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Vollständige Version anzeigen : Die EU bezahlt Journalisten, um ihr Image zu pflegen



Grotzenbauer
07.09.2006, 09:10
Gekaufte Berichte

Die EU treibt es toll: Sie bezahlt Journalisten für versteckte PR, die Sender gern annehmen, weil sie ja nichts kostet.


Die ARD war und die Deutsche Welle ist im Boot: Eine öffentliche Hand schmiert die andere, die Zuschauer zahlen mehrfach dafür.


Gibt es, um Adorno zu variieren, richtigen Journalismus im falschen? Solchen Grundsatzfragen scheinen sich öffentlich-rechtliche Sender mit frischer Bedenkenlosigkeit zu verschliessen, gerade angesichts "knapper" Kassen. Schleichwerbung war eine der Antworten auf die Frage nach modernen Finanzierungswegen, gekaufte Berichterstattung, als "Kooperation" beschönigt, eine andere. Nachdem gerade wieder in Erinnerung gerufen wurde, dass die Bundesagentur für Arbeit für nette Beiträge im MDR-Fernsehen zahlt, überrascht kaum, dass es sich nicht um einen Einzelfall handelt. Auch die Europäische Kommission liess und lässt sich Sendungen, die ausdrücklich der "Imageverbesserung" dienen, viel Geld kosten. Und die Zuschauer sehen nicht, wer dahintersteckt.



EU-"Imageverbesserung"


Bereits vor zwei Jahren schrieb die EU ein Förderprogramm aus, für das sich private und öffentlich-rechtliche lokale und regionale Fernseh- und Rundfunksender bewerben konnten. Europa-weit wurden 6,4 Millionen Euro bereitgestellt, auf Deutschland entfiel knapp eine Million Euro. Zwölf deutsche Projekte erhielten diese "Unterstützung", mit der journalistische Beiträge bezuschusst werden, die explizit der "Imageverbesserung" der EU und ihrer Institutionen dienen sollten. "Die Bürger sollen deren Aufgaben, Strukturen und Leistungen besser kennenlernen und verstehen", hiess es. Unter den Auserwählten befanden sich private Sender wie "Untersberg Live", "Oberpfalz TV" oder "TV Touring" sowie Öffentlich-Rechtliche wie der Bayerische Rundfunk, der Südwestrundfunk und der Mitteldeutsche Rundfunk.


Europa, eine gute Sache - wer kann da schon dagegen sein? Ähnlich fröhlich mag man sich die Sicht verengt haben, galt und gilt es doch, um an das Geld zu kommen, eine Verpflichtungserklärung zu unterschreiben, in der es unter anderem heisst: "Ich versichere, das Image der Europäischen Union, ihrer Politik und Einrichtungen weder direkt noch indirekt zu schädigen." Im Klartext: kritische Berichterstattung unerwünscht.


Die Autoren, die einstiegen, nahmen sich den EU-Marschbefehl zu Herzen, wie die uns vorliegenden Belegexemplare der im Jahr 2005 gesendeten Beiträge belegen. Besonders schlau stellte sich die Produktionsfirma "Hoferichter & Jacobs" an, die in ihrer für den MDR erstellten Fernsehreihe auf unverfängliche, da historische Themen auswich, über die grossen Justizpaläste Europas und ihre Geschichte berichtete und damit den Fussangeln der Gegenwart entging. Weniger geschickt, dafür um so geldgieriger, erwies sich der RTL-Sender "Franken TV", der die Arbeitsweise der Organe und Institutionen der EU und ihre Auswirkungen auf die fränkische Heimat thematisierte. Für die vollkommen unkritischen, distanzlosen Beiträge liess man sich nicht nur die Gelder der EU überweisen, sondern forderte von dieser Zeitung für ein Belegexemplar dreier Sendungen auch weitere 29,90 Euro. Das haben wir natürlich gerne bezahlt.


Besonders auffallend in ihrer journalistischen Bedenkenlosigkeit fiel eine Sendung über EU-Subventionen aus. Fröhlich werden in Franken subventionierte Bauten und Infrastrukturmassnahmen gefeiert, auch wenn sich ihr Sinn und Zweck nicht in jedem Fall erschliesst, und ein Bauernpräsident darf unwidersprochen klarstellen, es handle sich bei den Agrarsubventionen gar nicht um Subventionen, sondern um Zahlungen dafür, dass die Grundnahrungsmittel in Deutschland weiterhin erschwinglich sind. Zum Glück habe man in der letzten Zeit einiges zur Verbesserung der gebeutelten fränkischen Landwirte erreichen können. Etwa, dass der Agraretat der gesamten EU bei inzwischen über fünfzig Milliarden Euro liege.


Der MDR zeigte in seiner Reihe "Menschen im neuen Europa" hübsche Mädchen, lustige Handwerker und Tippelbrüder aus den neuen EU-Ländern wie Tschechien, der Slowakei oder Ungarn. Und der Bayerische Rundfunk nahm, EU-gefördert, eine Talksendung "Café Europa" ins Programm, die allerdings nach drei Sendungen eingestellt wurde. Ob aus prinzipiellen Erwägungen oder weil es gar zu langweilig war, Ion Tiriac monologisieren zu hören, warum sein Rumänien das für Europa werde, was Boris Becker für das deutsche Tennis war, ist unbekannt, ebenso, ob die Fördergelder für die nicht erfolgten Sendungen zurückgezahlt wurden.



Öffentliches Geld


Am Ende des ersten Förderprogramms, also im Dezember 2005, gab es seitens der EU eine abschliessende Evaluation. "Journalisten" waren beauftragt worden, die geförderten Sendungen zu überwachen und anschliessend einen Bericht zu verfassen: Journalisten kontrollieren Journalisten, die PR machen, die keiner erkennt, und alles mit öffentlichem Geld.


Nikola John, die Sprecherin der deutschen Vertretung der Europäischen Kommission in Berlin, erklärte gegenüber dieser Zeitung, es gehe dabei nicht um Einflussnahme oder inhaltliche Kontrolle, sondern um eine Überprüfung, ob die Sendungen auch stattfanden und welche Resonanz sie hatten. Allerdings hatte man es sich nicht nehmen lassen, den Sendern die Evaluation im Vorfeld mitzuteilen, wie ein Redakteur, offenkundig irritiert, feststellte. Die Journalisten wussten also vorher, dass sie am Ende kontrolliert werden.



Kuschlige EU-Berichte


Der Erfolg der Fördermassnahmen war durchschlagend, so scheint es, der in den Zuschlagskriterien geforderte "europäische Mehrwert" wurde erwirtschaftet. Denn aktuell läuft wieder ein Förderprogramm, diesmal nur im Radio. Ein Etat von 3,5 Millionen Euro ist es insgesamt, 560 000 Euro für Deutschland. Öffentlich-rechtliche Sender bewarben sich für 2006 nicht mehr, nicht aus eigener Einsicht, dass sich unabhängiger Journalismus und Finanzhilfen des Gegenstandes, über den man berichten soll, nicht vertragen, sondern wegen des allgemeinen Aufruhrs im Schlepptau der Schleichwerbungsaffäre, wie John mitteilt. Also haben sich einige, eher wenige Privatsender auf den Fördertopf gestürzt - der EU war wohl nicht bewusst, dass es im deutschen Privatfunk praktisch kein Wortprogramm ausserhalb von Nachrichten und Gewinnspiel mehr gibt, also Sendeplätze, und seien sie noch so gut bezahlt, für kuschlige EU-Berichte fehlen.


Dafür ist nun ein anderer Sender an Bord des Subventionsdampfers, der das Fehlen anderer dank eines hohen Multiplikationseffekts auszugleichen vermag: Die Deutsche Welle. "Netzwerkbildung", so Nikola John, sei ein wichtiges Anliegen und Förderkriterium gewesen. Am besten sollten die Sender Partnerschaften eingehen, damit die geförderten Sendungen einen möglichst grossen Hörerkreis erreichten. Die Deutsche Welle entspricht exakt diesen Kriterien. Ihre wöchentliche Sendereihe "Treffpunkt Europa", die seit März und noch bis zum Ende des Jahres von der EU bezahlt wird, läuft in zehn bis zwölf weiteren Ländern. Einmal gezahlt, zwölfmal gesendet: Die EU versteht zu rechnen.


Petra Kohnen, Sprecherin der Deutschen Welle, kann Skepsis gegenüber der Annahme der EU-Gelder nicht nachvollziehen. Schliesslich lasse man sich in seiner kritischen Berichterstattung nicht beirren. Ausserdem erhalte man ja ohnehin die grundlegende Senderfinanzierung vom Bund. Wer jahrelange Erfahrung mit Regierungsgeldern hat, lässt sich also auch durch Finanzspritzen von der EU nicht aus dem journalistischen Konzept bringen, soll das wohl heissen.



Alibi-Kontrolle


Der Schaden, den dieses irrwitzige System für den Zuschauer und Hörer verursacht, ist ein dreifacher: Erstens werden die Sender finanziert, aus Gebühren oder dem Bundeshaushalt. Zweitens zahlt der Steuerzahler die EU-Zuschüsse, also Geld für Sender, die ohnehin gemeinschaftsfinanziert sind. Und drittens wird die journalistisch gebotene Distanz mutwillig aufgegeben. Mit einem fröhlichen "für Europa sind wir doch alle" lässt sich das nicht vom Tisch fegen.

Tilman Lahme


Erstabdruck in: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 13. Mai 2006.:rolleyes:

Rikimer
07.09.2006, 13:27
Glücklicherweise bin ich gegen Manipulationen seitens der EU, seiner Anhänger, Mitläufer und Profiteure weitestgehend immun. Zwar habe ich das sowjetische, real existierende sozialistische System, manipulierend, agitatorische, propagandistische, menschenverachtende, totalitäre System nicht selbst unmittelbar erlebt, allerdings dafür um so mehr in meiner Umgebung Familie, Freunde und Bekannte.

Um so kritischer mein Augenmerk auf die neue Sowjetunion, die EU.

Um so gespannter bin ich natürlich wieviele Menschen sich von dieser Image- bzw. Propagandakampagne für die EU ködern werden lassen.

MfG

Rikimer

FranzKonz
07.09.2006, 13:39
Um so kritischer mein Augenmerk auf die neue Sowjetunion, die EU.
Mit kritischer Betrachtung hast Du zwar Recht, aber das Auge muß auch bei den Machenschaften unserer Politiker scharf sein. Besonders kritisch ist es, wenn ein Gesetz in D keine Mehrheit findet.

Dann kommt nämlich die EU erst so richtig ins Spiel. Sie handelt nicht von sich aus, sondern es ist in den letzten Jahre beliebte Praxis geworden, unpopuläre Gesetze in aller Stille im Hinterzimmer zu EU-Richtlinien zu machen.

Die EU-Richtlinien finden im Allgemeinen weniger Aufmerksamkeit in den Medien und der Öffentlichkeit. Die Organe der EU werden mit alten Kameraden / Genossen besetzt um die jeweiligen Vorhaben mit einem Minimum an Aufwand und Aufsehen durch die Instanzen zu schieben.

Anschließend jammern unsere Helden uns vor: "Wir können nichts dafür, daß waren die Bürokraten in der EU".

Obwohl ich ein Freund der Idee Europa bin, muß ich sagen "SO NICHT"

Rikimer
07.09.2006, 15:09
Mit kritischer Betrachtung hast Du zwar Recht, aber das Auge muß auch bei den Machenschaften unserer Politiker scharf sein. Besonders kritisch ist es, wenn ein Gesetz in D keine Mehrheit findet.

Dann kommt nämlich die EU erst so richtig ins Spiel. Sie handelt nicht von sich aus, sondern es ist in den letzten Jahre beliebte Praxis geworden, unpopuläre Gesetze in aller Stille im Hinterzimmer zu EU-Richtlinien zu machen.

Die EU-Richtlinien finden im Allgemeinen weniger Aufmerksamkeit in den Medien und der Öffentlichkeit. Die Organe der EU werden mit alten Kameraden / Genossen besetzt um die jeweiligen Vorhaben mit einem Minimum an Aufwand und Aufsehen durch die Instanzen zu schieben.

Anschließend jammern unsere Helden uns vor: "Wir können nichts dafür, daß waren die Bürokraten in der EU".

Obwohl ich ein Freund der Idee Europa bin, muß ich sagen "SO NICHT"Ich stimme dir doch zu. Natürlich spreche ich die deutschen Politiker deshalb nicht der Verantwortung frei, ganz im Gegenteil. Doch hier ward die Eu das Thema.

MfG

Rikimer

Drosselbart
07.09.2006, 15:17
Schmieren und schmieren lassen gehört in vielen Branchen mit zum Berufsbild. Es gibt harmlose Sachen, wie kostenlose "Rezensionsexemplare" von Büchern, Wein- und Fuselgeschenke zu Festtagen, schöne "Testwagen" - bevorzugt Cabrios - übers Wochenende, Einladungen zu "Arbeitstagungen" in Hotels in landschaftlich reizvoller Lage und und und...

Die einen lassen sich kaufen, die anderen nicht. Lumpen, Naive und halbwegs Ehrliche gibt es in jedem Berufszweig, allerdings muß ich zugeben, daß die Verlumpung auch im Journalistengewerbe deutlich zugenommen hat.

FranzKonz
07.09.2006, 15:41
Ich stimme dir doch zu. Natürlich spreche ich die deutschen Politiker deshalb nicht der Verantwortung frei, ganz im Gegenteil. Doch hier ward die Eu das Thema.

MfG

Rikimer
Ich wollte Dir auch nicht widersprechen, sondern Dein geschätztes Auge auf eine gefährliche und dezent versteckte Methode lenken.

Odin
08.09.2006, 00:47
Verbrecher allesamt.

Diese Bande.

Grotzenbauer
14.09.2006, 14:41
Vielerlei Tätigkeiten, vom Unfug bis zur Leistung, werden nur unternommen, um ins Fernsehen zu kommen. Und so sehen sie auch aus!:=