drgti
29.06.2006, 23:05
Warum tut sich die (deutsche) Wirtschaft so schwer? Warum müssen wir uns so sehr vor ausländischen Unternehmen und dem wirtschaftlichen Aufstieg Chinas so sehr fürchten?
Ich behaupte, dass sich die Menschen gerade in Deutschland heute einfach nicht mehr mit ihrer Arbeit identifizieren können und sich daher nicht dafür engagieren. Das hat mehrere Gründe:
Grundsätzlich wählt man einen Beruf, weil man Spaß an der Arbeit hat. Der Literaturkritiker wählt seinen Beruf aus Liebe zur Literatur, der Ingenieur seinen aus Liebe zur Technik, usw.. Engagement entspringt vor allem aus diesem Interesse an der Arbeit.
Die Situation ist allerdings keinesfalls so ideal. Die Arbeitslosigkeit führt dazu, dass viele Leute gezwungen sind, einen Beruf zu erlernen oder auszuüben, an dem sie kein Interesse haben. Sie können zwar gute Leistungen bringen, aber ohne das Interesse an der Arbeit werden sie sich nie damit identifizieren können, wodurch das Engagement fehlt: Die Leute haben keinen Spaß an der Arbeit und setzen sich nicht dafür ein.
Hinzu kommt, dass Arbeit heute einen anderen Stellenwert hat, als früher. Arbeit ist nicht der Zweck, sondern nurnoch Mittel, um an Geld zu kommen, so dass man sich irgendwelche materiellen Bedürfnisse erfüllen kann, die einem die Gesellschaft und die Medien einreden. Das war früher wahrscheinlich genauso, aber, soweit ich das beurteilen kann, nicht so extrem wie heute.
Man darf mich hier nicht falsch verstehen. Ich fordere keinesfalls, dass man seinen Lebensinhalt plötzlich darin sehen muss, bei VW an der Produktionsstraße Schrauben festzudrehen, aber wenn die eigene Arbeit nurnoch eine lästige aber notwendige Pflicht zu Erfüllung der materiellen Bedürfnisse ist, dann fragt man sich ernsthaft, welche Werte den Menschen eigentlich wichtig sind.
Meiner Meinung nach sind vor allem die Medien schuld an diesem degradierten Bild der Arbeit.
Ein weiterer Grund ist die Tatsache, dass der einzelne Arbeitnehmer heute kaum noch eine Verbindung zu dem Unternehmen hat, für das er arbeitet. Wie soll man auch eine Beziehung zu einem Unternehmen entwickeln, das kein einheitliches Bild mehr hat? Die großen Unternehmen werden in unabhängige Abteilungen geteilt und durch Outsourcing auseinandergerissen, so dass man nichteinmal genau weiß, für wen man eigentlich arbeitet. Zudem ist die Firmenstruktur aufgrund des Organisationseifers der Manager ständig im Wandel, was der Entstehung einer Art geistigen Verbindung und eines Zugehörigkeitsgefühls zum Unternehmen ebenfalls verhindert.
Weiterhin fehlt es an Würdigung der Arbeit. Wenn ein Arbeiter produktiv ist und damit die Gewinne des Unternehmens erhöht, dann wir das Unternehmen dieses Geld für alle möglichen Zwecke verwenden, vielleicht sogar, um den entsprechenden Arbeitsplatz wegzurationalisieren oder um eine neue Produktionsanlage im Ausland zu bauen, aber der Arbeiter wird es wohl nichts von diesem Gewinnn abbekommen. Bestenfalls heißt es, dass aufgrund der Gewinne das Gehalt dieses Jahr ausnahmsweise mal nicht gekürzt wird.
Im Grunde ist es dem Arbeitnehmer dann doch fast egal, wie es seinem Unternehmen geht. Warum soll er sich engagieren, wenn es ihm ohnehin nichts bringt? Es dankt ihm niemand.
Fehlendes Interesse an der Arbeit, Wahrnehmung der Arbeit als lästige Pflicht, kein Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe, keine Würdigung der Arbeit ...
Wie soll jemand unter diesen Umständen Innovationen entwickeln, produktiv sein und sich engagieren? Man geht doch schon mit hängendem Kopf zur Arbeit. Eine Wirtschaft, die sich aus solchen deprimierten Individuen zusammensetzt, ist auf Dauer nicht konkurrenzfähig.
Lösungsvorschläge?
Fehlanzeige.
Das Problem kann von Seiten des Staates eigentlich nur durch massive Eingriffe gelöst werden, die zum einen rechtlich hochproblematisch sind und zum anderen den einflussreichen Lobbyisten der Wirtschaft nicht gefallen werden, so dass man es im Grunde gleich vergessen kann.
Daher kann das Problem meiner Meinung nach ausschließlich von den Unternehmen gelöst werden. Es liegt in ihrem Interesse, dass sich die eigenen Arbeiter für ihr Unternehmen einsetzen, auch wenn die meisten es bisher noch nicht erkannt haben. Sie versuchen immernoch, Konkurrenzfähigkeit durch Firmenaufkäufe und Übernahmen, also allgemein durch geschickte Positionierung auf dem Markt, zu erreichen. Das ist ein mächtiges Werkzeug für ein Unternehmen, aber in ihrer Euphorie haben die meisten sich zu sehr darauf fixiert und ihre eigenen Mitarbeiter aus den Augen verloren.
Eines der besten Beispiele für die Macht einer vernünftigen und gerechten Firmenkultur ist Toyota. Jedem, der des Lesens noch nicht müde ist, würde ich den Artikel >> Das Toyota Phänomen << empfehlen. Hier werden die Gründe für die Erfolgsgeschichte Toyotas gezeigt. Man sieht deutlich, dass Toyota all die Probleme, die hier angesprochen wurden, schon lange erkannt und gelöst hat.
Bitte lest euch den Artikel in einer ruhigen Minute mal durch, er ist wirklich interessant.
http://www.deming.ch/Toyota/D_Toyota.htm
Ich behaupte, dass sich die Menschen gerade in Deutschland heute einfach nicht mehr mit ihrer Arbeit identifizieren können und sich daher nicht dafür engagieren. Das hat mehrere Gründe:
Grundsätzlich wählt man einen Beruf, weil man Spaß an der Arbeit hat. Der Literaturkritiker wählt seinen Beruf aus Liebe zur Literatur, der Ingenieur seinen aus Liebe zur Technik, usw.. Engagement entspringt vor allem aus diesem Interesse an der Arbeit.
Die Situation ist allerdings keinesfalls so ideal. Die Arbeitslosigkeit führt dazu, dass viele Leute gezwungen sind, einen Beruf zu erlernen oder auszuüben, an dem sie kein Interesse haben. Sie können zwar gute Leistungen bringen, aber ohne das Interesse an der Arbeit werden sie sich nie damit identifizieren können, wodurch das Engagement fehlt: Die Leute haben keinen Spaß an der Arbeit und setzen sich nicht dafür ein.
Hinzu kommt, dass Arbeit heute einen anderen Stellenwert hat, als früher. Arbeit ist nicht der Zweck, sondern nurnoch Mittel, um an Geld zu kommen, so dass man sich irgendwelche materiellen Bedürfnisse erfüllen kann, die einem die Gesellschaft und die Medien einreden. Das war früher wahrscheinlich genauso, aber, soweit ich das beurteilen kann, nicht so extrem wie heute.
Man darf mich hier nicht falsch verstehen. Ich fordere keinesfalls, dass man seinen Lebensinhalt plötzlich darin sehen muss, bei VW an der Produktionsstraße Schrauben festzudrehen, aber wenn die eigene Arbeit nurnoch eine lästige aber notwendige Pflicht zu Erfüllung der materiellen Bedürfnisse ist, dann fragt man sich ernsthaft, welche Werte den Menschen eigentlich wichtig sind.
Meiner Meinung nach sind vor allem die Medien schuld an diesem degradierten Bild der Arbeit.
Ein weiterer Grund ist die Tatsache, dass der einzelne Arbeitnehmer heute kaum noch eine Verbindung zu dem Unternehmen hat, für das er arbeitet. Wie soll man auch eine Beziehung zu einem Unternehmen entwickeln, das kein einheitliches Bild mehr hat? Die großen Unternehmen werden in unabhängige Abteilungen geteilt und durch Outsourcing auseinandergerissen, so dass man nichteinmal genau weiß, für wen man eigentlich arbeitet. Zudem ist die Firmenstruktur aufgrund des Organisationseifers der Manager ständig im Wandel, was der Entstehung einer Art geistigen Verbindung und eines Zugehörigkeitsgefühls zum Unternehmen ebenfalls verhindert.
Weiterhin fehlt es an Würdigung der Arbeit. Wenn ein Arbeiter produktiv ist und damit die Gewinne des Unternehmens erhöht, dann wir das Unternehmen dieses Geld für alle möglichen Zwecke verwenden, vielleicht sogar, um den entsprechenden Arbeitsplatz wegzurationalisieren oder um eine neue Produktionsanlage im Ausland zu bauen, aber der Arbeiter wird es wohl nichts von diesem Gewinnn abbekommen. Bestenfalls heißt es, dass aufgrund der Gewinne das Gehalt dieses Jahr ausnahmsweise mal nicht gekürzt wird.
Im Grunde ist es dem Arbeitnehmer dann doch fast egal, wie es seinem Unternehmen geht. Warum soll er sich engagieren, wenn es ihm ohnehin nichts bringt? Es dankt ihm niemand.
Fehlendes Interesse an der Arbeit, Wahrnehmung der Arbeit als lästige Pflicht, kein Zugehörigkeitsgefühl zu einer Gruppe, keine Würdigung der Arbeit ...
Wie soll jemand unter diesen Umständen Innovationen entwickeln, produktiv sein und sich engagieren? Man geht doch schon mit hängendem Kopf zur Arbeit. Eine Wirtschaft, die sich aus solchen deprimierten Individuen zusammensetzt, ist auf Dauer nicht konkurrenzfähig.
Lösungsvorschläge?
Fehlanzeige.
Das Problem kann von Seiten des Staates eigentlich nur durch massive Eingriffe gelöst werden, die zum einen rechtlich hochproblematisch sind und zum anderen den einflussreichen Lobbyisten der Wirtschaft nicht gefallen werden, so dass man es im Grunde gleich vergessen kann.
Daher kann das Problem meiner Meinung nach ausschließlich von den Unternehmen gelöst werden. Es liegt in ihrem Interesse, dass sich die eigenen Arbeiter für ihr Unternehmen einsetzen, auch wenn die meisten es bisher noch nicht erkannt haben. Sie versuchen immernoch, Konkurrenzfähigkeit durch Firmenaufkäufe und Übernahmen, also allgemein durch geschickte Positionierung auf dem Markt, zu erreichen. Das ist ein mächtiges Werkzeug für ein Unternehmen, aber in ihrer Euphorie haben die meisten sich zu sehr darauf fixiert und ihre eigenen Mitarbeiter aus den Augen verloren.
Eines der besten Beispiele für die Macht einer vernünftigen und gerechten Firmenkultur ist Toyota. Jedem, der des Lesens noch nicht müde ist, würde ich den Artikel >> Das Toyota Phänomen << empfehlen. Hier werden die Gründe für die Erfolgsgeschichte Toyotas gezeigt. Man sieht deutlich, dass Toyota all die Probleme, die hier angesprochen wurden, schon lange erkannt und gelöst hat.
Bitte lest euch den Artikel in einer ruhigen Minute mal durch, er ist wirklich interessant.
http://www.deming.ch/Toyota/D_Toyota.htm