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Waldgänger
23.05.2006, 14:36
Silvio Gesells sozialistisches Bodenrecht


Zitat aus Wikipedia (Anfang verändert):

Silvio Gesell forderte, den Boden gegen Entschädigung in öffentliches Eigentum zu überführen, ihn zugleich aber seinen bisherigen Eigentümern gegen Entrichtung einer ständig wiederkehrenden Nutzungsabgabe an den Staat weiterhin zur Nutzung zu überlassen. Die darauf errichteten Gebäude und sonstigen Einrichtungen blieben hingegen weiterhin Privateigentum. Damit würde die Bodenrente der Allgemeinheit zufließen. Handel und Spekulation mit Boden wären unmöglich. Die Höhe der Abgabe sollte für jedes Grundstück gesondert in einem Meistbietungsverfahren ermittelt und von Zeit zu Zeit veränderten Verhältnissen angepasst werden. Solchen Boden nannte Gesell „Freiland“.

Bei diesen Überlegungen ging Gesell davon aus, dass Boden ein Produkt der Natur und nicht des Menschen ist. Die Erde sollte allen Menschen gleichermaßen gehören. Deshalb durfte es für Gesell an Boden kein privates Eigentum geben, im Gegensatz zu den darauf bestehenden Einrichtungen. Eigentum an Boden sollte allein dem Staat zustehen.

(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Silvio_Gesell#Gesinnung )

Was haltet ihr von dieser Art des nichtmarxistischen Sozialismus?

Frei-denker
23.05.2006, 14:52
Darin sehe ich eine große Chance, die Lebenshaltungskosten im Inland erheblich zu senken. Das ist angesichts des Lohnverfalls durch die Globalisierung auch dringend nötig.

Was mir an Gsells Vorschlag nur nicht einleuchtet ist, wie er die Verteilung von Boden vornehmen will, ohne daß das Kapital wieder die Armen verdrängt. Er spricht da von einer Versteigerung. Das bedeutet im Grunde, daß das Kapital die Dikriminante wird. Dann haben wir aber im Prinzip gleiche Verhältnisse wie heute: Der Reiche hat Grund, der Arme hat nischt.

Gegenvorschlag:
Die Verteilung von Boden wird nach Kopf bzw. Familie vorgenommen. Jeder Hausstand hat Anrecht auf eigene Parzelle. Er kann sich eine der freien Parzellen aussuchen. So wird sichergestellt, daß jeder Bürger die Möglichkeit bekommt, von den Miethaien los zu kommen. Die Spekulation wird durch die Unveräußerlichkeit der Parzelle realisiert.

Don
23.05.2006, 16:44
Das hatten wir doch schon mal. Wo das endet lässt sich heute in Nordkorea oder Kuba noch live betrachten.
Jedes gesellschaftliche Modell, das die persönlichen Freiheite unterdrückt bzw unterdrücken muss um irgendwelche Gleicheitsideologien durchzusetzen, wird zwangsläufig ein diktatorischer Gewaltstaat und letztlich mit unermesslichem Leid für die betroffene Bevölkerung scheitern.

Frei-denker
23.05.2006, 16:48
Man muß ja nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Nur weil man den Grundstücksmarkt nach einem anderen Prinzip gestaltet, versinkt das Land noch nicht in einer Diktatur a la Stalin.

Waldgänger
23.05.2006, 16:48
Das hatten wir doch schon mal. Wo das endet lässt sich heute in Nordkorea oder Kuba noch live betrachten.
Jedes gesellschaftliche Modell, das die persönlichen Freiheite unterdrückt bzw unterdrücken muss um irgendwelche Gleicheitsideologien durchzusetzen, wird zwangsläufig ein diktatorischer Gewaltstaat und letztlich mit unermesslichem Leid für die betroffene Bevölkerung scheitern.

Und deswegen befürwortest du den Individualismus? Anscheinend wird nicht gesehen, dass dieser erst zu kollektivistischen Erscheinungen führt. Freiheit bedarf der Gemeinschaft, sonst ist sie ein bloßes Negativ.

Waldgänger
23.05.2006, 16:49
Man muß ja nicht gleich den Teufel an die Wand malen. Nur weil man den Grundstücksmarkt nach einem anderen Prinzip gestaltet, versinkt das Land noch nicht in einer Diktatur a la Stalin.

Sehe ich auch so. Der Don verfällt hier in liberale Propagandaphrasen und kleinbürgerliche Schwarzmalerei.

Don
23.05.2006, 18:11
Und deswegen befürwortest du den Individualismus? Anscheinend wird nicht gesehen, dass dieser erst zu kollektivistischen Erscheinungen führt.

Das ist eine hohle Dreschphrase. Sozialpädagogengeschwafel ohne jeden Inhalt.

Freiheit bedarf der Gemeinschaft, sonst ist sie ein bloßes Negativ.[/quote]

Das ist richtig. Die Frage ist, welchen Stellenwert räume ich der Freiheit innerhalb der Gemeinschaft ein.
Beschränkt sich das auf das Rechtsfahrgebot auf Strassen oder müssen letztlich Alle blaue Mao-Anzüge tragen?

Don
23.05.2006, 18:18
Sehe ich auch so. Der Don verfällt hier in liberale Propagandaphrasen und kleinbürgerliche Schwarzmalerei.

Ihr vertretet da zwar einen hübschen Gedanken. Aber eben nur prinzipiell.
Wie wollt ihr zum Beispiel erreichen, daß alle gleichbehamdelt werden, wenn sich die Bürger ihre Grundstücke aussuchen können sollen?
Manche werden da gewisse Vorlieben entwickeln. Es soll sehr schöne Seegrundstücke geben. (Nur ein Beispiel, ist beliebig erweiterbar)
Schon geht das Geschachere unter Umgehung der Staatsgewalt los.

Also werdet ihr die Grundstücke letztendlich per Order di Mufti zuteilen müssen. Nach welchen Kriterien? Eure Kommissare sind nicht alle unbestechlich bzw werden sich und ihrer Blase vermutlich die Sahnestückchen raussuchen. Schon wieder Ärger.

Wir brauchen nicht mehr Regeln. Die unnützen und hinderlichen, das ist die Mehrzahl, müssen weg. Die Verbleibenden müssen ggf. angepasst und verbessert werden.
Den Rest regelt der chaotische Markt am besten. Fuzzy Logic.

Waldgänger
23.05.2006, 18:22
Das ist eine hohle Dreschphrase. Sozialpädagogengeschwafel ohne jeden Inhalt.

Das ist richtig. Die Frage ist, welchen Stellenwert räume ich der Freiheit innerhalb der Gemeinschaft ein.
Beschränkt sich das auf das Rechtsfahrgebot auf Strassen oder müssen letztlich Alle blaue Mao-Anzüge tragen?

Wieso Sozialpädagogengeschwafel? Anscheinend übersiehst du den soziologischen Aspekt innerhalb einer Gemeinschaft, wenn das so ist, dann sollten solche Diskussionen gelassen werden.

"Für den Menschen ist es unmöglich, sich einfach als Individuum zu definieren, weil er zwangsläufig in einer Gemeinschaft lebt, in der er mit Werten, mit Normen, mit von allen geteilten Meinungen in Berührung kommt. Die Gesamtheit dieser Beziehungen und Gebräuche - all das also, was sein Umfeld ausmacht und sein Wesen umgibt - ist kein überflüssiges Beiwerk, sondern im Gegenteil ein wesentlicher Bestandteil seines Ichs."(Benoist)

Hier gebe ich ihm vollkommen recht auch Auguste Comte meinte:
"Eine Gesellschaft läßt sich sowenig in Individuen zerlegen wie
eine geometrische Fläche in Linien oder eine Linie in Punkte."

Die wahre Freiheit ist untrennbar von der aktiven Beteiligung am öffentlichen Leben, während die negative Freiheit der Moderne in einer Reihe von Rechten besteht, die dem Menschen gestatten, sich dieser Verpflichtung zu entziehen.
"Ohne öffentliche Freiheit gibt es keine private Freiheit."(Benoist)

"In der Antike bestand das Ziel darin, gesellschaftliche Macht zwischen allen Bürgern desselben Vaterlandes zu teilen."(Constant)

Freiheit ist zunächst eine politische Frage und keine Frage der unveräußerlichen Rechte eines atomisierten Individuums. Das iwäre das, was unter negativer Freiheit zu verstehen ist.

Don
23.05.2006, 18:33
Freiheit ist zunächst eine politische Frage und keine Frage der unveräußerlichen Rechte eines atomisierten Individuums. Das iwäre das, was unter negativer Freiheit zu verstehen ist.

Das behaupten Deine zitierten Apologeten.
Wer hier nicht frei ist bist Du, denn Deine Gedanken hängen sklavisch an den Äusserungen dieser und anderer Gesellschaftstheologen.
Denk selbst, oder wozu hast Du die knapp anderthalb Kilo Bries in Deinem Kopf?

Frei-denker
23.05.2006, 18:44
Ich meine, daß Thema ist zu interessant, als daß man es (mal wieder) mit gegenseitiger Runtermache zuposten sollte.

Wie könnte also ein Verteilung der begehrten Grundstücke erfolgen?

Eine Möglichkeit wäre, daß man bei mehreren Interessenten das Los entscheiden läßt.

Waldgänger
23.05.2006, 18:45
Das behaupten Deine zitierten Apologeten.
Wer hier nicht frei ist bist Du, denn Deine Gedanken hängen sklavisch an den Äusserungen dieser und anderer Gesellschaftstheologen.
Denk selbst, oder wozu hast Du die knapp anderthalb Kilo Bries in Deinem Kopf?

Ich hätte sie nicht zitiert, wenn ich damit nicht etwas untermalen wollte und nicht der gleichen Meinung wäre. Es ist so, dass ich vorher schon ähnlicher Auffassung war, diese Theoretiker aber meine noch unscharfen Ansichten bestätigt haben.

Don
23.05.2006, 18:57
Ich hätte sie nicht zitiert, wenn ich damit nicht etwas untermalen wollte und nicht der gleichen Meinung wäre. Es ist so, dass ich vorher schon ähnlicher Auffassung war, diese Theoretiker aber meine noch unscharfen Ansichten bestätigt haben.

Das hatte ich vor ein paar Jahrzehnten auch mal auf anderem Gebiet.
Unfertige eigene Gedanken und dann "Wendezeit" von Frietjof Capra ( ich glaube so schreibt er sich) und die Grenzen des Wachstums des Club of Rome nebst anderen dicken Wälzern.

Das können gefährliche selbstverstärkende Effekte sein, das Erkennen der gedanklichen Fremdbestimmung wird dann mitunter schmerzhaft.
Bei mir führte das zu gerichtspathologischem Verhalten, werden mir Ideen vorgesetzt die ich als beeinflussend empfinde, beginne ich gnadenlos zu sezieren.
Auch am lebenden Objekt. Ohne Anästhesie.

Tomsax
23.05.2006, 20:59
Und deswegen befürwortest du den Individualismus? Anscheinend wird nicht gesehen, dass dieser erst zu kollektivistischen Erscheinungen führt. Freiheit bedarf der Gemeinschaft, sonst ist sie ein bloßes Negativ.

Absolut meine Meinung. Nur die Gemeinschaft kann Freiheit bedeuten. Das Individuum strebt immer danach, andere (schwächere) Individuen auszubeuten, zu unterdrücken und Herrschaft über die anderen zu erlangen.
Ich finde auch den Ansatz von Gesells sehr gut, soweit ich es überflogen habe. Eine nähere Beschäftigung mit ihm wäre sicher lohnend.

Waldgänger
23.05.2006, 21:35
Das können gefährliche selbstverstärkende Effekte sein, das Erkennen der gedanklichen Fremdbestimmung wird dann mitunter schmerzhaft.
Bei mir führte das zu gerichtspathologischem Verhalten, werden mir Ideen vorgesetzt die ich als beeinflussend empfinde, beginne ich gnadenlos zu sezieren.
Auch am lebenden Objekt. Ohne Anästhesie.

Wo ist hierbei das Problem? Es ist immer so, dass jeder in gewisser Weise durch andere Personen und Einflüsse gedanklichen Veränderungen unterliegt. Dann sucht man sich die Teile raus mit denen man übereinstimmt, das muss aber nicht darin enden, dass alles verworfen wird was nicht ins eigenhändig geschaffene Weltbild passt. Umdenkprozesse gibt es viele und die hatte ich auch schon öfters. Alles ist dem Wandel unterzogen, Stillstand gibt es nicht, auch nicht im Denken.

SAMURAI
23.05.2006, 21:40
Das ist eine hohle Dreschphrase. Sozialpädagogengeschwafel ohne jeden Inhalt.

Freiheit bedarf der Gemeinschaft, sonst ist sie ein bloßes Negativ.

Das ist richtig. Die Frage ist, welchen Stellenwert räume ich der Freiheit innerhalb der Gemeinschaft ein.
Beschränkt sich das auf das Rechtsfahrgebot auf Strassen oder müssen letztlich Alle blaue Mao-Anzüge tragen?[/QUOTE]

Gsell ist do oft durchgedroschen worden : Hölzernes Holz.

Das ist ja noch die Gsell-Witwe interessanter in inhaltsreicher.

Theoretisch ist das System ok - praktisch Null. Es hat etwas von einem Schneeballsystem - nur die ersten gewinnen.

mfg

Eisbrecher
24.05.2006, 12:38
@Waldgänger


Der Mesnch ist zweifelsohne ein Gemeinschaftswesen. Aber daraus läßt sich noch kein Gegensatz zum Individualismus ableiten.
Die möglichkeit sich die Gemeinschaft selbst auszusuchen und im Zweifelsfall mit den Füßen abzustimmen führt letztendlich auch zu einem evolutionären Wettbewerb zwischen Gemeinschaftsformen.
Und ziemlich offensichtlich hat sich die freiheitliche Gesellschaftsordnung durchgesetzt, da hier der Mensch weitaus mehr Friede und Wohlstand erreichen kann als in Alternativmodellen.

Benoist ist hier schlichtweg einer der vielen interlektuellen Irrlichter, welche von Freiheit reden, wenn sie Knechtschaft meinen.

Achja, und Gsells Vorschlag wird nur dazu führen, daß weitaus weniger Motivation besteht in den Boden zu investieren. Wohlfarhtverluste sind hier unvermeidlich.

Don
24.05.2006, 18:46
Theoretisch ist das System ok - praktisch Null. Es hat etwas von einem Schneeballsystem - nur die ersten gewinnen.

mfg

Eigentlich die kürzestmögliche exakte Dfinition, die ich bisher darüber gelesen habe.

Redwing
25.05.2006, 03:31
Jedes gesellschaftliche Modell, das die persönlichen Freiheite unterdrückt bzw unterdrücken muss um irgendwelche Gleicheitsideologien durchzusetzen, wird zwangsläufig ein diktatorischer Gewaltstaat und letztlich mit unermesslichem Leid für die betroffene Bevölkerung scheitern.

Ich kann dieses Gequatsche nicht mehr hören! Du willst die Massen natürlich lieber durch die Freiheit einzelner, zügelloser, egoistischer Individuen unterdrücken lassen, anstatt daß Gleichberechtigung und gleiche Voraussetzung herrschen, was?

Na ja, und was den Sozialismus angeht, so habe ich ja meinen eigenen Vorschlag! :]

PS: An Don und Jodelfritze (bez. anderem Thread): Wer mich verhungern sehen will, der sieht nicht mich verhungern sondern als letztes den qualmenden Lauf einer Mac 10! :D Ihr seid in gleichem Maße wie das Volk gefährdet- stärker noch! Das Unternehmerpack sollte rechtzeitig die Notbremse ziehen, bevor wir uns noch holen, was uns zusteht.:cool: Schließlich ist es ja nicht so, daß sich all der Wohlstand und das Geld in Luft aufgelöst hätten. Es hat sich nur umverteilt- von unten nach oben. ;)

Mark Mallokent
25.05.2006, 05:50
Silvio Gesells sozialistisches Bodenrecht


Zitat aus Wikipedia (Anfang verändert):


(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Silvio_Gesell#Gesinnung )

Was haltet ihr von dieser Art des nichtmarxistischen Sozialismus?
Das ist der Zustand, den wir im Mittelalter in England und Frankreich hatten. Da gehörte alles Land dem König, und alles Eigentum an Land war lediglich "Lehen", d. h. abgeleitetes Eigentum bzw. Untereigentum vorbehaltlich des königlichen Rechts. Ist in der französischen Revolution bzw. in England in der industriellen Revolution überwunden worden.

Skorpion968
25.05.2006, 06:28
Das hatten wir doch schon mal. Wo das endet lässt sich heute in Nordkorea oder Kuba noch live betrachten.
Jedes gesellschaftliche Modell, das die persönlichen Freiheite unterdrückt bzw unterdrücken muss um irgendwelche Gleicheitsideologien durchzusetzen, wird zwangsläufig ein diktatorischer Gewaltstaat und letztlich mit unermesslichem Leid für die betroffene Bevölkerung scheitern.

Wo die ungesteuerte persönliche Freiheit hinführt, sehen wir doch heute schon in Ansätzen:

10% der gesamten Weltbevölkerung besitzen 90% der gesamten Ressourcen. Die restlichen 90% der Weltbevölkerung schauen in die Röhre oder verrecken in Armut.

Wie bitte sollte dieses unermessliche Leid denn noch unermesslicher werden?

romeo1
25.05.2006, 08:16
Alle sozialistischen Überlegungen endeten im Chaos. In diesem Sinne empfinde ich die Träumereien von der Bodenaufteilung als Schwachsinn.
Der Sozialismus hat doch über Jahrzehnte erfolgreich nachgewiesen, daß er keine Alternative darstellt und nicht funktioniert. Nur scheint dies bei einigen rot verblendeten usern noch nicht angekommen zu sein.:vogel:

ralphon
23.08.2006, 11:18
Silvio Gesells sozialistisches Bodenrecht


Zitat aus Wikipedia (Anfang verändert):


(Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Silvio_Gesell#Gesinnung )

Was haltet ihr von dieser Art des nichtmarxistischen Sozialismus?

Ist für mich Realität: Bin Eigentümer einer Hütte auf einer Parzelle für die ich Pacht zahle. Eigentlich die beste Lösung.

Ein allgemeines gesellianisches Bodenrecht ist für uns eher uninteresant, wo der Bauer ohne EU-Subventionen nichts aus seinem Kapital herausholen könnte, für einen Agrarstaat wäre das optimal, ähnlich wie die alttestamentarische Freiwirtschaft mit dem Erlaßjahr.

-jmw-
23.08.2006, 21:05
Was haltet ihr von dieser Art des nichtmarxistischen Sozialismus?
Nicht viel, aber auch nicht wenig.
Nichtmarxistische Sozialismen sind mir deutlich lieber als andere! :)

Gesells Lösung der Bodenfrage mag auf Gemeindeebene ausprobiert werden.
Als Staatsideologie jedoch würde sie mir nicht passen, meine ich doch nicht, dass man Boden, trotzdem Naturprodukt, nicht durch Erstbearbeitung und nachfolgend durch Tausch, Geschenk, Erbe, Vertrag, Schadensersatz aneignen könne.

Eine Verhinderung von Bodenspekulation geht übrigens auch ohne Pachtgebühren oder "Allgemeingut"-Postulate.

Nach John Locke entsteht ein rechtmässiger Eigentumstitel dadurch, dass, wie oben schon erwähnt, eine ungenutzte Ressource erstgenutzt wird.
Der so entstandene Eigentumstitel kann weitergegeben werden durch Kauf, Erbe, Geschenk oder als Schadensersatz.

Wenn jedoch ein Eigentumtitel durch Nutzung entsteht, dann, so behaupte ich, verfällt eben dieser Eigentumstitel durch Nichtnutzung.

Bezogen auf Bodenspekulation hiesse das: Ein Stück Grund & Boden, dass eine gewisse Zeit (z.B. ein Jahr) ungenutzt ist, wird herrenlos und steht einer erneuten Erstaneignung zur Verfügung.

mfg

ralphon
24.08.2006, 14:42
Bezogen auf Bodenspekulation hiesse das: Ein Stück Grund & Boden, dass eine gewisse Zeit (z.B. ein Jahr) ungenutzt ist, wird herrenlos und steht einer erneuten Erstaneignung zur Verfügung.
mfg

Ein Wald braucht nun mal leider Jahrzehnte, um für die Holzwirtschaft interessant zu werden. Was dann?

tommy3333
24.08.2006, 14:55
J.M. Keynes schrieb in seinem Buch "Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes" über S.Gesell:

>>> Es ist zweckmäßig, an dieser Stelle den seltsamen, zu Unrecht übersehenen Propheten Silvio Gesell (1862 - 1930) zu erwähnen, dessen Werk Einfälle tiefer Einsicht enthält und der nur gerade eben verfehlte, bis zum Kern der Sache vorzudringen. In den Nachkriegsjahren bombardierten mich seine Anhänger mit Exemplaren seiner Werke; aber wegen gewisser offenkundiger Mängel seiner Beweisführung verfehlte ich vollständig, ihre Vorzüge zu entdecken. Wie so oft im Falle unvollkommen analysierter Eingebungen wurde ihre Bedeutung erst augenscheinlich, nachdem ich meine eigenen Folgerungen auf meine eigene Art erreicht hatte. Wie andere akademische Ökonomen, behandelte ich inzwischen seine tief originellen Bestrebungen als nichts Besseres als die eines Überspannten.

(...)

Trotz des prophetischen Schmuckes, mit dem ihn seine Verehrer ausgestattet haben, ist Gesells Hauptwerk in kühler, wissenschaftlicher Sprache geschrieben, obschon es durchweg von einer leidenschaftlicheren, einer erregteren Hingebung für gesellschaftliche Gerechtigkeit durchströmt ist, als manche für einen Gelehrten schicklich finden. (...) Der Zweck des Buches als Ganzes kann als die Aufstellung eines antimarxistischen Sozialismus beschrieben werden, eine Reaktion gegen das "laissez-faire", auf theoretischen Grundlagen aufgebaut, die von jenen von Marx grundverschieden sind, indem sie sich auf eine Verwerfung, statt auf eine Annahme der·klassischen Hypothesen stützen, und auf eine Entfesselung des Wettbewerbes, statt auf seine Abschaffung. Ich glaube, daß die Zukunft mehr vom Geiste Gesells als von jenem von Marx lernen wird. Das Vorwort zu "Die natürliche Wirtschaftsordnung durch Freiland und Freigeld" wird dem Leser, wenn er es nachschlägt, die moralische·Höhe Gesells zeigen. Die Antwort auf den Marxismus ist nach meiner Ansicht auf den Linien dieses Vorwortes zu finden.

(...)

Aber die Theorie Gesells hat einen großen Fehler. Er zeigt, daß es nur das Bestehen eines Geldzinsfußes ist, der es möglich macht, aus dem Ausleihen von Warenvorräten ein Erträgnis zu erzielen. Sein Zwiegespräch zwischen Robinson Crusoe und einem Fremden (3) ist eine ganz ausgezeichnete wirtschaftliche Parabel - so gut wie nur irgend etwas dieser Art, was geschrieben wurde -, um diesen Punkt darzulegen. Nachdem er aber den Grund angeführt hat, warum der Geldzinsfuß im Gegensatz zu den meisten Warenzinssätzen nicht negativ sein kann, übersieht er vollständig die Notwendigkeit einer Erklärung, warum der Geldzinsfuß positiv ist, und er unterläßt es, zu erklären, warum der Geldzinsfuß nicht durch den Standard beherrscht wird (wie dies von der klassischen Schule behauptet wird), der vom Erträgnis produktiven Kapitals gesetzt wird. Dies ist darauf zurückzuführen, daß ihm die Vorstellung der Vorliebe für Liquidität entgangen ist. Er hat nur eine halbe Theorie des Zinsfußes aufgebaut.

Die Unvollständigkeit seiner Theorie ist zweifellos die Erklärung, warum sein Werk von der akademischen Welt vernachlässigt worden ist. Er hat aber seine Theorie trotzdem weit genug entwickelt, um zu einem praktischen Schluß zu kommen, der den Kern dessen in sich tragen mag, was notwendig ist, obschon er in der vorgeschlagenen Form nicht durchführbar ist. (...) Nach diesem Vorschlag würden Banknoten (obschon er sich offenbar zum mindesten auch auf einige Formen von Bankgeld beziehen müßte) ihren Wert nur bewahren, wenn sie jeden Monat ähnlich wie eine Versicherungskarte mit auf dem Postbureau gekauften Marken gestempelt würden. Der Preis der Marken könnte natürlich auf jeder angemessen Höhe festgesetzt werden. Nach meiner·Theorie sollte er ungefähr gleich dem Überschuß des Geldzinsfußes (von den Marken abgesehen) über diejenige Grenzleistungsfähigkeit des Kapitals sein, die einer Rate der Neuinvestition entspricht, die mit Vollbeschäftigung vereinbar ist. Die von Gesell tatsächlich vorgeschlagene Gebühr war 0,1 % in der Woche, gleich 5,2 % im Jahr. Dies würde unter bestehenden Verhältnissen zu hoch sein, aber die richtige Zahl, die von Zeit zu Zeit geändert werden müßte, könnte nur durch Versuch und Irrtum erreicht werden.

Der hinter dem gestempelten Geld liegende Gedanke ist gesund. Es ist in der Tat möglich, daß Mittel gefunden werden könnten, um ihn in bescheidenem Rahmen in der Wirklichkeit anzuwenden. Aber es bestehen viele Schwierigkeiten, auf die Gesell nicht gefaßt war. Insbesondere war·er sich nicht bewußt, daß das Geld nicht einzigartig darin ist, daß ihm eine Liquiditätsprämie anhaftet, sondern in dieser Beziehung nur·im Grad von vielen anderen Waren abweicht, und daß seine Bedeutung daher·rührt, daß es eine größere Liquiditätsprämie als irgendeine andere Ware hat. Wenn den Banknoten somit durch das Stempelsystem ihre Liquiditätsprämie genommen würde, würde eine lange Reihe von Ersatzmitteln in ihre Fußstapfen treten - Bankgeld, täglich abrufbare Darlehen, ausländisches Geld, Juwelen und die Edelmetalle im allgemeinen und so weiter. Wie ich oben erwähnt habe, hat es Zeiten gegeben, in denen wahrscheinlich die Begierde nach dem Besitz von Land, ohne· Rücksicht auf sein Erträgnis, dazu beigetragen hat, den Zinsfuß hoch zu halten; - freilich wäre nach Gesells System diese Möglichkeit durch die Verstaatlichung des Landes ausgeschaltet worden. <<<

Der ganze Artikel: hier (http://userpage.fu-berlin.de/~roehrigw/keynes/jmk.htm)

Besonders interessant ist auch ein Zitat (http://www.systemfehler.de/gesell.htm) aus dem Jahre 1918 (!) von S.Gesell:

"Trotz der heiligen Versprechen der Völker, den Krieg für alle Zeiten zu ächten, trotz der Rufe der Millionen: 'Nie wieder Krieg', entgegen all den Hoffnungen auf eine schönere Zukunft muß ich sagen: Wenn das heutige Geldsystem, die Zinswirtschaft, beibehalten wird, so wage ich es, heute schon zu behaupten, daß es keine 25 Jahre dauern wird, bis wir vor einem neuen, noch furchtbareren Krieg stehen.

Ich sehe die kommende Entwicklung klar vor mir. Der heutige Stand der Technik läßt die Wirtschaft rasch zu einer Höchstleistung steigern. Die Kapitalbildung wird trotz der großen Kriegsverluste rasch erfolgen und durch Überangebot den Zins drücken. Das Geld wird dann gehamstert werden. Der Wirtschaftsraum wird einschrumpfen, und große Heere von Arbeitslosen werden auf der Straße stehen. An vielen Grenzpfählen wird man dann eine Tafel mit der Aufschrift finden können: 'Arbeitssuchende haben keinen Zutritt ins Land, nur die Faulenzer mit vollgestopftem Geldbeutel sind willkommen.'

Wie zu alten Zeiten wird man dann nach dem Länderraub trachten und wird dazu wieder Kanonen fabrizieren müssen, man hat dann wenigstens für die Arbeitslosen wieder Arbeit. In den unzufriedenen Massen werden wilde, revolutionäre Strömungen wach werden, und auch die Giftpflanze Übernationalismus wird wieder wuchern. Kein Land wird das andere mehr verstehen, und das Ende kann nur wieder Krieg sein."

-jmw-
24.08.2006, 17:42
Hi ralphon,

na, wie gehts?


Ein Wald braucht nun mal leider Jahrzehnte, um für die Holzwirtschaft interessant zu werden. Was dann?
Versteh die Frage nicht.
Was meinst Du mit "was dann"?
Ein Nutzwald während der Wiederaufforstung verliert seinen Eigentumscharakter nicht, ist die aktiv betriebene Wiederaufforstung doch eindeutig eine Nutzung.

Im übrigen ist das eine Jahr natürlich nur ein möglicher Richtwert, der der Sachlage und dem lokalen Gewohnheitsrecht angepasst werden muss.

mfg

ralphon
24.08.2006, 23:28
Ja richtig, war ein bischen kleinlich von mir.

-jmw-
25.08.2006, 11:38
no problemo! :)

mithardemb
26.08.2006, 00:04
Gegenvorschlag:
Die Verteilung von Boden wird nach Kopf bzw. Familie vorgenommen. Jeder Hausstand hat Anrecht auf eigene Parzelle. Er kann sich eine der freien Parzellen aussuchen. So wird sichergestellt, daß jeder Bürger die Möglichkeit bekommt, von den Miethaien los zu kommen. Die Spekulation wird durch die Unveräußerlichkeit der Parzelle realisiert.

Klingt erst mal paradisisch, aber ergeben sich dabei nicht folgende Probleme:

- Was macht eine Familie / ein Single der kein Geld zum bauen hat. Vermieter kann es nach diesem Modell ja nicht mehr geben.

- Wer kommt für die Sanierungskosten von verlassenen Parzellen auf? Es gibt ja keine Investoren mehr. Freiwillig wird niemand diese Parzelle wählen, wird sie ihm dann zwangszugewiesen.

- Der Boden befindet sich im Moment ja in irgendeinem Besitz. Der Besitzer müßte also enteignet werden. Soll er dafür entschädigt werden. Wenn ja: woher soll das viele Geld kommen. Wenn nein: Ist es gerecht jemandem etwas zu nehmen wofür er gearbeitet hat und es einem anderen zu schenken.

SLOPPY
26.08.2006, 00:14
... Gegenvorschlag: Die Verteilung von Boden wird nach Kopf bzw. Familie vorgenommen. Jeder Hausstand hat Anrecht auf eigene Parzelle. Er kann sich eine der freien Parzellen aussuchen. So wird sichergestellt, daß jeder Bürger die Möglichkeit bekommt, von den Miethaien los zu kommen. Die Spekulation wird durch die Unveräußerlichkeit der Parzelle realisiert.

Wer in jungen Jahren sparsam lebt und nicht alles Geld in Kneipen oder bei Proletenurlauben verprasst, kann sich spätestens ab mitte 30 sein eigenes Haus bauen oder eine schicke Eigentumswohnung kaufen.
Das ist der beste Schutz vor Mietspekulanten und allen damit verbundenen Abhängigkeiten...

Manfred_g
26.08.2006, 01:23
Klingt erst mal paradisisch, aber ergeben sich dabei nicht folgende Probleme:

- Was macht eine Familie / ein Single der kein Geld zum bauen hat. Vermieter kann es nach diesem Modell ja nicht mehr geben.

- Wer kommt für die Sanierungskosten von verlassenen Parzellen auf? Es gibt ja keine Investoren mehr. Freiwillig wird niemand diese Parzelle wählen, wird sie ihm dann zwangszugewiesen.

- Der Boden befindet sich im Moment ja in irgendeinem Besitz. Der Besitzer müßte also enteignet werden. Soll er dafür entschädigt werden. Wenn ja: woher soll das viele Geld kommen. Wenn nein: Ist es gerecht jemandem etwas zu nehmen wofür er gearbeitet hat und es einem anderen zu schenken.

Da ausgeprägte, liberale Demokratien und die freie Marktwirtschaft (im Gegensatz zu den Behauptungen linker Zeitgenossen) eine starke Kraft zur Selbstkorrektur besitzen, kann man davon ausgehen, daß sich solche Systeme herausgebildet hätten, wenn sie wirklich so vorteilhaft wären.

Man kann das ruhig weiterspinnen: da die Einheitspaarzelle wahrscheinlich zu klein ausfallen dürfte, um rentable Landwirtschaftsbetriebe hervorzubringen, wer ernährt die Menschen? Muß sich dann jeder Bürger 1 Stück Rind, Schwein und 5 Geflügeleinheiten halten? Also das ist schon problematisch denke ich.

Nephtys
04.09.2006, 08:38
Sozialismus=Die Ideologie der Faulen

-jmw-
04.09.2006, 10:52
Sozialismus=Die Ideologie der Faulen
Nö.
"Den" Sozialismus gibt es nämlich garnicht.
Könnte auch bei Dir schon angekommen sein.

mfg

Nephtys
04.09.2006, 11:56
Aber ansonsten stimmst du mir zu oder?_hehe..Inhaltliches kommt ja nicht viel raus...

-jmw-
04.09.2006, 12:00
Aber ansonsten stimmst du mir zu oder?_hehe..Inhaltliches kommt ja nicht viel raus...
Inwiefern "nicht viel"?

Deine Aussage war, dass "Sozialismus" als solcher eine Faulenideologie sei.
Meine Antwort darauf war, dass das allein aus dem Grunde schon nicht sein könne, als dass es dermassen viele Sozialismen gäbe, dass es wohl schlecht möglich sei, sie sinnvoll über einen Kamm zu scheren.

Wo liegt Dein Problem?

mfg

Nephtys
04.09.2006, 12:47
-Ok hast recht jmw:)

-jmw-
04.09.2006, 15:22
Es hilft, davon auszugehen, dass dem grundsätzlich so ist. ;) :))

mfg

Monarchist1985
04.09.2006, 18:21
Absolut meine Meinung. Nur die Gemeinschaft kann Freiheit bedeuten. Das Individuum strebt immer danach, andere (schwächere) Individuen auszubeuten, zu unterdrücken und Herrschaft über die anderen zu erlangen.
Ja klar, wenn das gesamte Land offiziell Staatseigentum ist wird alles besser...!
So eine gequirllte Sch***. Wenn alles Staateigentum ist, werden sich diejenigen Herren oder derjenige Herr, der gleichbedeutend mit dem Staat ist, die besten Stücke raussuchen und dort ihre dicke Datscha bauen, natürlich mit einem immer grünen Golfplatz; das man dafür dem Bauer nebenan das Wasser abgraben muss, ist dann zweitrangig...!
Jede Art von Zwangskollektivierung endet, wie eindrucksvoll dargelegt, in einer Diktatur.
Individualität ist auch in einer Gemeinschaft, einem Staat etwas ganz Natürliches und muss erhalten werden.
Tut man das nicht und schreitet zu Zwangskollektivierungen, wird sich dennoch ein Privateigentum herausbilden; nämlich das der sog. Revolutionäre.
Und das ist natürlich sehr schwer zu kontrollieren, schließlich unterliegen diese Herren keinen gesetzlichen Schranken.