Luzifers Freund
11.07.2006, 08:55
Gefunden bei Tonline:
Europa droht eine neue Dürrekatastrophe
Während die Touristen auch in diesem Sommer wieder an der Mittelmeerküste fröhlich in der Sonne brutzeln, gemütlich ihre Bahnen im Swimmingpool ziehen oder auf gepflegten Rasenanlagen Golf spielen, dürften die Bauern im Süden Europas wenig Spaß an der sengenden Sonne finden. Nicht nur die Arbeit bei hohen Temperaturen treibt den Landwirten Schweißperlen auf die Stirn: Es ist vor allem der ausbleibende Regen, der ihre Erträge wieder einmal dramatisch schrumpfen lässt. Das dritte Jahr in Folge sind weite Teile Europas diesen Sommer einer Hitze- und Dürreperiode ausgesetzt. Einem halben Dutzend Ländern droht nach Angaben von Experten eine ernste Wasserknappheit.
"Ideale Bedingungen für Dürre"
Mehrere Jahre überdurchschnittlich hohe Temperaturen, unterdurchschnittliche Niederschlagsmengen und der hohe Wasserbedarf für Landwirtschaft, Ferienhäuser und dicht besiedelte Gebiete bildeten die "idealen Bedingungen für eine Dürre", sagt Carlo Lavalle, Experte für Risikoanalysen an der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU im italienischen Ispra. Betroffen sei ein Gebiet, das sich von der Iberischen Halbinsel über Südfrankreich und Italien bis hin zu den griechischen Inseln erstreckt.
Sommer 2003 wirkt immer noch nach
Viele der betroffenen Länder haben sich noch nicht einmal von der Hitze- und Dürreperiode erholt, die im Juli und August 2003 einen Großteil Zentral- und Westeuropas lähmte. Tausende vor allem alte und kranke Menschen erlagen dem heißen, trockenen Wetter; die Wirtschaft erlitt nach Angaben der EU-Kommission Einbußen in Höhe von mehr als zwölf Milliarden Euro.
Sogar England ist betroffen
Seitdem verging kein Sommer ohne Katastrophenmeldungen über Dürre, Hitze und Waldbrände. Experten lesen anhand der Daten aus den letzten zehn Jahren einen Trend: "Die Sommer werden heißer, die Nachfrage nach Wasser wird größer und gleichzeitig gehen die Regenmengen zurück", sagt Ronan Uhel von der Europäischen Umweltagentur (EAA) in Kopenhagen. "Besonders Besorgnis erregend ist die Lage in Ländern wie Spanien und Griechenland, in denen es immer weniger regnet, während die Temperaturen immer weiter steigen." Sogar im knochentrockenen Südosten Englands könnte es Wasserengpässe geben.
Kaum noch Wasserreserven
In Südspanien, das sich seit den 80er Jahren zu einem riesigen Obst- und Gemüseanbaugebiet entwickelt hatte und zugleich immer mehr Touristen anzieht, sind die Wasserreserven in diesem Sommer so gering wie seit zehn Jahren nicht mehr. Nach der Dürre vom vergangenen Jahr konnten sich die Wasserreservoirs und das Grundwasser noch nicht erholen - 2005 herrschte in der Region die schwerste Dürre seit dem Beginn von verlässlichen Klimaaufzeichnungen 1947. Auch in Portugal gilt die Rekord-Dürre 2005 als die schlimmste seit 60 Jahren.
Frankreich kontrolliert Bauern
Italien leidet noch immer unter der Trockenperiode von 2003; der Norden muss sich zusätzlich von der Dürre des Jahres 2005 erholen. Auf der Apenninen-Halbinsel wird derzeit ein Fünftel mehr Wasser verbraucht, als die Reservoirs nachliefern. In Frankreich versuchen die Behörden seit Monaten, die Menschen für Wasserengpässe am Atlantik und am Mittelmeer zu sensibilisieren. Anfang Juni ließ Landwirtschaftsminister Dominique Busserau das nationale Dürrekomitee wieder aufleben, das die Wasserverfügbarkeit für Bauern überwachen soll. In den ländlichen Gegenden der westlichen Départements Charente-Maritime und Deux-Sèvres gelten bereits jetzt Nutzungsbeschränkungen.
Regenfreie Zonen
Einige Regionen Nord-, Zentral- und Osteuropas waren bis April ebenfalls eine nahezu regenfreie Zone - bis dann vier Wochen lang vor allem in Polen und in den Baltenrepubliken Estland, Lettland und Litauen Dauerregen einsetzte. Im Norden Großbritanniens gab es in diesem Jahr ebenfalls besonders ergiebige Niederschläge - es gibt also Ausweichmöglichkeiten für hitzegeplagte Südländer und Touristen.
Besonders England allgemein als "Regenland" bekannt, hat im Südosten mit Wasserknappheit zu kämpfen. In London wird derzeit darüber entschieden ob Trinkwasser rationiert werden soll.
In England ist vor allem der Südosten von der Dürre betroffen. In dieser Region sind die Regenfälle in den letzten 18 Monaten um ein Fünftel hinter ihren langjährigen Mittelwerten zurückgeblieben. „Mancherorts verfügen wir über weniger Wasser als die Bürger in Teilen des Sudans oder im Mittelmeerraum“, sagte David King, Chef der britischen Behörde für die Gewährleistung der Wasserversorgung. Sieben regionale Wasserversorger im Südosten haben schon im April Einschränkungen beim Wasserverbrauch verfügt. Ein viel diskutierter Aspekt ist das 150 Jahre alte Rohrleitungssystem Londons. Viel Wasser geht durch Lecks in den Leitungen verloren, Verbraucher wehren sich daher gegen die Einschränkungen. Bis 2010 soll ein Drittel der wasserdurchlässigen Eisenrohre durch Plastikrohre ersetzt werden.
Experten wie der Ozeanforscher und Klimawissenschaftler Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) führen häufigere extreme Wetterlagen in Europa auf die globale Erwärmung, bedingt durch Treibhausgas-Emissionen, zurück. „Hoch- und Tiefdruckgebiete bleiben dann mehrere Wochen oder bis zu zwei, drei Monate an einer Stelle“, hatte er früher bereits in einem dpa- Gespräch gesagt. Nach einer Studie stieg die Temperatur in Europa in den vergangenen 100 Jahren um 0,95 Grad Celsius. Die jährlichen Niederschläge hätten um zehn bis 40 Prozent in Nordeuropa zugenommen, während Südeuropa um bis zu 20 Prozent trockener geworden sei. In diesem Jahrhundert wird in Europa nach unterschiedlichen Berechnungen mit einem Temperaturanstieg von zwei bis 6,3 Grad gerechnet.
dpa bj yyzz si
http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=202790&_t=ft&_b=1101902
Europa droht eine neue Dürrekatastrophe
Während die Touristen auch in diesem Sommer wieder an der Mittelmeerküste fröhlich in der Sonne brutzeln, gemütlich ihre Bahnen im Swimmingpool ziehen oder auf gepflegten Rasenanlagen Golf spielen, dürften die Bauern im Süden Europas wenig Spaß an der sengenden Sonne finden. Nicht nur die Arbeit bei hohen Temperaturen treibt den Landwirten Schweißperlen auf die Stirn: Es ist vor allem der ausbleibende Regen, der ihre Erträge wieder einmal dramatisch schrumpfen lässt. Das dritte Jahr in Folge sind weite Teile Europas diesen Sommer einer Hitze- und Dürreperiode ausgesetzt. Einem halben Dutzend Ländern droht nach Angaben von Experten eine ernste Wasserknappheit.
"Ideale Bedingungen für Dürre"
Mehrere Jahre überdurchschnittlich hohe Temperaturen, unterdurchschnittliche Niederschlagsmengen und der hohe Wasserbedarf für Landwirtschaft, Ferienhäuser und dicht besiedelte Gebiete bildeten die "idealen Bedingungen für eine Dürre", sagt Carlo Lavalle, Experte für Risikoanalysen an der Gemeinsamen Forschungsstelle der EU im italienischen Ispra. Betroffen sei ein Gebiet, das sich von der Iberischen Halbinsel über Südfrankreich und Italien bis hin zu den griechischen Inseln erstreckt.
Sommer 2003 wirkt immer noch nach
Viele der betroffenen Länder haben sich noch nicht einmal von der Hitze- und Dürreperiode erholt, die im Juli und August 2003 einen Großteil Zentral- und Westeuropas lähmte. Tausende vor allem alte und kranke Menschen erlagen dem heißen, trockenen Wetter; die Wirtschaft erlitt nach Angaben der EU-Kommission Einbußen in Höhe von mehr als zwölf Milliarden Euro.
Sogar England ist betroffen
Seitdem verging kein Sommer ohne Katastrophenmeldungen über Dürre, Hitze und Waldbrände. Experten lesen anhand der Daten aus den letzten zehn Jahren einen Trend: "Die Sommer werden heißer, die Nachfrage nach Wasser wird größer und gleichzeitig gehen die Regenmengen zurück", sagt Ronan Uhel von der Europäischen Umweltagentur (EAA) in Kopenhagen. "Besonders Besorgnis erregend ist die Lage in Ländern wie Spanien und Griechenland, in denen es immer weniger regnet, während die Temperaturen immer weiter steigen." Sogar im knochentrockenen Südosten Englands könnte es Wasserengpässe geben.
Kaum noch Wasserreserven
In Südspanien, das sich seit den 80er Jahren zu einem riesigen Obst- und Gemüseanbaugebiet entwickelt hatte und zugleich immer mehr Touristen anzieht, sind die Wasserreserven in diesem Sommer so gering wie seit zehn Jahren nicht mehr. Nach der Dürre vom vergangenen Jahr konnten sich die Wasserreservoirs und das Grundwasser noch nicht erholen - 2005 herrschte in der Region die schwerste Dürre seit dem Beginn von verlässlichen Klimaaufzeichnungen 1947. Auch in Portugal gilt die Rekord-Dürre 2005 als die schlimmste seit 60 Jahren.
Frankreich kontrolliert Bauern
Italien leidet noch immer unter der Trockenperiode von 2003; der Norden muss sich zusätzlich von der Dürre des Jahres 2005 erholen. Auf der Apenninen-Halbinsel wird derzeit ein Fünftel mehr Wasser verbraucht, als die Reservoirs nachliefern. In Frankreich versuchen die Behörden seit Monaten, die Menschen für Wasserengpässe am Atlantik und am Mittelmeer zu sensibilisieren. Anfang Juni ließ Landwirtschaftsminister Dominique Busserau das nationale Dürrekomitee wieder aufleben, das die Wasserverfügbarkeit für Bauern überwachen soll. In den ländlichen Gegenden der westlichen Départements Charente-Maritime und Deux-Sèvres gelten bereits jetzt Nutzungsbeschränkungen.
Regenfreie Zonen
Einige Regionen Nord-, Zentral- und Osteuropas waren bis April ebenfalls eine nahezu regenfreie Zone - bis dann vier Wochen lang vor allem in Polen und in den Baltenrepubliken Estland, Lettland und Litauen Dauerregen einsetzte. Im Norden Großbritanniens gab es in diesem Jahr ebenfalls besonders ergiebige Niederschläge - es gibt also Ausweichmöglichkeiten für hitzegeplagte Südländer und Touristen.
Besonders England allgemein als "Regenland" bekannt, hat im Südosten mit Wasserknappheit zu kämpfen. In London wird derzeit darüber entschieden ob Trinkwasser rationiert werden soll.
In England ist vor allem der Südosten von der Dürre betroffen. In dieser Region sind die Regenfälle in den letzten 18 Monaten um ein Fünftel hinter ihren langjährigen Mittelwerten zurückgeblieben. „Mancherorts verfügen wir über weniger Wasser als die Bürger in Teilen des Sudans oder im Mittelmeerraum“, sagte David King, Chef der britischen Behörde für die Gewährleistung der Wasserversorgung. Sieben regionale Wasserversorger im Südosten haben schon im April Einschränkungen beim Wasserverbrauch verfügt. Ein viel diskutierter Aspekt ist das 150 Jahre alte Rohrleitungssystem Londons. Viel Wasser geht durch Lecks in den Leitungen verloren, Verbraucher wehren sich daher gegen die Einschränkungen. Bis 2010 soll ein Drittel der wasserdurchlässigen Eisenrohre durch Plastikrohre ersetzt werden.
Experten wie der Ozeanforscher und Klimawissenschaftler Stefan Rahmstorf vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) führen häufigere extreme Wetterlagen in Europa auf die globale Erwärmung, bedingt durch Treibhausgas-Emissionen, zurück. „Hoch- und Tiefdruckgebiete bleiben dann mehrere Wochen oder bis zu zwei, drei Monate an einer Stelle“, hatte er früher bereits in einem dpa- Gespräch gesagt. Nach einer Studie stieg die Temperatur in Europa in den vergangenen 100 Jahren um 0,95 Grad Celsius. Die jährlichen Niederschläge hätten um zehn bis 40 Prozent in Nordeuropa zugenommen, während Südeuropa um bis zu 20 Prozent trockener geworden sei. In diesem Jahrhundert wird in Europa nach unterschiedlichen Berechnungen mit einem Temperaturanstieg von zwei bis 6,3 Grad gerechnet.
dpa bj yyzz si
http://www.handelsblatt.com/news/Default.aspx?_p=202790&_t=ft&_b=1101902