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Vollständige Version anzeigen : Geschichte-eine Sphäre



Waldgänger
10.05.2006, 21:05
Die Sphäre-Dreidimensionalität der geschichtlichen Zeit


Zwei Geschichtsbilder stoßen im Denken oftmals zusammen.
Einerseits ein zyklisches/sphärisches:Eine im europäischen Altertum vertretene Geschichtssicht(siehe: Germanen, Griechen und sonstige indoeuropäische Völker).Diese Auffassung teilten in der Moderne Friedrich Nietzsche sowie Richard Wagner.Auf der anderen Seite steht ein lineares Geschichtsbild, welches von den Liberalisten und Marxisten, sowie Utopisten verschiedenster Richtungen vertreten wird.Ersteinmal möchte ich zum sphärischen Geschichtsbild kommen:In diesem System hat die Zeit weder einen Anfang noch ein Ende, sie ist eine unendliche Aufeinanderfolge und Wiederholung bestimmter Ereignisse und Abschnitte.Die Historie hat keinen "Endpunkt", folglich kann auch von keinem "Ende der Geschichte" die Rede sein, wie es die egalitären Lehren und Ideologien zuhauf propagieren.

In der von Nietzsche geschaffenen Anschauung ist die Zeit eine "Sphäre", deren Zentrum überall ist.Die Vergangenheit bezieht sich ebensowenig nur auf das, was gegeben wurde, wie sich die Gegenwart nicht nur auf die derzeitige Aktualität beschränkt.Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft bestehen vielmehr zu jeden Zeitpunkt gleichzeitig und werden als drei Dimensionen der Anschauung zum Sein in jeder Gegenwart einer Generation in das menschliche Bewusstsein gegeben.

Für jedes historische Ereignis gibt es also eine dreidimensionale Zeit und einen eindimensionalen Raum, ebenso wie es für jedes makrophysische Element eine eindimensionale Zeit und einen dreidimensionalem Raum gibt.Die klassische Zeiteinteilung in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft ist für die historische Zeit, was Höhe, Breite und Tiefe in der Auffassung des makrophyischen Raumes darstellen.

Wir stehen nicht an einer unumkehrbaren Folge von Momenten, die sich vom "Anfang" bis zum "Ende der Geschichte" erstrecken, sondern am Schnittpunkt dreier Perspektiven die sich überschneiden ohne sich auf gleicher Ebene zu befinden.Jede Person und jede Epoche sieht die Vergangenheit die Zukunft deshalb auf seine/ihre Art und somit schafft jede Generation durch ihre Taten eine neue Perspektive auf das geschichtliche Werden.Deshalb ist auch eine "Regeneration der Geschichte" möglich d.h. es ist alles im Fluss und wird niemals enden, das Schlimmste wie auch das Beste können immer wieder eintreten.

Im linearen Geschichtsbild des Liberalismus, sowie seines aus der Aufklärung geborenen unehelichen Sohnes, des Marxismus, herrscht diese Auffassung nicht.Die Geschichte hat demnach angeblich einen Anfang und ein Ende.Die Geschichte ist nach dieser Ansicht nur eine Aufeinanderfolge von Fehlern, Spannungen und Ereignissen, die eigentlich "ungerecht" und "unvernünftig" sind.Der Mensch muss demnach "gerettet" werden.Eine erlösende Kraft mit messianischen Charakter(z.B. die "arische Rasse" oder das Proletariat mit seiner Avantgarde) greift ein und führt den "Kampf der Gerechten" gegen das "Böse".Nach dem letzten Armageddon, dem "Endkampf", nach Muster der bibilischen Prophezeihung, wird das "Böse" bzw. der Ausbeuter in die Hölle gefegt, oder nach Sibirien geschickt sein.Dann folgt das Reich Gottes, oder im verweltlicht-materialistischen Christentum namens Marxismus, die "klassenlose Gesellschaft".

Die "Nachgeschichte" wird die "Vorgeschichte"(Urkommunismus, Garten Eden) wiederherstellen, der Kommunismus wird erneut zum Weltgesetz erhoben.
Die Parallelen sollten eindeutig sein und der Ausgangspunkt der linear-forschrittlichen Geschichtsauffassung auch.Wohin die fortschrittlich-messianische Auffassung der Geschichte geführt hat ist in Osteuropa am Archipel Gulag zu sehen.

In Westeuropa und Übersee führt diese Auffassung, hier aber vom Liberalismus vertreten, zur Überheblichkeit der "fortgeschrittenen Länder" und zu einer wahren Missionierungswut um den "Primitiven" den "Fortschritt" zu bringen.Westliche Werte werden zu universellen Gesetzen erhoben und im Namen der Menschenrechte imperialistische Kriege zur Errichtung eines neuen Kolonalismus geführt.

Klopperhorst
10.05.2006, 21:07
Ein interessanter Ansatz!

Einige Anmerkungen dazu:

Bei den Germanen und alten Griechen war die Geschichte ein Abbild der Göttergeschichte, die einer Familiensage glich. Am Ende der Saga stand das Ragnarök, der Weltenbrand. Dies war jedoch nicht eine Androhung oder Verheissung sondern das im indogermanischen vorherrschende Bewusstsein für die Nichtigkeit und Vergänglichkeit des irdischen Lebens und seiner Erscheinungen.

Der Weltenbrand war nie das absolute Ende sondern immer nur das „reinigende Feuer“.

Heraklit bezeichnet dieses uns nordischen Menschen im ethnischen Metabewusstsein überlieferte Denken am besten, in dem er sagt: „alles fließt“, Feuer sei das Urprinzip, Einheit der Gegensätze sein Ziel und der „Krieg ist der Vater aller Dinge“.

Ernst Nolte schreibt in der „Historischen Existenz“ S. 20 ff


„doch von einem Ende der Geschichte, das dennoch Fortdauer bedeutet, wird zuerst in prophetischen Aussagen des alten Judentums gesprochen. So heißt es im Buch Daniel, das aus dem zweiten Jahrhundert vor Christus stammt, bei der Deutung des Traums des Neubukadnezar, ein fünftes Reich werde auf vier Weltreiche von abnehmenden Wert, von dem goldenen bis zu dem eisernen, folgen – ein Reich das von Gott selbst errichtet werde, das in Ewigkeit nicht untergeht“

Sehen wir hier nicht den Ursprung des optimistischen und auf einen Endpunkt ausgerichteten Geschichtsbildes, das im ungezügelten Fortschritts- und Wachstumswahn des Liberalismus seine heutige weltliche Ausprägung findet?

Biskra
10.05.2006, 21:11
Weder das eine noch das andere Bild ist wissenschaftlich haltbar.

Klopperhorst
10.05.2006, 21:30
Weder das eine noch das andere Bild ist wissenschaftlich haltbar.


Das solltest du näher erörtern.

Biskra
10.05.2006, 21:33
Das solltest du näher erörtern.

Es gibt keine Gesetzmäßigkeit in der Geschichte.

Klopperhorst
10.05.2006, 21:36
Es gibt keine Gesetzmäßigkeit in der Geschichte.

Woher weisst du das?

Grüner Simon
10.05.2006, 21:38
Guter Mann, man möge mir meine Naivität verzeihen, mir stellt sich nun die Frage nach der Aussage hinter dem Ganzen und dem Schluss zu dem diese führen soll.
Mir ins bewusstsein zu rufen, dass die Geschichte nicht unbedingt linear ist, ändert nur wenig an den herrschenden Verhältnissen. Selbst wenn dies alle Menschen tun würden, würde das nicht viel ändern.
Doch evt steckt hinter dem Ganzen ein Sinn der mir bisweilen verborgen blieb, ich bitte diesen, soweit vorhanden, meiner Wenigkeit zu enthüllen

Grüner Simon
10.05.2006, 21:41
Woher weisst du das?

Er weiss es nicht, er weiss es nicht wie du es ebenso nicht wissen kannst. Der Großteil aller Gesetzmäßigkeiten, würden wir es genau nehmen eigentlich alle, existieren nur weil wir, die Menschen erschufen.

Ich will nicht sagen, dass vieles nicht auch genauso wäre, wenn es uns Menschen nicht gäbe. Doch es stellt sich die Frage ob es Gesetzmäßigkeiten gibt wenn sie niemand als solche interpretiert und definiert

Klopperhorst
10.05.2006, 21:47
Er weiss es nicht, er weiss es nicht wie du es ebenso nicht wissen kannst. Der Großteil aller Gesetzmäßigkeiten, würden wir es genau nehmen eigentlich alle, existieren nur weil wir, die Menschen erschufen.

Ich will nicht sagen, dass vieles nicht auch genauso wäre, wenn es uns Menschen nicht gäbe. Doch es stellt sich die Frage ob es Gesetzmäßigkeiten gibt wenn sie niemand als solche interpretiert und definiert

Nun, über das sind wir glaube ich hinaus. Worum es hier geht, ist glaube ich eher, wie das Geschichtsbild die gesellschaftlich/kulturelle Entwicklung beeinflusst - oder anders gefragt, was hat ein sphärisches und ein determiniertes Geschichtsbild für Einflüsse auf die Ausprägung unserer Kultur und Gesellschaft?

Waldgänger
10.05.2006, 22:03
Guter Mann, man möge mir meine Naivität verzeihen, mir stellt sich nun die Frage nach der Aussage hinter dem Ganzen und dem Schluss zu dem diese führen soll.
Mir ins bewusstsein zu rufen, dass die Geschichte nicht unbedingt linear ist, ändert nur wenig an den herrschenden Verhältnissen. Selbst wenn dies alle Menschen tun würden, würde das nicht viel ändern.
Doch evt steckt hinter dem Ganzen ein Sinn der mir bisweilen verborgen blieb, ich bitte diesen, soweit vorhanden, meiner Wenigkeit zu enthüllen

Ich habe dir keinesfalls Naivität vorgeworfen und keine Frage ist naiv.
Die Sache an den unterschiedlichen Geschichtsbildern ist die:
Ein fortschrittliches Bild geht mit egalitären Werten einher und fördert die kulturelle Intoleranz und den Imperialismus.Ein sphärisches Bild, das den Universalismus von menschlichen Werten verneint führt demnach auch zu einer anderen Weltauffassung.Es gibt keine allgemeinmenschlichen Werte, sondern immer nur verschiedene, relative Weltansichten der vielfältigen Ethnien.

Grüner Simon
11.05.2006, 13:10
Ich habe dir keinesfalls Naivität vorgeworfen und keine Frage ist naiv.
Die Sache an den unterschiedlichen Geschichtsbildern ist die:
Ein fortschrittliches Bild geht mit egalitären Werten einher und fördert die kulturelle Intoleranz und den Imperialismus.Ein sphärisches Bild, das den Universalismus von menschlichen Werten verneint führt demnach auch zu einer anderen Weltauffassung.Es gibt keine allgemeinmenschlichen Werte, sondern immer nur verschiedene, relative Weltansichten der vielfältigen Ethnien.

Ich habe auch nie unterstellt, dass mir Naivität vorgeworfen wurde, aber das ist nun Erbsenzählerei. Ich danke für die Antwort und den Zuspruch, dass meine Frage nicht naiv war, da sie nicht naiv sein kann.

Doch zu welchem Schluss führt nun der Unterschied zwischen der differenzierten Anschung der Geschichte und den daraus resultierenden Weltbildern? Hingen wir meist der "falschen" Anschaung der Geschichte an? Verändert eine andere Betrachtung der Geschichte wirklich die Handlungsweisen der Menschen oder hat sie nicht eher eine periphere Bedeutung?