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Vollständige Version anzeigen : ist marktwirtschaft nicht etwas völlig natürliches?



ernesto, die katze
02.05.2006, 10:28
da mich ein nicht unwesentlicher teil der forumswelt und der mir bekannten menschheit sowieso schon - keineswegs völlig zu unrecht - für verrückt erklärt hat - ob nun öffentlich, oder er ' intern ' ist hierbei absolut und somit in jeglicher hinsicht gleichgültig -, entblödel' ich mich nicht, eine nicht allzu gewagte these an einem vielleicht doch etwas gewagten beispiel auszuprobieren; nämlich die, dass kapitalismus und marktwirtschaft völlig natürlich sind, und wir ihr selbst losgelöst von dem eigentlichen kapitalismus und der eigentlichen marktwirtschaft - in normalerweise wirtschaftsfreien freiräumen - zwingend begegnen.

nun gut. wie fange ich am besten an?

ich habe früher - als ich so fünf, sechs, sieben jahre alt war - viel gespielt ... mit meinem bruder, und zwei, drei nachbarskindern; unsere spielfiguren waren actionfiguren, schleichtiere, etwas lego, autos, die mir immer recht egal waren, und playmobil -- wir spielten viel, wirklich viel - vor allem im winter, als das mit dem fussball nicht ganz so einfach war ... eigentlich traf man sich jeden tag, nach dem kindergarten bzw. der schule, um zu spielen, um in alternative welten fern des problematischen - denn auch sowas gab es schon - einzutauchen, man könnte das psychonautisch deuten, aber darum geht es mir nicht - und es wäre eh nur bedingt verwertbar, denn auch hier war man nicht frei. viel mehr geht es mir um die wirtschaftliche komponente - es verhielt sich nämlich so, dass wir zu anfang bewusst allesamt über ungefähr die selbe anzahl an spielfiguren verfügten, und der nachkauf nur nach demokratischer abstimmung möglich war - bzw. der nachkauf war auch so möglich, aber das einsetzen in ' s spiel entwickelte sich nicht selten zu einer handfesten auseinandersetzung, denn konservativismus ist etwas völlig normales, und auch kleine kinder achten darauf, dass sich die eigene welt - und sei es nur die spielwelt - nicht zu schnell verändert. jedenfalls spielten wir nicht nur einfach blöd drauf los, sondern handelten auch mit den spielfiguren -- die figuren hatten keinen festgeschriebenen wert, bzw. sie hatten ihn, aber man kannte ihn nicht, weil jeder so über gut hundertfünfzig verfügte, und folglich die preise nicht auswendig kannte ... der wert richtete sich nach der nachfrage - z.b war playmobil in der regel nicht sonderlich viel wert, übertragen auf die realität würde ich sagen, playmobil waren pfennige, -- schleichfiguren, ich erinnere mich noch an den riesigen elefanten, den alle welt haben wollte, hingegen schon, und so musste man mindestens zehn playmobil - figuren opfern, um an ein kleines schleichtier zu gelangen ... mit der zeit kristallisierten sich richtige preise heraus , und jeder wusste in etwa, wie viel er auf den tisch legen musste, um dies und das zu bekommen, so dass man nicht nur sparte, sondern mitunter auch investierte, oder gar spekulierte -- z.b , kein scheiss, stieg nachdem wir im kino " ein schweinchen namens babe " gekuckt hatten, der preis für spielzeugschweine in ' s unermessliche ... mit der zeit bekam man das natürlich raus, so dass man vor anderen kinofilmen oder sonstigen ereignissen bewusst dies, und das kaufte ... ich weiß noch, dass ich vor dem film " ein indianer im wandschrank " oder wie der hieß, alle indianer billig aufkaufte, und anschließend teuer unter ' s volk brachte --> man lernte die masse, und die möglichkeit, aus der berechenbarkeit der masse profit zu schlagen kennen, und wurde zu einem kleinen kapitalisten -- freilich entwickelte sich auch eine unterschicht; nämlich diejenigen, die nicht aufgeweckt schauten, was wann lief, wessen preise steigen würden; im endeffekt waren sie bloß " die konsumenten " -- sie, also die armen, konnte man bei abstimmungen auch gut erkaufen - so nach dem motto " mein neuer batman darf mitmachen, und du bekommst ein lego - auto. " mein bruder und ich waren in dieser hinsicht recht erfolgreich - er, weil er seit jeher mit geld, und auch mit " geld " umgehen konnte und dies bis heute drauf hat, und ich, weil ich [ o - ton meiner grundschullehrerin " du bist ein monster " ] relativ skureppellos war.

sogar privatisierungen und sozialistische bestrebungen gab es -- irgendwann nämlich schmissen wir zusammen, kauften uns für hundert - und - weiß - der - henker - wieviel einen recht großen action - spielzeug - park, und planten eigentlich diesen als kollektiveigentum zu führen [ natürlich nannten wir es nicht kollektiveigentum, sondern " das gehört uns allen. " ], was sich allerdings recht fix änderte, denn etwas, das allen gehört, ist nicht so interessant, wie etwas, das einem selbst gehörten, also teilten wir den spielzeug - park auf, privatisierten ihn, und mit der zeit war es selbstredend auch möglich, teile des grundstücks anderer zu kaufen, und wer dann nichts mehr von dem park besaß, musste steuern zahlen, um dies und das zu benützen, so dass mancheiner in abhängigkeit geriet - z.b lieh man jemandem, dem nichts mehr gehörte, die eine oder andere kleinigkeit, und forderte dafür nachher ein " richtiges " abstimmungsverhalten, oder zinsen ein. diese abhängigkeit gefiel nun nicht jedem, so dass es sozialistische bestrebungen gab, sprich eine " das ist alles unseres ! " - bewegung -- diese jedoch wurden immer wieder durch ein geschicktes einkaufen von stimmen niedergeschlagen.

letztlich jedoch war es kein totaler kapitalismus, denn anders als in diesem durch und durch amoralischen system gab es moral, und einen staat -- die moral wirkte insofern, als dass jemand, der über gut dreihundert spielfiguren verfügte, jemandem, der gar nichts mehr besaß, und vor dem spieltechnischen suizid stand, irgendetwas schenkte, damit dieser nicht vor die hunde gehen musste -- der staat wurde durch die eltern repräsentiert, die sowohl eine soziale grundsicherung gewährleisteten als auch den schutz des privateigentums, sich jedoch größtenteils raushielten, denn auch der allgegenwärtige staat funktionierte und funktioniert nicht -- ich erlebte es bei freunden, mit diesen " übermüttern ", die meinten, in alles eingreifen zu müssen, und somit jeglichen spielfluss, jegliche entfaltung der wirtschaft verhinderten.

nun meine frage, liebe forumsbenützer : ist der kapitalismus nicht in uns?

twoxego
02.05.2006, 11:37
hallo ernesto !

ein schöner text.

allerdings unterschlägst du etwas sehr wichtiges.
sicher hast du die ganze zeit über versucht, die anderen kinder zu bescheissen.
sollte dies nicht der fall gewesen sein, schliesse ich mich den leuten an,
die dich für abweichend halten.

das problem ist ein bekanntes.
der mensch neigt dazu, sein tun für ein vernünftiges und sehr oft eben auch
für ein, wie du es sagst, natürliches zu halten.
ich denke, die lemminge tun das auch, nur wir halten sie für bekloppt.

ein alter hut :
hätten wir 11 anstelle von 10 fingern, würden wir ganz anders rechnen.

im spiel konditioniert ein kind sich selbst, indem es verhaltensweisen der
erwachsenen spielerisch immitiert.
wenn die erwachsenen bestimmte dinge aber nicht tun, kann ein kind diese auch nicht
erlernen.
denke an die sprache. es wird die sprache erlernt, die die eltern sprechen nicht
eine andere.
das wäre übrigens lustig, kinder als fremdsprachler.

all das bedeutet, dass deine annahmen, die martktwirtschaft sei etwas natürliches,
schon zutrifft aber nicht bedeutet sie sei das einzig mögliche.
andere funktionierende syteme sind halt einfach bislang noch niemanden in den sinn gekommen.

immer wieder erstaunlich, wie der mensch es fertigbringt, seine handlungsweise
vor sich selbst zu legitimieren.
das übrigens, ist vollkommen natürlich.

gruss twoxego

Hossbach
02.05.2006, 16:08
Respekt twoxego, guter Text! Auf Ernestos Frage müsste ich trotzdem mit "Ja" antworten.

twoxego
02.05.2006, 16:44
ich würde sagen, bis jemand daherkommt und was besseres erfindet.
natürlich nicht gerade so'n quark wie kommunismus oder so.

Redwing
02.05.2006, 18:16
nun meine frage, liebe forumsbenützer : ist der kapitalismus nicht in uns?

Äh...nein. :D

Oh Mann, was muß man getrunken haben, um ein harmloses Kinderspiel auf das wuchernde Wirtschaftssystem zu übertragen, das tagtäglich Tausende von Hungertoten hervorbringt und Alos wie AN den Tag zunehmend versaut.

Außerdem kann man von Erwachsenen erwarten, daß sie den Logik- und Vernunftsektor langsam mal aktivieren und niedere, gesellschaftsschädliche Triebe unterdrücken- zum Wohle aller und letztlich auch sich selbst. Jetzt nur mal davon ausgegangen, dein Beitrag würde ansatzweise die Realität tangieren. ;)

Einsatzleiter
02.05.2006, 18:24
ich würde sagen, bis jemand daherkommt und was besseres erfindet.
natürlich nicht gerade so'n quark wie kommunismus oder so.

es gibt nur Kapitalismus und Sozialismus/Kommunismus!! Und selbstverständlich wird der Kommunismus am Ende siegen!! :cool: :cool:

Leo Navis
02.05.2006, 18:38
Hmm, ich muss Dir ehrlich sagen: Bei uns lief das weit früher völlig anders. Bei uns gab es ein paar reiche Arschlöcher, die ein großes Haus hatten, einen schönen Garten - und dementsprechend auch ein Haufen Spielzeug. Dann gab es Leute, die hatten so gut wie gar nichts, die Armen, sozusagen. Das waren die festgeschriebenen Regeln, da gab es nichts dran zu rütteln. Dann gab's natürlich noch Leute wie mich: Reiche Eltern, die allerdings davor zurückschrecken, dem Kind jeden Scheiß in den Arsch zu schieben, weil sie dann erwarten, dass das Kind verwahrlosen könnte. Leute wie ich haben mit Leuten wie mir verkehrt, wir haben uns gegenseitig eingeladen; allerdings gleichsam mit den reichen Wichsern, zu denen man eben nach hause gegangen ist, und auch mit den Armen, die zu einem kamen oder zu denen man gegangen ist, weil man in deren Garten, im Gegensatz zu unserem, gut Fußball spielen konnte. Damals war dementsprechend noch überhaupt nichts mit Kapitalismus, das war eher eine Art festgeschriebener Sozialismus und jeder konnte mit den Sachen des anderen spielen.

Das änderte sich. Denn im Gymnasium, so 6.-8. Klasse, gab es immer noch reiche Wichser, die sich jeden Scheiß kaufen konnten; immernoch gab es Leute wie mich, die sich wenig kaufen konnten. Und dann gab's die armen. Und was hat man mit denen gemacht? Man hat sie ausgebeutet. Beispiel: Man geht zur Cafeteria, kauft sich was, dann plötzlich sagt der arme neben Dir: Oh, Mist, kein Geld - kannst Du mir was leihen? Was man natürlich macht - mit Zinsen. 10 Pfennig (später 10 Cent) pro Tag war Minestlohn - und so hatten diese Menschen, die so blöd waren gleich am Anfang des Monats alles auszugeben, schnell einen Haufen Schulden bei einem. Das konnte natürlich nicht lange gut gehen; irgendwann meinte jemand, er habe gar keine Schulden (es ging um 10 Mark - damals war das viel!) - also habe ich jemanden beauftragt, es aus ihm rauszuholen; die Hälfte des Geldes sollte sein Lohn sein. Nun, wie ihr euch denken könnt, auch dieser "Rausholer" war arm, also machte er es. Sowas hat sich rumgesprochen, und in Zukunft wurde schnell zurückgezahlt.

Fazit: Ja, der Kapitalismus steckt in uns allen.

Roter Prolet
02.05.2006, 19:09
Der Kapitalismus ist kein naturgegebenes Phänomen, sondern eben das, was aus den Klassenkämpfen und sonstigen Auseinandersetzungen vor mehr als 200 Jahren zwischen dem Adel und der aufkommenden Bourgeoisie sowie ihren jeweiligen verbündeten Schichten herauskam.

dimu
02.05.2006, 19:33
Der Kapitalismus ist kein naturgegebenes Phänomen, sondern eben das, was aus den Klassenkämpfen und sonstigen Auseinandersetzungen vor mehr als 200 Jahren zwischen dem Adel und der aufkommenden Bourgeoisie sowie ihren jeweiligen verbündeten Schichten herauskam.
du liegst ja nun wiedermal vollkommen daneben, das haben ideologieanhänger
als geburtsfehler so ansich.

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ich würde sagen, dass ansatzweise eine derartige dentenz dem menschen
eigen ist. ausgeprägt wird's dann, wenn erkannt wird, inwieweit erfolg damit
verbunden ist.
das kann zum positiven oder zum negativen ausschlagen. exzesse hervorbringen.
.

Salazar
02.05.2006, 20:39
Das Kapitalistische System wie wir es heute haben, mag zwar nicht an sich natürlich sein, marktwirtschaftliches Verhalten ist aber natürlich. Und damit ist der Kapitalismus eine dem menschlichen Wesen entsprechende, konsequente Entwicklung.

Kommunismus/Sozialismus hingegen ist eine Ideologie die von menschlicher Realität weit entfernt ist.

Bilderberger
02.05.2006, 21:02
gleicher Einschub wie im anderen Thread.

Kapitalismus ist niedere Tierwelt, draussem im Dschungel.
Alles Soziale ist menschlich, denn der normale Mensch hat Vernunft, Zukunftsplangsmöglichkeit und Intelligenz.

Aber es gibt sogar neoliberale Menschen die noch schlimmer sind als Tiere, denn die zerstören nicht ihre Umwelt, sondern leben im Einklang mit ihr.

Und selbst der größte Löwe frisst nur so viel er auch verdauen kann und baut sich kein Lager mit Fleischmassen (Reichtum) die er eh niemals brauchen wird.

edit:

Kinderspiele resultieren aus der Erziehung. Wärst du in einem anderen System aufgewachsen würdest du auf andere Weise spielen/teilen usw.
Daher kann man niemals von dem Verhalten von Kindern auf die natürlichkeit des Systems schließen. Kinder machen nach was sie sehen und nicht dass was sie wollen.

Auch wenn es manche hier im Forum nicht wahrhaben mögen sind Indianer auch Menschen und die sind ein schönes Beispiel, dass es so ist wie ich es im Edit beschrieben habe.

Salazar
03.05.2006, 18:18
Kapitalismus ist niedere Tierwelt, draussem im Dschungel.
Alles Soziale ist menschlich, denn der normale Mensch hat Vernunft, Zukunftsplangsmöglichkeit und Intelligenz.


Das Soziale sollte allerdings auf Freiwilligkeit beruhen und nicht erzwungen werden.

Herden und Rudel finden sich übrigens auch bei Tieren.

politi_m
03.05.2006, 20:25
"nun meine frage, liebe forumsbenützer : ist der kapitalismus nicht in uns?"

Also erst mal: Ich habe in meiner frühen Kindheit auch Sachen getauscht, aber nicht in der dieser Intensität! Ich kann also diese riesengroße Tausch- und Mietgeschäfte nicht völlig nachvollziehen, klingt für mich persönlich ein bisschen übertrieben, einfach weil ich das nicht erlebt habe.

Aber natürlich will ich mehr Geld als andere. Und teilweise muss man auch skrupellos sein, das gehört dazu. Wir leben doch praktisch alle im Wettbeweb "Wer hat mehr Geld?". Es ist natürlich, dass ich bei meiner Gier auch anderen Geld abnehme, also mehr oder weniger schade. Das nehme ich aber in Kauf, nicht weil ich den anderen schaden will, sondern weil ich mich selbst bereichern will.

Dass da noch viele Dinge, wie das soziale Gewissen, die Moral, die Nächstenliebe, etc. eine Rolle spielt ist klar.



Lange Rede, kurzer Sinn:

Also der (soziale) Wettbewerb steckt ganz sicher in uns, ob auch der Kapitalismus in uns steckt, weiß ich nicht.

twoxego
03.05.2006, 20:36
Also der (soziale) Wettbewerb steckt ganz sicher in uns

dem würde ich wiedersprechen.
in einer früheren phase der kindheit, an die die meisten keine wirkliche erinnerung
haben, vor der hier beschriebenen spielphase, kommt ein kind gar nicht auf die idee,
dass irgend etwas in seinem gesichtsfeld nicht ihm gehören könnte.
die konditionierung beginnt, wenn es versucht einem stärkeren kind den teddy wegzunehmen.