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Vollständige Version anzeigen : "Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde"



Klopperhorst
10.09.2006, 08:12
Ich möchte in diesem Strang die Thesen Feuerbachs diskutieren.

Was sagen die Anwesenden (auch die Moslems) zu seiner Hauptthese:

"Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde"

Nach Feuerbach schafft sich der Mensch aus "Sehnsucht" ein ideales Geschöpf von sich selbst, in das er all seine Wünsche und Hoffnungen projeziert.


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leuchtender Phönix
10.09.2006, 08:19
Ich möchte in diesem Strang die Thesen Feuerbachs diskutieren.

Was sagen die Anwesenden (auch die Moslems) zu seiner Hauptthese:

"Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde"

Nach Feuerbach schafft sich der Mensch aus "Sehnsucht" ein ideales Geschöpf von sich selbst, in das er all seine Wünsche und Hoffnungen projeziert.

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Und nachher wurde es so dargestellt, das der Mensch nach göttlichem Vorbild erschaffen wurde.

Sheldon
10.09.2006, 08:39
Und nachher wurde es so dargestellt, das der Mensch nach göttlichem Vorbild erschaffen wurde.

Eigentlich war es umgekehrt, da die Bibel lange vor Feuerbachs Thesen geschrieben wurde, aber dieser kleine Ausrutscher in der zeitlinie ist nicht wirklich dramatisch.

Ich denke das Feuerbach mit seinen Thesen durchaus richtig liegt, der Mensch brauch für alles eine Erklärung, da wo er keine Rationelle Wissenschaftliche Erklärung findet, da wurde etwas nachgeholfen. Ich bezieh mich da ausdrücklich auf den zeitraum als es so etwas wie Exakte Naturwissenschafften eigentlich noch garnicht gab.
Der Mensch brauch antworten auf seine fragen, und wo er keine findet, da hilft er ein bischen nach, wozu hat er seine fantasie.
Die Wissenschaften haben schon vieles erklärt und bewiesen, Vieles gilt es noch zu erforschen und zu erklären.
Vielleicht gelingt es auch eines Tages zu ergründen ob es einen Gott gibt.

Götz
10.09.2006, 08:53
"Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde"

Nach Feuerbach schafft sich der Mensch aus "Sehnsucht" ein ideales Geschöpf von sich selbst, in das er all seine Wünsche und Hoffnungen projeziert.



Wahrscheinlich ging Feuerbach nicht weit genug, denn im
Grunde erschafft sich der Mensch Gott ständig neu, je nach Bedarf.
Dies ist besonders gut bei religiösen Fundamentalisten zu beobachten,
die praktisch alles was sie umtreibt als gottgewollt, oder sogar
eingegeben, rechtfertigen.

lupus_maximus
10.09.2006, 09:11
Wahrscheinlich ging Feuerbach nicht weit genug, denn im
Grunde erschafft sich der Mensch Gott ständig neu, je nach Bedarf.
Dies ist besonders gut bei religiösen Fundamentalisten zu beobachten,
die praktisch alles was sie umtreibt als gottgewollt, oder sogar
eingegeben, rechtfertigen.

Stimmt, die Bezeichnung "Gott" ist wirklich für alles und nichts zu gebrauchen!

Da der Mensch gewöhnt ist, das über ihm immer ein Trottel steht der befiehlt, so muß eben über der Menschheit als Gesamtes auch einer stehen, der alles vorgibt, dies ist dann der liebe Gott.
Nun, wers braucht, warum nicht?

Mcp
10.09.2006, 09:12
Ich möchte in diesem Strang die Thesen Feuerbachs diskutieren.

Was sagen die Anwesenden (auch die Moslems) zu seiner Hauptthese:

"Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde"

Nach Feuerbach schafft sich der Mensch aus "Sehnsucht" ein ideales Geschöpf von sich selbst, in das er all seine Wünsche und Hoffnungen projeziert.


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Ist es eigentlich wichtig, ob Mensch sich Gott oder Gott sich Menschen schuf. Beide Thesen sind schlicht unbeweisbar. Einzig der moderne Wahrheitswahn schmiedet aus dieser banalen Frage mordende Waffen. Die Theorie ist Theologie der Neuzeit. Wir brennen, plündern, foltern, nur ihretwegen. Selbst Wissenschaft, unser neuer Glaube, kann deine Frage nicht beantworten. Sie hat das Paradies vom Himmel geholt und in die Zukunft verlegt. Nur sind beide Welten für Lebende unerreichbar. Gott sei Dank gibt es Hollywood und Warp-Antrieb. Man fühlt sich besser damit. Das mit der Sterblichkeit, die Kernfrage aller Religionen, lösen wir noch. Versprochen. Die Entdeckung des Unsterblichkeitsgens steht unmittelbar bevor. Denn dann erst sind wir wirklich Götter. Wir warten, wir warten ...

Ansonsten suchen wir uns einen neuen Glauben, der nicht so viele Fisimatenten macht.

Klopperhorst
10.09.2006, 12:11
Ist es eigentlich wichtig, ob Mensch sich Gott oder Gott sich Menschen schuf. Beide Thesen sind schlicht unbeweisbar. Einzig der moderne Wahrheitswahn schmiedet aus dieser banalen Frage mordende Waffen. Die Theorie ist Theologie der Neuzeit. Wir brennen, plündern, foltern, nur ihretwegen. Selbst Wissenschaft, unser neuer Glaube, kann deine Frage nicht beantworten. Sie hat das Paradies vom Himmel geholt und in die Zukunft verlegt. Nur sind beide Welten für Lebende unerreichbar. Gott sei Dank gibt es Hollywood und Warp-Antrieb. Man fühlt sich besser damit. Das mit der Sterblichkeit, die Kernfrage aller Religionen, lösen wir noch. Versprochen. Die Entdeckung des Unsterblichkeitsgens steht unmittelbar bevor. Denn dann erst sind wir wirklich Götter. Wir warten, wir warten ...

Ansonsten suchen wir uns einen neuen Glauben, der nicht so viele Fisimatenten macht.

Die große Frage lautet ja, ob wir den Götterglauben nicht wie die Schizophrenie als eine Art Krankheit ansehen sollten, insbesondere dort, wo sie zur Massenbewegung wird?

Daraus ergeben sich weitreichende Konsequenzen. Z.B. würde die Kirche als Irrenanstalt in einem ganz anderen Lichte erscheinen.

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Mcp
10.09.2006, 20:41
Die große Frage lautet ja, ob wir den Götterglauben nicht wie die Schizophrenie als eine Art Krankheit ansehen sollten, insbesondere dort, wo sie zur Massenbewegung wird?

Daraus ergeben sich weitreichende Konsequenzen. Z.B. würde die Kirche als Irrenanstalt in einem ganz anderen Lichte erscheinen.

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Götterglauben eine Krankheit? Da müsste jeder auf die sprichwörtliche Kautsch. Auch die Ungläubigen, die Atheisten, denn sie glauben in Inbrunst an die Unfehlbarkeit der Wissenschaft. Sie sind dem Wahrheitswahn verfallen.

Nein, Glaube gehört unausweichlich zum Denken. Es ist keine Vernunft, kein Verstand denkbar ohne ihn. Es nicht wichtig an was du glaubst oder wie die glaubst. Es ist der Moses der vom Berge steigt, der mit nur zehn Geboten uns zum Schweigen bringt. Den unwürdigen Tanz um das goldene Kalb jäh beendet. Glauben ist Aufruhr gegen das Offensichtliche.

Jeder Glaube kennt Gebote, jedes Gebot wird Moral, jede Moral wird Gesetz. Wie willst du leben ohne ihn? Nach was deinen Alltag richten? Der Glaube ist unser Zuchtmeister, unser Aufseher, der Häscher, der Gedankenpolizist. Er hält getreulich Wacht über jene urwüchsigen Instinkte die in uns toben.

Ich habe deinen Text zur Gewalt gelesen. Du weißt, was ich meine. Mit welcher Ethik bändigst du deine Wut, hältst das rasende Verlangen im Zaume? Du magst kein Christ sein. Aber an irgendetwas glaubst auch Du. Sonst hätten wir schlimme Nachricht von dir, auf irgendeiner Zeitungsseite.

Glaube ist das, was uns zum Menschen macht.

Allein aus dem Glauben wächst unsre Kultur. Unser aufbegehren gegen Sinnlosigkeit, Chaos und Panta Rhei. Warum sonst sollten wir Pyramiden, Kathedralen bauen? Die Unordnung ordnen wollen? Warum sonst sollten wir leben? Bei all der Mühe, die es macht?

Wir lachen freundlich, auch wenn wir lieber töten, uns schlagen würden. Wenn wir es tun, dann in Heimlichkeit. Suchen vorab schon Ausreden für zerbrochenes Glas, Fenster und Türen. Doch das Messer in der Brust würde ihm dennoch gut stehen.

Glaube ist Zivilisation. Er hat mit ihr begonnen. Er wird mit ihr enden.

Uff. Ich hoffe, die Wissenden, Gelehrten und Proleten werden jetzt die Meute bilden, um über mich herzufallen. Genau deshalb . . . du verstehst es, glaube ich. Wenn schon nicht real, dann wenigstens verbal. Mit irgendwem muß man sich prügeln.

Schwertzeit, Beilzeit,
Schilde bersten,
Windszeit, Wolfszeit,
Bis die Welt vergeht.

Nun, morgen ist Montag im Land des Lächelns.

FranzKonz
10.09.2006, 21:18
Götterglauben eine Krankheit? ...
:top: :respekt: :top:

Crystal
10.09.2006, 21:26
Ich möchte in diesem Strang die Thesen Feuerbachs diskutieren.

Was sagen die Anwesenden (auch die Moslems) zu seiner Hauptthese:

"Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde"

Nach Feuerbach schafft sich der Mensch aus "Sehnsucht" ein ideales Geschöpf von sich selbst, in das er all seine Wünsche und Hoffnungen projeziert.


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Ohne dass ich einen "Feuerbach" kenne - ich glaube jedes Wort von deinem Beitrag!
Schon seit Anbeginn aller Zeiten glauben die Menschen an einen Gott, sei es nun Feuer, Donner, Blitz oder sonst irgendetwas.
Und immer war dieser Glaube etwas, was eine bestimmte Person (bzw. eine einflussreiche Personengruppe) den anderen Menschen haben glauben machen wollen.

Klopperhorst
11.09.2006, 08:56
Götterglauben eine Krankheit? Da müsste jeder auf die sprichwörtliche Kautsch. Auch die Ungläubigen, die Atheisten, denn sie glauben in Inbrunst an die Unfehlbarkeit der Wissenschaft. Sie sind dem Wahrheitswahn verfallen.

Ich bitte dich. Verstand und Vernunft sind nun wirklich das Ureigenste, was uns zu Menschen macht und somit keine Krankheit!

Krank ist es nur, sich dieses Verstandes nicht zu bedienen, obwohl man ihn hat und in Dogmen zu schwelgen, die metaphysisch mit einer guten (auf Vernunft basierenden) Philosophie überwunden werden könnten. Denn das metaphysische Bedürfnis ist neben den beiden genannten Vorzügen des Menschen das dritte Wesentliche, was es zu befriedigen gilt.

Aber man kann es eben nicht unter Ausschaltung der anderen beiden Eigenschaften des Menschen tun!


Jeder Glaube kennt Gebote, jedes Gebot wird Moral, jede Moral wird Gesetz. Wie willst du leben ohne ihn? Nach was deinen Alltag richten? Der Glaube ist unser Zuchtmeister, unser Aufseher, der Häscher, der Gedankenpolizist. Er hält getreulich Wacht über jene urwüchsigen Instinkte die in uns toben.

Moral aus Glauben zu schlussfolgern ist keine Moral sondern Egoismus. Moral kommt nicht aus Glauben zustande sondern aus dem Gefühl des Mitleides. Indem man sich mit anderen identifiziert, also mit ihnen leidet, ist man ein moralischer Mensch.

Alle Dogmen und Imperative, alles Sollen und Müssen, alles, was im Dekalog und dergleichen vorgeschrieben wird, was also göttliches Gesetz ist; gründet nicht auf Moral sondern auf Willkür und appelliert vor allem nicht an moralische Wesen sondern an unmoralische, die damit abgeschreckt werden sollen. Moral aus Gott und Glauben zu folgern, ist somit die größte Falschheit, die es überhaupt gibt und für mich der Hauptangriffspunkt der Religionen überhaupt.

Denn: Der gesunde Mensch kann ohne an ein höheres, personifiziertes Wesen zu glauben, moralisch sein, eben durch einen moralischen Charakter und das mitfühlende Mitleid.


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Der Gerechte
11.09.2006, 09:32
Ich möchte in diesem Strang die Thesen Feuerbachs diskutieren.

Was sagen die Anwesenden (auch die Moslems) zu seiner Hauptthese:

"Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde"

Nach Feuerbach schafft sich der Mensch aus "Sehnsucht" ein ideales Geschöpf von sich selbst, in das er all seine Wünsche und Hoffnungen projeziert.


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Dieser Feuerbach hat volkommen Recht.

Tell05
11.09.2006, 10:04
Die/wir Menschen glauben immer etwas zu wissen, aber wer weiß schon....;)
"Das Wesen des Christentums" Feuerbach´s Hauptwerk, hat enormes Potenzial für "Gedankenspiele" und Phantasie. Für manche Christen, die hierbei Ängste entwickeln sollten, sei gesagt: Die Gedanken sind frei!
MFG

Mcp
11.09.2006, 10:38
Dieser Feuerbach hat volkommen Recht.

Ja, er ist der Liebling der Linken. Oft zitiert von Massenmördern, Lenin, Stalin, Ulbricht, Honecker und sonstigen Gerechten.

Klopperhorst
11.09.2006, 10:40
Ja, er ist der Liebling der Linken. Oft zitiert von Massenmördern, Lenin, Stalin, Ulbricht, Honecker und sonstigen Gerechten.

Das seine Anthropologie mißbraucht wurde, ist nun nicht seine Schuld. Wer hat sie denn mißbraucht? Der Jude Marx im Wesentlichen, der das gesellschaftliche Sein aus plumpem Materialismus folgerte, wie es eben jüdische Art ist. Hätten wir germanische Fürsten zu unseren geistigen Führern der Arbeitsschaft erkoren, hätte wir einfach den Monotheismus über Bord geworfen und unserem Wesen nach gehandelt, nicht den Teufel mit dem Belzebub ausgetrieben.

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Rikimer
11.09.2006, 10:48
Ich möchte in diesem Strang die Thesen Feuerbachs diskutieren.

Was sagen die Anwesenden (auch die Moslems) zu seiner Hauptthese:

"Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde"

Nach Feuerbach schafft sich der Mensch aus "Sehnsucht" ein ideales Geschöpf von sich selbst, in das er all seine Wünsche und Hoffnungen projeziert.


----Absolut richtig. Nur: Das eine schließt das andere nicht aus.

Und meine Meinung war sowieso seit eh und je, das Gott das ist für einen Menschen, Volk oder Kultur, was dieser oder diese als das Höchste, Erstrebenswerteste in ihrem Leben empfinden. Ansonsten schließe ich mich Thomas aus Thule in weiten Teilen seiner Ausführung einfach der Bequemlichkeit halber an.

MfG

Rikimer

Mcp
11.09.2006, 18:01
Ich bitte dich. Verstand und Vernunft sind nun wirklich das Ureigenste, was uns zu Menschen macht und somit keine Krankheit!

Krank ist es nur, sich dieses Verstandes nicht zu bedienen, obwohl man ihn hat und in Dogmen zu schwelgen, die metaphysisch mit einer guten (auf Vernunft basierenden) Philosophie überwunden werden könnten. Denn das metaphysische Bedürfnis ist neben den beiden genannten Vorzügen des Menschen das dritte Wesentliche, was es zu befriedigen gilt.

Aber man kann es eben nicht unter Ausschaltung der anderen beiden Eigenschaften des Menschen tun!

Moral aus Glauben zu schlussfolgern ist keine Moral sondern Egoismus. Moral kommt nicht aus Glauben zustande sondern aus dem Gefühl des Mitleides. Indem man sich mit anderen identifiziert, also mit ihnen leidet, ist man ein moralischer Mensch.

Alle Dogmen und Imperative, alles Sollen und Müssen, alles, was im Dekalog und dergleichen vorgeschrieben wird, was also göttliches Gesetz ist; gründet nicht auf Moral sondern auf Willkür und appelliert vor allem nicht an moralische Wesen sondern an unmoralische, die damit abgeschreckt werden sollen. Moral aus Gott und Glauben zu folgern, ist somit die größte Falschheit, die es überhaupt gibt und für mich der Hauptangriffspunkt der Religionen überhaupt.

Denn: Der gesunde Mensch kann ohne an ein höheres, personifiziertes Wesen zu glauben, moralisch sein, eben durch einen moralischen Charakter und das mitfühlende Mitleid.


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Verstand und Vernunft scheiden Mensch und Tier? So! An einer Neugeburt kann ich von beiden nichts entdecken. Kein moralisches Gesetz. Kein metaphysisches Verlangen. Nur einen schreienden Balg. Kein Mensch? Der demante Greis, der Komma-Patient? Keine Menschen? Die Tücken Eurer Definitionen sind die Schlupflöcher der Ideologen. Sie haben geweckt, was besser schlummern sollte.

Das moralische Wesen, welches dir vorschwebt ist ein Produkt des Königsbergers, nur dass er sich in seinen seitenlangen Schachtelsätzen allzu oft verhaspelt hat. Das Gute ist gut. Eine Tautologie, dem lauter Zirkelschlüsse folgen. Der kategorische Imperativ ist kategorischer Unsinn. Zumindest vom Standpunkt mathematischer Logik.

Es gibt kein moralisches Wesen, außer wir denken es. Ist es Willkür, Dogma? Ja doch. Ist es göttlich? Das vermag ich nicht zu entscheiden. Ich bin nur Subjekt, kann nur als solches denken, handeln, fühlen, beten.

Freilich scheint es einige zu geben, die von sich stolz behaupten, sie hätten diese Grenze hinter sich gelassen. Um uns die Objektivität, die Wahrheit, die Realität zu schenken. Ketzer, Aufrührer gab es zu allen Zeiten. Jene, die Mord rufen und die Hunde des Kriegs entfesseln. Aus rein moralischen Gründen. Das Gute ist nämlich immer gut.

Was ist Wissenschaft anderes als düsterer Aberglaube? Weil wir auf dem Mond spazieren gehen? Hatten die Erbauer der Kathedralen Computer? Oder glaubten sie vielmehr an Hexen und Erdscheiben? Was ist die hässliche moderne Statik, unser Glas und Beton gegen die erhabene Schönheit unserer Dome?

Moral ist Mitleid? Empfinden? Leid?

Nein! Moral, Glaube ist zuerst hartes, selbstgegebenes Gesetz. Schlichte Regeln, nach denen wir gemeinsam leben müssen, sollten, wenn wir nur wollen. Allein der Wille fehlt. Er wurde uns genommen.

dr-esperanto
11.09.2006, 20:38
Ich möchte in diesem Strang die Thesen Feuerbachs diskutieren.

Was sagen die Anwesenden (auch die Moslems) zu seiner Hauptthese:

"Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde"

Nach Feuerbach schafft sich der Mensch aus "Sehnsucht" ein ideales Geschöpf von sich selbst, in das er all seine Wünsche und Hoffnungen projeziert.


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Ja, das ist wohl richtig, dass wir uns einen absolut gerechten, aber auch gütigen Gottvater wünschen und dann an ihn glauben. Es ist die Sehnsucht nach dem absolut Guten, Wahren und Schönen.
In der Gestalt Jesu Christi ist dieser Gott aber tatsächlich einmal auf Erden gewesen und man konnte ihn sehen, sehen, wie Gott ist.

dr-esperanto
11.09.2006, 20:48
@Thule: Die Kriterien der Zivilisation sind nach Oswald Spengler Stadt, Schrift und eben Hochreligion. Da hast du sicher Recht. Und moderne "Architektur" finde ich gegen französische Kathedralen auch hässlich.

Salazar
11.09.2006, 21:23
Und moderne "Architektur" finde ich gegen französische Kathedralen auch hässlich.

Ansichtssache.

ultimaratio
11.09.2006, 22:35
Also ohne Herrn Feuerbach zu kennen (ich kenne nur ein Feuerbach bei Stuttgart) erhebe ich trotzdem Anspruch darauf, seinen Satz zu kommentieren.

Fuer mich scheint er, der typische Angeber zu sein, der Wortspielerei zu Lasten von Anderen betreibt. Sein Wort kann nicht allein stehen, sondern nur in Verbindeung mit einem Zitat aus der Bibel, die er zwar fuer ein Maerchen haelt, wohl aber ein Maerchen, auf dem er seine dialektische Wahrheitsankuendigung stuetzen will. Allein nur das ist ein schizofrenischer Widerspruch!

Er basiert naemlich seine Annahme auf einer schon von vornherein von ihm als falsch angenommene Hypothese und ohne dass er sie durch eine ernst zu nehmende Begruendung aus der Welt schafft, kommt und... ups...ganz ploetzlich ist das Kanninchen aus dem Hut wie durch Zauberei rausgesprungen!!! Es gaebe naemlich keinen Gott! Allerdings wirds mir erst klar, wieso mir zwar Aristotelis bekannt ist, aber nicht Herr Feuerbach!

Und eins noch als letztes zu Herrn Feuerbach:
Wehe nur, dass vor 2.000 Jahren er anstatt von Cristus gelebt haette!
Ich denke, dass auch all die jenigen unter euch, die seiner Angeberei ein Auge zugedrueckt haben, wohl dies anerkennen werden, dass ohne Jesus die Welt in moralischer zumindest Hinsicht voellig am Ende waere.
Ich kann mir die Welt ohne Jesus nicht vorstellen. Vielleicht kann sie sich Jemand von euch ohne Herrn Feuerbach auch nicht vorstellen. Das ist nun mal der Knackpunkt!

"Du kannst nicht eine Theorie eines Universitaetsprofessors kritisieren, wenn du schon im Kindergarten bist".

Klopperhorst
12.09.2006, 11:42
Verstand und Vernunft scheiden Mensch und Tier? So! An einer Neugeburt kann ich von beiden nichts entdecken. Kein moralisches Gesetz. Kein metaphysisches Verlangen. Nur einen schreienden Balg. Kein Mensch? Der demante Greis, der Komma-Patient? Keine Menschen? Die Tücken Eurer Definitionen sind die Schlupflöcher der Ideologen. Sie haben geweckt, was besser schlummern sollte.

Moral, Metaphysisches Bedürfnis, Verstand, Vernunft usw. sind angeborene Eigenschaften des Menschen, sie werden nicht erworben, sie sind mit dem Menschen verbunden und gemäß genetischer Disposition mehr oder weniger ausgereift.

Somit kann die Moral auch nie aus einem Glauben entspringen, nur die Angst vor Bestrafung aus einem Gesetz, das sich auf Glauben stützt. Im Grunde genommen hat ein Neugeborener alle Anlagen a priori, um sie ohne irgendeinen indoktrinierten Glauben entwickeln zu können.



Das moralische Wesen, welches dir vorschwebt ist ein Produkt des Königsbergers, nur dass er sich in seinen seitenlangen Schachtelsätzen allzu oft verhaspelt hat.

Du irrst. Kants kategorischer Imperativ entspringt eigentlich der theologischen Moral, genauer dem Dekalog ("du sollst [nicht]").

Wahre Moral ist aber keine Worthülse sondern ein mit Leben aus dem tiefsten innersten Gefühl des Mitleides gezogenes Verhalten, das keinerlei egoistische Motive (wozu auch die Abschreckung durch Bestrafung gehört) enthält.



Was ist Wissenschaft anderes als düsterer Aberglaube?

Wissenschaft ist zunächst synthetisches Urteil a priori. Somit stützt sich die Wissenschaft auf den anschauenden Verstand, der Glaube jedoch hat keine Anschaulichkeit, ausser in der Phantasie und dem dumpfen Gefühl. Deswegen ist er subjektiv und spekulativ, die Wissenschaft jedoch objektiv.



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Grotzenbauer
12.09.2006, 14:10
Ja, das ist wohl richtig, dass wir uns einen absolut gerechten, aber auch gütigen Gottvater wünschen und dann an ihn glauben. Es ist die Sehnsucht nach dem absolut Guten, Wahren und Schönen.
In der Gestalt Jesu Christi ist dieser Gott aber tatsächlich einmal auf Erden gewesen und man konnte ihn sehen, sehen, wie Gott ist.
_______________________________________
Ein grosser Maler wird sein Bild nicht verlassen, bevor er es fertig gemalen hat!:ahh:

ErhardWittek
12.09.2006, 14:17
Moral, Metaphysisches Bedürfnis, Verstand, Vernunft usw. sind angeborene Eigenschaften des Menschen, sie werden nicht erworben, sie sind mit dem Menschen verbunden und gemäß genetischer Disposition mehr oder weniger ausgereift.
Hierin kann ich Dir nicht zustimmen. Die Moral wird mit Sicherheit erst durch die Synthese von Gelehrtem und der Fähigkeit, logisch zu denken und empfehlenswerterweise gesellschaftlich Erwünschtes zu erfüllen, ausgebildet. Der zweite Anstoß, für sich selbst moralische Grundsätze zu entwickeln, ist die Fähigkeit zur Empathie. Letztere kann sich wiederum nur dann ausbilden, wenn die eigene Erfahrung mit der Umwelt eine positive, lebensbejahende ist.

Das beste Beispiel für das Nichtvorhandensein von Moral zum Zeitpunkt der Geburt ist die höchst unterschiedliche Bewertung von Verbrechen in unserer kaputten Gesellschaft. Denn wie sehr wird hier relativiert. Was den einen graust, ist für den anderen ein Kavaliersdelikt oder sogar aufgeilend. Betrachtet man nur mal die unterschiedliche Sicht auf Kinderschänder, die die einen - z.B. ich - gern gelyncht sehen möchten, während andere es so gar nicht ehrenrührig finden, diesen sogar noch eine politische Plattform zu geben. Es hängt alles nur davon ab, in welcher Weise die Sozialisierung eines Menschen vorgenommen wird. Moral ist oft halt nur das, was gesellschaftlich erwünscht und erstrebenswert ist.

Don
12.09.2006, 15:05
Ich möchte in diesem Strang die Thesen Feuerbachs diskutieren.

Was sagen die Anwesenden (auch die Moslems) zu seiner Hauptthese:

"Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde"

Nach Feuerbach schafft sich der Mensch aus "Sehnsucht" ein ideales Geschöpf von sich selbst, in das er all seine Wünsche und Hoffnungen projeziert.


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Nicht nur.

Die Hindus verehren unter anderem Ganesha (als Abbild ein phantasievoll ausgestalteter und eingefärbter sitzender Elephant) als Gott des Glücks und materiellen Wohlstands sowie Hanuman (als Abbild ein Affe) als Kriegsgott.

Die Ägypter Anubis (Schakal), Apophis (Schlange), Aton (Sonnenscheibe), Bastet (Katze) uvm.

Bei der zunehmenden Hinwendung zu monotheistischen Glaubensrichtungen mußten die Menschen sich wohl für eines entscheiden: das Naheliegendste.

Salazar
12.09.2006, 18:48
Fuer mich scheint er, der typische Angeber zu sein, der Wortspielerei zu Lasten von Anderen betreibt. Sein Wort kann nicht allein stehen, sondern nur in Verbindeung mit einem Zitat aus der Bibel, die er zwar fuer ein Maerchen haelt, wohl aber ein Maerchen, auf dem er seine dialektische Wahrheitsankuendigung stuetzen will. Allein nur das ist ein schizofrenischer Widerspruch!

Wenn du davon ausgehst, dass die Bibel von Menschen geschaffen wurde, ist da nichts schizophren; sein Satz ist dann viel eher konsequent.


Allerdings wirds mir erst klar, wieso mir zwar Aristotelis bekannt ist, aber nicht Herr Feuerbach!


Das spricht so oder so nicht für dich.

ultimaratio
12.09.2006, 18:59
Das spricht so oder so nicht für dich.

Ehrlich gesagt lag mein Anliegen nicht darin, etwas zu sagen, was fuer mich spricht, sondern etwas was gegen Herrn Feuerbach spricht, aber egal!

Liegnitz
12.09.2006, 19:01
Ich möchte in diesem Strang die Thesen Feuerbachs diskutieren.

Was sagen die Anwesenden (auch die Moslems) zu seiner Hauptthese:

"Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde"

Nach Feuerbach schafft sich der Mensch aus "Sehnsucht" ein ideales Geschöpf von sich selbst, in das er all seine Wünsche und Hoffnungen projeziert.


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Das ist leider eine Verdrehung der Tatsachen.
Nicht der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde sondern Gott schuf den Menschen nach seinem Bilde.
Aber richtig ist, am Gottesbild scheiden sich die Religionen.

ultimaratio
12.09.2006, 19:02
Wenn du davon ausgehst, dass die Bibel von Menschen geschaffen wurde, ist da nichts schizophren; sein Satz ist dann viel eher konsequent.

Ja! So kensequent naemlich, dass wir ernsthaft daran denken muessen, die Zeit nach und vor Feuerbach zu zaehlen!

fuer mich ist die Bibel nicht vom Menschen geschrieben! Ist das ein Problem fuer dich? Oder hat es Herr Feuerbach auch bewiesen?

Liegnitz
12.09.2006, 19:07
Die Bibel ist die eine Auzeichnung der mündlichen Überlieferungen von Menschen die mit dem Menschensohn und Gottesohn Jesus Christus zusammen lebten und die nachfolgenden Schreiber die 4 Evangelisten die von hl. Geist inspirierten.
Das AT wurde von Prohpeten überliefert, die mit Gott Zwiesprache führten, wie z. b. Moses u al. und von hl. Männern aufgezeichnet.

Salazar
12.09.2006, 19:56
Ja! So kensequent naemlich, dass wir ernsthaft daran denken muessen, die Zeit nach und vor Feuerbach zu zaehlen!

fuer mich ist die Bibel nicht vom Menschen geschrieben! Ist das ein Problem fuer dich? Oder hat es Herr Feuerbach auch bewiesen?
Feuerbach ist aber davon Ausgegangen, dass sie nicht von Menschen geschrieben wurde - aus seiner Sicht heraus war es also nicht inkonsequent.

Klopperhorst
12.09.2006, 20:06
Hierin kann ich Dir nicht zustimmen. Die Moral wird mit Sicherheit erst durch die Synthese von Gelehrtem und der Fähigkeit, logisch zu denken und empfehlenswerterweise gesellschaftlich Erwünschtes zu erfüllen, ausgebildet.

Wenn das so wäre, müsste der Intellekt die Moral beeinflussen können. Demnach müssten also besonders schlaue und vernunftbegabte Menschen auch besonders moralische Menschen sein. Das Gegenteil ist aber oft der Fall. Die Religionen versprechen das Heil nicht umsonst demjenigen mit gutem Herzen und nicht demjenigen mit gutem Kopf.

Die Moral ist also das vor aller intellektuellen Anschauung und Vernunft bestehende, also bereits dem Menschen gemäß seines Charakters in die Wiege gelegte. Das ist der sog. intelligible Charakter im Gegensatz zum empirischen Charakter, der sehr wohl in der Reflextion moralisch sein kann, aber eben nur, indem das angeborene Verhalten durch stärkere Motive (z.B. Abschreckung, Ehre, Glauben usw.) überlagert wird.

Ob ein Mensch im Kern moralisch ist oder nicht, hängt nicht mit seinem Intellekt oder erlernten Dogmen zusammen sondern ganz alleine mit seinem Charakter, der im Kern angeboren ist. Deswegen lassen sich Verbrecher, Diebe usw. auch nie ändern, ausser durch die Vorhaltung stärkerer Motive, die das eigentliche Handeln ihres Willens überlagern und sie scheinbar moralisch machen, d.h. abschrecken. Die sog. Einsicht in die Immoralität des eigenen Verhaltens ist lediglich das Gewissen, also die intellektuelle Erkenntnis, daß man sich ausserhalb der moralischen Normen bewegt hat, d.h. anderen geschadet hat, für egoistische Zwecke. Einsicht ist aber nur intellektuell, wird den ursprünglichen Charakter, der die Handlung motivierte, nimmermehr ändern können.

Deswegen auch die natürliche Abscheu gegenüber Menschen, die schon einmal unmoralisch waren, z.B. Diebe, Lügner, Gewalttäter usw. Wir wissen, daß sie immer so sein werden, wenngleich stärkere Motive ihr Verhalten überlagern können. Bei Wegfall dieser stärkeren, intellektuellen Motive, würde ihr angeborener Charakter jedoch wieder hervorbrechen und somit auch das angeboren Schlechte in ihnen zwangsläufig wieder erscheinen.

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Ermis
12.09.2006, 20:21
Ob ein Mensch im Kern moralisch ist oder nicht, hängt nicht mit seinem Intellekt oder erlernten Dogmen zusammen sondern ganz alleine mit seinem Charakter, der im Kern angeboren ist.
Glaube ich nicht, denn Charakter wird von der Familie, Erziehung, Erlebnisse, Erfahrungen und geistige Anregungen gebildet.

Deswegen lassen sich Verbrecher, Diebe usw.auch nie ändern
Man kann keinen Menschen ändern, der Mensch muss es von selber wollen!!!!

ultimaratio
12.09.2006, 20:24
Glaube ich nicht, denn Charakter wird von der Familie, Erziehung, Erlebnisse, Erfahrungen und geistige Anregungen gebildet.

ρε μαλάκα

aber der religioeser Glaube gehoert zu den geistigen Anregungen!

Ermis
12.09.2006, 20:35
ρε μαλάκα

aber der religioeser Glaube gehoert zu den geistigen Anregungen!
re pousti,
er schreibt aber

Ob ein Mensch im Kern moralisch ist oder nicht, hängt nicht mit seinem Intellekt oder erlernten Dogmen zusammen sondern ganz alleine mit seinem Charakter, der im Kern angeboren ist.
.....der im Kern angeboren ist. Und das Glaube ich nicht.
Denn es fängt von der Familie an. Der Charakter bildet sich von bis 10-11 Jahre. Dann hat das Kind eigenen Charakter (gebildet?).

Klopperhorst
12.09.2006, 20:49
Glaube ich nicht, denn Charakter wird von der Familie, Erziehung, Erlebnisse, Erfahrungen und geistige Anregungen gebildet.



Ab der Pubertät kann der Charakter nicht mehr verändert werden, ich bezweifel auch, daß dies vorher möglich ist. Die Grundzüge des Charakters werden von der genetischen Ausstattung bestimmt. Seelische Störungen etc., die durch Traumas hervorgerufen werden, betreffen nicht den Charakter sondern den Intellekt, indem dieser den Charakter schützt, durch Vorhaltung falscher Motive.

Der empirische Charakter ist lediglich das Wissen über die angeborenen Eigenschaften einer selbst. Ein Kind weiss noch nicht, was es will, deswegen ist es charakterlos ... ein Greis jedoch hat im Laufe des Lebens ein vollständiges Bild seines Charakters und somit seines Willens erlangt.

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Gärtner
12.09.2006, 20:57
Ein anthropomorphes Gottesbild mag als solches entlarvt und entthront werden. Hier leistet Feuerbachs Religionskritik gerade für Gläubige wertvolle Hilfe bei der Überprüfung eigener liebgewordener Überzeugungen.

Über die Nichtexistenz oder Existenz Gottes oder die Frage, welcherart diese sei, sagt das allerdings nichts aus.

Klopperhorst
12.09.2006, 21:07
[COLOR="Navy"]
Er basiert naemlich seine Annahme auf einer schon von vornherein von ihm als falsch angenommene Hypothese und ohne dass er sie durch eine ernst zu nehmende Begruendung aus der Welt schafft, kommt und... ups...ganz ploetzlich ist das Kanninchen aus dem Hut wie durch Zauberei rausgesprungen!!! Es gaebe naemlich keinen Gott! Allerdings wirds mir erst klar, wieso mir zwar Aristotelis bekannt ist, aber nicht Herr Feuerbach!

Erkenntnistheoretisch ist Gott ja unbeweisbar, und es ist viel wahrscheinlicher, daß er ein bloßes Sozialphänomen ist, als daß er eine Wirklichkeit für sich besitzt.

Unter Neurowissenschaftlern ist man sich heute einig, daß niemand sagen kann, ob die Wirklichkeit nicht nur ein Film in unserem Kopf ist oder ob sie für sich selbst existiert. Da eben alles, was der Mensch erkennt und denkt, an sein Erkenntnisvermögen und seinen Vorstellungsapparat gebunden ist, ist die Wahrscheinlichkeit, daß Gott lediglich ein Substrat des ideellen Selbst ist, sehr groß.

Trotzdem ist damit die Frage nach dem metaphysischen Urphänomen des Bewusstseins, daß diese Welt nun mal da ist, nicht gelöst.

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Quo vadis
12.09.2006, 21:10
Ich möchte in diesem Strang die Thesen Feuerbachs diskutieren.

Was sagen die Anwesenden (auch die Moslems) zu seiner Hauptthese:

"Der Mensch schuf Gott nach seinem Bilde"

Nach Feuerbach schafft sich der Mensch aus "Sehnsucht" ein ideales Geschöpf von sich selbst, in das er all seine Wünsche und Hoffnungen projeziert.


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hehe, schöner Satz, gefällt mir sehr gut.:klatsch: :klatsch:

Mcp
13.09.2006, 06:19
Moral, Metaphysisches Bedürfnis, Verstand, Vernunft usw. sind angeborene Eigenschaften des Menschen, sie werden nicht erworben, sie sind mit dem Menschen verbunden und gemäß genetischer Disposition mehr oder weniger ausgereift.

Ah, also doch die Gene! Zum an- und ausknipsen sozusagen. Hollywood lässt grüßen. Amerikanische Wissenschaftler sind auf der ernsthaften Suche nach dem Gen des Bösen. Ob sie fündig werden? Zur Disposition. Genau!


Somit kann die Moral auch nie aus einem Glauben entspringen, nur die Angst vor Bestrafung aus einem Gesetz, das sich auf Glauben stützt. Im Grunde genommen hat ein Neugeborener alle Anlagen a priori, um sie ohne irgendeinen indoktrinierten Glauben entwickeln zu können.


Ihr versucht den Menschen über Vernunft und Verstand zu fassen. Instinkte und Gefühle sind euch suspekt, gelten als tierisch, niedrig und gefährlich. Ihr verdrängt sie, wollt Sie herausoperieren wie eine Krankheit. Deshalb die stete Konstruktion des „Neuen Menschen“. Ihr wollt ihn ausrotten, den Homo Sapiens. Ihr Vernünftler seit auf dem besten Wege. Euer Selbsthass, ein mächtiger Antrieb.

Gefühle sind nicht dumpf, Instinkte vielmals nützlicher als bloße Vernunft. Der Mensch existiert in dieser Einheit als empfindungsfähiges Tier oder gar nicht. Er ist nur mit Vernunft begabt. Wird diese Begabung jemals reifen können? Ich habe meine Zweifel.

Was sollte die Moral im Übrigen hindern aus dem Glauben zu entspringen?


Du irrst. Kants kategorischer Imperativ entspringt eigentlich der theologischen Moral, genauer dem Dekalog ("du sollst [nicht]").

Jetzt drehst du dem Kant das Wort im Maule um. Der kategorische Unsinn war ausdrücklich nicht göttlich gemeint. Er verortete ihn vielmehr in jedweder Brust und packte den Sternenhimmel darüber. Die Theologie hat er durch die Theorie ersetzt. "Den Menschen" zum Gott erhoben. Ansonsten von Aquin abgeschrieben. (Kühne Behauptung, ich weiß)


Wahre Moral ist aber keine Worthülse sondern ein mit Leben aus dem tiefsten innersten Gefühl des Mitleides gezogenes Verhalten, das keinerlei egoistische Motive (wozu auch die Abschreckung durch Bestrafung gehört) enthält.

Oh, die "wahre Moral". Du hast sie deduktiert. Und nebenbei das Induktionsproblem gelöst. Lass mich wissen wie.


Wissenschaft ist zunächst synthetisches Urteil a priori. Somit stützt sich die Wissenschaft auf den anschauenden Verstand, der Glaube jedoch hat keine Anschaulichkeit, außer in der Phantasie und dem dumpfen Gefühl. Deswegen ist er subjektiv und spekulativ, die Wissenschaft jedoch objektiv.

Wenn ich Lust und Wille verspüre einen Stein ins Wasser zu werfen, dann ist es allein diese Idee, die Wellen bewegt. Ich stoße an, was außerhalb meines Geistes kausale Ketten formt. Die Idee ist das erste, das Ursächliche dieser Bewegung. Mein Wille, meine Willkür als unbewegter Beweger. Im Reiche meiner Gedanken gelten keine physikalischen, mathematischen Gesetze, existiert keine Kausalität. Hier und nur hier bin ich wirklich frei. Nur deshalb kann ich versuchen, diese Freiheit auch jenseits gedanklicher Grenzen zu erringen.
Der Mensch bewegt viel, doch nicht alles. Wer, was, bewegt das, was wir nicht anstoßen? Der Gottesbeweis des Aristoteles ist unwiderlegt.

Ja, Subjekt und Objekt sind spekulative Kategorien. Wir erleben gerade in moderner Physik die Renaissance des Spekulativen. Aus blanker Beweisnot wuchern neuerdings unbeweisbare Theorien, die eine gläubige Gemeinde eifrig feiert.

ErhardWittek
13.09.2006, 13:12
Wenn das so wäre, müsste der Intellekt die Moral beeinflussen können. Demnach müssten also besonders schlaue und vernunftbegabte Menschen auch besonders moralische Menschen sein. Das Gegenteil ist aber oft der Fall. Die Religionen versprechen das Heil nicht umsonst demjenigen mit gutem Herzen und nicht demjenigen mit gutem Kopf.

Die Moral ist also das vor aller intellektuellen Anschauung und Vernunft bestehende, also bereits dem Menschen gemäß seines Charakters in die Wiege gelegte. Das ist der sog. intelligible Charakter im Gegensatz zum empirischen Charakter, der sehr wohl in der Reflextion moralisch sein kann, aber eben nur, indem das angeborene Verhalten durch stärkere Motive (z.B. Abschreckung, Ehre, Glauben usw.) überlagert wird.

Ob ein Mensch im Kern moralisch ist oder nicht, hängt nicht mit seinem Intellekt oder erlernten Dogmen zusammen sondern ganz alleine mit seinem Charakter, der im Kern angeboren ist. Deswegen lassen sich Verbrecher, Diebe usw. auch nie ändern, ausser durch die Vorhaltung stärkerer Motive, die das eigentliche Handeln ihres Willens überlagern und sie scheinbar moralisch machen, d.h. abschrecken. Die sog. Einsicht in die Immoralität des eigenen Verhaltens ist lediglich das Gewissen, also die intellektuelle Erkenntnis, daß man sich ausserhalb der moralischen Normen bewegt hat, d.h. anderen geschadet hat, für egoistische Zwecke. Einsicht ist aber nur intellektuell, wird den ursprünglichen Charakter, der die Handlung motivierte, nimmermehr ändern können.

Deswegen auch die natürliche Abscheu gegenüber Menschen, die schon einmal unmoralisch waren, z.B. Diebe, Lügner, Gewalttäter usw. Wir wissen, daß sie immer so sein werden, wenngleich stärkere Motive ihr Verhalten überlagern können. Bei Wegfall dieser stärkeren, intellektuellen Motive, würde ihr angeborener Charakter jedoch wieder hervorbrechen und somit auch das angeboren Schlechte in ihnen zwangsläufig wieder erscheinen.

---Ich bin überzeugt davon, daß ein intelligenter Mensch eher in der Lage ist, moralisches Verhalten aus eigener Einsicht an den Tag zu legen. Bei schlichten Gemütern ist es oft nur ein Produkt der Dressur, eben aufgrund vom Belohnung oder Strafandrohung sich für ein gesellschaftskonformes Verhalten zu entscheiden.
Ein intellektuell begabter Mensch verfügt aufgrund seiner höhern Bildung, seiner ausgeprägteren Wißbegier, seiner besseren assoziativen Fähigkeit über eine wesentlich größere Bandbreite von Entscheidungsmöglichkeiten. Er wertet Erfahrungen und Eindrücke deshalb besser aus, weil er effektiver denken kann.

Das alleine reicht natürlich noch nicht aus, um zu einer positiven Einstellung zu gelangen. Dazu bedarf es einer ebenso positiven Sozialisierung.

Moral ist an und für sich erstmal wertfrei. Definiert man Moral schlicht und ergreifend als auf gesellschaftlicher Übereinkunft bestehende Verhaltensnormen, dann ergibt sich daraus ganz leicht die Erkenntnis, daß Moral nicht angeboren sein kann. Denn unsere Moralvorstellungen unterscheiden sich ganz erheblich von der anderer Völker, insbesondere wenn diese einer völlig abweichenden Kultur angehören. Würden Kinder der jeweiligen Gruppe von Geburt an in der anderen Gruppe aufgezogen, würden diese die moralischen Vorstellungen der aufnehmenden Sozietät übernehmen.

Moral ist eine Frage der Erziehung und des vorgelebten Beispiels. Sie dient dem reibungsfreien Zusammenleben in einer Tribu. Jeder muß eben wissen, was erwünscht ist, worin Regeln und Gebote bestehen, um Anarchie zu vermeiden. Auf diese Weise wird das Überleben der gesamten Gruppe gesichert. Es ist natürlich sinnvoller, mittels einer Morallehre, die alle Mitglieder auf ein übereinstimmendes Verhalten einschwört, ein friedliches Zusammenleben zu erwirken, als durch bloße Androhung von Sanktionen. An dieser Stelle setzen die Religionen an. Wer "weiß", daß es da oben eine Macht gibt, die mich jederzeit zerschmettern kann, bin ich lieber gleich ganz brav. Dieses Verhalten verinnerlicht sich in dem Maß, wie es durch ständige positive Reaktionen der Umgebung bestätigt wird. Deshalb wird es einfach beibehalten und als "richtig" anerkannt.

Wie schnell moralische "Überzeugungen" über Bord geworfen werden, wenn Notzeiten anbrechen, schreckliche Kriege toben und das eigene Leben in Gefahr gerät, zeigt ebenfalls auf, daß von angeborener Moral keine Rede sein kann. Sie ist für mich ein reines Kulturprodukt.

Klopperhorst
13.09.2006, 13:26
Ich bin überzeugt davon, daß ein intelligenter Mensch eher in der Lage ist, moralisches Verhalten aus eigener Einsicht an den Tag zu legen. ... Ein intellektuell begabter Mensch verfügt aufgrund seiner höhern Bildung, seiner ausgeprägteren Wißbegier, seiner besseren assoziativen Fähigkeit über eine wesentlich größere Bandbreite von Entscheidungsmöglichkeiten.

Das Gegenteil ist der Fall.

Gerade die Intelligenten nutzen ihre Intelligenz, um die moralischen Triebfedern zu befriedigen. Intelligenz für sich ist sinnlos, wenn sie nicht dem zugrundeligenden Charakter, also dem, was man will, dient. Unter intelligenten Menschen findet man genauso viele Schlechte, wie unter den einfachsten Menschen, ja oft sogar mehr Schlechte, weil hohe Intelligenz ein Vorteil bei der Befriedigung moralisch verwerflicher Charaktereigenschaften ist, z.B. durch die Fähigkeit, sich zu verstellen.

Im Gegensatz dazu sprechen wir den einfachsten Menschen eher zu, moralisch zu sein, weil ihre Intelligenz nicht ausreicht, um sich zu verstellen und falsche Tatsachen vorzuspielen.



Moral ist an und für sich erstmal wertfrei.

Sicher nicht. Moral ist ein Synonym dafür, ob man anderen für eigene, egoistische Zwecke Schaden zufügt oder nicht. Das nennt man Gerechtigkeit. Höchste Moral ist aber die Menschenliebe, d.h. nicht nur gerecht sein sondern den eigenen Willen für andere einsetzen, selbst, wenn man dadurch Nachteile erleidet.

Soetwas kann nur aus dem Inneren des Herzens kommen, niemals intellektuell sein. Denn der Intellekt dient nur dem Charakter, niemals umgekehrt.

---

ErhardWittek
13.09.2006, 14:29
Das Gegenteil ist der Fall.

Gerade die Intelligenten nutzen ihre Intelligenz, um die moralischen Triebfedern zu befriedigen. Intelligenz für sich ist sinnlos, wenn sie nicht dem zugrundeligenden Charakter, also dem, was man will, dient. Unter intelligenten Menschen findet man genauso viele Schlechte, wie unter den einfachsten Menschen, ja oft sogar mehr Schlechte, weil hohe Intelligenz ein Vorteil bei der Befriedigung moralisch verwerflicher Charaktereigenschaften ist, z.B. durch die Fähigkeit, sich zu verstellen.

Sicher nicht. Moral ist ein Synonym dafür, ob man anderen für eigene, egoistische Zwecke Schaden zufügt oder nicht. Das nennt man Gerechtigkeit. Höchste Moral ist aber die Menschenliebe, d.h. nicht nur gerecht sein sondern den eigenen Willen für andere einsetzen, selbst, wenn man dadurch Nachteile erleidet.

Soetwas kann nur aus dem Inneren des Herzens kommen, niemals intellektuell sein. Denn der Intellekt dient nur dem Charakter, niemals umgekehrt.

--- Vielleicht gehen wir nur von verschiedenen Ansätzen aus. Ich habe mich (noch) nicht mit dem sehr umfänglichen Gebiet der Philosophie beschäftigt. Es ist wahrscheinlich so, daß hier die Begriffe anders gefaßt und definiert werden. Ich bediene mich eher der alltäglichen Beobachtung, meiner persönlichen Erlebnisse und psychologischer Erkenntnisse (als Laie), um mir einen Reim auf die menschlichen Beweggründe zu machen. Daher kann es also sein, die von mir gewählten Begriffe für uns nicht die ganz identische Bedeutung haben.

Daß die Intelligenten, sofern sie einen üblen Charakter haben, durchaus mehr Schaden anrichten können, ist auch für mich unbestreitbar. Aber sofern sich Intelligenz mit Empathie paart, hast Du einen höchst moralischen Menschen vor Dir, der seine Erkenntnisse und Handlungsweisen überwiegend seiner eigenen geistigen Beweglichkeit verdankt. In diesem Fall bedarf es dann auch keiner religiösen Anleitung. Wer eine positive Sicht auf sich selbst und damit auch auf seine Umwelt hat, trägt seine eigene Moral in sehr souveräner Weise in sich.

Es ist sehr schwierig, uns als Menschen einzuordnen und zu beurteilen, da es uns nicht möglich ist, hier objektiv zu sein. Da wir unsere individuellen Lebenserfahrungen in die Bewertung mit einbeziehen, ist das Ergebnis bereits im Ansatz verfälscht. Wenn zwei Menschen einen dritten beschreiben, kommen oft zwei höchst unterschiedliche Einschätzungen heraus.

Der Mensch ist an nichts mehr intessiert, als am Menschen und dies wahrscheinlich deshalb, weil er an der ersehnten Erkenntnis über die Natur des Menschen schon immer gescheitert ist und dies als unerträglich empfindet. Die immer neuen Theorien, denen ebenso regelmäßig neue "Laborversuche" folgen, um Menschen erfaßbarer zu machen, entspringen dem Bedürfnis nach Kontrolle über dieses Phänomen der Unbegreiflichkeit.

Die idiotischste Theorie haben meines Erachtens die Behavioristen erfunden. Daran krankt unsere Gesellschaft heute ganz besonders und wird noch lange daran zu kauen haben. Daraus hat sich eine Moral ergeben, die besagt, der Verbrecher trägt nicht die Schuld, sondern die Gesellschaft, die ihm nicht mit Freundlichkeit begegnet ist. Der böse Blick löst böses Verhalten aus, gewissermaßen als Reflex. Die Resozialisierung besteht in der Beschreitung des umgekehrten Wegs. Der Verbrecher wird freundlich angelächelt und automatisch lächelt er zurück und wird gut. Klimmt ziemlich abgedreht, nicht wahr? Aber so sehen es die Vertreter dieser Theorie. Und Du kannst die auch nicht vom Gegenteil überzeugen, eben weil es halt unmöglich ist, Menschen strikt wissenschaftlich zu erforschen.

Damit haben wir jetzt schon zwei verschiedene Ausprägungen von Moral. Die Behavioristen finden es unmoralisch, einen Verbrecher zu bestrafen. Und die Opfer dieses Verbrechers finden es unmoralisch, ihn nicht zu bestrafen. In ein und derselben Gesellschaft existieren zwei diametrale Ansichten zu diesem einen Thema. Wäre Moral angeboren, bestünde hier entweder in der einen oder in der anderen Richtung Konsens.

Ermis
13.09.2006, 16:51
Seelische Störungen etc.,die durch Traumas hervorgerufen werden, betreffen nicht den Charakter sondern den Intellekt, indem dieser den Charakter schützt, durch Vorhaltung falscher Motive.
Ob dass wirklich stimmt, weiss ich nicht.
Bin der Meinung, die (Seelische Störungen etc.) betreffen schon den Charakter und tuen sogar beeinflussen.
Denn, der Charakter entwickelt sich bis einen bestimmten Alter.
Die Grundzüge des Charakters werden vieleicht schon von der genetischen Ausstattung bestimmt. Ich Glaube aber nur die Grundzüge.
Denn, die erlebnisse, die Familie, Erziehung, beeinflussen schon den Charakter.

Klopperhorst
14.09.2006, 20:43
Aber sofern sich Intelligenz mit Empathie paart, hast Du einen höchst moralischen Menschen vor Dir, der seine Erkenntnisse und Handlungsweisen überwiegend seiner eigenen geistigen Beweglichkeit verdankt.

Also Recht von Unrecht unterscheiden kann jeder Idiot, wenn er ein gutes Herz hat. Ich meine hier das grundlegende Gefühl dafür, nämlich, wenn man anderen Schaden zufügt für einen egoistischen Vorteil. Dieses Gefühl ist moralischen Menschen unabhängig ihres Intellektes eingepflanzt.



Die idiotischste Theorie haben meines Erachtens die Behavioristen erfunden. Daran krankt unsere Gesellschaft heute ganz besonders und wird noch lange daran zu kauen haben. Daraus hat sich eine Moral ergeben, die besagt, der Verbrecher trägt nicht die Schuld, sondern die Gesellschaft, die ihm nicht mit Freundlichkeit begegnet ist.

Das ist wirklich idiotisch.

Aber was wir an anderen kritisieren sind eigentlich nie ihre schlechten Taten sondern ihre schlechten Charaktere. Die Schuld, wenn es diese im transzendenten Sinne gibt, liegt im Charakter eines Menschen und hier in den Ursachen der Entstehung dieses Charakters. Die Schuld wird letztendlich in der Welt gesucht, und das ist der zugegebenermaßen nicht offensichtliche Zirkelschluss der Behavioristen.



Damit haben wir jetzt schon zwei verschiedene Ausprägungen von Moral. Die Behavioristen finden es unmoralisch, einen Verbrecher zu bestrafen. Und die Opfer dieses Verbrechers finden es unmoralisch, ihn nicht zu bestrafen. In ein und derselben Gesellschaft existieren zwei diametrale Ansichten zu diesem einen Thema. Wäre Moral angeboren, bestünde hier entweder in der einen oder in der anderen Richtung Konsens.

Ich denke, wir müssen uns über die Tatsache klar sein, daß der Charakter Triebfeder eines Menschen ist, seine Handlungen notwendig sind ... aber dieser Charakter seinen Ursprung in der Freiheit hat, also in dem Moment, in dem sich die quantenmechanischen Zustände der Proteine bei der Zeugung zu einer ganz bestimmten Konfiguration herauskristalisieren. Nur im Zusammenbestehen der Freiheit mit der Notwendigkeit, können wir überhaupt Schuld definieren. Nur deswegen mahnen die Religionen, einen guten Lebenswandel zu bestreiten und moralisch zu sein; denn sie wissen, daß der Charakter eines Menschen zwar notwendig in Erscheinung tritt, seine Entstehungsursache aber in einer ganz anderen Welt liegt.

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