PDA

Vollständige Version anzeigen : Deutsche Botschaft in Minsk - Weißrussland



Felixhenn
15.08.2006, 10:13
Da gab es doch vor einiger Zeit den Vollmer Erlass und darauf die Diskussion von wegen Einreiseerleichterungen für Ukraine und Weißrussland und deshalb vielen Prostituierten und Zuhältern in unserem gelobten Land. Die Ausschusssitzungen habe ich damals aufmerksam verfolgt und musste feststellen, dass die Argumente so gar nichts mit der Wirklichkeit zu tun hatten. Wie immer, wenn sich Politiker in das Tagesgeschäft einmischen wollen.

Jetzt mal zur Realität in Weißrussland:

Eine stinknormale Person möchte ein normales Touristenvisum beantragen und etwas von ihrem sauer verdienten Geld in Deutschland ausgeben. Diese Person ist die Freundin meiner Frau. Wie geht das?

1. Zuerst eine Einladung von einer Person mit Deutscher Staatsangehörigkeit besorgen. Umschlag muss verschlossen im Konsulat abgegeben werden. Das steht so drauf. Ich bin der Einlader und habe diese schon mitgebracht.
2. Einen Parkplatz in der Nähe des Konsulates gibt es nur für Freunde des Weißrussen, der die Absperrkette bedient. Vielleicht lässt sich das auch mit € regeln wie alles andere in Minsk. Meine 100%-ige Gehbehinderung spielt jedenfalls keine Rolle, auch wenn zu sehen ist, dass dort oben noch einige Parkplätze frei sind. Man muss schließlich Prioritäten setzen.
3. Schlange stehen unter freiem Himmel bei jedem Wetter.
4. Dann öffnet ein Weißrussischer Pförtner eine Klappe aus der man den Antrag entnehmen kann – Zweifach auszufüllen. Es gibt keine Schreibgelegenheit dort (immer noch außerhalb). Wenn man einen Stuhl benutzen will, wird man von dem Weißrussischen Pförtner weggeschickt. Auch dabei ist meine Behinderung gleichgültig. Als ich mich weigere, weg zu gehen, kommt die Drohung des Weißrussischen Pförtners, dass er mich (Deutscher Staatsbürger) nicht in das Konsulat einlassen wird. Sein Boss, ein Deutscher, bestätigt die Entscheidung.
5. Also auf zur Sitzbank, Schmerzen ertragen und Fragebogen ausfüllen.
6. Dann wieder zum Pförtner, er kann uns ohne Kopien des Passes nicht einlassen. Stellt sich nachher als Schikane heraus, aber erstmal Kopien besorgen. Der Ton ist unter aller Sau, Wie in der guten alten Sowjetunion, es ist nicht zu merken, dass wir in Deutschland sind. Seinen Namen gibt er nicht preis. Er wird wissen warum.
7. Kopien vom Pass besorgt, Einlass gewährt von einer netten Frau.
8. Schlange stehen innerhalb. Die weißrussische Frau an dem Schalter klärt zuerst einmal die Antragstellerin auf, dass sie zu grüßen hätte. Ordnung muss sein, stramm stehen hat sie vorerst noch nicht verlangt. Dann kommt die Frage, warum die Anträge nicht in Russisch ausgefüllt sind. Mein Einwand, dass ja wohl die Amtssprache in einem Deutschen Konsulat Deutsch ist, wird ignoriert. Sie soll das Papier in Russisch vervollständigen.
9. Dann werden Kopien von der Einladung und des Passes verlangt. Die Dame hinter den Schalter ist nicht berechtigt, Kopien zu machen, auch nicht gegen Bezahlung. Die Antwort nach ihrem Namen verweigert sie. Meine Gehbehinderung stört sie absolut nicht. Aber sie meint, sie müsse in dem Pass meiner Frau herumschnüffeln und Kommentare dazu abgeben.
10. Also wieder los und Kopien besorgt.
11. Dann zurück, Einlass gewährt. Papiere abgegeben. 35 € bezahlt. Der Pass kann am Dienstag abgeholt werden, es ist Freitag.

Es sieht so aus, als ob absichtlich die Antragsteller so mies behandelt werden. Eine Email ans Auswärtige Amt und den Deutschen Botschafter in Minsk blieb unbeantwortet.

Wenn das Auswärtige Amt oder die Botschaft denkt, auch nur einen einzigen Antragsteller damit abzuhalten, liegen die absolut falsch. Das einzige Resultat, ist der Verlust der Reputation Deutschlands in Weißrussland. Und genau das Gegenteil sollte eine Botschaft bewirken wollen.

Es ist einfach unerträglich wie ich als Steuerzahler in einer Deutschen Behörde im Ausland von Ausländern behandelt werde und wie ich sehen muss wie unsere Steuergelder dazu verwendet werden, unseren Ruf zu ruinieren. Meiner Meinung nach, hat der Botschafter seinen Laden nicht im Griff.

Mauser98K
15.08.2006, 10:37
Ich schätze, diese Behandlung dient zur Abschreckung potentieller "Touristen". Deshalb ist sie zu begrüßen.

Felixhenn
15.08.2006, 12:25
Durch dieses Verhalten der Konsulate wird nicht eine einzige Person abgeschreckt, die nach Deutschland will um unser System zu missbrauchen. Es wird nur systematisch unser noch einigermaßen brauchbarer Ruf zerstört. Und das ist wirklich schade und ganz bestimmt nicht die Aufgabe unserer Auslandsvertretungen.

luftpost
15.08.2006, 13:26
:)) :)) :))

Warst du schon einmal bei einer amerikanischen Botschaft?

Felixhenn
15.08.2006, 13:43
War ich öfters, wie auch bei vielen anderen Konsulaten. Bin 22 Jahre lang zur See gefahren und war zuletzt Leitender Schiffingenieur auf dem damals größten LPG Tanker Deutschlands. Das bedeutet, dass ich damals 2-3 mal im Jahr irgendwo auf der Welt auf einem Schiff eingestiegen bin und meist ein Visum brauchte.

Als es noch die Visumspflicht für die USA gab, hatte ich in dem Generalkonsulat in Frankfurt immer zuvorkommende Behandlung. Eigentlich wurde ich in jedem Konsulat (außer Ostblock) vernünftig behandelt. Deshalb stört mich ja das Verhalten in Minsk so sehr.

Nebenbei sehe ich mich als Steuerzahler und somit Arbeitgeber der dortigen Angestellten. Es ist der Job der Angestellten, Service für mich zu leisten und nicht umgekehrt. Wie eben auch bei jeder anderen Behörde. Wenn sich Leute diese Behandlung gefallen lassen, sind sie selbst dran Schuld wenn das zur Gewohnheit wird.

luftpost
15.08.2006, 13:48
War ich öfters, wie auch bei vielen anderen Konsulaten. Bin 22 Jahre lang zur See gefahren und war zuletzt Leitender Schiffingenieur auf dem damals größten LPG Tanker Deutschlands. Das bedeutet, dass ich damals 2-3 mal im Jahr irgendwo auf der Welt auf einem Schiff eingestiegen bin und meist ein Visum brauchte.

Als es noch die Visumspflicht für die USA gab, hatte ich in dem Generalkonsulat in Frankfurt immer zuvorkommende Behandlung. Eigentlich wurde ich in jedem Konsulat (außer Ostblock) vernünftig behandelt. Deshalb stört mich ja das Verhalten in Minsk so sehr.

Nebenbei sehe ich mich als Steuerzahler und somit Arbeitgeber der dortigen Angestellten. Es ist der Job der Angestellten, Service für mich zu leisten und nicht umgekehrt. Wie eben auch bei jeder anderen Behörde. Wenn sich Leute diese Behandlung gefallen lassen, sind sie selbst dran Schuld wenn das zur Gewohnheit wird.


Es muss wiklich sehr lange her sein. Die Zeit trügt die Erinnerungen.
Oder du hast Bezüge zu merkwürdigen Gestalten
Wenn man das Generalkonsulat kennt, fragt man sich wie Guantanamo wohl sein wird.

Mauser98K
15.08.2006, 13:53
:)) :)) :))

Warst du schon einmal bei einer amerikanischen Botschaft?

Schon mal vor einer israelischen Vertretung Posten gestanden?

luftpost
15.08.2006, 14:04
Schon mal vor einer israelischen Vertretung Posten gestanden?

Ne.
Und, wie war das?
Du hast dich hoffentlich dementsprechen verhalten.

alta velocidad
15.08.2006, 16:43
Ich schätze, diese Behandlung dient zur Abschreckung potentieller "Touristen". Deshalb ist sie zu begrüßen.

Die Leute, die Sie wahrscheinlich meinen, werden dadurch nicht abgeschreckt, die brauchen nicht zur Botschaft zu gehen, die kaufen sich ihr Visum. :2faces:

Mauser98K
15.08.2006, 16:49
Ne.
Und, wie war das?
Du hast dich hoffentlich dementsprechen verhalten.

Der Sicherheitschef sagte uns damals nur:
"Wenn es los geht, dann volle Deckung."

Mauser98K
15.08.2006, 16:52
Die Leute, die Sie wahrscheinlich meinen, werden dadurch nicht abgeschreckt, die brauchen nicht zur Botschaft zu gehen, die kaufen sich ihr Visum. :2faces:

Jedenfalls denke ich, daß dieses Verhalten der Abschreckung dient.
Was wollen die Leute, die die Botschaft betreten?

Nach Deutschland kommen.

Und was wollen die hier?

Wohl kaum die Schönheit Deutschland sehen.

Die wollen Sozialhilfe, oder hier schwarz arbeiten, auf den Strich gehen oder Straftaten begehen.

alta velocidad
15.08.2006, 17:33
Die Rechnung geht aber nicht auf, denn die Kriminellen kaufen sich ihr Visum und die anderen, die zur Botschaft müssen, sind solch eine Behandlung von den eigenen Behörden gewohnt, davon lässt sich kein Weißrusse abschrecken.

Felixhenn
15.08.2006, 20:05
Die Russen und die Weißrussen glauben wirklich noch, dass Qualität in Deutschland produziert wird. Und früher oder später wird sich auch das politische System in Weißrussland ändern und es wird mehr Kaufkraft erzeugt. Immerhin war Weißrussland mal das Land, das als erstes Ex-Sowjetunion-Land in der EU erwartet wurde. Leider gab es einen politischen Richtungswechsel. Aber das bedeutet nicht, dass dadurch das gesamte Potenzial verloren ging. Wer Augen hat, schlägt einfach mal eine Europakarte auf, denkt ein wenig nach und wird wissen, dass Weißrussland mittelfristig EU-Mitglied sein wird.

Dann kommt noch die Geschichte. Über tausend Jahre gab es eine dicke Freundschaft zwischen Russland / Weißrussland und Deutschland bis diese durch fünf Idioten (Wilhelm II, Zar Nikolaus, Lenin, Hitler, Stalin) dümmlich zerstört wurde. Minsk wurde von Deutschen Ordensrittern gegründet.

So kurzsichtig kann eigentlich niemand sein, dass man durch so unqualifiziertes Verhalten, potenzielle und jetzt schon tatsächliche Kunden abschreckt. Einfach mal nach Minsk fahren und die Autoschilder betrachten. Fast alle Autos stammen aus Deutschland. Das ist echt Geld was da fließt. Und das bringt Arbeitsplätze, nicht dünnes Geschwafel von irgendwelchen Ministern oder Botschaftern. Das hat noch nie was gebracht.

alta velocidad
15.08.2006, 21:08
[…]
Wer Augen hat, schlägt einfach mal eine Europakarte auf, denkt ein wenig nach und wird wissen, dass Weißrussland mittelfristig EU-Mitglied sein wird.
[…]

Das allerdings glaube ich nicht. Weißrussland wird wohl eher eine Union mit Russland eingehen.

Felixhenn
16.08.2006, 05:01
Das allerdings glaube ich nicht. Weißrussland wird wohl eher eine Union mit Russland eingehen.

Das kann man aber auch anders sehen. Lukashenko hat Weißrussland schon Russland zu einer Partnerschaft angeboten. Das wurde von Putin mit dem Hinweis abgelehnt, dass er nicht die Sowjetunion durch die Hintertür wieder einführen möchte.

Jetzt betrachten wir doch mal die Ex-Sowjet-Staaten. Lettland, Litauen und Estland sind traditionelle Feinde von Russland und haben sofort nach dem Fall der Sowjetunion Russisch als Amtssprache abgeschafft. Ebenso wird in der Ukraine kein Russisch mehr gesprochen. Nicht so in Weißrussland. Dort ist Russisch tief verankert und es bleibt es auch.

Wenn also Weißrussland Mitglied der EU werden würde, wäre das strategisch für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Russland und der EU äußerst interessant. Russisch wäre eine der Sprachen in der EU und Weißrussland hat ein gut ausgebautes Straßennetz und liegt äußerst günstig zwischen Warschau und Moskau, ist aber klein genug (im Gegensatz zu der Ukraine), dass Russland auf den direkten Einfluss zu Gunsten der Vorteile einer weit verbesserten Beziehung zur EU verzichten könnte. Dazu käme dann noch, dass es immer noch sehr viele Ex-Sowjetunion-KGB Mitglieder in Weißrussland gibt. Der Laden heißt dort aus alter Gewohnheit immer noch KGB. Zwangsläufig wäre bei einem Beitritt Weißrusslands zu der EU, Russland sehr stark eingebunden.

Ich gehe davon aus, dass es nach Lukashenko sehr schnell mit dem Beitritt zur EU geht. Und in dem Moment in dem Putin ein wirtschaftlich interessantes Angebot bekommt, ist Lukashenko Geschichte.