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Vollständige Version anzeigen : Airbus-der stinkende Riese



blumenau
08.10.2006, 14:15
Es ist schon witzig, daß ein solcher Riese über zu kurze Kabel stolpert.

Weniger witzig ist, daß ein Weltkonzern so unfähig ist, NICHT EINMAL DIE KABELBÄUME richtig zu fertigen.

Das wäre so, als würde die Krupp-Kanonenfabrik nicht in der Lage sein, die Zünder der Granaten richtig zu fertigen.

Wenn das nicht stimmt, so ein Detail von einem Detail, läßt das aufhorchen.

Der Eindruck entsteht, und auch ohne den letzten FOCUS-Artikel, daß der ganze Laden von oben stinkt.

Da wurde nicht gewirtschaftet, sondern abgewirtschaftet, da wurden Pfründe verteilt, ganz so wie in der völlig korrupten Automobilindustrie.

Abhilfe ist dann, wie stets: Massenentlassungen.

Ingenieure entlassen, überflüssige "Manager" einstellen.

Da ham se den Salat.

Das ganze ist, so ist der Eindruck, nur die winzige Spitze eines Eisbergs.

Es kann ja auch nicht sein, wie jetzt verkündet, daß allein durch die Verzögerung beim 380 der ganze Konzern ins Wanken gerät. Nein, es muß anders sein: der Konzern ist seit Jahren im Wanken, nicht nur 380er läuft nicht, nichts läuft da rund, und das Kabel-Debakel ist die winzige Kleinigkeit, die sie hindert, das länger geheimzuhalten. Weil das Kabel so ein winziges Detail ist, ist die Katastrophe größer als für möglich gehalten. Wäre es was wichtiges, nicht ein Detail, aber so ...

Mark Mallokent
08.10.2006, 14:18
Das kommt dabei heraus, wenn man mit Riesensubventionen einen Produktion ins Leben ruft, für die der Markt keinen Bedarf hat. Wenn Politiker sich in die Wirtschaft einmischen, geht das meistens nach hinten los.

blumenau
08.10.2006, 14:32
Das kommt dabei heraus, wenn man mit Riesensubventionen einen Produktion ins Leben ruft, für die der Markt keinen Bedarf hat. Wenn Politiker sich in die Wirtschaft einmischen, geht das meistens nach hinten los.

Für mich sieht das eher so aus, daß da viel mehr unter der Bettkante liegt, als jetzt noch jeder denkt, und das ganze zufällig durch diese Kabelbäume aufgeflogen ist. Wahrscheinlich der reinste Saustall.

Daß der Markt für solche Produkte keinen Bedarf hat, würde ich glatt bestreiten. Offenbar aber hat das "Management" die Ingenieure rausgeschmissen, die Abzocker reingesetzt und steht jetzt auf dem absehbaren Schlauch.

Stechlin
08.10.2006, 14:58
Das kommt dabei heraus, wenn man mit Riesensubventionen einen Produktion ins Leben ruft, für die der Markt keinen Bedarf hat. Wenn Politiker sich in die Wirtschaft einmischen, geht das meistens nach hinten los.

Deiner Theorie nach müßte Boeing in ähnlichen Schwierigkeiten stecken, denn ohne Subventionen würde es diese Firma auch längst nicht mehr geben.

Da ist zunächst die Struktur der aktuellen Luftfahrt. Sie stellt den am stärksten monopolisierten Sektor des globalen Kapitals dar. Seit fast eineinhalb Jahrzehnten wird der Sektor der Flugzeuge mit mehr als 100 Sitzplätzen von den zwei Konzernen Boeing (USA) und Airbus (inzwischen EADS/Airbus) beherrscht. Dieses Oligopol (oder auch Duopol) schafft sich bereits durch seine schiere Macht künstlich Märkte. So wurden beim Boeing-Management korrupte Strukturen aufgedeckt, mit deren Hilfe der US-Konzern sich Milliarden-Dollar-Aufträge hatte an Land ziehen können. Bei Airbus entstehen seit Jahrzehnten alle großen neuen Modelle mit Hilfe von staatlichen – meist verdeckten, oft auch offenen – Milliarden-Subventionen. Hinzu kommt, daß Boeing neben seiner Eigenschaft als Hersteller ziviler Flugzeuge auch der größte Rüstungskonzern der Welt ist und daß EADS neben den Tätigkeiten seiner Tochter Airbus der größte Rüstungskonzern auf dem europäischen Kontinent ist. Auf diese Weise werden die beiden Bestandteile des Duopols von einem Milliarden Dollar- bzw. Euro-Segen an Steuergeldern für Rüstungsaufträge gespeist. Was in beiden Fällen auch zur Quersubventionierung des zivilen Flugzeugbaugeschäfts genutzt wird. (junge Welt, vom 07.10.2006)

Die Probleme von Airbus liegen eher darin begründet, ein einziges Flugzeug in halb Europa zu bauen, durch selbiges die gefertigten Teile zu karren, um es dann irgendwo zusammenzubasteln. Das mag zwar alles schön in das Konzept eines "einigen" Europas passen (Hurra, wir basteln alle am selben Teil), ökonomisch gesehen ist es jedoch purer Wahnsinn, der sich am Ende nie rechnen wird können.

Die zweite Ebene der Airbus-Krise hat mit der Tatsache zu tun, daß der EADS-Airbus-Konzern durch die Eigentümerstruktur und über die regelmäßigen staatlichen Subventionen bisher von vier Regierungen maßgeblich beeinflußt wurde: der deutschen, der französischen, der spanischen und der britischen. Zwar sind die Briten soeben dabei, bei Airbus auszusteigen, doch gleichzeitig hat in den letzten Wochen die russische Regierung einen Anteil von fünf Prozent am Mutterkonzern EADS erworben. Die absurde und sündhaft teure Art der Produktion einzelner Modelle – mit langen See- und Lkw-Fahrten ganzer Flügel-, Rumpf- und Heckelemente – ist in erster Linie Resultat dieser auf Proporz orientierten Eigentümerstruktur. (ebenda)

Übrigens, der A380 soll die nächsten Jahrzehnte den Großraumflugzeugmarkt beherrschen, als Antwort auf den immer mehr ansteigenden Luftverkehr. Da sich die Erdölvorkommen in den nächsten Jahrtzehnten dem Ende zuneigen, ist es eine logische Konsequenz, daß auch das Flugbenzin teurer wird und somit das Fliegen wieder zu einem Luxus für besserbetuchte werden wird. Vögel, wie der A380 oder die 747 von Boeing werden wir dann höchstens noch als Kuriosität im Museum betrachten können, als ein Ergebnis sturer Realitätsverweigerung.

PS: Die Russen haben schon in der achziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts Flugzeuge mit Wasserstoff fliegen lassen:


Tu-155 / Tu-156

Zu den radikaler angelegten Weiterentwicklungen der Tu-154 zählen die mit Flüssigwasserstoff bzw. Erdgas betriebenen Prototypen Tu-155 und Tu-156. Die Tu-155 basiert auf einer Serien-Tu-154B; ihr mittleres Triebwerk wurde nicht von Kerosin, sondern von Wasserstoff oder Erdgas angetrieben. Ihren ersten Flug mit Flüssigwasserstoff absolvierte die Tu-155 am 15. April 1988, ihren ersten Flug mit Erdgasantrieb am 18. Januar 1989; somit ist sie laut Tupolew das erste erdgasgetriebene Flugzeug der Welt. Die Weiterentwicklung Tu-156 kann alternativ mit Kerosin oder Erdgas betrieben werden, womit sie flexibler wird und mit normalem Kerosin betrieben werden kann, sollte am Flughafen kein Erdgas zur Verfügung stehen. (http://de.wikipedia.org/wiki/Tupolew_Tu-154)


http://www.spiegel.de/img/0,1020,137199,00.jpg

Mark Mallokent
08.10.2006, 15:22
Die Subventionen schaukeln sich natürlich gegenseitig hoch. Im Grunde ist das eine indirekte Subventionierung der Fliegerei zu Lasten anderer Verkehrsmittel. :smoke:

Stechlin
08.10.2006, 15:26
Die Subventionen schaukeln sich natürlich gegenseitig hoch. Im Grunde ist das eine indirekte Subventionierung der Fliegerei zu Lasten anderer Verkehrsmittel. :smoke:

Uneingeschränkte Zustimmung. Jedoch stellt sich mir die Frage, ob nicht jene neoliberalen Marktgläubigen, die den Staat ja immer weiter aus der Wirtschaft verdrängen wollen, hier in einen Glaubenskonflikt geraten? Auf der einen Seite verteufelt man den "Staat", auf der anderen schreit mach nach ihm, wie im Falle Airbus und Boeing. Versteht einer diese Liberalisten.

PS: Herr Mehdorn arbeitete mal bei Airbus. Wenn ich berücksichtige, wie die Bahn immer mehr an Absatz an die Fliegerei verliert (für 19,99 EURO nach Paris), bekommen Deine Worte eine fast verschwörerische Wahrheit.