie Condorcet und Kant entwickelt haben.
Ihre Realisierung erfährt sie in etlichen Science Fiction Romanen, die vor dem Hintergrund einer technokratischen Weltordnung spielen. SCHADRACH IM FEUEROFEN von Robert Silverberg setzt sich auf sehr kritische Weise mit dem Weltstaat auseinander - in ihm regiert nämlich der greise Tyrann Dschinghis Khan Mao II. Doch verglichen mit dem Horror einander befehdender Superstaaten in Orwells 1984 leben selbst die Untertanen von Dschinghis Khan Mao II. in einer offenen Gesellschaft. Auch, da ich befürchte, dass wir auf das Orwellsche Szenario zusteuern, wäre mir ein Weltstaat lieber.
Allerdings glaube ich, dass mein bei funktionierenden kommunalen und regionalen Gemeinwesen den Weltstaat kaum bräuchte - sollte er mit Macht über uns hereinbrechen, dann nur, weil die "unteren" Institutionen versagt haben.

KrascherHistory
24.11.2006, 11:52
Die Idee eines Weltstaates bzw. einer Weltordnung gibt es meines Wissens mindestens seit Ende des 18. Jahrhunderts, wo sie Denker wie Condorcet und Kant entwickelt haben.
Ihre Realisierung erfährt sie in etlichen Science Fiction Romanen, die vor dem Hintergrund einer technokratischen Weltordnung spielen. SCHADRACH IM FEUEROFEN von Robert Silverberg setzt sich auf sehr kritische Weise mit dem Weltstaat auseinander - in ihm regiert nämlich der greise Tyrann Dschinghis Khan Mao II. Doch verglichen mit dem Horror einander befehdender Superstaaten in Orwells 1984 leben selbst die Untertanen von Dschinghis Khan Mao II. in einer offenen Gesellschaft. Auch, da ich befürchte, dass wir auf das Orwellsche Szenario zusteuern, wäre mir ein Weltstaat lieber.
Allerdings glaube ich, dass mein bei funktionierenden kommunalen und regionalen Gemeinwesen den Weltstaat kaum bräuchte - sollte er mit Macht über uns hereinbrechen, dann nur, weil die "unteren" Institutionen versagt haben.

Orwell ist längst überholt. Ob wir Menschen in Nationalstaaten oder einen "Weltstaat" ferchen, ist irrelevant. Sie werden step by step zu Wahlvieh degradiert !

Haloperidol
24.11.2006, 12:38
Orwell beschreibt totalitäre Systeme, davon ist die Welt heute weiter entfernt denn je. Viel eher ist die literarische Dystopie einer "Brave New World" Huxleys möglich, aber beides sind Fantasiegebilde, die für einen guten Roman etwas herhalten, deren Wahrscheinlichkeit, aber eher gering ist.

Demokratie erfordert Bildung. Durch Alphabethisierung gelingt es dem Menschen an das globale Wissen anschluss zu finden, und dieses Individuum kann damit nicht mehr so leicht unterdrückt und kontrolliert werden. Die Hinwendung zur Demokratie ist damit die logische Folge.
Konflikte und Kriege, vor allem um Rohstoffe, wird es damit aber auch in Zukunft geben, jedoch bringen Kriege immer negative Effekte mit sich, vor denen Demokratien zurückscheuen, allemal müssen sich Politiker hier der Wiederwahl stellen, und mit einem Krieg sinkt die Beliebtheit des Politikers fast zwangsläufig.

Natürlich braucht dieses System Ausgleichsfaktoren. Grundlegend sind die großen multilateralen Bühnen dafür schon geschaffen. In Zukunft, durch die immer stärkere Vernetzung, wird diesen automatisch mehr Gewicht zukommen. Weltstaat wird daraus aber noch lange keiner.

-jmw-
24.11.2006, 14:21
Weltdemokratie?
Sollt ich mich von einer indisch-chinesischen Regierung regieren lassen?
Nö.
Hab ich nicht vor.

EinDachs
24.11.2006, 15:16
Weltdemokratie?
Sollt ich mich von einer indisch-chinesischen Regierung regieren lassen?
Nö.
Hab ich nicht vor.

Ein guter Punkt, der mich auf einen anderen Aspekt bringt.
Ich denke, bevor wir uns an eine demokratische Weltregierung machen, wäre es mal erstrebenswert, dass alle Länder der Welt vorher mal demokratisch regiert werden.

Ansätze einer "postnationalen Demokratie" sieht man ja bereits in der EU. Das System ist ja da schon umstritten und, m.A.n. , nicht mehr besonders leistungsfähig, obwohl wir hier "nur" 450 Mio Menschen in ein politisches System zwängen.
Daher denke ich, würde der Weltstaat nicht sehr gut funktionieren.

-jmw-
24.11.2006, 15:25
Wichtig wäre zu wissen, was für Kompetenzen so ein "Weltstaat" hätte.
Würd er sich beschränken auf einen Weltgerichtshof, einen internationale Katastropheneinsatztruppe und eine orbitale Asteroidenabwehr, wär mir auch eine indochinesische Regierung recht, weil sie dann ja kaum Macht hätt.

Anders gesagt: Inhalt geht mir vor Form.

EinDachs
24.11.2006, 16:02
Gut. Aber eine sehr schwache Weltregierung müsste dann aber auch nicht zwangsläufig demokratisch sein, da eine demokratische Abstimmung über Katastropheneinsätze oder Asteroidenabwehr unsinnig ist.

Ich denke, eine Demokratisierung der UNO wäre zwar theoretisch was erstrebenswertes, zur Zeit wäre aber eine bessere Anpassung an die realen Machtverhältnisse dringender.
Die 5 Vetomächte sind z.B definitiv zu mächtig.

Rheinlaender
24.11.2006, 22:33
Wichtig wäre zu wissen, was für Kompetenzen so ein "Weltstaat" hätte.
Würd er sich beschränken auf einen Weltgerichtshof, einen internationale Katastropheneinsatztruppe und eine orbitale Asteroidenabwehr, wär mir auch eine indochinesische Regierung recht, weil sie dann ja kaum Macht hätt.

Anders gesagt: Inhalt geht mir vor Form.

Die wichtigste Eigenschaft einer solchen Weltregierung waere das Gewaltmonopol - d.h. nur sie darf ueber Militaer verfuegen. Keine Nation darf mehr Truppen unterhalten, sondern nur noch Polizeikraefte.

Ferner sollte sie die Kompetenz haben, die Erde betreffende oekologische Probleme (z. B. Klimaerwaermung) zu regelen, bestimmte soziale Mindeststandards durchzusetzen (freie Gewerkschaften, Mindestloehne, max. Arbeitszeiten etc.), Mindestanforderungen an Menschenrechten durchzusetzen.

Sie sollte das Monopol auf die Ausgabe von Geld haben.

+++

Aber, wie schon gesagt: Das ist ferne Utopie.

-jmw-
24.11.2006, 22:38
Das sind zwei Monopole mehr, als ich irgendwem zugestehen kann. :))