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Vollständige Version anzeigen : Lieblingsgedichte



DoctorSutor
10.05.2006, 20:44
Also da hier ja doch einige kulturbewusste Menschen anwesend sind, dachte ich mir man könnte sich doch mal über die eigenen Lieblingsgedichte bzw. Liedtexte oder ähnliches unterhalten.
hier also meins:







Unter Feinden

Dort der Galgen, hier die Stricke
Und des Henkers roter Bart
Volk herum und giftge Blicke-
Nichts ist neu dran meiner Art
Kenne dies aus hundert Gängen
Schreis euch lachend ins Gesicht:
"Unnütz, unnütz mich zu hängen!
Sterben? Sterben kann ich nicht!"

Bettler ihr! Denn euch zum Neide
Ward mir, was ihr- nie erwerbt:
Zwar ich leide, zwar ich leide-
Aber ihr- ihr sterbt, ihr sterbt!

Auch nach hundert Todesgängen
Bin ich Atem, Dunst und Licht
"Unnütz, unnütz mich zu hängen!
Sterben? Sterben kann ich nicht!"

Friedreich Nitzsche

ernesto, die katze
10.05.2006, 22:34
brecht war zwar kommunist, aber das folgende gedicht finde ich trotzdem grandios :

der radwechsel

ich sitze am straßenrand
der fahrer wechselt das rad.
ich bin nicht gern, wo ich herkomme.
ich bin nicht gern, wo ich hinfahre.
warum sehe ich den radwechsel
mit ungeduld?

ernesto, die katze
10.05.2006, 22:36
ansonsten mag ich novalis, heine, enzensberger, ginsberg und sehr gut finde ich auch wolfgang bächler.
dylan würde ich ebenso zu den dichtern zählen, und folglich muss er erwähnt werden.

edit : wenn du schon nietzsche benannt hast, und du hast nietzsche benannt, darf freilich ' vereinsamt ' nicht fehlen.

twoxego
10.05.2006, 22:37
über die verführung der engel




engel verführt man gar nicht oder schnell.
verzieh ihn einfach in den hauseingang
steck ihm die zunge in den mund und lang
ihm untern rock, bis er sich nass macht, stell
ihn das gesicht zur wand, heb ihm den rock
und fick ihn. stöhnt er irgendwie beklommen
dann halt ihn fest und lass ihn zweimal kommen
sonst hat er dir am ende einen schock.

ermahn ihn, dass er gut den hintern schwenkt
heiß ihn dich ruhig an den hoden fassen
sag ihm, er darf sich furchtlos fallen lassen
dieweil er zwischen erd und himmel hängt -

doch schau ihm beim ficken nicht ins gesicht
und seine flügel, mensch, zerdrück sie nicht!





~ b.b. ~

Leitkultur
10.05.2006, 23:13
Das Fräulein stand am Meere
Und seufzte lang und bang,
Es rührte sie so sehre
der Sonnenuntergang.

Mein Fräulein! sein Sie munter,
Das ist ein altes Stück;
Hier vorne geht sie unter
und kehrt von hinten zurück.


Heinrich Heine

Reinhard Rupsch
10.05.2006, 23:49
Rechts ist richtig!

Ick fahr´ jerne U-Bahn
Da isset fatal
Nich richtig zu sitzen
Ick sach´ dir det mal:

Links siehte jarnüscht
Da is nur die Wand
Nur Kacheln und Werbung
Nich Leute und Land.

Aba rechts sitzde richtig:
Schaust aufs Trottoir
Siehst Dinge, die wichtig.
Rechts isset goldrichtig?
Det is wirklich wahr! :]

(Reinhard Rupsch, 2001)

luftpost
10.05.2006, 23:56
ist der letzte strang dieser art nicht urheberrechts wegend geschlossen worden?

Waldgänger
11.05.2006, 02:08
über die verführung der engel




engel verführt man gar nicht oder schnell.
verzieh ihn einfach in den hauseingang
steck ihm die zunge in den mund und lang
ihm untern rock, bis er sich nass macht, stell
ihn das gesicht zur wand, heb ihm den rock
und fick ihn. stöhnt er irgendwie beklommen
dann halt ihn fest und lass ihn zweimal kommen
sonst hat er dir am ende einen schock.

ermahn ihn, dass er gut den hintern schwenkt
heiß ihn dich ruhig an den hoden fassen
sag ihm, er darf sich furchtlos fallen lassen
dieweil er zwischen erd und himmel hängt -

doch schau ihm beim ficken nicht ins gesicht
und seine flügel, mensch, zerdrück sie nicht!





~ b.b. ~




Ich habe selten so geweint....einfach grandios.Bravo!Trifft den Nerv der Zeit!

redanarchist
11.05.2006, 10:07
keine lieblingsgedichte, aber ganz kurzweilig:
Karl Friedrich Drollinger
Der Bettelmann und der Tod

Ein Bettelmann warf seine Krücke
Voll Unmuts in den tiefen Rhein
Und sprach, erzörnt auf sein Geschicke,
O Tod verkürze meine Pein!
Der Tod erschien ihm aus Erbarmen.
Ei, sprach der Bettler, bist du hier.
Mein Trost und Stab entfiel mir Armen,
ach schwimm ihm nach und hol ihn mir.


Kästner
Polly oder Das jähe Ende

Sie war am ganzen Körper blond,
soweit sie Härchen hatte.
Bis zum Betthimmel reichte ihr Horizont.
Ihre Seele war scheinbar aus Watte.

Sie griff sich an wie teurer Velours
von der allerzartesten Sorte.
Sie war eine waagerechte Natur
Und marschierte am liebsten am Orte.

Sie hatte den Mund auf dem rechten Fleck
Und viele andere Schwächen.
Sie war das geborene Männerversteck,
zerbrechlich, doch nicht zu zerbrechen.

Noch ehe man klopfte, rief sie Herein
Und fand die Natur ganz natürlich.
Doch manchmal wurde sie handgemein –
Ich fürchte, ich bin zu ausführlich!

Wie dem auch sei, sie starb zum Schluss
(obwohl sich das nicht schickte)
bei einem komplizierten Kuss,
an welchem sie erstickte.

Das war sehr peinlich für den Mann.
Er pfiff, soviel ich glaube:
„Rasch tritt der Tod den Menschen an.“
Dann machte er sich aus dem Staube.

redanarchist
11.05.2006, 10:12
und nun noch zwei ernstere:

Unterwegs

Wir wollen
Liebe und Geborgenheit,
Freiheit und Verschmelzung
wir versuchen
Widersprüche zu vereinigen,
Gegensätze aufzulösen;
unsere Ansprüche sind maßlos,
wir verlangen das Unmögliche,
und skeptische Gesichter
erinnern uns an Testamente.

Der Mensch ist das,
womit er sich abfindet.

Wir geben die Suche nicht auf
Nach der Heimat unserer Sehnsucht,
richten uns nicht ein
im Exil unserer Möglichkeiten.
Wir stolpern, fallen,
gehen zwei Schritte vorwärts
und einen zurück,
aber wir bleiben unterwegs
und unverbesserlich
in unserer Liebe
zum Unerreichten.

Sagten wir heute,
es sei unereichbar,
dann wären dies
unserer letzten Worte.


Stanislaw Baranczak

Leserlich auszufüllen

Geboren? (ja, nein; Nichtzutreffendes
streichen) ; warum „ja“? (begründen) ; wo,
wann, wozu, für wen lebt er? mit wem kontaktiert er?
mit seiner Hirnrinde, mit wem stimmt er
in der Pulsfrequenz überein? Verwandte
außerhalb der Hausgrenzen? (ja, nein) ; warum
„nein“? (begründen) ; hat er Kontakt
mit dem Blutstrom seines Zeitalters? (ja, nein) ; schreibt er
Briefe an sich selbst? (ja, nein); macht er
vom Telefon Gebrauch? (ja,
nein); speist er
und womit speist er sein Misstrauen?
wie bestreitet er seinen Unterhalt, um sich
in den Schranken des Ungehorsams zu halten? ist er
Besitzer des Dauerangst-
vermögens? Kenntnis von Fremdkörpern und
Sprachen? Orden, Auszeichnungen,
Schandmale? Familien- und Zivilcouragezustand? Beabsichtigt er,
Kinder zu zeugen? (ja, nein) ; warum
„nein“?

D-R
11.05.2006, 13:03
-das wort "ficken"-

(oder: lob der untugend)


seit vielen jahren ein treuer freund,
seit vielen jahren mein größter feind,
in ewigkeit mit dir vereint,
oh du, mein lieblingswort "ficken".

"gefickt" ist, wem es scheiße geht,
"gefickt", wenn dir das glücke steht,
woher der wind auch immer weht,
er flüstert das wort "ficken".

die leute finden mich vulgär,
sie machen mir das leben leer,
ich denke nach, mein herz wird schwer,
nur wegen dir, wort "ficken".

ach soll'n sie sich das maul zerreißen!
ich sage "ficken", ich sage "scheißen",
hunde die bellen, niemals beißen,
nur böse, böse blicken.

in trauer und in größter pein,
wirst du mir stets gefährte sein,
im regen noch mein sonnenschein,
geliebtes wörtchen "ficken".

in diesem sinne, freunde, bitte sehr!
erhoffe ich mir, ihr das ihr und noch viel mehr
leute meine worte schätzen:

fickt euch!
- nichts kann das ersetzen..

Luzifers Freund
11.05.2006, 14:29
Der Specht

Auf einem Baume saß ein Specht.
Der Baum war hoch. Dem Specht war schlecht.

Heinz Erhardt

Salazar
11.05.2006, 16:46
Der Specht

Auf einem Baume saß ein Specht.
Der Baum war hoch. Dem Specht war schlecht.

Heinz Erhardt

Die Gans

Die Gans erwacht im grauen Forst
erstaunt in einem Adlerhorst.
Sie blickt sich um und denkt betroffen
"Mein lieber Schwan, war ich besoffen!"

Das ist auch gut :D

Machnowiki
20.05.2006, 06:54
Erich Mühsam
1914

Deutschland, Deutschland, liberales,
von der Etsch bis an den Belt!
Seht ihr nicht am preuß'schen Pfahl es,
wie es auseinanderfällt?
Deutscher Reichstag - Preußenbündler -
deutscher Schnaps und bayrisch Bier —
Deutschland, Deutschland, liberales —
Deutschland, Deutschland - hüte dir!


Erich Mühsam
Lumpenlied
Kein Schlips am Hals, kein Geld im Sack.
Wir sind ein schäbiges Lumpenpack,
auf das der Bürger speit.
Der Bürger blank von Stiebellack,
mit Ordenszacken auf dem Frack,
der Bürger mit dem Chapeau claque,
fromm und voll Redlichkeit.

Der Bürger speit und hat auch recht.
Er hat Geschmeide gold und echt. -
Wir haben Schnaps im Bauch.
Wer Schnaps im Bauch hat, ist bezecht,
und wer bezecht ist, der erfrecht
zu Dingen sich, die jener schlecht
und niedrig findet auch.

Der Bürger kann gesittet sein,
er lernte Bibel und Latein. -
Wir lernen nur den Neid.
Wer Porter trinkt und Schampus-Wein,
lustwandelt fein im Sonnenschein,
der bürstet sich, wenn unserein
ihn anrührt mit dem Kleid.

Wo hat der Bürger alles her:
den Geldsack und das Schießgewehr?
Er stiehlt es grad wie wir.
Bloß macht man uns das Stehlen schwer.
Doch er kriegt mehr als sein Begehr.
Er schröpft dazu die Taschen leer
von allem Arbeitstier.

Oh, wär ich doch ein reicher Mann,
der ohne Mühe stehlen kann,
gepriesen und geehrt.
Träf ich euch auf der Straße dann,
ihr Strohkumpane, Fritz, Johann,
ihr Lumpenvolk, ich spie euch an. -
Das seid ihr Hunde wert!

Odin
20.05.2006, 14:16
Ich mag meine eigenen Gedichte.

WALDSCHRAT
09.06.2006, 08:57
Es färbte sich die Wiese grün

Es färbte sich die Wiese grün
Und um die Hecken sah ich blühn,
Tagtäglich sah ich neue Kräuter,
Mild war die Luft, der Himmel heiter.
Ich wußte nicht, wie mir geschah,
Und wie das wurde, was ich sah.

Und immer dunkler ward der Wald
Auch bunter Sänger Aufenthalt,
Es drang mir bald auf allen Wegen
Ihr Klang in süßen Duft entgegen.
Ich wußte nicht, wie mir geschah,
Und wie das wurde, was ich sah.

Es quoll und trieb nun überall
Mit Leben, Farben, Duft und Schall,
Sie schienen gern sich zu vereinen,
Daß alles möchte lieblich scheinen.
Ich wußte nicht, wie mir geschah,
Und wie das wurde, was ich sah.

So dacht ich: ist ein Geist erwacht,
Der alles so lebendig macht
Und der mit tausend schönen Waren
Und Blüten sich will offenbaren?
Ich wußte nicht, wie mir geschah,
Und wie das wurde, was ich sah.

Vielleicht beginnt ein neues Reich
Der lockre Staub wird zum Gesträuch
Der Baum nimmt tierische Gebärden
Das Tier soll gar zum Menschen werden.
Ich wußte nicht, wie mir geschah,
Und wie das wurde, was ich sah.

Wie ich so stand und bei mir sann,
Ein mächtger Trieb in mir begann.
Ein freundlich Mädchen kam gegangen
Und nahm mir jeden Sinn gefangen.
Ich wußte nicht, wie mir geschah,
Und wie das wurde, was ich sah.

Sie ging vorbei, ich grüßte sie,
Sie dankte, das vergeß ich nie
Ich mußte ihre Hand erfassen
Und Sie schien gern sie mir zu lassen.
Ich wußte nicht, wie mir geschah,
Und wie das wurde, was ich sah.

Uns barg der Wald vor Sonnenschein
Das ist der Frühling fiel mir ein.
Kurzum, ich sah, daß jetzt auf Erden
Die Menschen sollten Götter werden.
Nun wußt ich wohl, wie mir geschah,
Und wie das wurde, was ich sah.

Novalis

---

Gruß

Henning

WALDSCHRAT
09.06.2006, 09:01
Es war, als hätt' der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt'.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.

Eichendorff: Mondnacht

---

Gruß

Henning

redanarchist
09.06.2006, 09:04
Im Garten- Liebeslied
Habe nun seit vielen Stunden
Meine Liebste nicht gesehn.
Sie hat sich ein Buch genommen,
Wollte in den Garten gehn.

Doch ich kann sie nirgends finden.
Dort, wo sie noch eben saß,
Liegen nun gebrochne Blumen
Und das Buch im hohen Gras.

Heute zeigt sich keine Wolke,
Und noch weht kein kühler Wind.
Liebste komm, soll es doch regnen,
Wenn wir nur zusammen sind.

Und nun höre ich sie singen,
Schon winkt sie mir und lacht.
Hat in Mohn und Margeriten
Längst ein Bett für uns gemacht.

ciao forum! ;)

redanarchist
09.06.2006, 09:32
Wolf Wondratschek:
In den alten Autos


Wir waren ruhig,
hockten in den alten Autos,
drehten am Radio
und suchten die Straße
nach Süden.

Einige schrieben uns Postkarten aus der Einsamkeit,
um uns zu endgültigen Entschlüssen aufzufordern.

Einige saßen auf dem Berg,
um die Sonne auch nachts zu sehen.

Einige verliebten sich,
wo doch feststeht, dass ein Leben
keine Privatsache darstellt.

Einige träumten von einem Erwachen,
das radikaler sein sollte als jede Revolution.

Einige saßen da wie tote Filmstars
und warteten auf den richtigen Augenblick,
um zu leben.

Einige starben,
ohne für ihre Sache gestorben zu sein.

Wir waren ruhig.
hockten in den alten Autos,
drehten am Radio
und suchten die Straße
nach Süden.

dtm05
09.06.2006, 11:07
Ein Kolibri und ein Pirol
die aßen zusammen einen Kohl
Da sagt der Pirol zu Kolibri
Du, laß mir auch was vom Kohl übri'

dtm05
09.06.2006, 11:08
Es war einmal ein Mann aus Peru
der träumte einst, er aß einen Schuh
und als er dann erwachte gar
merkte er, der Traum war wahr

Hagen von Tronje
10.06.2006, 12:51
Ein Lied Volkers

Mir dröhnt der Helm an den Ohren,
Wenn Hagen im Kampf Befehle gibt, -
Und hab unter Speeren und Sporen
Doch keine Stimme wie seine geliebt.

Was immer der Tronjer begonnen,
Es dünkte mir edel und eisern gut, -
Und ich sah doch beim Odenwald-Bronnen
An seinem Speere auch Siegfrieds Blut!

Hochmütig und Freund der Gewalttat,
So reitet er durch die umdüsterte Welt,
Und um was seine Faust sich geballt hat,
Das hält sie in Treue, die niemals zerspellt.

Wir, die wir den Lehnseid geschworen,
Stehn täglich gelassen vor offenem Grab,
Doch Hagen hat etwas verloren,
Das keiner von uns seinem Lehnsherrn gab:

Wenn er geht durch die Gassen der Zelte,
So raunts an den Feuern beidseits um ihn her:
»Der bessere Mann, den er fällte,
Trug bückend, im Rücken den tückischen Speer!«

Und reiten im Heerzug die Scharen,
So flüstern von Sattel zu Sattel es rauh:
»Der Hort, nach dem wir einst gefahren,
Er raubte ihn heimlich der wehrlosen Frau!«

Er ist, den die Edelsten scheuen,
Er ist von den Dornen des Grauens umzäunt,
Und der treueste aller Getreuen
Fand selber nicht einen hingebenden Freund.

Wir gaben an klirrenden Tagen
Dem König den Schwertarm für billige Huld, -
Doch am schwersten Tage gab Hagen
An Gunther den Eid: »Mein Teil sei die Schuld!«

Drum, ob auch das Herz mir erzittert,
Als Siegfried gestöhnt und als Kriemhild geweint,
Doch bist du, vom Grauen umwittert,
Der Held meiner Lieder, mein Hagen, mein Freund!


[Entstehungsjahr 1920]

Börries von Münchhausen

erdbeere
17.06.2006, 16:30
Lieblingsgedichte? Letztens im Physikunterricht, war mir so sterbenslangweilig, dass ich auf mein Englischarbeitsblatt folgendes krickelte:

René rennt ratlos rum.
Restlos ratlos, restlos dumm.
Regen rinnt,
René spinnt.

Wie ich auf solche verzwickten Gedankengänge komme, weiß ich auch nicht, aber es beweist, wie langweilig die Stunde war...

twoxego
17.06.2006, 16:37
René rennt ratlos rum.
Restlos ratlos, restlos dumm.
Regen rinnt,
René spinnt.

Wie ich auf solche verzwickten Gedankengänge komme,


stabreime, wagner schrieb so.
der letzte satz ist ein ausrutscher.

Scarlett
17.06.2006, 16:51
Herbsttag


Herr: es ist Zeit. Der Sommer war sehr groß.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
und auf den Fluren laß die Winde los.

Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
gieb ihnen noch zwei südlichere Tage,
dränge sie zur Vollendung hin und jage
die letzte Süße in den schweren Wein.

Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
und wird in den Alleen hin und her
unruhig wandern, wenn die Blätter treiben

Rainer Maria Rilke

Kenshin-Himura
17.06.2006, 16:58
Friedrich Nietzsche - ,,Ecce Homo"

Ja, ich weiß woher ich stamme /
ungesättigt gleich der Flamme /
glühe und verzehr' ich mich /
Licht wird alles, was ich fasse /
Kohle alles, was ich lasse /
Flamme bin ich sicherlich !

Kenshin-Himura
17.06.2006, 17:00
Andread Gryphius

Traenen des Vaterlandes

v. 1636

Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret! /
Der frechen Völker Schar, die rasende Posaun /
Das vom Blut fette Schwert, die donnernde Carthaun /
Hat aller Schweiß, und Fleiß, / und Vorrat aufgezehret.

Die Türme stehn in Glut, die Kirch ist umgekehret. /
Das Rathaus liegt im Grauß, die Starken sind zerhaun /
Die Jungfern sind geschänd't, und wo wir hin nur schaut /
Ist Feuer, Pest, und Tod, / der Herz und Geist durchfähret.

Hier durch die Schanz'und Stadt / rinnt allzeit frisches Blut /
Dreimal sind schon sechs Jahr / als unser Ströme Flut /
Von Leichen fast verstopft, / sich langsam fort gedrungen.

Doch schweig' ich noch von dem, was ärger als der Tod, /
Was grimmer denn die Pest / und Glut und Hungersnot, /
Daß auch der Seelen Schatz / so vielen abgezwungen.

Andreas Gryphius

Abend

v. 1650

Der schnelle Tag ist hin; die Nacht schwingt ihre Fahn
Und führt die Sterne auf. Der Menschen müde Scharen
Verlassen Feld und Werk; wo Tier und Vögel waren.
Traurt itzt die Einsamkeit. Wie ist die Zeit vertan!

Der Port naht mehr und mehr sich zu der Glieder Kahn.
Gleichwie dies Licht verfiel, so wird in wenig Jahren
Ich, du und was man hat und was man sieht, hinfahren.
Dies Leben kommt mir vor als eine Rennebahn.

Laß, höchster Gott, mich doch nicht auf dem Laufplatz gleiten,
Laß mich nicht Ach, nicht Pracht, nicht Lust, nicht Angst verleiten,
Dein ewig heller Glanz sei vor und neben mir!

Laß, wenn der Leib entschläft, die Seele wachen,
Und wenn der letzte Tag wird mit mir Abend machen,
So reiß mich aus dem Tal der Finsternis zu Dir!

Andreas Gryphius

Menschliches Elende

v. 1639

Was sind wir Menschen doch! Ein Wohnhaus grimmer Schmerzen,
Ein Ball das falschen Glücks, ein Irrlicht dieser Zeit,
Ein Schauplatz herber Angst, besetzt mit scharfem Leid,
ein bald verschmelzter Schnee und abgebrannte Kerzen.

Dies Leben fleucht davon wie ein Geschwätz und Scherzen.
Die vor uns abgelegt des schwachen Leibes Kleid
Und in das Totenbuch der großen Sterblichkeit
Längst eingeschrieben sind, sind uns aus Sinn und Herzen.

Gleich wie ein eitel Traum leicht aus der Acht hinfällt
Und wie ein Strom verscheußt, den keine Macht aufhält,
So muss auch unser Nam, Lob, Ehr und Ruhm verschwinden.

Was itzund Atem holt, muss mit der Luft entfliehn,
Was nach uns kommen wird, wird uns ins Grab nachziehn.
Was sag ich? Wir vergehn, wie Rauch von starken Winden.

Andreas Gryphius

Die Hölle

Ach! und weh!
Mord! Zetter! Jammer! Angst! Creutz! Marter! Würme! Plagen.
Pech! Folter! Hencker! Flamm! Stanck! Geister! Kälte! Zagen!
Ach vergeh!

Tieff' und Höh'!
Meer! Hügel! Berge! Felß! wer kan die Pein ertragen?
Schluck abgrund! ach schluck' eyn! die nichts denn ewig klagen.
Je und Eh!

Schreckliche Geister der tunckelen hölen / Ihr die ihr martert und Marter erduldet
Kan denn der ewigen Ewigkeit Feuer / nimmermehr büssen dis was ihr verschuldet?
O grausamm' Angst / stets sterben sonder sterben

Diß ist die Flamme der grimmigen Rache / die der erhitzte Zorn angeblasen:
Hier ist der Fluch der unendlichen Strasse; hier ist das immerdar wachsende rasen:
O Mensch! Verdirb / umb hier nicht zuverderben.

Brutus
17.06.2006, 17:05
Vanitas; Vanitatum; et Omnia Vanitas
Es ist alles gantz eytel. Eccl. 1. V. 2.

Ich seh' wohin ich seh/ nur Eitelkeit auff Erden/
Was dieser heute bawt/ reist jener morgen ein/
Wo jtzt die Städte stehn so herrlich/ hoch vnd fein/
Da wird in kurtzem gehn ein Hirt mit seinen Herden:

Was jtzt so prächtig blüht/ wird bald zutretten werden:
Der jtzt so pocht vnd trotzt/ läst vbrig Asch vnd Bein/
Nichts ist/ daß auff der Welt könt vnvergänglich seyn/
Jtzt scheint des Glückes Sonn/ bald donnerts mit beschwerden.

Der Thaten Herrligkeit muß wie ein Traum vergehn:
Solt denn die Wasserblaß/ der leichte Mensch bestehn
Ach! was ist alles diß/ was wir vor köstlich achten!

Alß schlechte Nichtigkeit? als hew/ staub/ asch vnnd wind?
Als eine Wiesenblum/ die man nicht widerfind.
Noch wil/ was ewig ist/ kein einig Mensch betrachten!

Andreas Gryphius

Kenshin-Himura
17.06.2006, 17:06
Georg Trakl

An die Verstummten

v.1913

O, der Wahnsinn der großen Stadt, da am Abend
An schwarzer Mauer verkrüppelte Bäume starren,
Aus silberner Maske der Geist des Bösen schaut;
Licht mit magnetischer Geißel die steinerne Nacht verdrängt.
O, das versunkene Läuten der Abendglocken.

Hure, die in eisigen Schauern ein totes Kindlein gebärt.
Rasend peitscht Gottes Zorn die Stirne des Besessenen,
Purpurne Seuche, Hunger, der grüne Augen zerbricht.
O, das gräßliche Lachen des Golds.

Aber stille blutet in dunkler Höhle stummere Menschheit,
Fügt aus harten Metallen das erlösende Haupt.

Gottfried Benn

Kleine Aster

Ein ersoffener Bierfahrer wurde auf den Tisch gestemmt.
Irgendeiner hatte ihm eine dunkelhelllila Aster
zwischen die Zähne geklemmt

Als ich von der Brust aus
unter der Haut
mit einem langen Messer
Zunge und Gaumen herausschnitt,
muss ich sie angestoßen haben, denn sie glitt
in das nebenliegende Gehirn.
Ich packte sie ihm in die Brusthöhle
zwischen die Holzwolle3,
als man zunähte.
Trinke dich satt in deiner Vase!
Ruhe sanft,
kleine Aster!

Hans-Magnus Enzensberger

Doomsday

Leider nicht den Text im Internet gefunden - auswendig kann ich's leider nicht.

twoxego
17.06.2006, 17:07
Ratschläge für einen Freund
(Conseils à un ami)



für Henri Salvador.




Freund, du willst

Dichter werden
Verfasse vor allen Dingen
Keinen Schwachsinn
Schreibe keine
Allzu blöden Lieder
Wenn auch die Dummköpfe
So was lieben.
Verwende
Keine dämlichen Begriffe
Auch nicht den Sombrero
Von Mexico
Verwende
Kein billiges Parfüm
Keine exotischen
Vögel oder Caprifischer.
Verwende Blumen
Und einige Küsse
Zärtlich
Von den Lippen gehaucht
Verwende die Noten
Als Sträuße
Und singe sie
Mit viel Herz.


Freund, du willst
Dichter werden
Versuche
Auf keinen Fall reich zu werden
Lieber verfasse
Kleine Perlen
Für die man dir
Fünfundzwanzig Sous zahlen wird.
Der Verleger
Wird dir den Rat geben
Dich schamlos
Zu prostituieren
Der Sänger
Wird auf dich einreden
Und dir nahelegen
Dich zu kastrieren.
Du wirst über all das lachen
Was man dir sagen wird
Und dir wird nie
Der Refrain
Aus dem Kopf gehen
"Unbekannt immer"
Wirst ihn pfeifen
Auf den Straßen von ...


~ boris vian ~

Brutus
17.06.2006, 17:16
HC Artmann

heit bin e ned munta wuan

heit bin e ned munta wuan
wäu ma r unsa bendlua
schdeeblim is..

heit bin e ned munta wuan
und i schlof
und i schlof
und i schlof
und draust da schnee foed ima mea
und de drossln dafrian und de finkn
und de aumschln und d daum aufm doch..
und dea schnee foed ima mea
und ea drad se
und drad se
wia r a fareisz ringlgschbüü
und kumd ma bein fenzta r eine
mocht ma r en bagetbon gaunz weiss fua mein bet
wiad hecha r und hecha fua mein bet
und schdet do und schaud me au
wia r a engl med ana koedn haund..
und i schlof
und i schlof
und i schlof..

heit bin e ned munta wuan
de bendlua schded no ima
und dea schneeane engl schdet doo
und schaut me au wia r e so ausgschdregta doolig
und mei schlof is scho soo diaf
das ma glaaweis und launxaum
winzege schdeandaln aus eis
en de aungbram
zun woxn aufaungan...


blauboad 1

i bin a ringlgschbüübsizza
und hob scho sim weiwa daschlong
und eanare gebeina
untan schlofzimabon fagrom..

heit lod i ma r ei di ochte
zu einen libesdraum –
daun schdöl i owa s oaschestrion ei
und bek s me n hakal zaum!

so fafoa r e med ole maln
wäu ma d easchte en gschdis hod gem –
das s mii amoe darwischn wean
doss wiad kar mendsch darlem!

i bin a ringlgschbüübsizza
(und schlof en da nocht nua bein liacht
wäu i mi waun s so finzta is
fua de dodn weiwa fiacht..)

Brutus
17.06.2006, 17:18
Johann Wolfgang von Goethe

An den Mond

Füllest wieder Busch und Tal
still mit Nebelglanz,
lösest endlich auch einmal
meine Seele ganz;

breitest über mein Gefild
lindernd deinen Blick,
wie des Freundes Auge mild
über mein Geschick.

Jeden Nachklang fühlt mein Herz
froh' und trüber Zeit,
wandle zwischen Freud und Schmerz
in der Einsamkeit.

Fließe, fließe, lieber Fluß!
Nimmer werd ich froh,
so verrauschte Scherz und Kuß,
und die Treue so.

Ich besaß es doch einmal,
was so köstlich ist!
Daß man doch zu seiner Qual
nimmer es vergißt!

Rausche, Fluß, das Tal entlang,
ohne Rast und Ruh,
rausche, flüstre meinem Sang
Melodien zu,

wenn du in der Winternacht
wütend überschwillst
oder um die Frühlingspracht
junger Knospen quillst.

Selig, wer sich vor der Welt
ohne Haß verschließt,
einen Freund am Busen hält
und mit dem genießt,

was, von Menschen nicht gewußt
oder nicht bedacht,
durch das Labyrinth der Brust
wandelt in der Nacht.

Nachdenklicher
17.06.2006, 17:57
Gibt es die Gedichte der letzten Zeit, die wuetend oder ironisch-scharfsinnig gegen etwas protestieren, gegen eine politische Entscheidung, oder gegen eine Idee, oder gegen einen Politiker ?

Oder ist so was schon weg irgendwie?

WALDSCHRAT
17.06.2006, 18:01
Hier eines von einem weiteren Lieblingsdichter von mir:

Matthias Claudius:

Der Mond ist aufgegangen,
die goldnen Sternlein prangen
am Himmel hell und klar.
Der Wald steht schwarz und schweiget
und aus den Wiesen steiget
der weiße Nebel wunderbar.


Wie ist die Welt so stille
und in der Dämm´rung Hülle
so traulich und so hold !
Als eine stille Kammer,
wo ihr des Tages Jammer
verschlafen und vergessen sollt.


Seht ihr den Mond dort stehen ?
Er ist nur halb zu sehen
und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsre Augen sie nicht sehn.


Wir stolzen Menschenkinder
sind eitel arme Sünder
und wissen gar nicht viel;
wir spinnen Luftgespinste
und suchen viele Künste
und kommen weiter von dem Ziel.


Gott, laß dein Heil uns schauen,
auf nichts Vergänglichs trauen,
nicht Eitelkeit uns freun !
Laß uns einfältig werden,
und vor dir hier auf Erden
wie Kinder fromm und fröhlich sein !


Wollst endlich sonder Grämen
aus dieser Welt uns nehmen
durch einen sanften Tod.
Und wenn du uns genommen,
laß uns in Himmel kommen,
du unser Herr und unser Gott !


So legt euch denn, ihr Brüder,
in Gottes Namen nieder;
kalt ist der Abendhauch.
Verschon uns, Gott, mit Strafen
und laß uns ruhig schlafen
und unsern kranken Nachbarn auch.


---
Gruß

Henning

Waldgänger
17.06.2006, 18:46
Etwas Eigenes, soll aber eigentlich ein Songtext werden, das Ende ist noch etwas unausgewogen und verkorkst, aber egal. Hier:

NO GOODBYE

Driving trough the night,
Thinking what has happen`d tonight.
Your cutting words were such a fall,
My whole life was like illusions on whips
It feels like I never kissed your lips

You're dark and holy madness,
shattered my heart.
Leaving me in sadness,
till death do us part?

I will hold your kiss till I die,
From the corner of my soul I've
been strangled out.
There won't be a late goodbye,
As my life for you is went out...

No I won`t let you go
never in my life, you're a part
of my destiny, forever in this show
You're the pulse of my burning cold heart

I can't life without your voice, your
shiny laughing face, it's like a dream
in a opaque crazy game, but I can't life without you,
cause my world become grey and cold.

Scarlett
17.06.2006, 19:21
Darf es auch etwas Englisches sein? Ich finde, dieses Gedicht hat heute wieder eine erschreckende Aktualität,

The White Man's Burden

Take up the White man's burden -
Send forth the best ye breed -
Go bind your sons to exile
To serve your captives' need;
To wait in heavy harness
On fluttered folk and wild -
Your new-caught, sullen peoples,
Half devil and half child.

Take up the White Man's burden -
In patience to abide,
To veil the threat of terror
And check the show of pride;
By open speech and simple,
An hundred times made plain.
To seek another's profit,
And work another's gain.

Take up the White Man's burden -
The savage wars of peace -
Fill full the mouth of Famine
And bid the sickness cease;
And when your goal is nearest
The end for others sought,
Watch Sloth and heathen Folly
Bring all your hope to nought.

Take up the White Man's burden -
No tawdry rule of kings,
But toil of serf and sweeper -
The tale of common things.
The ports ye shall not enter,
The roads ye shall not tread,
Go make them with your living,
And mark them with your dead!

Take up the White man's burden -
And reap his old reward:
The blame of those ye better,
The hate of those ye guard -
The cry of hosts ye humour
(Ah, slowly!) toward the light: -
"Why brought ye us from bondage,
"Our loved Egyptian night?"

Take up the White Man's burden -
Ye dare not stoop to less -
Nor call too loud on freedom
To cloak your weariness;
By all ye cry or whisper,
By all ye leave or do,
The silent, sullen peoples
Shall weigh your Gods and you.

Take up the White Man's burden -
Have done with childish days -
The lightly proffered laurel,
The easy, ungrudged praise.
Comes now, to search your manhood
Through all the thankless years,
Cold-edged with dear-bought wisdom,
The judgement of your peers!

Rudyard Kipling: *1865 Bombay, 1871 Schulbildung in
England, 1882-89 als Journalist in Indien, 1891-6 in den USA,
wo er die beiden Dschungelbücher schreibt, ab 1898
wiederholte Reisen in den Süden Afrikas, wo er u.a. mit C.
Rhodes zusammentrifft, 1907 als erster engl. Schriftsteller den
Nobelpreis, in späteren Jahren zunehmend kritischer gegenüber
expansiven, imperialistischen Bestrebungen,+1936

Stechlin
17.06.2006, 19:43
Friedrich Schiller

NÄNIE

Auch das Schöne muß sterben! Das Menschen und Götter bezwinget,
Nicht die eherne Brust rührt es den stygischen Zeus.
Einmal nur erweichte die Liebe den Schattenbeherrscher,
Und an der Schwelle noch, streng, rief er zurück sein Geschenk.
Nicht stillt Aphrodite dem schönen Knaben die Wunde,
Die in den zierlichen Leib grausam der Eber geritzt.
Nicht errettet den göttlichen Held die unsterbliche Mutter,
Wann er, am skäischen Tor fallend, sein Schicksal erfüllt.
Aber sie steigt aus dem Meer mit allen Töchtern des Nereus,
Und die Klage hebt an um den verherrlichten Sohn.
Siehe! Da weinen die Götter, es weinen die Göttininnen alle,
Daß das Schöne vergeht, daß das Vollkommene stirbt.
Auch ein Klagelied zu sein im Mund der Geliebten ist herrlich,
Denn das Gemeine geht klanglos zum Orkus hinab.

Schiller, immer wieder Schiller - der größte Sohn des deutschen Volkes!

GnomInc
18.06.2006, 15:11
Blütenblätter schweben dahin
Gleiten durch die Hand der Geliebten
Und sie erinnert sich an mich-


Yoda Buson

Kenshin-Himura
18.06.2006, 20:28
Gibt es die Gedichte der letzten Zeit, die wuetend oder ironisch-scharfsinnig gegen etwas protestieren, gegen eine politische Entscheidung, oder gegen eine Idee, oder gegen einen Politiker ?

Oder ist so was schon weg irgendwie?

Wie kommst du denn darauf !! So etwas ist doch so aktuell wie nie !! Durch die weitere Urbanisierung und radikale Postmodernisierung (Reizüberflutung), kommt es zu einem großen Revivel des Expressionismus. Für mich ist Expressionismus nicht nur eine künstlerische Einstellung, sondern eine Lebenseinstellung. Als Beispiele denke man zum Beispiel an Gedichte von Günter Grass (welcher allerdings eine Dumpfbacke ist), oder an Hans-Magnus Enzensberger, welcher zumn Beispiel davon spricht, dass ,,mal wieder die Wölfe vor den Schafen verteidigt" werden müssten. Der Adler versteht, was gemeint ist...

WALDSCHRAT
18.06.2006, 21:42
Aus meiner Schulzeit:

Der Zauberlehrling
Johann Wolfgang v.Goethe

Hat der alte Hexenmeister
Sich doch einmal wegbegeben!
Und nun sollen seine Geister
Auch nach meinem Willen leben.
Seine Wort und Werke
Merkt ich und den Brauch,
Und mit Geistesstärke
Tu ich Wunder auch.

Walle! walle
Manche Strecke,
Daß, zum Zwecke,
Wasser fließe
Und mit reichem, vollem Schwalle
Zu dem Bade sich ergieße.

Und nun komm, du alter Besen,
Nimm die schlechten Lumpenhüllen!
Bist schon lange Knecht gewesen:
Nun erfülle meinen Willen!
Auf zwei Beinen stehe,
Oben sei ein Kopf,
Eile nun und gehe
Mit dem Wassertopf!

Walle! walle
Manche Strecke,
Daß, zum Zwecke,
Wasser fließe
Und mit reichem, vollem Schwalle
Zu dem Bade sich ergieße.

Seht, er läuft zum Ufer nieder!
Wahrlich! ist schon an dem Flusse,
Und mit Blitzesschnelle wieder
Ist er hier mit raschem Gusse.
Schon zum zweiten Male!
Wie das Becken schwillt!
Wie sich jede Schale
Voll mit Wasser füllt!

Stehe! stehe!
Denn wir haben
Deiner Gaben
Vollgemessen! -
Ach, ich merk es! Wehe! wehe!
Hab ich doch das Wort vergessen!

Ach, das Wort, worauf am Ende
Er das wird, was er gewesen!
Ach, er läuft und bringt behende!
Wärst du doch der alte Besen!
Immer neue Güsse
Bringt er schnell herein,
Ach, und hundert Flüsse
Stürzen auf mich ein!

Nein, nicht länger
Kann ichs lassen:
Will ihn fassen!
Das ist Tücke!
Ach, nun wird mir immer bänger!
Welche Miene! welche Blicke!

O, du Ausgeburt der Hölle!
Soll das ganze Haus ersaufen?
Seh ich über jede Schwelle
Doch schon Wasserströme laufen.
Ein verruchter Besen,
Der nicht hören will!
Stock, der du gewesen,
Steh doch wieder still!

Willst am Ende
Gar nicht lassen?
Will dich fassen,
Will dich halten
Und das alte Holz behende
Mit dem scharfen Beile spalten!

Seht, da kommt er schleppend wieder!
Wie ich mich nur auf dich werfe,
Gleich, o Kobold, liegst du nieder;
Krachend trifft die glatte Schärfe.
Wahrlich! brav getroffen!
Seht, er ist entzwei!
Und nun kann ich hoffen,
Und ich atme frei!

Wehe! wehe!
Beide Teile
Stehn in Eile
Schon als Knechte
Völlig fertig in die Höhe!
Helft mir, ach! ihr hohen Mächte!

Und sie laufen! Naß und nässer
Wirds im Saal und auf den Stufen:
Welch entsetzliches Gewässer!
Herr und Meister, hör mich rufen! -
Ach, da kommt der Meister!
Herr, die Not ist groß!
Die ich rief, die Geister,
Werd ich nun nicht los.

"In die Ecke,
Besen! Besen!
Seids gewesen!
Denn als Geister
Ruft euch nur, zu seinem Zwecke,
Erst hervor der alte Meister."

---
Es ließen sich Bände schreiben angesichts dessen, was unsere Politiker mit uns veranstalten.

Henning

Nachdenklicher
19.06.2006, 08:39
Wie kommst du denn darauf !! So etwas ist doch so aktuell wie nie !! Durch die weitere Urbanisierung und radikale Postmodernisierung (Reizüberflutung), kommt es zu einem großen Revivel des Expressionismus. Für mich ist Expressionismus nicht nur eine künstlerische Einstellung, sondern eine Lebenseinstellung. Als Beispiele denke man zum Beispiel an Gedichte von Günter Grass (welcher allerdings eine Dumpfbacke ist), oder an Hans-Magnus Enzensberger, welcher zumn Beispiel davon spricht, dass ,,mal wieder die Wölfe vor den Schafen verteidigt" werden müssten. Der Adler versteht, was gemeint ist...

Danke, also zwei Namen kenne ich jetzt. Obwohl vom Guenter Grass weiss ich mehr als vom Beteiligten der politischen Skandale, nicht als vom Dichter.

Aber welche (politisch engagierten) Dichter sind am meistens talentvoll? Das wuerde mich interessieren. Mit welchen Gedichten ? Denn es scheint mir : das ist das Merkmal, nach dem man die politische Zukunft voraussehen kann. Je talentvoller, je kraeftiger die Dichter von jener politischen Bewegung sind - desto mehr Chancen diese Bewegung hat ! So ist meine Vorstellung. D.h. sie haben die Unterstuetzung von Jenseits, denn den Talent zum Dichtentum kann man nie entwickeln, das ist immer ein reines Geschenk von unsichtbaren Kraeften - vom Gott oder vom Satan...

Stechlin
19.06.2006, 13:40
Aber welche (politisch engagierten) Dichter sind am meistens talentvoll? ...

...Erich Weinert!

DER FÜHRER (Moskau, 1942)

Manch gekrönter Abenteurer
Hat in Deutschland schon regiert,
Manche polternden Erneuerer
Haben uns schon angeführt.
Viel war nie davon zu halten;
Doch man konnt es noch verstehn:
Diese, auch als Staatsgewalten,
Waren immerhin Gestalten -
Aber ausgerechnet den?

Wär nun in der Zeit der Krise
Irgendeiner aufgetaucht,
Ein Prophet, ein Kerl, ein Riese,
Wie die rauhe Zeit ihn braucht,
Gleich als Tempelstürmer kenntlich,
Ein Rebell, ein Phänomen,
Wo die Menge ruft: na endlich,
Alles wäre noch verständlich -
Aber ausgerechnet den?

Diesen Hindenburgumschwänzler,
Diesen tristen Hampelmann,
Diesen faden Temperenzler,
Der´s nicht mal mit Weibern kann,
Diesen Selterwassergötzen,
Dies Friseurmodell auf schön,
Davon laßt ihr euch beschwätzen?
Und man fragt sich mit Entsetzen:
Aber ausgerechnet den?

Später einmal unsere Kinder
Sehn ihn im Panoptikum.
Um den ausgestopften Schinder
Stehn sie dann verwundert rum.
Und sie werden von euch sagen:
Alles könnte man verstehen,
Was das Volk in frühern Tagen
An Gestalten schon ertragen....
Aber ausgerechnet den?

Nachdenklicher
27.06.2006, 09:01
Danke, NITUP, Erich Weinert ist gut.

Was gibt es im deutschsprachigen politisch-engagierten Dichtentum jetzt, in unserer Zeit, etwas wirklich talentvolles, ueberzeugendes usw ?

Wie gesagt : es scheint mir, dass das politische Dichtentum die Richtung der gesellschaftlichen Entwicklung uns zeigt : wessen Dichter sind talentvoller und ueberzeugender - diejenige politische Idee wird in der absehbaren Zukunft siegen. So war das, uns so wird es sein, m.E. Auch wenn so eine Idee uns persoenlich nicht gefaellt...

twoxego
27.06.2006, 16:40
es gibt da so läden.
da soll es das zeug wirlich geben.

Scrooge
27.06.2006, 17:01
Mein absolutes Lieblingsgedicht:

Stufen

Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.

Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
in andre, neue Bindungen zu geben.

Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
Der uns beschützt und der uns hilft zu leben.

Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
An keinem wie an einer Heimat hängen,
Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.

Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
Uns neuen Räumen jung entgegensenden,
Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden ...
Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

Hermann Hesse

Besonders eindrucksvoll und glaubwürdig hört es sich an, wenn Heinz Rühmann es liest. http://www.gedichte.vu/?stufen.html

Brutus
27.06.2006, 17:18
@Waldschrat:

Du hast meinen Beitrag gelöscht, wegen des Vergleichs Hitler-Merkel, der sich als Antwort auf die wiederkehrende Gedichtzeile "Aber warum ausgerechnet den" doch regelrecht aufgedrängt hat.

"Dies Friseurmodell auf schön,
Davon laßt ihr euch beschwätzen?
Und man fragt sich mit Entsetzen:
Aber ausgerechnet den?"

Möchte wissen, wer bei "Friseurmodell" nicht an Angela Merkel denkt? Das ist doch Thema von Kabarettsendungen und der Harald-Schmidt-Show.

Ich will jetzt nicht über Deine Löschung lamentieren, so ein Verlust ist mein Beitrag nicht, nur nochmal festhalten, daß Du angesichts der geltenden Rechtslage vermutlich gar nicht anders handeln konntest.

Wenn es aber schon so weit ist, dann werden bei uns demnächst die Lichter ausgehen. Ohne triftige Gründe zu haben, wird die Staatsmacht nicht so weit gehen, den hehren Anspruch auf Freiheit und Demokratie selbst zu desavouieren.

Erinnert mich stark an einen Staat, der sich Arbeiter- und Bauernparadies nannte und eine Mauer baute, damit ihm nicht die Leute davonlaufen.

Abseits
10.07.2006, 19:51
Deutsches Mädchen

Deutsches Mädchen hör mich an:
Wähl dir einen deutschen Mann,
Der getreu und redlich sei,
Frei von aller Heuchelei.

Deutsches Mädchen rauche nicht,
Es zerstört sonst deine Pflicht
Schön zu bleiben bis zum Grund-
Rauchen ist sehr ungesund.

Deutsches Mädchen schmink dich nicht,
Das verdirbt dir dein Gesicht.
Wahre Schönheit nur allein
Kann Natur in Schlichtheit sein.

Deutsches Mädchen hör mir zu:
Nimm zu deinem Ich ein Du,
Das nicht säuft und auch nicht raucht,
Und auch niemals Rauschgift braucht.

Deutsches Mädchen sei gescheit,
Gegen List und Trug gefeit.
Falsche Liebe täuscht nur sehr,
Und macht dir das Leben schwer.

Deutsches Mädchen denke dran:
Nimm dir einen deutschen Mann.
Rassenmischung ist nicht gut,
Sie verdirbt des Volkes Blut.

- Unbekannt



Bereuen! Bereut das Feuer, daß es brennt? Du kannst es nur ersticken: nicht hemmen, daß es brennt, solang es lebt. Lob' es, schilt es, wie du willst: doch laß es Feuer sein! So muß ich den Gedanken folgen, die wie der Lauf des Blutes durch mein Haupt rinnen. Ich will nicht, ich muß wollen. Und, wie der Gießbach niederschäumt von Bergeshöhn, bald durch blumige Wiesen, bald durch schroffes Gezack, bald segnend befruchtend, bald tödlich zerstörend, ohne Wahl, ohne Vorwurf, ohne Dankrecht: - so reißt mich das Geschick dahin den Weg, den Eigenart und die gegebene Zeit und Welt um mich her vorzeichnen. Soll ich bereuen, was ich auf meinem Weg zerstört, zerstören mußte? Ich tät' es immer wieder.

- Felix Dahn


Nie Gesinnungsschnüffelei,
Weder Maulkorb noch Zensur,
Auch von Rufmord keine Spur?
Erlaubt ist zu genießen,
Was Politiker beschließen,
Und zu glauben, was sie sagen,
Sie zu wählen, nie zu klagen.
Ach, was sind wir doch so frei!

Erlaubt ist auch zu lesen,
Das Verbrecher wir gewesen
Und dankbar das zu lieben,
Was die Sieger aufgeschrieben.
Beweisanträge, die sind schlecht,
"Offenkundig" geht vor Recht.
Wahrheit - wo bist du geblieben?
Ach, was sind wir doch so frei!

Am 8. Mai, vor fünfzig Jahren,
War von den Siegern zu erfahren -
Und es blieb seit dem dabei -
Nur Gedanken, die sind frei.
Doch wer Recht und Wahrheit liebt,
Sich nicht damit zufrieden gibt!
Wir sehnen uns den Tag herbei:
Endlich deutsch sein - endlich frei!

- Unbekannt



Sie werden Dir sagen, das seist Du nicht,
und malen dir Farbe in Dein Gesicht
und lähmen mit Geld und Gaben den Mut,
doch in dir, da lebt noch das alte Blut.

Sie werden Dir sagen, dies sei vorbei,
was einstmals gewesen, ist Tanderadei.
Geschichte? Wie schlecht! Die Tage, wie dumm,
der Weg Deiner Herkunft war schmutzig und krumm.

Sie werden Dir´s sagen, bald glaubst es auch Du,
im Spiegel schaust Du Dir selbst nicht mehr zu,
jetzt bist Du der Ihre! Was willst Du noch mehr?
Sie sagen, du schenktest die Vaterschaft her.

Ach, was sie noch sagen, Du, höre es nicht
und wisch Dir die Farben aus Deinem Gesicht,
und schrei ihnen stolz, daß es keiner vergißt,
die Wahrheit ins Ohr, daß du Deutscher bist.

- Herbert Böhme




Holocaust stündlich im Internet
In jeder Zeitung flammend und fett,
zu jeder Minute,zu jeder Stunde
in jeder Stammtisch-und Talkshow-Runde.
Auf jedem Sender,auf allen Kanälen
In Chorgesängen aus vollen Kehlen.
Holocaust auf fast jeder Seite.
In allen Büchern,an der Tafel mit Kreide.
Im Babyzimmer,im Kindergarten,
Im Wartesaal und auf Klassenfahrten.
In Kneipen,Kinos,Theatern,Museen.
Interpretiert von Koryphäen.
Holocaust auf Straßen und Plätzen
Durch Flaschenpost in Fischernetzen
In Leuchtbuchstaben über den Hügeln.
Und Pflichtlektüre beim Häkeln und Bügeln.
Beim Kochen und Backen in den Küchen,
An der Wand in Form von Kalendersprüchen.
Des Vormittags beim Kartoffelschälen.
Vor´m Schlafengehn beim Märchenerzählen.
Vielfältig,preiswert auf Platten,Kassetten
Auf Bechern,Pokalen und Wanderplaketten.
Sowohl bei Verlierern als auch bei Siegern
Als Himmelsschrift,hinterlassen von Fliegern.
Holocaust-Stempel für multiplen Gebrauch
Als Farb-Tattoo für Rücken und Bauch.
Holocaust ringsum an den Banden
Von Fußballstadien in deutschen Landen
Aphorismen,Gedichte,Toastas und Reden
Zentraler Gedanke in allen Gebeten
Feierlich deklamiert vor dem Altar
Das "Nie-wieder-Gelöbnis" vom liebenden Paar.
Und auch beim Tragen über die Schwelle,
Geflüstert am Beichstuhl in der Kapelle,
eingehämmert in Hirne und Herzen
zur Schau getragen mit brennenden Kerzen.
Holocaust-Prüfung alle zwei Jahre.
Beginn in der Wiege,Schluß an der Bahre.

- Unbekannt

twoxego
10.07.2006, 21:55
da sind dir doch glatt einige fehler unterlaufen.

vor;
" Nie Gesinnungsschnüffelei ".

fehlen natürlich die zeilen;
" Ach, was sind wir doch so frei!

Weder Maulkorb noch Zensur "



der autor ist natürlich nicht unbekannt aber das weisst du ja schon.

für die, die es nicht wissen:


T.C. Rademacher / Schulz



mit deinem anderen nazikram werde ich nicht auch noch zeit verschwenden.

D-R
11.07.2006, 14:44
Der Herbstwind fährt übers Stoppelfeld,
Er weht über Acker und Brache.
Ein neues Jahrtausend beginnt in der Welt,
Du schlafendes Deutschland erwache!
Der Papst hockt in Rom auf seidenem Thron,
es hocken bei uns seine Pfaffen.
Was hat einer deutschen Mutter Sohn
Mit Papst und mit Pfaffen zu schaffen?
Man hat unsre Ahnen als Ketzer verbrannt,
der heuchelnden Kirche zur Ehre.
In Asiens Wüsten, im jüdischen Land,
Verbluteten deutsche Heere.
Rot floß die Aller von Sachsenblut,
Die Stedinger wurden erschlagen.
Als Ablaß wurde der Bauern Gut
Von Mönchen ins Welschland getragen.
Die Zeit verging - doch der Pfaffe blieb,
Dem Volke die Seele zu rauben.
Ob er’s römisch oder lutherisch trieb,
Er lehrte den jüdischen Glauben.
Doch nun sind die Jahre des Kreuzes vorbei,
Das Sonnenrad will sich erheben.
Wir werden aus eigener Kraft nur frei,
Dem Volke die Freiheit zu geben.
Wir brauchen zum Himmel die Mittler nicht,
Uns leuchten ja Sonne und Sterne;
Und Blut und Schwert und Sonnenlicht,
Sind Kompaß in jegliche Ferne.



Vater, mein Vater!
Ja, mein Sohn, was ist?
Vater, mein Vater!
Wie werde ich Rassist?

Nun - ein Rassist hält nichts von anderen Rassen.
Du müßtest, beispielsweise, Neger hassen.

Den Neger? Nein, den haß' ich nicht,
den dummen schwarzen Mohr.
Ich haß' doch keinen Stinkemann,
wie komm' ich mir da vor?

Nun gut, dann muß es eben anders gehen.
Wie ist's - willst du vielleicht Chinesen schmähen?

Den Chinamann? den schmäh' ich nicht!
Dies Schlitzaug gelb und feig
ist nicht mal wert, daß ich ihm keck
den blanken Hintern zeig'!

Das lehnst du ab? Dann mußt du danach trachten,
zumindest den Indianer zu verachten.

Die Rothaut? Die veracht' ich nicht,
die ist kein Mensch wie wir,
die steckt sich Federn an den Kopf,
treibt's schlimmer als ein Tier.

Na schön. Doch wie hältst du es mit dem Weißen?
Willst du auf ihn und seinesgleichen scheißen?

Den Weißen? Auf den scheiß' ich nicht,
er ist das Licht der Welt,
das die Kultur des Erdenballs
mit warmem Strahl erhellt!

Mein Sohn, ach mein Sohn!
Mein Vater, was ist?
Mein Sohn, ach mein Sohn,
du wirst nie ein Rassist!

Mein Vater, mein Vater,
warum werd' ich keiner?
Ach Heiner, meiner Kleiner,
du bist ja schon einer!

Ehrlich? Wie herrlich!

ps hmm,ist das jetzt zu rassistisch??(
na ich werd`s ja merken wenn`s verschwunden ist.gibt ja genug denunzianten hier.:rolleyes:

twoxego
11.07.2006, 14:53
warum nur ist es so schwer , wie es sich gehört, autoren anzugeben.
lernt man das heute nicht mehr ?
schon einmal etwas von urheberrechten gehört ?

D-R
11.07.2006, 15:11
warum nur ist es so schwer , wie es sich gehört, autoren anzugeben.
lernt man das heute nicht mehr ?
schon einmal etwas von urheberrechten gehört ?



ob das so gut wäre,bei meinen 2ten geschriebsel?:(

Feldwebel Schultz
11.07.2006, 20:26
Mein Lieblingsgedicht:

Reichston von Walter von der Vogelweide, im Orignal, versteht sich :)


Ich saz ûf eime steine
und dahte bein mit beine,
dar ûf satzt ich den ellenbogen;
ich hete in mîne hant gesmogen
daz kinne und ein mîn wange.
dô dâhte ich mir vil ange,
wie man zer werlte solte leben
deheinen rât kond ich gegeben,
wie man driu dinc erwurbe,
der keinez niht verdurbe.
diu zwei sind êre und varnde guot,
daz dicke ein ander schaden tuot;
das dritte ist gotes hulde,
der zweier übergulde.
die wolte ich gerne in einen schrîn.
jâ leider desn mac niht gesîn,
daz guot und weltlich êre
und gotes hulde mêre
zesamene in ein herze komen.
stîg unde wege sint in benomen:
untriuwe ist in der sâze,
gewalt vert ûf der strâze,
fride unde reht sint sêre wunt:
diu driu enhabent geleites niht,
diu zwei enwerden e gesunt.

Ich horte ein wazzer diezen
Und sach die vische flizen;
Ich sach, zwaz in der werlte was,
velt unde walt, loup, ror und gras;
swaz kriuchet unde fliuget
und bein zer erden biuget,
daz sach ich unde sage iu daz:
der keinez lebet ane haz.
Daz wilt und daz gewürme
Die stritent starke stürme,
samt tuont die vogel under in;
wan daz si habent einen sin:
sie diuhten sich zu nihte,
si'n schüefen starc gerihte:
sie kiesent künege unde reht,
sie setzent herren unde kneht.
so we dir, tiuschiu zunge,
Wie stet din ordenunge,
daz nu diu mugge ir künec hat,
und daz din ere also zergat!
Bekera dich bekere!
Die zirken sint ze here,
die armen künege dringent dich:
Phillipe setze en weisen uf und
heiz sie treten hinder sich!

prinzregent
11.07.2006, 20:52
Ich liebe sowohl die Lyrik, als auch das vertonte Lied hierzu ...


In einem kühlen Grunde

In einem kühlen Grunde,
Da geht ein Mühlenrad,
Mein' Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.

Sie hat mir Treu versprochen,
Gab mir ein'n Ring dabei,
Sie hat die Treu gebrochen,
Mein Ringlein sprang entzwei.

Ich möcht' als Spielmann reisen
Weit in die Welt hinaus,
Und singen meine Weisen
Und gehn von Haus zu Haus.

Ich möcht' als Reiter fliegen
Wohl in die blut'ge Schlacht,
Um stille Feuer liegen
Im Feld bei dunkler Nacht.

Hör' ich das Mühlrad gehen,
Ich weiß nicht, was ich will,
Ich möcht' am liebsten sterben,
Da wär's auf einmal still.

Joseph von Eichendorff (1788-1857)

bernhard44
26.08.2006, 10:02
Odins Runenlied

Ich weiß, daß ich hing am windigen Baum
Neun lange Nächte,
Vom Speer verwundet, dem Odin geweiht,
Mir selber ich selbst,
Am Ast des Baume, Dem man nicht ansehn kann,
Aus welcher Wurzel er sproß.

Sie boten mir nicht Brot noch Met;
Da neig`t ich mich nieder
Auf Runen sinnend, lernte sie seufzend:
Endlich fiel ich zur Erde.

Hauptlieder neun lern`t ich von dem weisen Sohn
Bölthorns, des Vaters Bestlas,
Und trank einen Trunk des teuren Mets,
Aus Odhrörir geschöpft.

Zu gedeihen begann ich und begann zu denken,
Wuchs und fühlte mich wohl.
Wort aus dem Wort verlieh mir das Wort.
Werk aus dem Werk verlieh mir das Werk.

Runen wirst du finden und Ratstäbe,
Sehr starke Stäbe,
Sehr mächtige Stäbe.
Erzredner ersann sie, Götter schufen sie,
Sie ritze der herhste der Herrscher.

Odin den Asen, den Alfen Dâin,
Dwalin den Zwergen,
Alswidr aber den Riesen; einige schnitt ich selbst.


Weißt du zu ritzen ? Weißt du zu erraten?
Weißt du zu finden? Weißt du zu erforschen?
Weißt du zu bitten? Weißt Opfer zu bieten?
Weißt du, wie man senden, weißt wie man tilgen soll?

Besser nicht gebetet, als zu viel geboten:
Die Gabe will stets Vergeltung.
So ritzt` es Thundr zur Richtschnur den Völkern.
Dahin entwich er, von wannen er ausging.

Lieder kenn` ich, die kann die Königin nicht
Und keines Menschen Kind.
Hilfe verheißt mir eins, denn helfen mag es
In Streiten und Zwisten und in allen Sorgen.

Ein andres weiß ich, des alle bedürfen,
Die heilkundig heißen.

Ein drittes weiß ich, des ich bedarf,
Meine Feinde zu fesseln.
Die Spitze stumpf`ich demWidersacher;
Mich verwunden nicht Waffen noch Listen.

Ein viertes weiß ich, wenn der Feind mir schlägt
In Bande die Bogen der Glieder,
So bald ich es singe, so bin ich ledig,
Von den Füßen fällt mir die Fessel,
Der Haft von den Händen.

Ein fünftes kann ich: fliegt ein Pfeil gefährdend
Übers Herr daher,
Wie hurtig er fliege, ich mag ihn hemmen,
Erschau` ich ihn nur mit dem Auge.

Ein sechstes kann ich, so wer mich versehrt
Mit harter Wurzel des Holzes:
Den andern allein, der mir es antut,
Verzehrt der Zauber, ich bleibe frei.

Ein siebentes weiß ich, wenn hoch der Saal steht
Über den Leuten in Lohe,
Wie breit sie schon brenne, ich berge sie noch:
Den Zauber weiß ich zu zaubern.

Ein achtes weiß ich, das allen wäre
Nützlich und nötig:
Wo unter Helden Hader entbrennt,
Da mag ich schnell ihn schlichten.

Ein neuntes weiß ich, wenn Not mir ist
Vor der Flut das Fahrzeug zu bergen,
So wend` ich den Wind von den Wogen ab
Und beschwichtige rings die See.

Ein zehntes kann ich, wenn Zaunreiterinnen
Durch die Lüfte lenken,
So wirk` ich so, das sie wirre zerstäuben
Und als Gespenster schwinden.

Ein elftes kann ich, wenn ich zum Angriff soll
Die treuen Freunde führen,
In den Schild sing` ich`s so ziehen sie siegreich,
Heil in den Kampf, heil aus dem Kampf,
Bleiben heil, wohin sie ziehn.

Ein zwölftes kann ich, wo am Zweige hängt
Vom Strang erstickt ein Toter,
Wie ich ritze das Runenzeichen,
So kommt der Mann und spricht mit mir.

Ein dreizehntes kann ich, soll ich ein Degenkind
In die Taufe tauchen,
So mag er nicht fallen im Volksgefecht,
Kein Schwert mag ihn versehren.

Ein vierzehntes kann ich, soll ich dem Volke
Der Götter Namen nennen,
Asen und Elfen kenn` ich allzumal;
Wenige sind so weise.

Ein fünfzehntes kann ich, das Volkrörir der Zwer
Vor Dellings Schwelle sang;
Den Asen Stärke, den Alfen Gedeihn,
Hohe Weisheit dem Hroptatyr.

Ein sechzehntes kann ich, will ich schöner Maid
In Lieb und Luft mich freuen,
Den Willen wandl` ich der Weißarmigen,
Daß ganz ihr Sinn sich mir gesellt.

Ein siebzehntes kann ich, daß schwerlich wieder
Die holde Maid mich meidet.
Dieser Lieder, magst du, Loddfafnir,
Lange ledig bleiben.
Doch wohl dir, weißt du sie,
Heil dir, behälst du sie,
Selig, singst du sie!

Ein achtzehntes weiß ich, das ich aber nicht singe
Vor Maid noch Mannesweibe
Als allein vor ihr, die mich umarmt,
Oder sei es, meiner Schwester.
Besser ist, was einer nur weiß;
So frommt das Lied mir lange.

Des Hohen Lied ist gesungen
In des Hohen Halle,
Den Erdensöhnen not, unnütz den Riesensöhnen.
Wohl ihm, der es kann, wohl ihm, der es kennt,
Lange lebt, der es erlernt,
Heil allen, die es hören.

Würfelqualle
26.08.2006, 10:32
Wilhelm Busch

Die Rache des Elefanten


Den Elefanten sieht man da
Spazierengehn in Afrika.


Gemütlich geht er zur Oase
Und trinkt vermittelst seiner Nase.


Ein Mohr, aus Bosheit und Pläsier,
Schießt auf das Elefantentier.


Da dreht der Elefant sich um
Und folgt dem Neger mit Gebrumm.


Vergebens rennt der böse Mohr,
Der Elefant faßt ihn beim Ohr.


Er zieht ihn unter Weh und Ach
Zu einem nahen Wasserbach.


Da taucht er ihn ganz munter
Mit seinem Rüssel unter.


Den Mohren hätte unterdessen
Beinah das Krokodil gefressen.


Nun aber spritzt den Negersmann
Der Elefant mit Wasser an.


Er hebt ihn bei den Hosen auf
Und trägt ihn fort in schnellem Lauf.


Und wirft ihn in ein Kaktuskraut;
Der Kaktus sticht, der Mohr schreit laut.


Der Elefant geht still nach Haus,
Der Mohr sieht wie ein Kaktus aus.


:cool:


Gruss vonne Würfelqualle

Ka0sGiRL
04.10.2006, 22:57
Könnte sein, dass wir das Thema schon mal hatten, aber ich konnte es nicht finden. Daher ein neuer Anlauf.

Welche Gedichte gefallen euch am besten?

Mein Favorit ist der Erlkönig. Von dem war ich schon als Kind total fasziniert und tief bewegt.



Wer reitet so spät durch Nacht und Wind?
Es ist der Vater mit seinem Kind.
Er hat den Knaben wohl in dem Arm,
Er faßt ihn sicher, er hält ihn warm.
2. Mein Sohn, was birgst du so bang dein Gesicht?
Siehst Vater, du den Erlkönig nicht!
Den Erlenkönig mit Kron' und Schweif?
Mein Sohn, es ist ein Nebelstreif.

Du liebes Kind, komm geh' mit mir!
Gar schöne Spiele, spiel ich mit dir,
Manch bunte Blumen sind an dem Strand,
Meine Mutter hat manch gülden Gewand.

Mein Vater, mein Vater, und hörest du nicht,
Was Erlenkönig mir leise verspricht?
Sei ruhig, bleibe ruhig, mein Kind,
In dürren Blättern säuselt der Wind.

Willst feiner Knabe du mit mir geh'n?
Meine Töchter sollen dich warten schön,
Meine Töchter führen den nächtlichen Reihn
Und wiegen und tanzen und singen dich ein.

Mein Vater, mein Vater, und siehst du nicht dort
Erlkönigs Töchter am düsteren Ort?
Mein Sohn, mein Sohn, ich seh'es genau:
Es scheinen die alten Weiden so grau.

Ich lieb dich, mich reizt deine schöne Gestalt,
Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt!
Mein Vater, mein Vater, jetzt faßt er mich an,
Erlkönig hat mir ein Leids getan.

Dem Vater grauset's, er reitet geschwind,
Er hält in den Armen das ächzende Kind,
Erreicht den Hof mit Mühe und Not,
In seinen Armen das Kind war tot.


Johann Wolfgang von Goethe


http://content.answers.com/main/content/wp/en/thumb/0/02/250px-Erl_king_sterner.jpg

Hagen von Tronje
04.10.2006, 23:53
Du hättest nur mal auf der zweiten Seite nachsehen müssen, Ka0sGiRL. ;)

http://politikforen.de/showthread.php?t=24341

Geronimo
05.10.2006, 00:10
Ich komm´,ich weiss nicht woher,
ich bin, ich weiss nicht wer,
ich geh´, ich weiss nicht wohin,
ich weiss nicht, warum ich so fröhlich bin.

Francois Villon, ca. 1450

Wird auf meinem Grabstein stehen.
Geronimo

Ka0sGiRL
05.10.2006, 08:00
Du hättest nur mal auf der zweiten Seite nachsehen müssen, Ka0sGiRL. ;)

http://politikforen.de/showthread.php?t=24341


Danke Hagen. Hab die Themen zusammengeführt.

Ka0sGiRL
05.10.2006, 08:05
Gedichte aus der neueren Zeit, wie sie hier gepostet wurden, sind ein Dreck gegen das was die alten Meister imstande waren zu Papier zu bringen. Ganz übel finde ich das Teil mit dem deutschen Mädchen. Meine Güte, was ein Mist!

Ka0sGiRL
05.10.2006, 08:06
Ich liebe sowohl die Lyrik, als auch das vertonte Lied hierzu ...


In einem kühlen Grunde

In einem kühlen Grunde,
Da geht ein Mühlenrad,
Mein' Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.

Sie hat mir Treu versprochen,
Gab mir ein'n Ring dabei,
Sie hat die Treu gebrochen,
Mein Ringlein sprang entzwei.

Ich möcht' als Spielmann reisen
Weit in die Welt hinaus,
Und singen meine Weisen
Und gehn von Haus zu Haus.

Ich möcht' als Reiter fliegen
Wohl in die blut'ge Schlacht,
Um stille Feuer liegen
Im Feld bei dunkler Nacht.

Hör' ich das Mühlrad gehen,
Ich weiß nicht, was ich will,
Ich möcht' am liebsten sterben,
Da wär's auf einmal still.

Joseph von Eichendorff (1788-1857)



Wunderschön!

Safrankova
05.10.2006, 09:08
Die Kamille (Theodor Kramer):

Dünner Rausch steigt aus den *******n
dumpf verschwebt der Pfiff der Bahn;
keiner von den vielen Funken,
die in's spröde Gras gesunken
sind, hat ihr noch was getan.

Willst du mich am Abend sehen,
warte nicht im Stiegenhaus;
komm im ersten leichten Schatten
der die Holpern längs der Latten
schwach noch sehen läßt, hinaus.

Scherbenzaun, Gestäng und Halle
sind im Finstern mir nicht fern;
einsam weist die lange Reihe
der Signale grün ins Freie
und am Himmel schwingt ein Stern.

Rührst du leicht an meine Schulter,
steht ein Schein blaß auf und glüht
und ich pflück dir in der Stille,
die süß duftet die Kamille,
die für uns verschattet blüht.

(wurde vertont von "Zupfgeigenhansel", 1985)

Stechlin
06.10.2006, 16:29
Im schönsten Wiesengrunde


1. Im schönsten Wiesengrunde ist meiner Heimat Haus,
da zog ich manche Stunde ins Tal hinaus.
Dich, mein stilles Tal, grüß ich tausend mal!
Da zog ich manche Stunde ins Tal hinaus.

2. Wie Teppich reich gewoben, steht mir die Flur zur Schau;
O Wunderbild, und oben des Himmels Blau.
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
O Wunderbild, und oben des Himmels Blau.

3. Herab von sonn'ger Halde ein frischer Odem zieht;
Es klingt aus nahem Walde der Vögel Lied.
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Es klingt aus nahem Walde der Vögel Lied.

4. Die Blume winkt dem Schäfer mit Farbenpracht und Duft;
Den Falter und den Käfer zu Tisch sie ruft.
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Den Falter und den Käfer zu Tisch sie ruft.

5. Das Bächlein will beleben den heimlich trauten Ort;
Da kommt´s durch Wiesen eben und murmelt fort.
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Da kommt´s durch Wiesen eben und murmelt fort.

6. Das blanke Fischlein munter schwimmt auf und ab im Tanz;
Rings strahlen tausend Wunder im Sonnenglanz.
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Rings strahlen tausend Wunder im Sonnenglanz.

7. Wie schön der Knospen Springen, des Tau's Kristall im Licht!
Wollt ich es alles singen - ich könnt es nicht!
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Wollt ich es alles singen - ich könnt es nicht!

8. Kommt, kommt der Tisch der Gnaden winkt reichlich überall;
Kommt, all' seid ihr geladen ins stille Tal!
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Kommt, all' seid ihr geladen ins stille Tal!

9. Wie froh sind da die Gäste! da ist nicht Leid noch Klag';
Da wird zum Friedensfeste ein jeder Tag!
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Da wird zum Friedensfeste ein jeder Tag!

10. Wie sieht das Aug so helle im Buche der Natur!
Der reinsten Freuden Quelle springt aus der Flur.
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Der reinsten Freuden Quelle springt aus der Flur.

11. Hier mag das Herz sich laben am ew´gen Festaltar;
Kommt, bringet Opfergaben mit Jubel dar!
Dich mein stilles Tal grüß ich tausendmal!
Kommt, bringet Opfergaben mit Jubel dar!

12. Muss aus dem Tal jetzt scheiden, wo alles Lust und Klang;
das ist mein herbstes Leiden, mein letzten Gang.
Dich, mein stilles Tal, grüß ich tausendmal!
Das ist mein herbstes Leiden, mein letzter Gang.

13. Sterb ich, in Tales Grunde will ich begraben sein;
singt mir zum letzten Stunde beim Abendschein:
Dich, mein stilles Tal, grüß ich tausendmal!
Singt mir zur Ietzten Stunde beim Abendschein!


Worte: Wilhelm Ganzhorn (um 1851)
Weise: nach dem um 1830 aus älteren Liedfragmente entstandenen Volkslied "Drei Lilien"

Rikimer
06.10.2006, 20:10
Mir gefällt neben das Runenlied und Nietzsches "Unter Feinden" folgendes Gedicht am besten:


Der Gott, der Eisen wachsen ließ

Der Gott, der Eisen wachsen ließ,

der wollte keine Knechte,

drum gab er Säbel, Schwert und Spieß

dem Mann in seine Rechte,

drum gab er ihm den kühnen Mut,

den Zorn der freien Rede,

dass er bestände bis aufs Blut,

bis in den Tod die Fehde.


So wollen wir, was Gott gewollt,

mit rechten Treuen halten

und nimmer um Tyrannensold

die Menschenschädel spalten.

Doch wer für Schand und Tande ficht,

den hauen wir in Scherben,

der soll im deutschen Lande nicht

mit deutschen Männern erben!


O Deutschland heil’ges Vaterland,

o deutsche Lieb’ und Treue!

Du hohes Land, du schönes Land,

wir schwören dir aufs Neue:

Dem Buben und dem Knecht die Acht,

der speise Kräh’n und Raben!

So ziehen wir aus zur Hermannsschlacht

Und wollen Rache haben.


Lasst brausen, was nur brausen kann,

in hellen, lichten Flammen!

Ihr Deutsche alle Mann für Mann,

zum heil’gen Krieg zusammen!

Und hebt die Herzen himmelan

Und himmelan die Hände,

und rufet alle Mann für Mann:

Die Knechtschaft hat ein Ende.


Lasst wehen, was nur wehen kann,

Standarten weh’n und Fahnen,

wir wollen heut uns Mann für Mann

zum Heldentod ermahnen.

Auf! Fliege hohes Siegspanier,

voran den kühnen Reihen!

Wir siegen oder sterben hier

Den süßen Tod der freien.

Ernst Moritz Arndt

WALDSCHRAT
07.10.2006, 02:37
Versuche einmal heute, eine Gesamtausgabe der Gedichte oder des Gesamtwerkes von Ernst Moritz Arndt im Buchhandel zu erwerben. Ich meine, mit "normaler" ISBN.

Sie wollen auch die UNI in Greifswald wieder umbenennen!

Unsere Systempolitiker in absoluter Einigkeit mit den Studentenverbänden!

Da weiß man dann, wo wir in unserer Gesellschaft inzwischen stehen!!! Die Frankfurter Rote Schule und die 68 er haben ganze Arbeit geleistet!!!



Gruß

Henning

Geronimo
07.10.2006, 02:40
Versuche einmal heute, eine Gesamtausgabe der Gedichte oder des Gesamtwerkes von Ernst Moritz Arndt im Buchhandel zu erwerben. Ich meine mit "normaler" ISBN.

Sie wollen auch die UNI in Greifswald wieder umbenennen!

Unsere Systempolitiker in reger Einigschaft mit den Studentenverbänden!

Da weiß man dann, wo wir in unserer Gesellschaft inzwischen stehen!!! Die Frankfurter Rote Schule und die 68 er haben ganze Arbeit geleistet!!!



Gruß

Henning

Das JG 74 "Mölders" lässt grüssen!

Gero
ehem. Hptlg. der LW

Something Wicked
08.10.2006, 00:10
Versuche einmal heute, eine Gesamtausgabe der Gedichte oder des Gesamtwerkes von Ernst Moritz Arndt im Buchhandel zu erwerben. Ich meine, mit "normaler" ISBN.

Sie wollen auch die UNI in Greifswald wieder umbenennen!

Unsere Systempolitiker in absoluter Einigkeit mit den Studentenverbänden!

Da weiß man dann, wo wir in unserer Gesellschaft inzwischen stehen!!! Die Frankfurter Rote Schule und die 68 er haben ganze Arbeit geleistet!!!


Kann nicht wenigstens dieser Thread frei von politischen Stammtischparolen und bis zum Erbrechen wiederholten Phrasen bleiben?

Ich gehe mal mit gutem Beispiel voran:



On The Hurry Of This Time

With slower pen men used to write,
Of old, when "letters" were "polite";
In Anna's or in George's days,
They could afford to turn a phrase,
Or trim a struggling theme aright.

They knew not steam; electric light
Not yet had dazed their calmer sight; -
They meted out both blame and praise
With slower pen.

Too swiftly now the Hours take flight!
What's read at morn is dead at night:
Scant space have we for Art's delays,
Whose breathless thought so briefly stays,
We may not work - ah! would we might! -
With slower pen.

Henry Austin Dobson (http://en.wikipedia.org/wiki/Henry_Austin_Dobson), 1882

Gerade mit Blick auf unsere heutige Welt recht amüsant -- und so voll Wahrheit.

Tralala
09.10.2006, 17:14
Von Heinrich Heine - Die schlesischen Weber

Im düstern Auge keine Träne,
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen,
Der den letzten Groschen von uns erpreßt,
Und uns wie Hunde erschießen läßt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt -
Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht -
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch,
Wir weben, wir weben!

Schönes politisches Gedicht aus der Sichtweise des kleinen Mannes.

Stechlin
09.10.2006, 17:37
Von Heinrich Heine - Die schlesischen Weber

Im düstern Auge keine Träne,
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen,
Der den letzten Groschen von uns erpreßt,
Und uns wie Hunde erschießen läßt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt -
Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht -
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch,
Wir weben, wir weben!

Schönes politisches Gedicht aus der Sichtweise des kleinen Mannes.

In der Tat, unser Tralala ist ein echter Kulturkämpfer. Meine Anerkennung für die Wahl dieses politisch bedeutsamen und vor allem immer noch aktuellen Gedichtes. Mit Heine liegt man immer richtig.

Black Hawk
09.10.2006, 18:58
Ich liebe sowohl die Lyrik, als auch das vertonte Lied hierzu ...


In einem kühlen Grunde

In einem kühlen Grunde,
Da geht ein Mühlenrad,
Mein' Liebste ist verschwunden,
Die dort gewohnet hat.

Sie hat mir Treu versprochen,
Gab mir ein'n Ring dabei,
Sie hat die Treu gebrochen,
Mein Ringlein sprang entzwei.

Ich möcht' als Spielmann reisen
Weit in die Welt hinaus,
Und singen meine Weisen
Und gehn von Haus zu Haus.

Ich möcht' als Reiter fliegen
Wohl in die blut'ge Schlacht,
Um stille Feuer liegen
Im Feld bei dunkler Nacht.

Hör' ich das Mühlrad gehen,
Ich weiß nicht, was ich will,
Ich möcht' am liebsten sterben,
Da wär's auf einmal still.

Joseph von Eichendorff (1788-1857)

Die Romantik ist wohl meine Lieblingsepoche.:)

Der Patriot
09.10.2006, 19:49
Der Gott, der Eisen wachsen ließ
von Ernst Moritz Arndt

Der Gott, der Eisen wachsen ließ,
der wollte keine Knechte,
drum gab er Säbel, Schwert und Spieß
dem Mann in seine Rechte,
drum gab er ihm den kühnen Mut,
den Zorn der freien Rede,
dass er bestände bis aufs Blut,
bis in den Tod die Fehde.

So wollen wir, was Gott gewollt,
mit rechten Treuen halten
und nimmer um Tyrannensold
die Menschenschädel spalten.
Doch wer für Schand und Tande ficht,
den hauen wir in Scherben,
der soll im deutschen Lande nicht
mit deutschen Männern erben!

O Deutschland heil’ges Vaterland,
o deutsche Lieb’ und Treue!
Du hohes Land, du schönes Land,
wir schwören dir aufs Neue:
Dem Buben und dem Knecht die Acht,
der speise Kräh’n und Raben!
So ziehen wir aus zur Hermannsschlacht
Und wollen Rache haben.

Lasst brausen, was nur brausen kann,
in hellen, lichten Flammen!
Ihr Deutsche alle Mann für Mann,
zum heil’gen Krieg zusammen!
Und hebt die Herzen himmelan
Und himmelan die Hände,
und rufet alle Mann für Mann:
Die Knechtschaft hat ein Ende.
Lasst wehen, was nur wehen kann,

Standarten weh’n und Fahnen,
wir wollen heut uns Mann für Mann
zum Heldentod ermahnen.
Auf! Fliege hohes Siegspanier,
voran den kühnen Reihen!
Wir siegen oder sterben hier
Den süßen Tod der freien.

Heute aktuell wie damals!

Klopperhorst
09.10.2006, 20:04
Wer viel hat,
Der wird auch noch
Sehr viel dazu bekommen

Wer wenig hat,
Dem wird auch noch
Das wenige genommen

Wenn du aber gar nichts hast,
Ach, so lasse dich begraben

Denn ein Recht zum Leben Lump
Haben nur die etwas haben

(Heine)


---

marc
15.11.2006, 00:52
ich hab so viele lieblingsgedichte - ich poste einfach mal ein paar. zwingt euch ja keiner, alle auf einmal zu lesen.

fangen wir mit was lustigem und ziemlich inkorrekten an :D ;)

Ludwig Uhland: Der wackere Schwabe

Als Kaiser Rotbart lobesam
zum heil'gen Land gezogen kam,
da mußt er mit dem frommen Heer
durch ein Gebirge wüst und leer.
Daselbst erhub sich große Not,
viel Steine gab's und wenig Brot,
und mancher deutsche Reitersmann
hat dort den Trunk sich abgetan;
den Pferden war's so schwer im Magen,
fast mußte der Reiter die Mähre tragen.

Nun war ein Herr aus Schwabenland,
von hohem Wuchs und starker Hand,
des Rößlein war so krank und schwach,
er zog es nur am Zaume nach;
er hätt' es nimmer aufgegeben,
und kostet's ihn das eigne Leben.
So blieb er bald ein gutes Stück
hinter dem Heereszug zurück;
da sprengten plötzlich in die Quer
fünfzig türkische Ritter daher.

Die huben an auf ihn zu schießen,
nach ihm zu werfen mit den Spießen.
Der wackre Schwabe forcht sich nit,
ging seines Weges Schritt vor Schritt,
ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken
und tät nur spöttisch um sich blicken,
bis einer, dem die Zeit zu lang,
auf ihn den krummen Säbel schwang.

Da wallt dem Deutschen auch sein Blut,
er trifft des Türken Pferd so gut,
er haut ihm ab mit einem Streich
die beiden Vorderfüß' zugleich.
Als er das Tier zu Fall gebracht,
da faßt er erst sein Schwert mit Macht,
er schwingt es auf des Reiters Kopf,
haut durch bis auf den Sattelknopf,
haut auch den Sattel noch zu Stücken
und tief noch in des Pferdes Rücken;
zur Rechten sieht man wie zur Linken,
einen halben Türken heruntersinken.

Da packt die andern kalter Graus;
sie fliehen in alle Welt hinaus,
und jedem ist's, als würd' ihm mitten
durch Kopf und Leib hindurchgeschnitten.
Drauf kam des Wegs 'ne Christenschar,
die auch zurückgeblieben war;
die sahen nun mit gutem Bedacht,
was Arbeit unser Held gemacht.

Von denen hat's der Kaiser vernommen.
Der ließ den Schwaben vor sich kommen;
er sprach: »Sag an, mein Ritter wert!
Wer hat dich solche Streich' gelehrt?«
Der Held bedacht sich nicht zu lang:
»Die Streiche sind bei uns im Schwang;
sie sind bekannt im ganzen Reiche,
man nennt sie halt nur Schwabenstreiche.
__________________________________

ee cummings
somewhere i have never travelled

somewhere i have never travelled, gladly beyond
any experience, your eyes have their silence:
in your most frail gesture are things which enclose me,
or which i cannot touch because they are too near

your slightest look easily will unclose me
though i have closed myself as fingers,
you open always petal by petal myself as Spring opens
(touching skilfully, mysteriously) her first rose

or if your wish be to close me, i and
my life will shut very beautifully, suddenly,
as when the heart of this flower imagines
the snow carefully everywhere descending;

nothing which we are to perceive in this world equals
the power of your intense fragility: whose texture
compels me with the color of its countries,
rendering death and forever with each breathing

(i do not know what it is about you that closes
and opens; only something in me understands
the voice of your eyes is deeper than all roses)
nobody, not even the rain, has such small hands

__________________________________________

Ohne dich

Nicht nichts
ohne dich
aber nicht dasselbe

Nicht nichts
ohne dich
aber vielleicht weniger

Nicht nichts
aber weniger
und weniger

Vielleicht nicht nichts
ohne dich
aber nicht mehr viel

erich fried

_____________

Der Panther
Rainer Maria Rilke

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein grosser Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.


Epitaph für M.

Den Haien entrann ich
Die Tiger erlegte ich
Aufgefressen wurde ich
Von den Wanzen

-Bert Brecht

________________________________

Thomas Bernhard:

Wild wächst die Blume meines Zornes

Die Blume meines Zornes wächst so wild
und jeder sieht den Dorn
der in den Himmel sticht
das Blut aus meiner Sonne tropft -
es wächst die Blume meiner Bitternis
heraus aus diesem Gras
das meine Füße wäscht
mein Brot
o Herr
die eitle Blume
die im Rad der Nacht erstickt
die Blume meines Weizens
Herr
die Blume meiner Seele
Herr
mein Gott
verachte mich
ich bin von dieser Blume krank
die rot im Hirn mir blüht und
über meinem
Leiden
_______________

bukowski: beer

I don't know how many bottles of beer
I have consumed while waiting for things
to get better
I dont know how much wine and whisky
and beer
mostly beer
I have consumed after
splits with women-
waiting for the phone to ring
waiting for the sound of footsteps,
and the phone to ring
waiting for the sounds of footsteps,
and the phone never rings
until much later
and the footsteps never arrive
until much later
when my stomach is coming up
out of my mouth
they arrive as fresh as spring flowers:
"what the hell have you done to yourself?
it will be 3 days before you can fuck me!"

the female is durable
she lives seven and one half years longer
than the male, and she drinks very little beer
because she knows its bad for the figure.

while we are going mad
they are out
dancing and laughing
with horney cowboys.

well, there's beer
sacks and sacks of empty beer bottles
and when you pick one up
the bottle fall through the wet bottom
of the paper sack
rolling
clanking
spilling gray wet ash
and stale beer,
or the sacks fall over at 4 a.m.
in the morning
making the only sound in your life.

beer
rivers and seas of beer
the radio singing love songs
as the phone remains silent
and the walls stand
straight up and down
and beer is all there is.

____________

ernst jandl

lichtung

manche meinen
lechts und rinks
kann man nicht
velwechsern
werch ein illtum

lobentanz
15.11.2006, 02:11
Ludwig Uhland
1787 - 1808
König Karls Meerfahrt

Der König Karl fuhr übers Meer
mit seinen zwölf Genossen,
zum heil'gen Lande steuert er
und ward vom Sturm verstoßen.

Da sprach der kühne Held Roland:
"Ich kann wohl fechten und schirmen;
doch hält mir diese Kunst nicht stand
vor Wellen und vor Stürmen."

Dann sprach Herr Holger aus Dänemark:
"Ich kann die Harfe schlagen;
was hilft mir das, wenn all so stark
die Wind' und Wellen jagen?"

Herr Oliver war auch nicht froh;
er sah auf seine Wehre:
"Es ist mir um mich selbst nicht so,
wie um die alte Kläre."

Dann sprach der schlimme Ganelon
(er sprach es nur verstohlen):
"Wär ich mit guter Art davon,
möcht euch der Teufel holen!"

Erzbischof Turpin seufzte sehr;
"Wir sind die Gottesstreiter;
komm, liebster Heiland, übers Meer
und führ uns gnädig weiter!"

Graf Richard Ohnefurcht hub an:
"Ihr Geister aus der Hölle,
ich hab euch manchen Dienst getan;
jetzt helft mir von der Stelle!"

Herr Naimes diesen Ausspruch tat;
"Schon vielen riet ich heuer,
doch süßes Wasser und guter Rat
sind oft zu Schiffe teuer."

Da sprach der graue Herr Riol:
"Ich bin ein alter Degen
und möchte meinen Leichnam wohl
dereinst ins Trockne legen."

Es war Herr Gui, ein Ritter fein,
der fing wohl an zu singen:
"Ich wollt, ich währ ein Vögelein:
wollt mich zur Liebsten schwingen."

Da sprach der edle Graf Garein:
"Gott helf uns aus der Schwere!
Ich trink viel lieber roten Wein,
als Wasser in dem Meere."

Her Lambert sprach, ein Jüngling frisch:
"Gott woll uns nicht vergessen!
Eß lieber selber guten Fisch,
statt daß mich Fische fressen."

Da sprach Herr Gottfried lobesam:
"Ich laß mir's halt gefallen;
man richte mir nicht anders an,
als meinen Brüdern allen."

Der König Karl am Steuer saß;
der hat kein Wort gesprochen,
er lenkt das Schiff mit festem Maß,
bis sich der Sturm gebrochen.

Freikorps
15.11.2006, 06:13
Christian Morgenstern - "verkehrte Welt"

Dunkel war's der Mond schien helle,
Schnee bedeckt die grüne Flur
als ein Auto blitzeschnelle,
langsam um die Ecke fuhr.

Drinnen saßen stehend Leute,
schweigend ins Gespräch vertieft,
als ein totgeschossner Hase,
auf der Sandbank Schlittschuh lief.

Und der Wagen fuhr im Trabe,
rückwärts einen Berg hinauf.
Droben zog ein alter Rabe
grade eine Turmuhr auf.

Ringsumher herrscht tiefes schweigen
und mit fürchterlichem Krach,
spielen in des Grases Zweigen
zwei Kamele lautlos Schach.

Und auf einer roten Parkbank,
die blau angestrichen war,
saß ein blondgelockter Jüngling
mit kohlrabenschwarzem Haar.

Neben ihm ne alte Schrulle,
zählte kaum erst 16 Jahr,
In der Hand ne' Butterstulle,
die mit Schmalz bestrichen war.

Droben auf dem Apfelbaume,
der sehr süße Birnen trug,
hing des Frühlings letzte Pflaume
und an Nüssen noch genug.

Von der regennassen Straße
wirbelte der Staub empor
und der Junge bei der Hitze
mächtig an den Ohren fror.

Beide Hände in den Taschen
hielt er sich die Augen zu.
Denn er konnte nicht ertragen,
wie nach Veilchen roch die Kuh.

Holder Engel, süßer Bengel,
furchtbar liebes Trampeltier.
Du hast Augen wie Sardellen,
alle Ochsen gleichen Dir.

Und zwei Fische liefen munter,
durch das Blaue Kornfeld hin.
Endlich ging die Sonne unter
und der graue Tag erschien.

Und das alles dichtet Goethe
Als er in der Morgenröte
Liegend auf dem Nachttopf saß
Und dabei die Zeitung las.

Freikorps
15.11.2006, 08:02
Große Einladung

Morgens sprach Herr Sellerie:
"Heut zu Mittag oder nie
lad ich die Verwandtschaft ein -
einmal muss es ja doch sein!"
Vettern, Tanten, Nichten, kamen
gleich herbei, das sind die Namen:
Frau Tomate, Herr von Lauch,
Fräulein Petersilie auch,
alle drei Gebrüder Kohl,
Weißkohl, Rotkohl, Blumenkohl,
Frau Kartoffel, Frau Karotte;
und im großen Suppenpotte
fielen sie sich in die Arme,
drückten sich ans Herz, ans warme,
summten leis das Suppenlied -
hört ihr's? Guten Appetit!

Hans Baumann

Das war das erste Gedicht, daß ich in meiner Grundschulzeit in Bayern auswendig lernen durfte, aus irgendeinem Grund kann ichs heute noch. Komisch, was für Nebensächlichkeiten doch hängen bleiben, während andere, wichtigere Dinge in der Versenkung verschwinden.

Quo vadis
15.11.2006, 22:32
Konrad Windisch

Deutschland

Durch Fabrikrauch und Auspuffgase,
über Speisekarten und Reisebroschüren hinweg
laß Dir sagen, daß ich Dich liebe, Deutschland.

Sie haben Dich furchtbar verstümmelt und gefesselt,
aber das Schlimmste: sie haben Dir in Deinem Elend
noch ein Narrengewand angezogen
und einen Schandblock um den Hals gehängt.

Jetzt mußt Du tanzen nach dem Geklimper von Euro und Dollar.
Du, verspottet und elend, genarrt und verhöhnt,
behängt mit Flitter und geschmückt mit Dornen,
laß Dir sagen: Ich liebe Dich.

Nicht nur, wo Du rein bist, in Deinen Wäldern,
auf Deinen Bergen und Deinen unberührten Küsten
oder in den Augen Deiner Dir Treuen -
nicht nur dort liebe ich Dich.

Auch, wo man Dir - Heimat der Stille - tosenden Lärm aufzwingt,
auch, wo man Dich - Heimat der Denker - des Geistes beraubt,
auch, wo man Dich - Heimat des Mutes - feige macht,
dort, wo Du Dich Deiner am meisten schämst, liebe ich Dich.

Siehe, mit Dir wollen wir alles ertragen,
die verlorene Krone suchen und sie Dir voller Erfurcht wiedergeben.

Mit Dir sind wir niemals allein,
durch uns sollst Du die Tränen vergessen.

In der Stunde Deines tiefsten Elends,
dürftig verborgen durch Neon und Chrom,
sind jene bei Dir, die Dein Elend am härtesten trifft.
Sie lieben Dich, Deutschland.

Magst Du den anderen erbärmlich und klein,
gering und verdorben erscheinen -
uns bist Du Vater und Mutter zugleich.

Unsere Liebe sei Dir ein Trost.
Wir haben Dir nichts zu verzeihen,
verzeihe Du uns, daß wir zu schwach sind,
Deine Ketten zu sprengen und den Dich umgebenden Tand zu verbrennen.

Schenk uns die Kraft deiner Ewigkeit,
wir geben Dir alles, was uns verblieb.

Denn wir lieben Dich, Deutschland.

Rheinlaender
16.11.2006, 16:19
Das Fräulein stand am Meere


Das Fräulein stand am Meere
Und seufzte lang und bang,
Es rührte sie so sehre
Der Sonnenuntergang.

"Mein Fräulein! Sein Sie munter,
Das ist ein altes Stück;
Hier vorne geht sie unter
Und kehrt von hinten zurück."

Heinrich Heine

marc
16.11.2006, 16:30
oh, von heine fällt mir auch noch ein schönes ein

Deine weichen Lilienfinger

Deine weißen Lilienfinger
Könnt' ich sie noch einmal küssen
Und sie drücken an mein Herz,
Und vergehn im stillen Weinen!

Deine klaren Veilchenaugen
Schweben vor mir Tag und Nacht
Und mich qäult es: was bedeuten
Diese süßen, blauen Rätsel.

marc
28.12.2006, 23:08
der tod ist groß
und wir sind die seinen
auch lachenden mundes
auch tanzenden schritts
und wenn wir noch mitten
im leben uns meinen
da wagt er zu weinen
in uns

(r.m. rilke)

Teutone
29.12.2006, 15:32
Volksmund um 1947

Willkommene Befreier
Ihr nehmt uns die Eier
Die Milch und die Butter.
Das Vieh samt dem Futter.
Und Uhren, Ringe
und sonstige Dinge
Befreit uns von allem
Maschinen und Hallen
Züge und Gleise
Nehmt mit auf die Reise.

Von all diesem Plunder
Habt ihr uns befreit
Wir weinen vor Freude,
Wie nett Ihr doch seid.
Wie schlimm war's doch früher,
Wie schön ist's doch heut'
Willkommen, ihr Befreier,
Ihr herrlichen Leut'!
Willkommen, ihr Befreier,
Ihr herrlichen Leut'!

marc
29.12.2006, 17:44
der tod ist groß
und wir sind die seinen
auch lachenden mundes
auch tanzenden schritts
und wenn wir noch mitten
im leben uns meinen
da wagt er zu weinen
in uns

(r.m. rilke)

und das thema aus der sicht des großartigen robert gernhardts

Ich bin viel krank
Ich lieg viel wach
Ich hab viel Furcht
Ich denk viel nach:
Tu nur viel klug!

Bringt nicht viel ein.
War einst viel groß
Bist jetzt viel klein
Was einst viel Glück.
Ist jetzt viel Not

Bist jetzt viel schwach
Wirst bald viel tot

Stechlin
29.12.2006, 19:09
Friedrich Schiller

DIE BÜRGSCHAFT

Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich,
den Dolch im Gewande:
Ihn schlugen die Häscher in Bande,
"Was wolltest du mit dem Dolche? sprich!"
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
"Die Stadt vom Tyrannen befreien!"
"Das sollst du am Kreuze bereuen."

"Ich bin", spricht jener, "zu sterben bereit
Und bitte nicht um mein Leben:
Doch willst du Gnade mir geben,
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,
Ihn magst du, entrinn' ich, erwürgen."

Da lächelt der König mit arger List
Und spricht nach kurzem Bedenken:
"Drei Tage will ich dir schenken;
Doch wisse, wenn sie verstrichen, die Frist,
Eh' du zurück mir gegeben bist,
So muß er statt deiner erblassen,
Doch dir ist die Strafe erlassen."

Und er kommt zum Freunde: "Der König gebeut,
Daß ich am Kreuz mit dem Leben
Bezahle das frevelnde Streben.
Doch will er mir gönnen drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;
So bleib du dem König zum Pfande,
Bis ich komme zu lösen die Bande."

Und schweigend umarmt ihn der treue Freund
Und liefert sich aus dem Tyrannen;
Der andere ziehet von dannen.
Und ehe das dritte Morgenrot scheint,
Hat er schnell mit dem Gatten die Schwester vereint,
Eilt heim mit sorgender Seele,
Damit er die Frist nicht verfehle.

Da gießt unendlicher Regen herab,
Von den Bergen stürzen die Quellen,
Und die Bäche, die Ströme schwellen.
Und er kommt ans Ufer mit wanderndem Stab,
Da reißet die Brücke der Strudel herab,
Und donnernd sprengen die Wogen
Des Gewölbes krachenden Bogen.

Und trostlos irrt er an Ufers Rand:
Wie weit er auch spähet und blicket
Und die Stimme, die rufende, schicket.
Da stößet kein Nachen vom sichern Strand,
Der ihn setze an das gewünschte Land,
Kein Schiffer lenket die Fähre,
Und der wilde Strom wird zum Meere.

Da sinkt er ans Ufer und weint und fleht,
Die Hände zum Zeus erhoben:
"O hemme des Stromes Toben!
Es eilen die Stunden, im Mittag steht
Die Sonne, und wenn sie niedergeht
Und ich kann die Stadt nicht erreichen,
So muß der Freund mir erbleichen."

Doch wachsend erneut sich des Stromes Wut,
Und Welle auf Welle zerrinnet,
Und Stunde an Stunde entrinnet.
Da treibt ihn die Angst, da faßt er sich Mut
Und wirft sich hinein in die brausende Flut
Und teilt mit gewaltigen Armen
Den Strom, und ein Gott hat Erbarmen.

Und gewinnt das Ufer und eilet fort
Und danket dem rettenden Gotte;
Da stürzet die raubende Rotte
Hervor aus des Waldes nächtlichem Ort,
Den Pfad ihm sperrend, und schnaubet Mord
Und hemmet des Wanderers Eile
Mit drohend geschwungener Keule.

"Was wollt ihr?" ruft er vor Schrecken bleich,
"Ich habe nichts als mein Leben,
Das muß ich dem Könige geben!"
Und entreißt die Keule dem nächsten gleich:
"Um des Freundes willen erbarmet euch!"
Und drei mit gewaltigen Streichen
Erlegt er, die andern entweichen.

Und die Sonne versendet glühenden Brand,
Und von der unendlichen Mühe
Ermattet sinken die Kniee.
"O hast du mich gnädig aus Räubershand,
Aus dem Strom mich gerettet ans heilige Land,
Und soll hier verschmachtend verderben,
Und der Freund mir, der liebende, sterben!"

Und horch! da sprudelt es silberhell,
Ganz nahe, wie rieselndes Rauschen,
Und stille hält er, zu lauschen;
Und sieh, aus dem Felsen, geschwätzig, schnell,
Springt murmelnd hervor ein lebendiger Quell,
Und freudig bückt er sich nieder
Und erfrischet die brennenden Glieder.

Und die Sonne blickt durch der Zweige Grün
Und malt auf den glänzenden Matten
Der Bäume gigantische Schatten;
Und zwei Wanderer sieht er die Straße ziehn,
Will eilenden Laufes vorüber fliehn,
Da hört er die Worte sie sagen:
"Jetzt wird er ans Kreuz geschlagen."

Und die Angst beflügelt den eilenden Fuß,
Ihn jagen der Sorge Qualen;
Da schimmern in Abendrots Strahlen
Von ferne die Zinnen von Syrakus,
Und entgegen kommt ihm Philostratus,
Des Hauses redlicher Hüter,
Der erkennet entsetzt den Gebieter:

"Zurück! du rettest den Freund nicht mehr,
So rette das eigene Leben!
Den Tod erleidet er eben.
Von Stunde zu Stunde gewartet' er
Mit hoffender Seele der Wiederkehr,
Ihm konnte den mutigen Glauben
Der Hohn des Tyrannen nicht rauben."

"Und ist es zu spät, und kann ich ihm nicht,
Ein Retter, willkommen erscheinen,
So soll mich der Tod ihm vereinen.
Des rühme der blut'ge Tyrann sich nicht,
Daß der Freund dem Freunde gebrochen die Pflicht,
Er schlachte der Opfer zweie
Und glaube an Liebe und Treue!"

Und die Sonne geht unter, da steht er am Tor,
Und sieht das Kreuz schon erhöhet,
Das die Menge gaffend umstehet;
An dem Seile schon zieht man den Freund empor,
Da zertrennt er gewaltig den dichten Chor:
"Mich, Henker", ruft er, "erwürget!
Da bin ich, für den er gebürget!"

Und Erstaunen ergreifet das Volk umher,
In den Armen liegen sich beide
Und weinen vor Schmerzen und Freude.
Da sieht man kein Auge tränenleer,
Und zum Könige bringt man die Wundermär';
Der fühlt ein menschliches Rühren,
Läßt schnell vor den Thron sie führen,

Und blicket sie lange verwundert an.
Drauf spricht er: "Es ist euch gelungen,
Ihr habt das Herz mir bezwungen;
Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn -
So nehmet auch mich zum Genossen an:
Ich sei, gewährt mir die Bitte,
In eurem Bunde der Dritte!"


Der größte Deutsche aller Zeiten - mein Schiller! Verneigt Euer Haupt vor diesem Riesen!

http://www.llb-detmold.de/ausstellungen/schiller/202.jpg

Bruddler
29.12.2006, 19:24
Ich bin klein - mein Herz ist schmutzig
Ich koennt' schon wieder
das macht mich stutzig ! :whis:

Stechlin
29.12.2006, 19:27
Ich bin klein - mein Herz ist schmutzig
Ich koennt' schon wieder
das macht mich stutzig ! :whis:

Schämst Du Dich nicht, diesen kleinen Schmutzreim hinter mein Schillergedicht zu platzieren? Banause.

Oh, Deutschland, Du hast Deine besten und größten Söhne in der Bedeutungslosigkeit versenkt. ;(

Bruddler
29.12.2006, 19:40
Schämst Du Dich nicht, diesen kleinen Schmutzreim hinter mein Schillergedicht zu plazieren? Banause.

Oh, Deutschland, Du hast Deine besten und größten Söhne in der Bedeutungslosigkeit versenkt. ;(

....ausser einem, der heisst NITUP ! :cool2:

Stechlin
29.12.2006, 19:43
....ausser einem, der heisst NITUP ! :cool2:

Du hättest mich lieber auf meinen Rechtschreibfehler aufmerksam machen sollen.

PS: Ich halte mich nicht für einen großen Sohn Deutschlands - aber was nicht ist, kann ja noch werden. :D

marc
30.12.2006, 23:39
klaus kinski liest villon
http://img166.imageshack.us/img166/8581/cobra7ya6.jpg (http://imageshack.us)

du ... DU ... ich bin so wild nach deinem erdbeermund,
ich schrie mir schon die lungen wund,
nach deinem weißen leib ... du weib!

http://www.hoeren-undlesen.de/web-content/hoerbuecher/hoerproben/kinski_villon.mp3

zitronenclan
08.01.2007, 15:31
Ich komm´,ich weiss nicht woher,
ich bin, ich weiss nicht wer,
ich geh´, ich weiss nicht wohin,
ich weiss nicht, warum ich so fröhlich bin.

Francois Villon, ca. 1450

Wird auf meinem Grabstein stehen.
Geronimo
heißt es nicht, mich wundert das ich so fröhlich bin?
egal
stand das nicht auch in einem Roman von Mario Simmel ?
ansonsten:

Man Dein Name ist Schwachfug und das Rekordmäßig, außer dem Erlenkönig und dem Brecht :)
Mein Lieblingsgedicht ist übrigens die Bürgschaft, nach meiner Ansicht eines der besten, wenn nicht überhaupt das Beste was je ein Dichter hervorgebracht hat.

WALDSCHRAT
08.01.2007, 15:50
Ich hätte da noch etwas:




Du bist min, ich bin din
des solt du gewis sin.


du bist beslozzen
in meinem herzen:

verlorn ist das slüzzelin:
du muost immer drinne sin"




Quelle:

Unbekannt, um 1150

---

Gruß

Henning

zitronenclan
08.01.2007, 16:27
...Erich Weinert!

DER FÜHRER (Moskau, 1942)

Manch gekrönter Abenteurer
Hat in Deutschland schon regiert,
Manche polternden Erneuerer
Haben uns schon angeführt.
Viel war nie davon zu halten;
Doch man konnt es noch verstehn:
Diese, auch als Staatsgewalten,
Waren immerhin Gestalten -
Aber ausgerechnet den?

Wär nun in der Zeit der Krise
Irgendeiner aufgetaucht,
Ein Prophet, ein Kerl, ein Riese,
Wie die rauhe Zeit ihn braucht,
Gleich als Tempelstürmer kenntlich,
Ein Rebell, ein Phänomen,
Wo die Menge ruft: na endlich,
Alles wäre noch verständlich -
Aber ausgerechnet den?

Diesen Hindenburgumschwänzler,
Diesen tristen Hampelmann,
Diesen faden Temperenzler,
Der´s nicht mal mit Weibern kann,
Diesen Selterwassergötzen,
Dies Friseurmodell auf schön,
Davon laßt ihr euch beschwätzen?
Und man fragt sich mit Entsetzen:
Aber ausgerechnet den?

Später einmal unsere Kinder
Sehn ihn im Panoptikum.
Um den ausgestopften Schinder
Stehn sie dann verwundert rum.
Und sie werden von euch sagen:
Alles könnte man verstehen,
Was das Volk in frühern Tagen
An Gestalten schon ertragen....
Aber ausgerechnet den?

Bleibt noch hinzuzufügen:
Dabei war ER nicht mal schön ! :)

Rikimer
30.01.2007, 13:27
Der wackere Schwabe

Als Kaiser Rotbart lobesam
Zum heil'gen Land gezogen kam,
Da mußt er mit dem frommen Heer
Durch ein Gebirge wüst und leer.
Daselbst erhub sich große Not,
Viel Steine gab's und wenig Brot,
Und mancher deutsche Reitersmann
Hat dort den Trunk sich abgetan;
Den Pferden war's so schwer im Magen,
Fast mußte der Reiter die Mähre tragen.

2. Nun war ein Herr aus Schwabenland,
Von hohem Wuchs und starker Hand,
Des Rößlein war so krank und schwach,
er zog es nur am Zaume nach;
Er hätt' es nimmer aufgegeben,
Und kostet's ihn das eigne Leben.
So blieb er bald ein gutes Stück
Hinter dem Heereszug zurück;
Da sprengten plötzlich in die Quer
Fünfzig türkische Ritter daher.

3. Die huben an auf ihn zu schießen,
Nach ihm zu werfen mit den Spießen.
Der wackre Schwabe forcht sich nit,
Ging seines Weges Schritt vor Schritt,
Ließ sich den Schild mit Pfeilen spicken
Und tät nur spöttisch um sich blicken,
Bis einer,dem die Zeit zu lang,
Auf ihn den krummen Säbel schwang.
4. Da wallt dem Deutschen auch sein Blut,
Er trifft des Türken Pferd so gut,
Er haut ihm ab mit einem Streich
Die beiden Vorderfüß' zugleich.
Als er das Tier zu Fall gebracht,
Da faßt er erst sein Schwert mit Macht,
Er schwingt es auf des Reiters Kopf,
Haut durch bis auf den Sattelknopf,
Haut auch den Sattel noch zu Stücken
Und tief noch in des Pferdes Rücken;
Eur Rechten sieht man wie zur Linken,
Einen halben Türken heruntersinken.

5. Da packt die andern kalter Graus;
Sie fliehen in alle Welt hinaus,
Und jedem ist's, als würd' ihm mitten
durch Kopf und Leib hindurchgeschnitten.
Drauf kam des Wegs 'ne Christenschar,
Die auch zurückgeblieben war;
Die sahen nun mit gutem Bedacht,
Was Arbeit unser Held gemacht.

6. Von denen hat's der Kaiser vernommen.
Der ließ den Schwaben vor sich kommen;
Er sprach: "Sag an, mein Ritter wert!
Wer hat dich solche Streich' gelehrt?"
Der Held bedacht sich nicht zu lang:
"Die Streiche sind bei uns im Schwang;
Sie sind bekannt im ganzen Reiche,
Man nennt sie halt nur Schwabenstreiche."

Ludwig Uhland

:) :]

Angel of Retribution
30.01.2007, 14:58
Prometheus
Bedecke deinen Himmel, Zeus,
Mit Wolkendunst
Und übe, dem Knaben gleich,
Der Disteln köpft,
An Eichen dich und Bergeshöhn;
Musst mir meine Erde
Doch lassen stehn
Und meine Hütte, die du nicht gebaut,
Und meinen Herd,
Um dessen Glut
Du mich beneidest.

Ich kenne nichts Ärmeres
Unter der Sonn als euch, Götter!
Ihr nähret kümmerlich
Von Opfersteuern
Und Gebetshauch
Eure Majestät
Und darbtet, wären
Nicht Kinder und Bettler
Hoffnungsvolle Toren.

Da ich ein Kind war,
Nicht wusste, wo aus noch ein,
Kehrt ich mein verirrtes Auge
Zur Sonne, als wenn drüber wär
Ein Ohr, zu hören meine Klage,
Ein Herz wie meins,
Sich des Bedrängten zu erbarmen.

Wer half mir
Wider der Titanen Übermut?
Wer rettete vom Tode mich,
Von Sklaverei?
Hast du nicht alles selbst vollendet,
Heilig glühend Herz?
Und glühtest jung und gut,
Betrogen, Rettungsdank
Dem Schlafenden da droben?

Ich dich ehren? Wofür?
Hast du die Schmerzen gelindert
Je des Beladenen?
Hast du die Tränen gestillet
Je des Geängsteten?
Hat nicht mich zum Manne geschmiedet
Die allmächtige Zeit
Und das ewige Schicksal,
Meine Herrn und deine?

Wähntest du etwa,
Ich sollte das Leben hassen,
In Wüsten fliehen,
Weil nicht alle
Blütenträume reiften?

Hier sitz ich, forme Menschen
Nach meinem Bilde,
Ein Geschlecht, das mir gleich sei,
Zu leiden, zu weinen,
Zu genießen und zu freuen sich,
Und dein nicht zu achten,
Wie ich!

J. W. v. Goethe

Schleifenträger
30.01.2007, 15:04
Bundeslied (bet' und arbeit')

(Weinert / Eisler)

1. "Bet' und arbeit!" ruft die Welt.
Bete kurz, denn Zeit ist Geld!
An die Türe pocht die Not,
Bete kurz, denn Zeit ist Brot"

2. Und du ackerst, und du säst,
Und du nietest und du nähst.
Und du hämmerst, und du spinnst,
Sag, o Volk, was du gewinnst?

3. Wirkst am Webstuhl Tag und Nacht,
Schürfst im Erz- und Kohlenschacht,
Füllst des Überflusses Horn
Füllst es hoch mit Wein und Korn.

4. Doch wo ist dein Mahl bereit?
Doch wo ist dein Feierkleid?
Doch wo ist dein warmer Herd?
Doch wo ist dein scharfes Schwert?

5. Alles ist dein Werk! O sprich,
Alles, aber nichts für dich!
Und von allem nur allein,
Die du schmiedest, die Kette dein!

6. Mann der Arbeit, aufgewacht,
Und erkenne deine Macht!
Alle Räder stehen still,
Wenn dein starker Arm es will!

7. Brecht das Doppeljoch entzwei!
Brecht die Not der Sklaverei!
Brecht die Sklaverei der Not!
Brot ist Freiheit, Freiheit Brot!

Schleifenträger
30.01.2007, 15:09
Ach ja, die ältere Vorlage von Georg Herwegh:

Bundeslied für den Allgemeinen Deutschen Arbeiterverein

Bet' und arbeit'! ruft die Welt,
bete kurz! denn Zeit ist Geld.
An die Türe pocht die Not -
bete kurz! denn Zeit ist Brot.

Und du ackerst und du säst,
und du nietest und du nähst,
und du hämmerst und du spinnst -
sag' o Volk, was du gewinnst!

Wirkst am Webstuhl Tag und Nacht,
schürfst im Erz- und Kohlenschacht,
füllst des Überflusses Horn,
füllst es hoch mit Wein und Korn.

Doch wo ist dein Mahl bereit?
Doch wo ist dein Feierkleid?
Doch wo ist dein warmer Herd?
Doch wo ist dein scharfes Schwert?

Alles ist dein Werk! o sprich,
alles, aber nichts für dich!
Und von allem nur allein,
die du schmied'st die Kette dein?

Kette, die den Leib umstrickt,
die dem Geist die Flügel knickt,
die am Fuß des Kindes schon
klirrt - o Volk, das ist dein Lohn.

Was ihr hebt ans Sonnenlicht,
Schätze sind es für den Wicht;
was ihr webt, es ist der Fluch
für euch selbst - ins bunte Tuch.

Was ihr baut, kein schützend Dach
hat's für euch und kein Gemach;
was ihr kleidet und beschuht,
tritt auf euch voll Übermut.

Menschenbienen, die Natur
gab sie euch den Honig nur?
Seht die Drohnen um euch her!
Habt ihr keinen Stachel mehr?

Mann der Arbeit, aufgewacht!
Und erkenne deine Macht!
Alle Räder stehen still,
wenn dein starker Arm es will.

Deiner Dränger Schar erblaßt,
wenn du, müde deiner Last,
in die Ecke lehnst den Pflug,
wenn du rufst: Es ist genug!

Brecht das Doppeljoch entzwei!
Brecht die Not der Sklaverei!
Brecht die Sklaverei der Not!
Brot ist Freiheit, Freiheit Brot!

zitronenclan
05.02.2007, 15:14
Von Heinrich Heine - Die schlesischen Weber

Im düstern Auge keine Träne,
Sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne:
Deutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem Gotte, zu dem wir gebeten
In Winterskälte und Hungersnöten
Wir haben vergebens gehofft und geharrt,
Er hat uns geäfft und gefoppt und genarrt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem König, dem König der Reichen,
Den unser Elend nicht konnte erweichen,
Der den letzten Groschen von uns erpreßt,
Und uns wie Hunde erschießen läßt -
Wir weben, wir weben!

Ein Fluch dem falschen Vaterlande,
Wo nur gedeihen Schmach und Schande,
Wo jede Blume früh geknickt,
Wo Fäulnis und Moder den Wurm erquickt -
Wir weben, wir weben!

Das Schiffchen fliegt, der Webstuhl kracht,
Wir weben emsig Tag und Nacht -
Altdeutschland, wir weben dein Leichentuch,
Wir weben hinein den dreifachen Fluch,
Wir weben, wir weben!

Schönes politisches Gedicht aus der Sichtweise des kleinen Mannes.

REP ei der Daus
*staun*

zitronenclan
05.02.2007, 15:18
Friedrich Schiller

DIE BÜRGSCHAFT

Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich,
den Dolch im Gewande:
Ihn schlugen die Häscher in Bande,
"Was wolltest du mit dem Dolche? sprich!"
Entgegnet ihm finster der Wüterich.
"Die Stadt vom Tyrannen befreien!"
"Das sollst du am Kreuze bereuen."

"Ich bin", spricht jener, "zu sterben bereit
Und bitte nicht um mein Leben:
Doch willst du Gnade mir geben,
Ich flehe dich um drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;
Ich lasse den Freund dir als Bürgen,
Ihn magst du, entrinn' ich, erwürgen."

Da lächelt der König mit arger List
Und spricht nach kurzem Bedenken:
"Drei Tage will ich dir schenken;
Doch wisse, wenn sie verstrichen, die Frist,
Eh' du zurück mir gegeben bist,
So muß er statt deiner erblassen,
Doch dir ist die Strafe erlassen."

Und er kommt zum Freunde: "Der König gebeut,
Daß ich am Kreuz mit dem Leben
Bezahle das frevelnde Streben.
Doch will er mir gönnen drei Tage Zeit,
Bis ich die Schwester dem Gatten gefreit;
So bleib du dem König zum Pfande,
Bis ich komme zu lösen die Bande."

Und schweigend umarmt ihn der treue Freund
Und liefert sich aus dem Tyrannen;
Der andere ziehet von dannen.
Und ehe das dritte Morgenrot scheint,
Hat er schnell mit dem Gatten die Schwester vereint,
Eilt heim mit sorgender Seele,
Damit er die Frist nicht verfehle.

Da gießt unendlicher Regen herab,
Von den Bergen stürzen die Quellen,
Und die Bäche, die Ströme schwellen.
Und er kommt ans Ufer mit wanderndem Stab,
Da reißet die Brücke der Strudel herab,
Und donnernd sprengen die Wogen
Des Gewölbes krachenden Bogen.

Und trostlos irrt er an Ufers Rand:
Wie weit er auch spähet und blicket
Und die Stimme, die rufende, schicket.
Da stößet kein Nachen vom sichern Strand,
Der ihn setze an das gewünschte Land,
Kein Schiffer lenket die Fähre,
Und der wilde Strom wird zum Meere.

Da sinkt er ans Ufer und weint und fleht,
Die Hände zum Zeus erhoben:
"O hemme des Stromes Toben!
Es eilen die Stunden, im Mittag steht
Die Sonne, und wenn sie niedergeht
Und ich kann die Stadt nicht erreichen,
So muß der Freund mir erbleichen."

Doch wachsend erneut sich des Stromes Wut,
Und Welle auf Welle zerrinnet,
Und Stunde an Stunde entrinnet.
Da treibt ihn die Angst, da faßt er sich Mut
Und wirft sich hinein in die brausende Flut
Und teilt mit gewaltigen Armen
Den Strom, und ein Gott hat Erbarmen.

Und gewinnt das Ufer und eilet fort
Und danket dem rettenden Gotte;
Da stürzet die raubende Rotte
Hervor aus des Waldes nächtlichem Ort,
Den Pfad ihm sperrend, und schnaubet Mord
Und hemmet des Wanderers Eile
Mit drohend geschwungener Keule.

"Was wollt ihr?" ruft er vor Schrecken bleich,
"Ich habe nichts als mein Leben,
Das muß ich dem Könige geben!"
Und entreißt die Keule dem nächsten gleich:
"Um des Freundes willen erbarmet euch!"
Und drei mit gewaltigen Streichen
Erlegt er, die andern entweichen.

Und die Sonne versendet glühenden Brand,
Und von der unendlichen Mühe
Ermattet sinken die Kniee.
"O hast du mich gnädig aus Räubershand,
Aus dem Strom mich gerettet ans heilige Land,
Und soll hier verschmachtend verderben,
Und der Freund mir, der liebende, sterben!"

Und horch! da sprudelt es silberhell,
Ganz nahe, wie rieselndes Rauschen,
Und stille hält er, zu lauschen;
Und sieh, aus dem Felsen, geschwätzig, schnell,
Springt murmelnd hervor ein lebendiger Quell,
Und freudig bückt er sich nieder
Und erfrischet die brennenden Glieder.

Und die Sonne blickt durch der Zweige Grün
Und malt auf den glänzenden Matten
Der Bäume gigantische Schatten;
Und zwei Wanderer sieht er die Straße ziehn,
Will eilenden Laufes vorüber fliehn,
Da hört er die Worte sie sagen:
"Jetzt wird er ans Kreuz geschlagen."

Und die Angst beflügelt den eilenden Fuß,
Ihn jagen der Sorge Qualen;
Da schimmern in Abendrots Strahlen
Von ferne die Zinnen von Syrakus,
Und entgegen kommt ihm Philostratus,
Des Hauses redlicher Hüter,
Der erkennet entsetzt den Gebieter:

"Zurück! du rettest den Freund nicht mehr,
So rette das eigene Leben!
Den Tod erleidet er eben.
Von Stunde zu Stunde gewartet' er
Mit hoffender Seele der Wiederkehr,
Ihm konnte den mutigen Glauben
Der Hohn des Tyrannen nicht rauben."

"Und ist es zu spät, und kann ich ihm nicht,
Ein Retter, willkommen erscheinen,
So soll mich der Tod ihm vereinen.
Des rühme der blut'ge Tyrann sich nicht,
Daß der Freund dem Freunde gebrochen die Pflicht,
Er schlachte der Opfer zweie
Und glaube an Liebe und Treue!"

Und die Sonne geht unter, da steht er am Tor,
Und sieht das Kreuz schon erhöhet,
Das die Menge gaffend umstehet;
An dem Seile schon zieht man den Freund empor,
Da zertrennt er gewaltig den dichten Chor:
"Mich, Henker", ruft er, "erwürget!
Da bin ich, für den er gebürget!"

Und Erstaunen ergreifet das Volk umher,
In den Armen liegen sich beide
Und weinen vor Schmerzen und Freude.
Da sieht man kein Auge tränenleer,
Und zum Könige bringt man die Wundermär';
Der fühlt ein menschliches Rühren,
Läßt schnell vor den Thron sie führen,

Und blicket sie lange verwundert an.
Drauf spricht er: "Es ist euch gelungen,
Ihr habt das Herz mir bezwungen;
Und die Treue, sie ist doch kein leerer Wahn -
So nehmet auch mich zum Genossen an:
Ich sei, gewährt mir die Bitte,
In eurem Bunde der Dritte!"


Der größte Deutsche aller Zeiten - mein Schiller! Verneigt Euer Haupt vor diesem Riesen!

http://www.llb-detmold.de/ausstellungen/schiller/202.jpg

schön, mein Lieblingsgedicht

Schwein
05.02.2007, 15:27
Ich sitze wie einst Adolf hier,
die braunen Massen unter mir...

(Klo-Lyrik)

zitronenclan
05.02.2007, 15:28
Ein Mensch, im Freundesbund der Dritte,
Stand schön und arglos in der Mitte.
Da schreibt der Erste, aufgebracht,
Daß mit dem Zweiten er verkracht,
Der sich als Schuft erwiesen habe;
Drum sei hier Feindschaft, bis zum Grabe.
Und auch der Mensch müßt sich entscheiden
Und künftig diesen Burschen schneiden.
Des Menschen sich nun Zorn bemächtigt,
Daß Eintracht also einbeträchtigt;
Er schwört, wieviel er auch dran büßt,
Daß er den Lumpen nicht mehr grüßt.
Jedoch -- er meint, ihn trifft der Schlag!-
Er sieht bereits am Nachmittag,
Als ob geschehn nichts weiter sei,
Lustwandeln Arm in Arm die zwei.
Der Mensch, mit beiden jetzt als Feinden,
Läßt sich nicht wieder eingemeinden.
(Eugen Roth)

marc
04.05.2007, 22:56
Sammlung

Sei still, mein Schmerz, und sei besonnen,
Den Abend wolltest du? Sieh, er kam,
Ein dunkler Hauch hat schon die Stadt umsponnen,
Den Einen bringt er Frieden, Andern Gram.

Lass nun die Menge sich bei Festgelagen,
Gepeitscht von ihrer Henkernsknecht, der Gier,
Den Ekel und die Scham erjagen,
Gib mir die Hand, mein Schmerz, und kommt mir mir.

Fern, fern... nur wir beide, siehst du der Jahre Reigen,
Dich im verblichnen Kleid vom Himmel neigen,
Die Reu', die lächelnd in der Tiefe wacht?

Sieh, die Sonne stirbt, dort unterm Brückenbogen,
Und gleich einem Bahrentuch kommt von Osten es gezogen,
Horch!
Horch, hörst du sie, mein Schmerz,
Die Schritte der Nacht?

(Charles Baudelaire)

Ein Aas

An jenes Ding, mein Herz, erinnre dich:
Der schöne milde Sommertag -
Und da, ein Aas am Weg, das wiederlich
Auf einem Bett von Kieseln lag;

Die Beine spreizend wie ein geiles Weib,
Gift schwitzend und vergoren,
Öffnete es den aufgedunsnen Leib,
Nachlässig, unverfroren.

Die Sonne strahlte auf die Fäulnis nieder,
Als koche sie sie vollends gar
Und gäbe der Natur vervielfacht wieder,
Was vormals eines war;

Der Himmel sah auf das Gerippe hin,
Als öffne eine Blüte sich.
So stark war der Gestank, daß es dir schien,
Ohnmacht erfasse dich.

Und Fliegen summten über faulen Därmen,
Daraus wie zähe Flüssigkeiten
Die Larven krochen, sich in schwarzen Schwärmen
Über die Fetzen auszubreiten.

Das alles hob und senkte sich in Wellen
Und schillerte und schwebte;
Man meinte, daß der Leib in leichtem Schwellen
Sich mehre und so lebte.

In dieser Welt ertönt´ein seltsam Singen,
Wie Wasser, wie der Wind, der weht,
Oder wie Korn, das rhythmisch auf den Schwingen
Geworfelt wird und umgedreht.

Die Form verschwamm und war nur noch ein Traum,
Entwurf mit flüchtigen Konturen,
Vergessen schon; und es enträtselt kaum
Der Künstler seine Spuren.

Ein Hund sah lauernd und mit bösem Blick
Hinter dem Felsen vor;
es trieb ihn zu dem Brocken Fleisch zurück,
Den er bei dem Skelett verlor.

- Doch wirst auch du wie dieser Unrat sein,
Wie diese Pest, so grauenhaft,
Stern meiner Augen, Licht in meinem Sein,
Mein Engel, meine Leidenschaft!

Ja! Königin, die allem Reiz gebietet,
Noch mit dem Sakrament versehn,
Wirst du von Gras und Blumen wohlbehütet
Auch in Verwesung übergehen.

Dann sage dem Gewürm, du Wunderbare!
Das dich verzehrt mit seinem Kuß,
Daß ich Gestalt und Göttlichkeit bewahre
Der so Geliebten, die verderben muß!

marc
09.05.2007, 21:50
dürfte den feindes des liberalismus unter euch gefallen ;)

Michel Houellebecq -
Letztes Bollwerk gegen den Liberalismus

Wir lehnen die liberale Ideologie ab, denn sie ist unfähig,
Einen Sinn aufzuzeigen und einen Weg der Versöhnung
Des Individuums mit seinesgleichen und einer Gemeinschaft,
Die man als menschlich bezeichnen könnte, und
Ausserdem ist das Ziel, das sie sich gesetzt hat, ohnehin ein völlig anderes.

Wir lehnen die liberale Ideologie ab im Namen der Enzyklia
Von Leo XIII. über die soziale Mission des Evangeliums und in dem
Geist wie dem der Propheten des Altertums, die Fluch und Verderben
Auf Jerusalam herabbeschworen, und
Jerusalem fiel, und um wieder aufzuerstehen, hat es
Nicht weniger als viertausend Jahre gebraucht.

Indiskutabel und verbürgt ist, dass sich jedes menschliche Vorhaben
Immer stärker unter rein ökonomischen Kriterien beurteilt sieht, unter
Ausschließlich numerischen Kriterien, die auf Datenträgern speicherbar sind.

Dies kann nicht hingenommen werden, und wir müssen dafür kämpfen,
Dass die Ökonomie beaufsichtigt wird, sie Kriterien unterstellt wird, die
Ich ethisch zu nennen wagen möchte, aber
Wenn man dreitausend Leute entlässt, und ich höre dann,
Wie da über die sozialen Kosten einer solchen Maßnahme palavert wird,
Dann packt mich doch die wilde Lust, ein halbes Dutzend Berater
In aller Öffentlichkeit zu erwürgen, was eine ausgezeichnete Maßnahme wäre,
Eine wirklich förderliche Verschlankung, diese Maßnahme wäre geradezu
Hygienisch!

Vertraut auf die individuelle Initiative, das erzählen sie überall und immer wieder,
Ohne Unterlass, und so wie diese alten Aufziehwecker, deren monotomes Ticken
Meist schon genügte, um uns zu ermüden und endgültige Schlaflosigkeit zu
Verursachen, aber ich kann darauf nur eines antworten, und dieses Eine
Entspringt einer zugleich betrüblichen und wiederholten Erfahrung, dass
Nämlich das Individuum, ich spreche vom menschlichen Individuum, meistens
Nur ein grausames und jämmerliches, kleines Tier ist, und dass es
Vergeblich wäre, ihm zu vertrauen, es sei denn,
Es wäre verbannt, eingesperrt, gehalten und gefestigt in den
Rigorosen Prinzipien einer unangreifbaren Moral,
Was nicht der Fall ist.

In einer liberalen Ideologie, versteht sich.

Bruddler
09.05.2007, 21:52
Ich bin klein
mein Herz ist schmutzig -
Ich koennt schon wieder
das macht mich stutzig !

(unbekannter Poet)

lobentanz
24.05.2007, 00:41
The Lady of Shalott
Alfred Lord Tennyson 1809 - 1892

On either side the river lie
Long fields of barley and of rye,
That clothe the wold and meet the sky;
And through the field the road run by
To many-tower'd Camelot;
And up and down the people go,
Gazing where the lilies blow
Round an island there below,
The island of Shalott.

Willows whiten, aspens quiver,
Little breezes dusk and shiver
Through the wave that runs for ever
By the island in the river
Flowing down to Camelot.
Four grey walls, and four grey towers,
Overlook a space of flowers,
And the silent isle imbowers
The Lady of Shalott.

By the margin, willow veil'd,
Slide the heavy barges trail'd
By slow horses; and unhail'd
The shallop flitteth silken-sail'd
Skimming down to Camelot:
But who hath seen her wave her hand?
Or at the casement seen her stand?
Or is she known in all the land,
The Lady of Shalott?

Only reapers, reaping early,
In among the bearded barley
Hear a song that echoes cheerly
From the river winding clearly;
Down to tower'd Camelot;
And by the moon the reaper weary,
Piling sheaves in uplands airy,
Listening, whispers, " 'Tis the fairy
The Lady of Shalott."

There she weaves by night and day
A magic web with colours gay.
She has heard a whisper say,
A curse is on her if she stay
To look down to Camelot.
She knows not what the curse may be,
And so she weaveth steadily,
And little other care hath she,
The Lady of Shalott.

And moving through a mirror clear
That hangs before her all the year,
Shadows of the world appear.
There she sees the highway near
Winding down to Camelot;
There the river eddy whirls,
And there the surly village churls,
And the red cloaks of market girls
Pass onward from Shalott.

Sometimes a troop of damsels glad,
An abbot on an ambling pad,
Sometimes a curly shepherd lad,
Or long-hair'd page in crimson clad
Goes by to tower'd Camelot;
And sometimes through the mirror blue
The knights come riding two and two.
She hath no loyal Knight and true,
The Lady of Shalott.

But in her web she still delights
To weave the mirror's magic sights,
For often through the silent nights
A funeral, with plumes and lights
And music, went to Camelot;
Or when the Moon was overhead,
Came two young lovers lately wed.
"I am half sick of shadows," said
The Lady of Shalott.

A bow-shot from her bower-eaves,
He rode between the barley sheaves,
The sun came dazzling thro' the leaves,
And flamed upon the brazen greaves
Of bold Sir Lancelot.
A red-cross knight for ever kneel'd
To a lady in his shield,
That sparkled on the yellow field,
Beside remote Shalott.

The gemmy bridle glitter'd free,
Like to some branch of stars we see
Hung in the golden Galaxy.
The bridle bells rang merrily
As he rode down to Camelot:
And from his blazon'd baldric slung
A mighty silver bugle hung,
And as he rode his armor rung
Beside remote Shalott.

All in the blue unclouded weather
Thick-jewell'd shone the saddle-leather,
The helmet and the helmet-feather
Burn'd like one burning flame together,
As he rode down to Camelot.
As often thro' the purple night,
Below the starry clusters bright,
Some bearded meteor, burning bright,
Moves over still Shalott.

His broad clear brow in sunlight glow'd;
On burnish'd hooves his war-horse trode;
From underneath his helmet flow'd
His coal-black curls as on he rode,
As he rode down to Camelot.
From the bank and from the river
He flashed into the crystal mirror,
"Tirra lirra," by the river
Sang Sir Lancelot.

She left the web, she left the loom,
She made three paces through the room,
She saw the water-lily bloom,
She saw the helmet and the plume,
She look'd down to Camelot.
Out flew the web and floated wide;
The mirror crack'd from side to side;
"The curse is come upon me," cried
The Lady of Shalott.

In the stormy east-wind straining,
The pale yellow woods were waning,
The broad stream in his banks complaining.
Heavily the low sky raining
Over tower'd Camelot;
Down she came and found a boat
Beneath a willow left afloat,
And around about the prow she wrote
The Lady of Shalott.

And down the river's dim expanse
Like some bold seer in a trance,
Seeing all his own mischance --
With a glassy countenance
Did she look to Camelot.
And at the closing of the day
She loosed the chain, and down she lay;
The broad stream bore her far away,
The Lady of Shalott.

Lying, robed in snowy white
That loosely flew to left and right --
The leaves upon her falling light --
Thro' the noises of the night,
She floated down to Camelot:
And as the boat-head wound along
The willowy hills and fields among,
They heard her singing her last song,
The Lady of Shalott.

Heard a carol, mournful, holy,
Chanted loudly, chanted lowly,
Till her blood was frozen slowly,
And her eyes were darkened wholly,
Turn'd to tower'd Camelot.
For ere she reach'd upon the tide
The first house by the water-side,
Singing in her song she died,
The Lady of Shalott.

Under tower and balcony,
By garden-wall and gallery,
A gleaming shape she floated by,
Dead-pale between the houses high,
Silent into Camelot.
Out upon the wharfs they came,
Knight and Burgher, Lord and Dame,
And around the prow they read her name,
The Lady of Shalott.

Who is this? And what is here?
And in the lighted palace near
Died the sound of royal cheer;
And they crossed themselves for fear,
All the Knights at Camelot;
But Lancelot mused a little space
He said, "She has a lovely face;
God in his mercy lend her grace,
The Lady of Shalott."

lobentanz
24.05.2007, 01:01
Nochmal, übersetzt: (Leider nur ungefähr)

Lady von Shalott

Links und rechts am Uferrand
Erstreckt sich sattes Ackerland
Darüber blauer Himmel prangt,
Und auf dem Weg durchs Feld gelangt
Man zu der Stadt von Camelot.
Auf und ab die Menschen gehn,
Die nach den weißen Lilien sehn,
Die um eine Insel stehn,
Die Insel von Shalott.

Helle Weiden, Espen beben,
Brisen sanft die Nacht beleben,
Bei der Insel vom Fluss umgeben,
Wellen, die auf ewig streben
Hinab zur Stadt von Camelot.
Graue Mauern, Türme, Wehr
Überschaun ein Blumenmeer
Nahe bei der Insel der
Lady von Shalott

An der Küste durch die Weiden
Sieht man viele Boote gleiten,
Fremde auf ihren Pferden reiten,
Schiffe nahen von allen Seiten,
Fahren hin nach Camelot.
Sah man sie je zur Stadt gewandt?
Wie sie winkend am Fenster stand?
Oder ist sie überall bekannt?
Die Lady von Shalott.

In der Frühe Sensen schwingen
Bauern, die das Korn einbringen,
Hören sanft ein Lied erklingen,
Das klare Wasser trägt ihr Singen
Zu den Türmen Camelots.
Und als der Mond am Himmel steht,
Jeder sein Korn zu Bündeln dreht,
Ein Flüstern durch die Runden geht
Über die Lady von Shalott.

Dort webt sie bei Tag und Nacht
Ein Zaubertuch in bunter Pracht,
Sie hörte eine Stimme sacht,
Ein Fluch sie trifft, wenn sie haltmacht,
Um zu schaun nach Camelot.
Was der Fluch meint, weiß sie nicht,
Zum Webstuhl gewandt ist ihr Gesicht,
Denn weiter hat sie keine Pflicht,
Die Lady von Shalott.

Vor ihr ein Spiegel sich befindet,
Dessen Glas ihr Neues kündet
Und sie mit der Welt verbindet,
Sie sieht die Straße, die sich windet
Hin zur Stadt von Camelot.
Sieht Wellen schlagen auf und nieder,
Und der Mägde bunte Mieder,
Junge Burschen immer wieder
Vorbeigehen an Camelot.

Mädchen, die von ihr beneidet,
Ein Priester, der zur Kirche reitet,
Der Junge, der die Schafe weidet,
Ein Page ganz in rot gekleidet,
Passier’n die Stadt von Camelot.
Durch des Spiegelglas verschwommen,
Sieht sie manchmal Ritter kommen,
Nie hat sie ein Mann gewonnen,
Die Lady von Shalott.

Doch scheint sie trotzdem froh zu sein,
Sie webt ins Tuch die Welt hinein,
In der Nacht beim Ackerrain
Ein Trauerzug im Fackelschein
Zog hin zur Stadt von Camelot.
Und in mancher Vollmondnacht
Hat sie der Liebenden gewacht,
Ein Schatten, der sie traurig macht,
Die Lady von Shalott.

Ein Pfeil vom Dachgesimse zischt,
Ein Reiter kommt im Morgenlicht,
Ein Sonnenstrahl im Blattdickicht,
Der sich auf der Rüstung bricht
Des edlen Ritters Lancelot.
Herr und Dame, Hand in Hand,
Er knieend, auf sein Schild gebannt,
Das funkelt über’s gelbe Land
Fernab von Camelot.

Juwelen seinen Sattel zier’n,
Sonnenlicht auf den Saphiren,
Sterne ihren Glanz verlieren,
Glöckchen klingen ihn zu führen
Hin zur Stadt von Camelot.
An einem braunen Lederstrang
Sein silbernes Signalhorn hang,
Das Rasseln seine Rüstung klang
Zur Insel von Shalott.

Schon von weitem sah ihn jeder,
Gold schmückte sein Sattelleder,
Sein Helm und auch daran die Feder
Leuchteten auf jedem Meter
Seines Ritts nach Camelot.
Wie oftmals in der Dunkelheit
Ein Meteor im Feuerkleid
Fliegt über das in Einsamkeit
Daliegende Shalott.

Dunkle Brauen in Licht erstrahlten,
Die Hufe seines Pferdes hallten,
Und unter seinem Helme wallten
Schwarze Locken, ungehalten
Auf seinem Ritt nach Camelot,
Durch die Weite Schritt um Schritt
Sein Bild in ihren Spiegel glitt,
'Tirra Lirra', als er ritt
Sang Sir Lancelot.

Vergessen waren Tuch und Mühn,
Man sah sie hin zum Fenster gehn,
Sie sah die Wasserlilien blühn,
Seine Feder im Sonnenlicht glühn,
Sie schaute hinab nach Camelot.
Das Tuch flog weit aus dem Gemach,
Ihr gelber Spiegel klirrend brach,
Der Fluch, er ist gekommen, sprach
Die Lady von Shalott.

Böen, die gen Westen kehren,
An den gelben Wäldern zehren,
Wogen sich am Ufer mehren,
Dunkle Wolken, die sich leeren,
Auf die Türme von Camelot.
Ein Boot sich bei den Weiden fand,
Das trieb verlassen am Uferrand,
Ins Holz schrieb sie mit eigner Hand:
Die Lady von Shalott

Und in der Freiheit großzügigem Glück,
Wie mit des Sehers Zaubertrick,
Erkennt sie all ihr Mißgeschick,
Und mit sehnsuchtsvollem Blick
Schaut sie hinab nach Camelot.
Die Dämmrung sank schon herab,
Als sie vom Ufer legte ab
Und sich der Strömung übergab,
Die Lady von Shalott.

Sie lag im schneeweißen Gewand,
Das floss bis hin zum Barkenrand,
Ein Blatt fiel sanft auf ihre Hand,
Und durch die Stimmen der Nacht fand
Sie den Weg nach Camelot.
Ihr Boot sich durch das Dunkel stahl,
Die Weidenhaine fern im Tal
Hörten singen sie ein letztes Mal
Die Lady von Shalott.

Ihr Lied klang traurig und vertraut,
Mal sang sie leise, manchmal laut,
Ihr Blut fror unter bleicher Haut,
Starr war ihr Blick, als sie geschaut
Hinab zur Stadt von Camelot.
Noch eh der Fluß sie trägt hinaus
Bis zu des Ufers erstem Haus,
Haucht sie im Leid ihr Leben aus,
Die Lady von Shalott.

Unter Türmen und Terrassen,
Vorbei an Mauern und an Gassen,
Im Dämmerlicht trieb sie verlassen,
Totenbleich durch Häusermassen,
Leise hin nach Camelot.
Hinab zum Ufer alle kamen,
Ritter, Bürger, Herrn und Damen,
Im Bug lasen sie den Namen
Der Lady von Shalott.

Wer ist das? Und was geschah?
Und im erhellten Schlosse nah
Der Lärm erstarb mit einem Mal,
Sie kreutzten sich und wurden fahl,
Die edlen Herrn von Camelot.
Lancelot sann, kurz verlegen,
'Hübsch ist sie', meint er dann verwegen,
Jetzt hat sie Gottes ewgen Segen,
Die Lady von Shalott.

Im Original vertont von Loreena McKennitt, CD: The Visit

arnd
24.05.2007, 01:35
Es war einmal und ist nicht mehr,
ein augestopfter Teddybär

Ich riss ihm Arm und Beine raus,
jetzt sieht er wie ein Rollmops aus

Koslowski
24.05.2007, 01:41
Wenn dir ein Weib, pudelnackt
Von hinten an die Nudel packt
Wenn dir also Gutes widerfährt
Das ist schon einen Asbach-Uralt wert

von einem ehemaligen Arbeitskollegen


Et is, bee et is
En schiewe Aasch jid en schiewe Schiß

von einem anderen Arbeitskollegen

Glaubenskrieger
24.05.2007, 02:06
Ein Gedicht aus dem Irak. Verfasser unbekannt. Übersetzt ins Englsiche von Abu Assur:


Hey! You, choir of parrots!*



A poet - Al Moharer



I reject you!

I vomit you!

I despise you!

You choir of whores!

I refuse to be a puppet moved by unseen fingers!

I reject those who came with the occupiers' fingers in their arse, hanging in the air!



I refuse to throw my immaculate tunic upon your bodies!

Or to be a traitor for my homeland,

To fill the "liberators" wallets with women.

I refuse to be a false witness against al Hussein as you are!

I refuse to drag him on the markets, for a worthless price as you do!

You weal and deal about and around him!

Then you harvest the blood loot from his wound!

As you ever did and still you do!

I will never maculate and waste my beautiful Arab letters in your blame,

Use any poem I have in my womb to cast anathema upon you.

I refuse to go on stamping longer on your head,

For, to my sandals, I owe respect..and my sandals are more honorable than your face!



You told us : Freedom !!

I spit on a freedom who smells shit.

I spit on a freedom which slaughters innocents necks on hypocrisy altar..

I spit on a freedom which falsifies history with myths,

Murders and has no other horizon but blood!



No make up can hide,

No paint can rescue!

Consider their ugly faces!

Where you can see

Choir of Pharisees, hypocrites,

Dealers in religion!



Now, prophets and messengers, you turned to be!

Militant leaders,

Giving orders, commanding! You are marvelously idiots!

You bunch of drummers,

You, the Occupiers' soldiers' sandals!

Polishers!



To pray? For what? Whom to worship?

If you don't have a drop of shame on your forehead!

***



I reject you!

I despise you!

I refuse to sell my homeland, get drunk

And see its orphans;

Their limbs shattered;

Wombs maculated;

Watch the blood knocking at every door

Calling for help,

Where there is no help!

Bent are the backbones! Wrung are the necks!

You immolated Iraq! You danced on its grave;

Spat on its sacrifices;

And when hearing God's call to pray, you stand up;

And you clean the blood from your mouth.

Then you disappear drowning in the darkness of the Mihrabs!

Filthy dogs verily you are, and even more!

You are nothing else but mere whores!

You left nothing for the whores..

***



I reject you

I despise you!

I refuse to be a servant,

Or a slave for a turban!

Running around from a dark path

Into another even darker!

Flicking my fingers saying yeah!

And forcing my tears to flow,

Sitting idle there, sulking, with my lips dandling, gloomy

Drowning in the froth of my mouth!

Like an ostrich, burying my head into the cowardice' sands;

Getting hungry while the turbans get fatty and replete,

Dying to let the turbaned live..



For the turbaned banquets are abundant and galore,

Stretching like vipers,

Made out from poor people tears..



For me rubbish and junk,

While fornicating turbaned, enjoy red nights, strumpets, candles and sensual delight!

While I shudder, I quiver and my ribs shiver!



Damned, for ever I am, from the day my mother gave me birth!



My mouth is burning!

In my hands, I harvest nothing, but wind.

These turbans from which gushes odor of lies and rot,

And those who brought them are ready to sell them, for the one who pays most!

And to the homeland' usurper,

Ready they are to wide open their legs and fall on four

Expose and grant their thighs..



***

This is not the Hussein's turban..

***

To thee!

Haydara the intrepid fighter!

I complain about those who claim they are your sons pure!

That they sprout from the Prophet's loins and the chaste clean imams!

God forbid! Ye the resolved warrior!

To have these slaves' choir as descent!

Lord! These fought you!

Falsified history and falsified you!

Filled with pus your wounded heart..

Ye the Christ!

They plotted against you! They crucified you!

They threw you into jail!

Yes! They even licked the centurion' sandals

Imploring to keep you behind bars!

If it were not for your gold,

They would have let you aside!

They have a scheme and a perfidious reason to abide

Or else, destroyed, would have been your shrine..

***

Ye the dignified!

They perverted thee!

They want you to be now

Of a pagan Persian blood

With Khosroe as an ancestor!

And Rustam as a brother!



You bore so much burden on your shoulders!

On their behalf!

They sold you!

As they did for Iraq!

These are, my lord,

People of quarrel and heresy!

See them!

They howl...!

They lament..in grief!

They hit cheeks, and chests mourning..!

If you were to raise from your shining shrine!

Shedding warm tears or bleeding to death..

They would have leapt and murdered you!

And you were to be a corpse, netted by a fisherman,

Floating in the Tigris river

Now overflowing with ashes!

***



I reject you!

I disdain you!

I despise all of you!

With no exception!

I despise you barkers! Yes I despise every bawling ass

Behind the stages and who care less about my blood!



I reject those who encourage political adultery!

And those hands with claws that bleed and poke our eyes, we don't know why!



I reject your "parliament", your "parties", your "constitution"

This ready made wrapped shit!

You will never be able to silence me..

I am still standing with my riddled with arrows body!

You live in darkness,

And I live in the light..



This a joke which makes us laugh in theses mourning' days!

For since you turned leaders!

We do listen to you!

Attentively, we listen to you..

And hear nothing but your farts!

Ha!

What kind of leaders, you are!



I spit with anger! Ignominious! upon you one by one!

I spit on such a "government"

Which wags, to the occupier, like a dog,

its tail!

And every times feels its pant,

When the occupier is angry or enraged!



Amazing!

This "government" has

an army!

Has barkers, bawling asses and cowing crows!

And choirs of turbaned!

But let's wander, why even when in latrines

These leaders hug so hard their shoes against their trembling hearts..



Let's clearly say it..

To morrow when thunders of change will loom clear

We will proclaim, by God, this poet verse:

"This government worth even less

Than a pee, a courageous Iraqi child, peed!

***



I reject you!

I despise you!

I reject to be a ladder, you use to ascend !

You, imported bastards!

Tell me if there is an honorable individual in amongst you!

You immolated Iraq!

You bled Iraq!

And you slaughtered time and again Iraq!

And here you are cornered,

Laughing!

There is a river of blood going around the earth!

It has even flooded the skies!

And you? What you do?

You lick and kiss the boots which crush your head!

Do you have a grain of pride?



I was told: you feel ashamed,

Raped are our women in their homes and in the jails,

And I said: these criminals scum,

They rather

Shamelessly hide,

Behind women feet and hands

To please the rapists, the usurpers, the occupiers!

Are we angry?!

Yes! We are against those who clap hands around you!

All these sitting clapping from day to night, with a thorny sticks in their arse!



They care a damn about an occupier's tank crushing their ribs

Or a perfidious turban.. no matter..

Provided they are allowed to lament, mourn and yell,

Or hit cheeks, chests whatever!



They kill each other,

For an arse who loots the petrol canned in skulls

Thrown on the streets..



What shall become, against whose bosom, shall sleep

"The federation of the South"?

What about the murdered martyred Iraqi people!

Do you have a solution..!

Yes! In our "liberated" country nothing is impossible!

Let's all sing "Long live 'Qom"!

Long live "Tel Aviv" !

There is enough room in the rubbish dump

For all those who have died..

Do you hear me?

Answer!

Immolated was Iraq as planned!

***

For thee my homeland!

I shed precious tears!

Precious tears, I shed!

Ye the betrayed but who never betrays..

Ye my homeland sold!

With the cheapest price..



I spit on this whores' era,

Which threw Iraq in this stinking swamp..



These day Iraq, you are governed by those

Who when you shout at them

They shudder and tremble!

And when you look at them, they empty fast their filthy bowels!

Iraq, with your wrath and ire,

They show their nudity

And abase their head.



How can someone like thee, Iraq, dies without a shroud !!

Ye Iraq, the noble camel when fallen

Around him gathered scum, rabble, traitors!

Ye, Iraq the shining full moon, are missed in the darkest night.



Iraq, ye, our legend,

Without the beauty of thy eyes,

All this earth' inhabitants naked, they are!

Tell me: Is there any meaning for life after thee Iraq!

Tell me Iraq, how can we after thee dare to have a wink of sleep!

How can we sleep while our ribs are everyday broken against thee Iraq!

Iraq! and here you look at us straight in the eyes!

You see nothing but

Your children bleeding or covered with blood!



Iraq! Don't expect any help or support from this imprisoned planet

There is none! Absolutely none!

The Death! Even the death my beloved homeland, is digitized here!



Iraq stand high..where you are! They are falling!

Ye the living dead,

The witness for thy wedding ceremony

Is a gun, whose ammunition is your most cherished sons..

Stay our support for a harsh crossing..

As I always have known thee Iraq,

Chains suited thee.. never!



Spit on their faces for thou aren't for sale or hire..

And ascend.. go higher!

Our skulls and bodies are for thee a ladder to the shining sun!

Ye the pure son of thy father!

You will for ever stay

An unbearable burden

A bitter to swallow prey!



A torn to shreds martyr is brought to his mum

She utters: Come on shorten Al Ishrin revolution time!

For your bludgeon is invincible!



Iraq, there was nothing before thee!

Iraq, there shall be nothing after thee!

Iraq, hold on the soil!

Then every frightened coward will flee!

The horns of the judgement will be heard..

Sounds will echo and resound,

God is the Greatest..

God is the Greatest..

God is the Greatest..*

***



Translated by Abu Assur. al-moharer.net

marc
16.07.2007, 20:55
BERUFE DER WELT (154)
Der Islamist

Er wähnt sich weltweit obenauf
In puncto Sex und Düfte:
Er schafft sich einen Vollbart drauf
Und sprengt sich in die Lüfte.

Er glaubt, je doller, desto mehr
Jungfrauen harren seiner.
Doch winzig ist der Araber,
Sein Schniedel nochmals kleiner.

Effekt: Die Damen wolln ihn nicht;
Von Jungfraun nicht zu reden.
Die sind seit je weltweit erpicht
Auf Neger sowie Schweden.

http://www.titanic-magazin.de/newsticker.html

Achsel-des-Bloeden
16.07.2007, 21:03
Altfränkische Lebensweisheit:

Die ganse Weld ist sou verriggd,
weil jeder umaeinagerfiggd!
Was wär das Ganse doch gerecheld,
wenn jaida blous sei Alde fecheld!

Fenrir
16.07.2007, 23:46
Lob des Eisens.

Gold schreit die feige Welt,
Und Gold macht feige Knechte,
Des Tapfern Herz verstellt
Und schwächt des Starken Rechte;
Für Gold mag keiner sterben,
Der nicht mehr leben darf,
Und edlen Ruhm zu werben
Macht's nie den Degen scharf.

Drum preis' ich das Metall,
Das schwarze braune Eisen,
Denn ohne Glanz und Schall
Es thut sich herrlich weisen,
Heilt mächtig alle Wunden,
Die jenes blanke macht;
Wär' Eisen nicht gefunden,
Noch tappten wir in Nacht.

Es stellt den Pflug ins Land,
Die Erde zu bezwingen,
Es läßt das Schiff vom Strand
Auf schnellen Windesschwingen,
Baut Menschen feste Sitze
Und führt die Kunst ins Haus,
Und löscht des Donnrers Blitze
Mit einer Stange aus.

Und wann die Sitte flieht
Und Männerarm' erschlaffen,
Wann Trug für Ehre blüht
Und Gold gebeut für Waffen,
Wann Despotismusjammer
Die Welt mit Schmach bedroht,
Dann schlägt aus ihm der Hammer
Sieg und Tyrannentod.

Dann wird es schöne Wehr,
Des Mannes Heil und Freude,
Als Schwert, als Schild, als Speer,
Als festes Brustgeschmeide
Macht es den Tritt der Braven
Den Knechten fürchterlich,
Wir wären alle Sklaven
Ohn' Eisen ewiglich.

Und sieget Tyrannei
Und sinkt des Glückes Wage,
So macht es blutig frei
Mit einem tapfern Schlage,
Zerhaut die Schlangenknoten,
Die Trug und Feigheit flicht,
Und schickt die tapfern Toten
Empor zu Recht und Licht.

Bleib, Eisen, Männern hold,
Laß Knechte Gold begehren.
Wer deine Kraft gewollt,
Der wollte hohe Ehren,
Der wollte herrlich leben
Und herrlich untergehn.
Drum sei dir Preis gegeben,
O Eisen schwarz und schön!

Ernst Moritz Arndt

Fenrir
16.07.2007, 23:47
Schlachtgesang.

Zu den Waffen! zu den Waffen!
Als Männer hat uns Gott geschaffen,
Auf! Männer, auf! und schlaget drein!
Laßt Hörner und Trompeten klingen,
Laßt Sturm von allen Türmen ringen,
Die Freiheit soll die Losung sein!

Zu den Waffen! zu den Waffen!
Die Arme müssen sich erstraffen
Und stählern alle Brüste sein,
Voll Kraft und Mut und Wut der Leuen,
Bis wieder strömt in deutschen Treuen
Der deutsche Strom, der deutsche Rhein.

Zu den Waffen! zu den Waffen!
Zur Hölle mit den welschen Affen!
Das alte Land soll unser sein!
Kommt alle, welche Klauen haben,
Kommt, Adler, Wölfe, Krähen, Raben!
Wir laden euch zur Tafel ein.

Zu den Waffen! zu den Waffen!
Komm, Tod, und laß die Gräber klaffen!
Komm. Hölle, thu den Abgrund auf!
Heut schicken viele tausend Gäste
Wir hin zu Satans düsterm Neste
Heut hört die lange Schande auf.

Zu den Waffen! zu den Waffen!
Als Männer hat uns Gott geschaffen,
Weht, Fahnen, weht! Trompeten, klingt!
In deutscher Treue alle Brüder,
Hinein! Es kehret keiner wieder,
Der nicht den Sieg nach Hause bringt.


Ernst Moritz Arndt

Rheinlaender
17.07.2007, 00:12
Ein Gedicht, dass Lady Elizabeth Tudor, die spaetere Elizabeth I, als Gefangene ihrer Halbschwester Mary I schrieb:

Oh, Fortune! how thy restlesse wavering state
Hath fraught with cares my troubled witt!
Witnes this present prisonn, whither fate
Could beare me, and the joys I quitt.
Thou causedest the guiltie to be losed
From bandes, wherein are innocents inclosed:
Causing the guiltles to be straite reserved,
And freeing those that death had well deserved.
But by her envie can be nothing wroughte,
So God send to my foes all they have thoughte.

signed - A. D. MDLV.
Elizabethe, Prisonner.

Peaches
17.07.2007, 00:22
Fotheringhay

Alas what am I? What use has my life?
I am but a body whose heart's torn away,
A vain shadow, an object of misery
Who has nothing left but death-in-life.
O my enemies, set your envy all aside;
I've no more eagerness for high domain;
I've borne too long the burden of my pain
To see your anger swiftly satisfied.
And you, my friends who have loved me so true,
Remember, lacking health and heart and peace,
There is nothing worthwhile that I can do;
Ask only that my misery should cease
And that, being punished in a world like this,
I have my portion in eternal bliss.

Mary Stuart, Queen of Scots

Mauser98K
17.07.2007, 12:34
Pidder Lüng

»Frii es de Feskfang,
frii es de Jaght,
frii es de Strönthgang,
frii es de Naght,
frii es de See, de wilde See
en de Hörnemmer Rhee.«



Der Amtmann von Tondern, Henning Pogwisch,
schlägt mit der Faust auf den Eichentisch:
»Heut fahr' ich selbst hinüber nach Sylt
und hol' mir mit eigner Hand Zins und Gült.
Und kann ich die Abgaben der Fischer nicht fassen,
sollen sie Nasen und Ohren lassen,
und ich höhn' ihrem Wort:
Lewwer duad üs Slaav.«

Im Schiff vorn der Ritter, panzerbewehrt,
stützt finster sich auf sein langes Schwert.
Hinter ihm, von der hohen Geistlichkeit,
steht Jürgen, der Priester, beflissen, bereit.
Er reibt sich die Hände, er bückt den Nacken.
»Die Obrigkeit helf' ich die Frevler zu packen,
in den Pfuhl das Wort:
Lewwer duad üs Slaav.«

Gen Hörnum hat die Prunkbarke den Schnabel gewetzt,
ihr folgen die Ewer, kriegsvolkbesetzt.
Und es knirschen die Kiele auf den Sand,
und der Ritter, der Priester springen ans Land,
und waffenrasselnd hinter den beiden
entreißen die Söldner die Klingen den Scheiden.
Nun gilt es, Friesen:
Lewwer duad üs Slaav!

Die Knechte umzingeln das erste Haus,
Pidder Lüng schaut verwundert zum Fenster heraus.
Der Ritter, der Priester treten allein
über die ärmliche Schwelle hinein.
Des langen Peters starkzählige Sippe
sitzt grad an der kargen Mittagskrippe.
Jetzt zeige dich, Pidder:
Lewwer duad üs Slaav!

Der Ritter verneigt sich mit hämischem Hohn,
der Priester will anheben seinen Sermon.
Der Ritter nimmt spöttisch den Helm vom Haupt
und verbeugt sich noch einmal: »Ihr erlaubt,
daß wir Euch stören bei Euerm Essen,
bringt hurtig den Zehnten, den ihr vergessen,
und Euer Spruch ist ein Dreck:
Lewwer duad üs Slaav!«

Da reckt sich Pidder, steht wie ein Baum:
»Henning Pogwisch, halt deine Reden im Zaum!
Wir waren der Steuern von jeher frei,
und ob du sie wünscht, ist uns einerlei!
Zieh ab mit deinen Hungergesellen!
Hörst du meine Hunde bellen?
Und das Wort bleibt stehn:
Lewwer duad üs Slaav!«

»Bettelpack,« fährt ihn der Amtmann an,
und die Stirnader schwillt dem geschienten Mann,
»du frißt deinen Grünkohl nicht eher auf,
als bis dein Geld hier liegt zu Hauf.«
Der Priester zischelt von Trotzkopf und Bücken
und verkriecht sich hinter des Eisernen Rücken.
O Wort, geh nicht unter:
Lewwer duad üs Slaav!

Pidder Lüng starrt wie wirrsinnig den Amtmann an,
immer heftiger in Wut gerät der Tyrann,
und er speit in den dampfenden Kohl hinein:
»Nun geh an deinen Trog, du Schwein!«
Und er will, um die peinliche Stunde zu enden,
zu seinen Leuten nach draußen sich wenden.
Dumpf dröhnt's von drinnen:
»Lewwer duad üs Slaav!«

Einen einzigen Sprung hat Pidder getan,
er schleppt an den Napf den Amtmann heran
und taucht ihm den Kopf ein und läßt ihn nicht frei,
bis der Ritter erstickt ist im glühheißen Brei.
Die Fäuste dann lassend vom furchtbaren Gittern,
brüllt er, die Türen und Wände zittern,
das stolzeste Wort:
»Lewwer duad üs Slaav!«

Der Priester liegt ohnmächtig ihm am Fuß,
die Häscher stürmen mit höllischem Gruß,
durchbohren den Fischer und zerren ihn fort;
in den Dünen, im Dorf rasen Messer und Mord.
Pidder Lüng doch, ehe sie ganz ihn verderben,
ruft noch einmal im Leben, im Sterben
sein Herrenwort:
»Lewwer duad üs Slaav!«


Detlev Liliencron (1844 - 1909)

Drosselbart
17.07.2007, 12:46
Kampfspruch

Wir haben gekämpft
Und wir werden kämpfen,
Wie wir auch unsern Willen
Gleich einer Fackel in die Nächte
Leuchten lassen.
Wir werden, Kameraden,
Uns bei den Händen fassen
Und aller Zagheit tiefe Schächte
Im Sturmlauf überspringen,
Und noch durch wehes Todesschreien
Tönt unser Singen,
Mit dem wir Einsamen
Das Schicksal fordernd zwingen,
Sich uns zum Zweikampf
Nun zu stellen.
Wen schiert das Sterben,
Kameraden?
Es gilt!
Die Todeswaffen sind geladen!
Wohl dem, der Tod und Leben trägt!

Kurt Eggers

Sauerländer
17.07.2007, 13:58
Wenn wir in Staub zerfallen,
was bleibt von uns zurück,
von unseren Gütern allen,
von dem erbauten Glück?
Die Mauern werden brechen,
und Gras wächst überm Grund,
doch sollen Enkel sprechen
von uns mit frohem Mund.

Wir können nichts erwerben
für alle Ewigkeit,
wie wir uns selbst vererben,
das dauert durch die Zeit.
Wenn einst in bangen Tagen
die Enkel fragend stehn,
dann soll in starken Sagen
von uns ein Mut ausgehn.

Dann sollen sie es wissen,
was nur ein Knecht erträgt,
und daß sie schlagen müssen,
wenn sie ein andrer schlägt.
Da gibt es nichts zu büßen,
Fließt Feindblut noch so rot,
wir wolln sie lachend grüßen
hin über unsern Tod.

-Herybert Menzel

Peaches
17.07.2007, 19:25
Stopping By Woods On A Snowy Evening

Whose woods these are I think I know.
His house is in the village though;
He will not see me stopping here
To watch his woods fill up with snow.
My little horse must think it queer
To stop without a farmhouse near
Between the woods and frozen lake
The darkest evening of the year.
He gives his harness bells a shake
To ask if there is some mistake.
The only other sound's the sweep
Of easy wind and downy flake.
The woods are lovely, dark and deep.
But I have promises to keep,
And miles to go before I sleep,
And miles to go before I sleep.

Robert Frost

Unbelehrbar
18.07.2007, 13:06
Ernst Moritz Arndt
Der Gott, der Eisen wachsen ließ

Der Gott, der Eisen wachsen ließ,
der wollte keine Knechte,
drum gab er Säbel, Schwert und Spieß
dem Mann in seine Rechte,
drum gab er ihm den kühnen Mut,
den Zorn der freien Rede,
dass er bestände bis aufs Blut,
bis in den Tod die Fehde.


So wollen wir, was Gott gewollt,
mit rechten Treuen halten
und nimmer um Tyrannensold
die Menschenschädel spalten.
Doch wer für Schand und Tande ficht,
den hauen wir in Scherben,
der soll im deutschen Lande nicht
mit deutschen Männern erben!


Oh Deutschland heil’ges Vaterland,
oh deutsche Lieb’ und Treue!
Du hohes Land, du schönes Land,
dir schwören wir aufs Neue:
Dem Buben und dem Knecht die Acht,
der speise Kräh’n und Raben!
So ziehen wir aus zur Hermannsschlacht
Und wollen Rache haben.


Lasst brausen, was nur brausen kann,
in hellen, lichten Flammen!
Ihr Deutsche alle Mann für Mann,
zum heil’gen Krieg zusammen!
Und hebt die Herzen himmelan
Und himmelan die Hände,
und rufet alle Mann für Mann:
Die Knechtschaft hat ein Ende!

Lasst klingen was nur klingen kann,
Die Trommeln und die Flöten!
Wir wollen heut Mann für Mann
mit Blut das Eisen röten,
Mit Henkersblut, Franzosenblut
Oh süsser Tag der Rache!
Das klinget allen Deutschen gut,
Das ist die grosse Sache!


Lasst wehen, was nur wehen kann,
Standarten weh’n und Fahnen,
wir wollen heut uns Mann für Mann
zum Heldentode mahnen.
Auf! Fliege stolzes Siegspanier,
voran den kühnen Reihen!
Wir siegen oder sterben hier
Den süßen Tod der Freien.


Eins von vielen germane

Peaches
18.07.2007, 19:30
If


If you can keep your head when all about you
Are losing theirs and blaming it on you,
If you can trust yourself when all men doubt you
But make allowance for their doubting too,
If you can wait and not be tired by waiting,
Or being lied about, don't deal in lies,
Or being hated, don't give way to hating,
And yet don't look too good, nor talk too wise:

If you can dream--and not make dreams your master,
If you can think--and not make thoughts your aim;
If you can meet with Triumph and Disaster
And treat those two impostors just the same;
If you can bear to hear the truth you've spoken
Twisted by knaves to make a trap for fools,
Or watch the things you gave your life to, broken,
And stoop and build 'em up with worn-out tools:

If you can make one heap of all your winnings
And risk it all on one turn of pitch-and-toss,
And lose, and start again at your beginnings
And never breath a word about your loss;
If you can force your heart and nerve and sinew
To serve your turn long after they are gone,
And so hold on when there is nothing in you
Except the Will which says to them: "Hold on!"

If you can talk with crowds and keep your virtue,
Or walk with kings--nor lose the common touch,
If neither foes nor loving friends can hurt you;
If all men count with you, but none too much,
If you can fill the unforgiving minute
With sixty seconds' worth of distance run,
Yours is the Earth and everything that's in it,
And--which is more--you'll be a Man, my son!


Rudyard Kipling

Rheinlaender
18.07.2007, 19:45
Lied der Marketenderin

Aus dem Dreißigjährigen Krieg

Und die Husaren lieb ich sehr,
Ich liebe sehr dieselben;
Ich liebe sie ohne Unterschied,
Die blauen und die gelben.

Und die Musketiere lieb ich sehr,
Ich liebe die Musketiere,
Sowohl Rekrut als Veteran,
Gemeine und Offiziere.

Die Kavallerie und die Infanterie,
Ich liebe sie alle, die Braven;
Auch hab ich bei der Artillerie
Gar manche Nacht geschlummert.

Ich liebe den Deutschen, ich lieb den Franzos,
Die Welschen und Niederländ'schen,
Ich liebe den Schwed, den Böhm und Spanjol,
Ich liebe in ihnen den Menschen.

Gleichviel von welcher Heimat, gleichviel
Von welchem Glaubensbund ist
Der Mensch, er ist mir lieb und wert,
Wenn nur der Mensch gesund ist.

Das Vaterland und die Religion,
Das sind nur Kleidungsstücke -
Fort mit der Hülle! daß ich ans Herz
Den nackten Menschen drücke.

Ich bin ein Mensch, und der Menschlichkeit
Geb ich mich hin mit Freude;
Und wer nicht gleich bezahlen kann,
Für den hab ich die Kreide.

Heinrich Heine

Ingeborg
18.07.2007, 20:51
http://i7.tinypic.com/4pb06t3.jpg

Wer Schmetterlinge lachen hört,
der weiß, wie Wolken schmecken,
der wird im Mondschein
ungestört von Furcht,
die Nacht entdecken.

Der wird zur Pflanze, wenn er will,
zum Tier, zum Narr, zum Weisen,
und kann in einer Stunde
durchs ganze Weltall reisen.

Er weiß, dass er nichts weiß,
wie alle andern auch nichts wissen,
nur weiß er was die anderen
und er noch lernen müssen.

Wer in sich fremde Ufer spürt,
und Mut hat sich zu recken,
der wird allmählich ungestört,
von Furcht sich selbst entdecken.

Abwärts zu den Gipfeln
seiner selbst blickt er hinauf,
den Kampf mit seiner Unterwelt,
nimmt er gelassen auf.

Wer Schmetterlinge lachen hört,
der weiss wie Wolken schmecken,
der wird im Mondschein, ungestört von Furcht,
die Nacht entdecken.

Der mit sich selbst in Frieden lebt,
der wird genauso sterben,
und ist selbst dann lebendiger,
als alle seine Erben.


http://i16.tinypic.com/4ldn1o8.jpg

Novalis

Peaches
18.07.2007, 23:17
The unknown citizen

He was found by the Bureau of Statistics to be
One against whom there was no official complaint,
And all the reports on his conduct agree
That, in the modern sense of an old-fashioned word, he was a saint,
For in everything he did he served the Greater Community.
Except for the War till the day he retired
He worked in a factory and never got fired,
But satisfied his employers, Fudge Motors Inc.
Yet he wasn't a scab or odd in his views,
For his Union reports that he paid his dues,
(Our report on his Union shows it was sound)
And our Social Psychology workers found
That he was popular with his mates and liked a drink.
The Press are convinced that he bought a paper every day
And that his reactions to advertisements were normal in every way.
Policies taken out in his name prove that he was fully insured,
And his Health-card shows he was once in a hospital but left it cured.
Both Producers Research and High-Grade Living declare
He was fully sensible to the advantages of the Instalment Plan
And had everything necessary to the Modern Man,
A phonograph, a radio, a car and a frigidaire.
Our researchers into Public Opinion are content
That he held the proper opinions for the time of year;
When there was peace, he was for peace: when there was war, he went.
He was married and added five children to the population,
Which our Eugenist says was the right number for a parent of his generation.
And our teachers report that he never interfered with their education.

Was he free? Was he happy? The question is absurd:

Had anything been wrong, we should certainly have heard.

W. H. Auden

JWalker
18.07.2007, 23:40
http://i7.tinypic.com/4pb06t3.jpg

Wer Schmetterlinge lachen hört,
der weiß, wie Wolken schmecken,
der wird im Mondschein
ungestört von Furcht,
die Nacht entdecken.

Der wird zur Pflanze, wenn er will,
zum Tier, zum Narr, zum Weisen,
und kann in einer Stunde
durchs ganze Weltall reisen.

Er weiß, dass er nichts weiß,
wie alle andern auch nichts wissen,
nur weiß er was die anderen
und er noch lernen müssen.

Wer in sich fremde Ufer spürt,
und Mut hat sich zu recken,
der wird allmählich ungestört,
von Furcht sich selbst entdecken.

Abwärts zu den Gipfeln
seiner selbst blickt er hinauf,
den Kampf mit seiner Unterwelt,
nimmt er gelassen auf.

Wer Schmetterlinge lachen hört,
der weiss wie Wolken schmecken,
der wird im Mondschein, ungestört von Furcht,
die Nacht entdecken.

Der mit sich selbst in Frieden lebt,
der wird genauso sterben,
und ist selbst dann lebendiger,
als alle seine Erben.


http://i16.tinypic.com/4ldn1o8.jpg

Novalis

sehr schönes Posting :)

JWalker
18.07.2007, 23:45
mein absolutes lieblingsgedicht ist das hier:

Der Panther

Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.

Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.

Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.

Rainer Maria Rilke

Mütterchen
20.07.2007, 11:50
Ich habe kein absolutes Lieblingsgedicht.

Am besten gefallen mir wohl Balladen, die entweder romantisch oder aber richtig schön schaurig sind, wie zB
-Die Füße im Feuer von Meyer
-Loreley von Heine
-Erlkönig von Goethe
-der Handschuh von Schiller
-das Elend von Schanz

...
und und und

Peaches
20.07.2007, 20:13
Arm Kräutchen

Ein Sauerampfer auf dem Damm
stand zwischen Bahngeleisen,
machte vor jedem D-Zug stramm,
sah viele Menschen reisen.

Und stand verstaubt und schluckte Qualm,
schwindsüchtig und verloren,
ein armes Kraut, ein schwacher Halm,
mit Augen, Herz und Ohren.

Sah Züge schwinden, Züge nahen.
Der arme Sauerampfer
sah Eisenbahn um Eisenbahn,
sah niemals einen Dampfer.

Joachim Ringelnatz

O.D.I.N.
20.07.2007, 20:44
Ich muß zugeben, ein Anhänger des Starckdeutschen zu sein, hier eine Kostprobe:

Hullondüsche Tumautn
von Matthias Koeppel

Harrlüch! - dönckst tu, gauffßt die rauten
Glantzind pfröschn Totumauten.
Duch peim Ößßn marckstde dunn,
dißß monn gurnüxx tschmarckn kunn;
Sünd'z nonn Gorcken, sünd'z Tumautn, -
Üst öss garr oin Heunarbrautn,
pfrösch oss Hullondt ümmporturt?
Hart monn düch woll arnngeschmuurt?

Kreuzbube
20.07.2007, 21:18
Ich muß zugeben, ein Anhänger des Starckdeutschen zu sein, hier eine Kostprobe:

Hullondüsche Tumautn
von Matthias Koeppel

Harrlüch! - dönckst tu, gauffßt die rauten
Glantzind pfröschn Totumauten.
Duch peim Ößßn marckstde dunn,
dißß monn gurnüxx tschmarckn kunn;
Sünd'z nonn Gorcken, sünd'z Tumautn, -
Üst öss garr oin Heunarbrautn,
pfrösch oss Hullondt ümmporturt?
Hart monn düch woll arnngeschmuurt?

Sonst noch alles klar......?

Peaches
23.07.2007, 09:02
Excerpt from 'The waste Land'

...What is that sound high in the air
Murmur of maternal lamentation
Who are those hooded hordes swarming
Over endless plains, stumbling in cracked earth
Ringed by the flat horizon only
What is the city over the mountains
Cracks and reforms and bursts in the violet air
Falling towers
Jerusalem Athens Alexandria
Vienna London
Unreal...

T. S. Eliot

Ingeborg
23.07.2007, 11:58
Alles


Wir haben schon alles, was wir brauchen.
Es ist nicht nötig, besser sein zu wollen.

All die Zwangsvorstellungen, die wir uns auferlegen - die dauernde Angst, schlecht zu sein, die dauernde Hoffnung, gut zu sein, die Identitäten, an die wir uns so heftig klammern, die Wut, der Ärger, das Suchtverhalten -, all das kann unseren ureigenen Reichtum nicht antasten.

Diese Vorstellungen sind wie Wolken, die vorübergehend die Sonne verdunkeln. Doch die Sonne, die Wärme und der Glanz eines jeden von uns, ist die ganze Zeit über da. Sie ist, was wir sind.

Wir sind nur ein Augenzwinkern vom Erwachen entfernt.

Pema Chödrön

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FÜR DICH

Die Sonne scheint für dich - deinetwegen;
und wenn sie müde wird, beginnt der Mond,
und dann werden die Sterne angezündet.

Es wird Winter,
die ganze Schöpfung verkleidet sich,
spielt Verstecken, um dich zu vergnügen.

Es wird Frühling;
Vögel schwärmen herbei, dich zu erfreuen;
das Grün sprießt, der Wald wächst schön und steht da wie eine Braut,
um dir Freude zu schenken.

Es wird Herbst,
die Vögel ziehn fort, nicht weil sie sich rar machen wollen,
nein, nur damit du ihrer nicht überdrüssig würdest.
Der Wald legt seinen Schmuck ab,
nur um im nächsten Jahr neu zu erstehen, dich zu erfreuen....

All das sollte nichts sein, worüber du dich freuen kannst?

Lerne von der Lilie und lerne vom Vogel, deinen Lehrern:

zu sein heißt: für heute dasein - das ist Freude.

Lilie und Vogel sind unsere Lehrer der Freude.

Søren Aabye Kierkegaard (1813 - 1855)

kronkorken
23.07.2007, 12:41
Manche freilich müssen drunten sterben,
Wo die schweren Ruder der Schiffe streifen,
Andre wohnen bei dem Steuer droben, http://freiburger-anthologie.ub.uni-freiburg.de/fa/gfx/e.gif
Kennen Vogelflug und die Länder der Sterne.

Manche liegen immer mit schweren Gliedern
Bei den Wurzeln des verworrenen Lebens,
Andern sind die Stühle gerichtet
Bei den Sibyllen, den Königinnen,
Und da sitzen sie wie zu Hause,
Leichten Hauptes und leichter Hände.

Doch ein Schatten fällt von jenen Leben
In die anderen Leben hinüber,
Und die leichten sind an die schweren
http://freiburger-anthologie.ub.uni-freiburg.de/fa/gfx/e.gifWie an Luft und Erde gebunden:

Ganz vergessener Völker Müdigkeiten
Kann ich nicht abtun von meinen Lidern,
Noch weghalten von der erschrockenen Seele
Stummes Niederfallen ferner Sterne.
http://freiburger-anthologie.ub.uni-freiburg.de/fa/gfx/e.gif

Viele Geschicke weben neben dem meinen,
Durcheinander spielt sie alle das Dasein,
Und mein Teil ist mehr als dieses Lebens
Schlanke Flamme oder schmale Leier.

Hugo von Hofmannsthal


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Seltsam, im Nebel zu wandern!
Einsam ist jeder Busch und Stein,
Kein Baum sieht den anderen,
Jeder ist allein.

Voll von Freunden war mir die Welt,
Als mein Leben noch licht war;
Nun da der Nebel fällt,
ist keiner mehr sichtbar.

Wahrlich, keiner ist weise,
Der nicht das Dunkel kennt,
Das unentrinnbar und leise
Von allem ihn trennt.

Seltsam im Nebel zu wandern!
Leben ist Einsamsein.
Kein Mensch kennt den anderen,
Jeder ist allein.

H.Hesse

Peaches
23.07.2007, 17:38
Defiled is my name

Defiled is my name full sore
Through cruel spite and false report,
That I may say for evermore,
Farewell, my joy! adieu comfort!
For wrongfully ye judge of me
Unto my fame a mortal wound,
Say what ye list, it will not be,
Ye seek for that can not be found.

Anne Boleyn

marc
26.07.2007, 21:51
somewhere i have never travelled

somewhere i have never travelled, gladly beyond
any experience, your eyes have their silence:
in your most frail gesture are things which enclose me,
or which i cannot touch because they are too near

your slightest look easily will unclose me
though i have closed myself as fingers,
you open always petal by petal myself as Spring opens
(touching skilfully, mysteriously) her first rose

or if your wish be to close me, i and
my life will shut very beautifully, suddenly,
as when the heart of this flower imagines
the snow carefully everywhere descending;

nothing which we are to perceive in this world equals
the power of your intense fragility: whose texture
compels me with the colour of its countries,
rendering death and forever with each breathing

(i do not know what it is about you that closes
and opens; only something in me understands
the voice of your eyes is deeper than all roses)
nobody, not even the rain, has such small hands

-- e. e. cummings

Arminius66
26.07.2007, 21:59
BERT BRECHT

Kinderhymne (1949)


Anmut sparet nicht noch Mühe
Leidenschaft nicht noch Verstand
Daß ein gutes Deutschland blühe
Wie ein andres gutes Land

Daß die Völker nicht erbleichen
Wie vor einer Räuberin
Sondern ihre Hände reichen
Uns wie andern Völkern hin.

Und nicht über und nicht unter
Andern Völkern wolln wir sein
Von der See bis zu den Alpen
Von der Oder bis zum Rhein.

Und weil wir dies Land verbessern
Lieben und beschirmen wir's
Und das liebste mag's uns scheinen
So wie andern Völkern ihrs.