PDA

Vollständige Version anzeigen : Roosevelts Krieg Amerikanische Politik und Strategie 1937-1945



MTR
11.02.2004, 17:48
Dieses Buch hat mir mein Lehrer empfohlen...hier eine Rezension aus dem Netz:

Würde gerne eure Meinung dazu hören.


Aus dem Literaturgebirge, das in den letzten fünfzig Jahren über den Zweiten Weltkrieg
zusammentragen wurde, ragt dieses Buch, das 1998 schon in zweiter Auflage erschien, wie
ein etwas abseits stehender Mount Everest heraus. Bereits die Datierung im Titel lässt
aufhorchen: „1937 bis 1945?“ Haben wir nicht in der Schule gelernt, dass der Zweite
Weltkrieg 1939 mit Hitlers „Überfall“ auf Polen begann?
Nicht, wenn man diesen Krieg aus der Sicht der Vereinigten Staaten von Amerika betrachtet,
genauer: aus der Sicht ihres damaligen Präsidenten Franklin Delano Roosevelt. Und diese
Sichtweise wendet Dirk Bavendamm konsequent an. Denn er hat sich von dem
germanozentrischen und in mancher Beziehung allzu simplen, wenn auch heutzutage noch
für politisch korrekt gehaltenen Weltbild gelöst, das seit einem halben Jahrhundert von
Schulen, Universitäten und Medien in seltener Eintracht verbreitet wird, wenn es um die
Vorgeschichte und Geschichte des Zweiten Weltkrieges geht.
Denn die Supermacht Amerika hat, wie Bavendamm darlegt, seit dem Ersten Weltkrieg einen
neuen Kriegsbegriff international durchgesetzt, der im Grunde nicht mehr zwischen
friedlichen und militärischen Mitteln unterscheidet und der sich auf einen über lange
Zeiträume hinweg strategisch geführten Krieg bezieht. Während Kaiser Wilhelm und Hitler
ihre außenpolitischen Ziele letztlich durch möglichst kurze Feldzüge erreichen wollten, was
ihnen bekanntlich nicht gelang, verfügten die USA bereits in den dreißiger Jahren über ein
so großes Arsenal von nichtmilitärischen und militärischen Möglichkeiten, dass sie die Welt
zunehmend nach ihren Wünschen gestalten konnten, und sie verfügten vor allem über sehr
viel Zeit, um diese Möglichkeiten stufenweise bis 1945 auszuschöpfen. An vorderster Stelle
stand dabei die Möglichkeit, „Krieg zu haben, ohne ihn zu machen,“ wie Roosevelt selbst es
1937 einmal im kleinen Kreis formuliert hat.
Aber Bavendamms Buch setzt nicht erst mit dem Jahr 1937 ein, sondern schon sehr viel
früher – fast könnte man sagen: bei der US-amerikanischen Gründungsgeschichte. Im ersten
Teil betrachtet der Autor nämlich die Voraussetzungen der US-amerikanischen Politik – die
schillernde Persönlichkeit des Präsidenten, das Problem des Isolationismus, die
spannungsvollen Relationen zwischen nationalem Interesse und universaler Sendung sowie
zwischen Geographie und Strategie, die für eine globale See- und Luftmacht wie die USA im
Grunde von 1776 bis heute gelten.
Im zweiten Teil seines Buches behandelt Dirk Bavendamm die Grundlagen von Roosevelts
Politik – die Festung, die das damals noch weithin unangreifbare Amerika zwischen den
beiden Weltmeeren darstellte, die sog. Quarantäne-Politik, nach wie vor eines der wichtigsten
Instrumente der US-Außenpolitik im Umgang mit weltpolitischen Widersachern, die
Koalition mit dem England Churchills, mit dem Rußland Stalins und mit dem China
Tschiang-Kai Sheks, die Roosevelt einging, um Deutschland und Japan auf die Knie zu
zwingen.
Teil drei ist den Zielen dieses US-amerikanischen Präsidenten gewidmet – der Sicherung der
westlichen Hemisphäre, deren Grenzen Roosevelt immer weiter in den Atlantik vorschob, bis
er mit der Operation „Overlord“ schließlich den Sprung auf das europäische Festland wagen
konnte, der Zerschlagung der Achsenmächte Deutschland, Italien und Japan, die er
erbarmungslos und mit langem Atem betrieb, der Entthronung Großbritanniens als führende
Welt-, See- und Kolonialmacht, die Roosevelt beerben wollte, um die USA an ihre Stelle zu
setzen, und der Errichtung der „einen Welt,“ in der seine Politik und Strategie schließlich
gipfeln sollte, wenn es allein nach dem US-amerikanischen Präsidenten gegangen wäre. Aber
inzwischen hatte sich Roosevelt ja mit Stalin verbündet, der sich querlegte, so dass
Bavendamm das dritte Kapitel mit einem Abschnitt über die neue Bipolarität und den Kalten
Krieg abschließt – höchst unerfreuliche Ergebnisse der Rooseveltschen Politik, die neben
seinem eigentlichen Ziel lagen und die erst nach dem Untergang der Sowjetunion korrigiert
werden konnten.
Im vierten und fünften Teil behandelt Dirk Bavendamm die militärischen Mittel der USA und
deren wichtigste Operationen sowohl auf dem atlantisch-europäischen, als auch auf dem
pazifisch-ostasiatischen Kriegsschauplatz. Vielleicht kann man diese beiden letzten Teile als
dramatische Höhepunkte seines in fast jeder Beziehung ungewöhnlichen und
aufsehenerregenden Buches bezeichnen, denn Bavendamm weist nicht nur nach, dass
Roosevelt den Aufbau seine Streitkräfte von langer Hand vorbereitet und konsequent
durchgezogen hat, beginnend schon lange vor 1937. Er gewinnt der verwirrenden Fülle von
militärischen Ereignissen auch eine bestimmte Struktur ab, in der sich die USA unter
Roosevelt bewegten und die schließlich auch das Geheimnis des alliierten Sieges geworden
ist. Hier ist besonders auf die gelungenen Übergänge von der Defensive zur Offensive sowie
von der Neutralität zur zielgerichteten Wahrnehmung von casus-belli-Optionen zu verweisen,
zwei Kapitel, die viel neues Material enthalten, die der Autor meisterhaft darstellt und die
deshalb besonders spannend zu lesen sind
Natürlich nimmt Dirk Bavendamm auch zu Pearl Harbor Stellung. Viel Neues ist dazu nicht
zu sagen, weil wichtige Aktenbestände in den US-amerikanischen und britischen Archiven
immer noch gesperrt sind und vielleicht nie freigegeben werden, sollten sie für Roosevelt
kompromittierendes Material enthalten. Bavendamm listet aber geduldig auf, was jetzt schon
bekannt ist, und lässt bei aller Vorsicht seines Urteils keinen Zweifel daran, dass dieser
Präsident seine Soldaten auf Hawaii kaltblütig geopfert hat, um nach einem jahrelangen
sorgfältig geplanten und gesteuerten Vorlauf 1941 endlich aktiv in den Krieg eingreifen zu
können.
Wie gesagt, ein in fast jeder Beziehung ungewöhnliches und aufsehenerregendes Buch, das
die politischen Tugendwächter hierzulande aufgescheucht hat. Wie sie argumentierten, kann
man im Vorwort zur 2. Auflage nachlesen – geradezu ein Schulbeispiel dafür, wie kurzatmig
und z.T. polemisch Wissenschaft und Medien auf neue Denkansätze reagieren, anstatt sich
mit ihnen ebenso sachlich wie gründlich auseinander zu setzen. Dabei hat der Historiker und
Publizist Dirk Bavendamm mit seinen beiden hervorragend dokumentierten und glänzend
geschriebenen Roosevelt-Büchern – das erste über „Roosevelts Weg zum Krieg,“ das bereits
1983 erschien, ist leider seit vielen Jahren vergriffen – nicht nur eine neue zeitgeschichtliche
Denkschule begründet. Er hat auch nachhaltig zum tieferen Verständnis der einzigen und
voraussichtlich letzten Supermacht von heute beigetragen.

Dirk Bavendamm: Roosevelts Krieg. Amerikanische Politik und Strategie 1937-1945; 2. durchgesehene
und erweiterte Auflage, München 1998. 488 Seiten, 80 Karten und Abbildungen; 68,00 DM/34,77 €; ISBN
3-7766-820-5

........

Hat vielleicht jemand das Buch schon gelesen?

wbuecher
11.11.2004, 00:37
Nein, aber ich habe das Buch gelesen, aus dem dieses weitgehend abschrieben ist: Colin Ross, Die westliche Hemisphäre, Leipzig 1942

houndstooth
13.11.2004, 07:36
Nein, aber ich habe das Buch gelesen, aus dem dieses weitgehend abschrieben ist: Colin Ross, Die westliche Hemisphäre, Leipzig 1942

.....Franklin Delano Roosevelt, Champion of Freedom by Conrad Black

bestimmt keine Zeitvergeudung sein . :cool:

Mit freundlichem Gruss

Bis dann...Heinz