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Vollständige Version anzeigen : War die Nahostregion mit einem Irak unter Hussein stabiler?



Falkenhayn
27.04.2006, 21:23
Im Irak herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände, al-Qaida scheint mächtig Zulauf zu bekommen und der Islamismus sunnitischer Prägung sieht im Irak große Potenziale, die es auszunutzen gilt.

Das Hussein-Regime hingegen war ein pragmatisches eher säkulares System, welches zumindest die Ausbreitung des Djihadismus verhinderte und die öffentliche Ordnung aufrechterhielt, obgleich das Regime auch auf Gewalt begründet war. Auch schien der Irak militärisch, nachdem keine Massenvernichtungswaffen gefunden wurden, keine wirkliche Bedrohung gewesen zu sein.

Andererseits stehem dem der Krieg gegen Iran sowie der Überfall auf Kuwait und die Raktenbeschüsse auf Israel gegenüber, genauso wie die Verbalattacken.

Was meint ihr dazu?

Inspektor Wanninger
28.04.2006, 00:22
Der Irak-Krieg bindet nicht nur die Kräfte der Koalition der Willigen, sondern vor allem auch die Kräfte des radikalen Islamismus und des arabischen Nationalismus.
Ich bin davon überzeugt, daß der Dschihad längst auf andere Erdteile übergegriffen hätte, wenn die Amerikaner diese Burschen nicht in Afghanistan und im Irak zum Tanz gebeten hätte.
Natürlich explodiert auch im Westen ab und zu mal eine Bombe, aber vergessen wir nicht, daß uns die Islamisten am liebsten täglich einen 11.09., ein Madrid oder London bereiten würden. Doch es gelingen ihnen nicht mehr als ein paar Nadelstiche. Damit möchte ich natürlich nicht das entsetzliche Leid der Terroropfer von Madrid oder London herabwürdigen. Aber vielleicht müssten wir wirklich bei jeder Bus- oder Ubahn-Fahrt oder bei jeder öffentlichen Veranstaltung zittern, daß uns nicht gleich eine Nagelbombe erwischt. So schlimm ist es ja dank des amerikanischen Engagements dann doch nicht.
Es ist doch immer besser, wenn den Schießkrieg Leute führen, die dafür ausgebildet sind, als daß wir hier nur warten, bis es unsere Omas und Opas, Frauen und Kinder zerfetzt.
Wenn der Krieg der Kulturen schon unvermeidbar ist, dann wäre es ideal, daß die heiligen Krieger in den Irak kommen - und da mögen sie ein schnelles Ende finden.
Thanks, Mr President! May God bless you and the brave Coalition Soldiers.

SAMURAI
28.04.2006, 07:00
Man hat eben das falsche Schwein geschlachtet !

alta velocidad
28.04.2006, 08:33
War die Nahostregion mit einem Irak unter Hussein stabiler?

Der Nahe Osten nicht, der Mittlere Osten schon.

Mark Mallokent
28.04.2006, 08:44
Man hat eben das falsche Schwein geschlachtet !
Man hat das erste Schwein geschlachtet. Aber Geduld. Die anderen kommen auch noch dran.:cool:

Gegenwart
28.04.2006, 08:51
Im Irak herrschen bürgerkriegsähnliche Zustände, al-Qaida scheint mächtig Zulauf zu bekommen und der Islamismus sunnitischer Prägung sieht im Irak große Potenziale, die es auszunutzen gilt.

Das Hussein-Regime hingegen war ein pragmatisches eher säkulares System, welches zumindest die Ausbreitung des Djihadismus verhinderte und die öffentliche Ordnung aufrechterhielt, obgleich das Regime auch auf Gewalt begründet war. Auch schien der Irak militärisch, nachdem keine Massenvernichtungswaffen gefunden wurden, keine wirkliche Bedrohung gewesen zu sein.

Andererseits stehem dem der Krieg gegen Iran sowie der Überfall auf Kuwait und der Raktenbeschuss Israels gegenüber, genauso wie die Verbalattacken.

Was meint ihr dazu?
Nun, ja und nein. Denn je älter Hussein wurde, desto mehr er im Zugzwang war um seine Vorstellungen zu verwirklichen und damit immer weniger berechenbar. Natürlich ist das, was jetzt im Irak passiert, einer Niederlage der Vernunft und wohl vorerst auch der Politik.
Aber als Nebenwirkung werden dort so viele Terroristen gebunden, dass die Welt ein Wenig aufatmen kann. Nun es geschieht auf Rechnung der Irakis und wird wohl nicht von Dauer sein. Deswegen ist der Kampf gegen Terror wichtiger denn je. Über die Form müsste man allerdings sich noch einig werden.

Gegenwart
28.04.2006, 08:52
Man hat eben das falsche Schwein geschlachtet !
Schwein bleibt Schwein.

twoxego
28.04.2006, 10:19
alles spekulation.
was wäre wenn, ist ein thema der unterhaltungsliteratur.
anders gesagt:


keine atempause
geschichte wird gemacht
es geht voran

( irgendeine deutsche band )

Inspektor Wanninger
28.04.2006, 11:30
alles spekulation.
was wäre wenn, ist ein thema der unterhaltungsliteratur.
anders gesagt:


keine atempause
geschichte wird gemacht
es geht voran

( irgendeine deutsche band )


Wenn wir wirklich zu einem halbwegs gerechten Urteil über den US-Feldzug im Irak finden wollen, geht es nunmal nicht ohne Spekulation.
Man muß schon überlegen: Was wurde uns präsentiert? Würden wir uns darüber ebenso beschweren, wenn wir wüssten, was uns dadurch erspart geblieben ist?

SAMURAI
28.04.2006, 11:36
Schwein bleibt Schwein.

Kenn ma scho: .... auch wenns ein Ferkel ist !

Gegenwart
28.04.2006, 11:43
Kenn ma scho: .... auch wenns ein Ferkel ist !
Also, dann sage ich in den Raum, "Befreit euren Geist, und der Himtern wird folgen" (Sarah Ferguson)

Gegenwart
28.04.2006, 11:46
Wenn wir wirklich zu einem halbwegs gerechten Urteil über den US-Feldzug im Irak finden wollen, geht es nunmal nicht ohne Spekulation.
Man muß schon überlegen: Was wurde uns präsentiert? Würden wir uns darüber ebenso beschweren, wenn wir wüssten, was uns dadurch erspart geblieben ist?
Hmm, Gerechtigkeit als Spekulation?(
Das häöt sich wohl an, wie eine Lebensanschauung.:D

Inspektor Wanninger
28.04.2006, 13:00
Hmm, Gerechtigkeit als Spekulation?(
Das häöt sich wohl an, wie eine Lebensanschauung.:D

Das ganze Leben ist eine einzige Spekulation, wenn man alles genauer betrachtet. Je genauer man meistens glaubt, hinzugucken, desto verschwommener wird die Wahrnehmung. 100%ige Gewissheiten kann es nicht geben, sondern allerhöchstens hohe Wahrscheinlichkeiten. Somit bleibt alles eine Definitions- und Abwägungsfrage. Das hat aber nichts mit meiner Lebensanschauung zu tun.

Für Sie ist das also kein Grund, mir unterschwellig Ihr abschätziges Werturteil unter die Nase zu halten.

twoxego
28.04.2006, 13:06
Wenn wir wirklich zu einem halbwegs gerechten Urteil über den US-Feldzug im Irak finden wollen, geht es nunmal nicht ohne Spekulation.


warum spekulieren ?

die tastsachen sind doch hinreichend bekannt.
ich möchte nicht so verstanden werden, als hielte ich eine aufarbeitung dieser
ganzen angelegenheit für überflüssig.
ich nahm nur den titel des threads und was sich daraus ergab wörtlich; eine angewohnheit.

Inspektor Wanninger
28.04.2006, 13:15
warum spekulieren ?

die tastsachen sind doch hinreichend bekannt.
ich möchte nicht so verstanden werden, als hielte ich eine aufarbeitung dieser
ganzen angelegenheit für überflüssig.
ich nahm nur den titel des threads und was sich daraus ergab wörtlich; eine angewohnheit.

Eine Spekulation, die sich als zutreffend erweist, ist ja auch nichts Negatives.

Gegenwart
28.04.2006, 13:41
Das ganze Leben ist eine einzige Spekulation, wenn man alles genauer betrachtet. Je genauer man meistens glaubt, hinzugucken, desto verschwommener wird die Wahrnehmung. 100%ige Gewissheiten kann es nicht geben, sondern allerhöchstens hohe Wahrscheinlichkeiten. Somit bleibt alles eine Definitions- und Abwägungsfrage. Das hat aber nichts mit meiner Lebensanschauung zu tun.

Für Sie ist das also kein Grund, mir unterschwellig Ihr abschätziges Werturteil unter die Nase zu halten.
.
Aber, aber, so wenig Vertrauen zu dem eigenen Werturteil?`? Ob das an Ihrer spekulativen Wahrnehmung liegt, weiß ich nicht. Denn bei meiner Anmerkung war nichts Abschätziges. Ich habe mich lediglich gewundert und wollte diese "Theorie" verstehen. Wohl eine Entgleisung meinerseits, ihrer Reaktion nach. Hmmm...
Habe nichts gegen philosophische Betrachtung der Lebensaspekte, im Gegenteil. Aber wenn es um Urteile gegen Menschen gehen soll, so sollte man Spekulation so weit wie möglich ausschließen

Gegenwart
28.04.2006, 13:43
Eine Spekulation, die sich als zutreffend erweist, ist ja auch nichts Negatives.
Aber eine Spekulation, die sich als unzutreffend erweist, kann etwas SEHR Negatives sein.

Inspektor Wanninger
28.04.2006, 17:58
Aber eine Spekulation, die sich als unzutreffend erweist, kann etwas SEHR Negatives sein.

Darum sollte man sich ja etwas dabei denken, wenn man spekuliert. Ich mache da schon einen Unterschied zwischen haltlosen Spekulationen und solchen, die auf nicht gesichertem Wissen beruhen. Weil wirklich sicher wissen, kann man erst einmal überhaupt nichts, man kann höchstens glauben, daß man etwas sicher weiß. Und wie Sie sicher wissen, heißt "glauben" "nichts wissen".

P.S. Nix Genaues weiß man nicht.

Gegenwart
28.04.2006, 18:21
Darum sollte man sich ja etwas dabei denken, wenn man spekuliert. Ich mache da schon einen Unterschied zwischen haltlosen Spekulationen und solchen, die auf nicht gesichertem Wissen beruhen. Weil wirklich sicher wissen, kann man erst einmal überhaupt nichts, man kann höchstens glauben, daß man etwas sicher weiß. Und wie Sie sicher wissen, heißt "glauben" "nichts wissen".

P.S. Nix Genaues weiß man nicht.
Aber widersprechen Sie sich da nicht, wenn sie schreiben, "Darum sollte man sich ja etwas dabei denken, wenn man spekuliert." und dann darauf hin "Und wie Sie sicher wissen, heißt "glauben" "nichts wissen"?

Inspektor Wanninger
28.04.2006, 18:38
Aber widersprechen Sie sich da nicxht, wenn sie schreiben, "Darum sollte man sich ja etwas dabei denken, wenn man spekuliert." und dann darauf hin "Und wie Sie sicher wissen, heißt "glauben" "nichts wissen"?

Ja, es ist zum Mäusemelken.
Jede Facette des Lebens steckt bei genauerer Betrachtung voller Widersprüche. Dazu hängt wiederum alles vom jeweiligen Betrachter ab, vom Standpunkt etc. Es ist eine Herausforderung für jeden, da eine Linie beizubehalten.
Was für mich gerade ist, muß es aus Ihrer Perspektive noch lange nicht sein und umgekehrt. Man kennt das ja alles auch aus der Relativitätstheorie. Es wäre ja ziemlich absurd, anzunehmen, daß eine so spektakuläre Entdeckung keinerlei Bezug zu unserem Alltag hätte. Hat sie doch. Wir stellen nur vermeintliche Selbstverständlichkeiten nicht gerne in Frage.
Aber ich will ja hier nicht in ein anderes Themenfeld abdriften.

Daß der US-Feldzug im Irak auch auf Seiten der Terroristen enorme Kräfte bindet, darauf konnten wir uns ja (auf parallelen Schienen) immerhin schon einigen.

Falkenhayn
28.04.2006, 19:21
@ twoxego


warum spekulieren ?

die tastsachen sind doch hinreichend bekannt.
ich möchte nicht so verstanden werden, als hielte ich eine aufarbeitung dieser
ganzen angelegenheit für überflüssig.
ich nahm nur den titel des threads und was sich daraus ergab wörtlich; eine angewohnheit.


Was den Titel des Threads angeht, so ist dieser keineswegs spekulativ, dahingehend solltest du deine falsche Prämisse revidieren.

Ansonsten sind gerade im Bereich der Sicherheitspolitik oder gar allgemein der Politik Spekulationen und Prognosen unabdingbar und von mir aus können sie auch unterhaltend sein, wenn ihnen sonst jeglicher Sinn fehlt.

Falkenhayn
28.04.2006, 19:27
@ Wanninger



Daß der US-Feldzug im Irak auch auf Seiten der Terroristen enorme Kräfte bindet, darauf konnten wir uns ja (auf parallelen Schienen) immerhin schon einigen.


Gut, das mag sich bei einer globalen Betrachtung so ergeben.

Aber wie ist es mit dem regionalen Subsystem Naher Osten, haben die USA dahingehend nicht auch zu einer Destabilisierung beigetragen? Kann es nicht Zusammenhänge geben z.B. mit dem Wahlsieg der Hamas? Wie würdest du es in dieser Hinsicht einschätzen?

Gegenwart
28.04.2006, 21:41
Ja, es ist zum Mäusemelken.
Jede Facette des Lebens steckt bei genauerer Betrachtung voller Widersprüche. Dazu hängt wiederum alles vom jeweiligen Betrachter ab, vom Standpunkt etc. Es ist eine Herausforderung für jeden, da eine Linie beizubehalten.
Was für mich gerade ist, muß es aus Ihrer Perspektive noch lange nicht sein und umgekehrt. Man kennt das ja alles auch aus der Relativitätstheorie. Es wäre ja ziemlich absurd, anzunehmen, daß eine so spektakuläre Entdeckung keinerlei Bezug zu unserem Alltag hätte. Hat sie doch. Wir stellen nur vermeintliche Selbstverständlichkeiten nicht gerne in Frage.
Aber ich will ja hier nicht in ein anderes Themenfeld abdriften.

Daß der US-Feldzug im Irak auch auf Seiten der Terroristen enorme Kräfte bindet, darauf konnten wir uns ja (auf parallelen Schienen) immerhin schon einigen.
Eben weil wir die Welt durch unsere subjektiven Sinne begreifen, ist die Spekulation ein Risiko, auch wenn es wohl keine absolutze Wahrheit gibt. Wir als Gemeinschaft sind aber auf eine "Wahrheit" angewiesen um die Gemeinschaft zu erhalten, finde ich.

Definitionen von Spekulation im Web:

Der Ausdruck Spekulation (von lat. speculari spähen, beobachten; von einem erhöhten Standpunkt aus in die Ferne spähen) bezeichnet: Spekulation der Wirtschaftssprache ist die planvolle Handlung einer wirtschaftenden Person, die nach lukrativen, zumeist kurzfristigen Investitionsmöglichkeiten Ausschau hält.
de.wikipedia.org/wiki/Spekulation

Die Spekulation ( lat. speculatio : die Betrachtung) bezeichnet im weitesten Sinne den metaphysischen Versuch, durch eine Betrachtung, Anschauung, durch denkendes Schauen und schauendes Denken, durch mystisches, phantasiemäßiges Betrachten des scheinbar in der Innenwelt sich manifestierenden Übernatürlichen oder Übersinnlichen, die Wesenheiten der Dinge im Denken zu verknüpfen. ...
de.wikipedia.org/wiki/Spekulation_(Philosophie)

(Gewinnorientierte Ausnutzung erwarteter Preisänderungen. Im Gegensatz zum Hedger nimmt der Spekulant bewusst eine Erhöhung seines Preisrisikos vor.
mitglied.lycos.de/stromboerse/pages/glossar_s.html)

Inspektor Wanninger
01.05.2006, 08:48
@ Wanninger





Gut, das mag sich bei einer globalen Betrachtung so ergeben.

Aber wie ist es mit dem regionalen Subsystem Naher Osten, haben die USA dahingehend nicht auch zu einer Destabilisierung beigetragen? Kann es nicht Zusammenhänge geben z.B. mit dem Wahlsieg der Hamas? Wie würdest du es in dieser Hinsicht einschätzen?

Ich will diese Zusammenhänge nicht ausschließen. Aber um von einer Destabilisierung des Nahen Ostens ausgehen zu können, muß man annehmen, daß es sich vorher um stabile Verhältnisse gehandelt hat.
Ich sehe es eher so, daß jetzt eingetreten ist, womit vorher bei jeder Gelegenheit gedroht worden ist. Wirklich stabile Verhältnisse kommen allerdings ohne solche Drohungen aus. Sonst sind sie es nicht wert, geschützt zu werden. Im Gegenteil: Irgendwann muß man sich ihrer annehmen, auch wenn es zunächst wehtut.

Gegenwart
01.05.2006, 12:52
@ Wanninger





Gut, das mag sich bei einer globalen Betrachtung so ergeben.

Aber wie ist es mit dem regionalen Subsystem Naher Osten, haben die USA dahingehend nicht auch zu einer Destabilisierung beigetragen? Kann es nicht Zusammenhänge geben z.B. mit dem Wahlsieg der Hamas? Wie würdest du es in dieser Hinsicht einschätzen?

Der Wahlsieg der Hamas, hat eher mit dem Versagen der Fatah etwas zu tun.
Die Stabilisierung des Nahen Osten in manchen Augen, wäre die Vernichtung Israels. Was natürlich ein Unding ist.

Praetorianer
01.05.2006, 13:20
Das Hussein-Regime hingegen war ein pragmatisches eher säkulares System, welches zumindest die Ausbreitung des Djihadismus verhinderte und die öffentliche Ordnung aufrechterhielt, obgleich das Regime auch auf Gewalt begründet war. Auch schien der Irak militärisch, nachdem keine Massenvernichtungswaffen gefunden wurden, keine wirkliche Bedrohung gewesen zu sein.


Wenn ich sowas lese ...

"Pragmatisch"?? Ja klar, eines der reichsten Länder des Nahen Ostens bricht mal eben einen Vernichtungskrieg vom Zaun, der über eine Millionen Menschen das Leben kostet, das Land verwüstet und es überschuldet. Danach versucht es an der anderen Front sein Glück mit der Ausplünderung seiner Nachbarn. Auf die Ultimaten einer klar überlegenen Armee reagiert es nicht, so dass das Land noch weiter in Schutt und Asche gelegt wird und schickt etwa 100 000 Soldaten in den Tod. Danach ist es weiterhin nicht bereit, irgendwelche Konzessionen zu machen, was Embargos zur Folge hat, die es noch weiter verarmt.

Auch der Irak als Feind des Jihadismus ist eine Legende, Saddam war immer dann gegen Islamismus, solange er sich gegen ihn richtete, als es gegen den Schah ging, kamen ihm die Mullahs gerade recht. Nebenbei fand Sarkawi im Irak Unterschlupf. Die Jihadisten waren eine normale Spielfigur auf Saddams Schachbrett, in seinem Lande wollte er natürlich nichts von ihnen wissen.

"auch auf Gewalt"? Worauf denn bitte noch? Auf den 100% Ja-Stimmen die Saddam erhielt?


In 1988, Iraqi government forces systematically
razed Kurdish villages and killed civilians.
Amnesty International estimates that over
100,000 Kurds were killed or disappeared during
1987-1988, in an operation known as the Anfal
campaigns, to quell Kurdish insurgency and
activities.
The campaign included the use of chemical
weapons. According to Human Rights Watch, a
single attack on the Kurdish town of Halabja
killed up to 5,000 civilians and injured some
10,000 more.


Was ist wohl mit den zahlreichen Verschwundenen geschehen? :rolleyes:


Suspension from the ceiling
Victims are blindfolded, stripped and suspended for hours by their wrists, often with their hands
tied behind their backs. This causes dislocation of shoulders and tearing of muscles and ligaments.

Electric shock
A common torture method. Shocks are applied to various parts of the body, including the genitals,
ears, tongue and fingers.

Sexual abuse
Victims, particularly women, have been raped and sexually abused, including reports of broken
bottles being forced into the victim’s anus.

"Falaqa"
Victims are forced to lie face down and are then beaten on the soles of their feet with a cable, often
losing consciousness.

Other physical torture
Extinguishing cigarettes on various parts of the body, extraction of fingernails and toenails and
beatings with canes, whips, hose pipes and metal rods are common.

Mock executions
Victims are told that they are to be executed by firing squad and a mock execution is staged.
Victims are hooded and brought before a firing squad, who then fire blank rounds.

Acid baths
David Scheffer, US Ambassador-at-Large for War Crimes, reported that photographic evidence
showed that Iraq had used acid baths during the invasion of Kuwait. Victims were hung by their
wrists and gradually lowered into the acid.


Quelle (http://www.c-span.org/resources/pdf/hrdossier.pdf)

Man kann ja trefflich darüber streiten, ob die momentanen Zustände soviel besser sind, mit den Massen an Entführungen und an ebenfalls brutalster Gewalt, aber wer versucht, diesen Massenmörder schönzureden disqualifiziert sich ernstlich für eine seriöse Diskussion.

Diese Verharmlsung bis hin zur Belobigung in deinem Statement sehe ich als genau das an.

Falkenhayn
01.05.2006, 19:44
Hallo Bush,

Du erscheinst etwas gereizt, ich antworte dir gerne um deine falsch gezogenen Schlüsse auszuräumen.



"Pragmatisch"?? Ja klar, eines der reichsten Länder des Nahen Ostens bricht mal eben einen Vernichtungskrieg vom Zaun, der über eine Millionen Menschen das Leben kostet, das Land verwüstet und es überschuldet. Danach versucht es an der anderen Front sein Glück mit der Ausplünderung seiner Nachbarn. Auf die Ultimaten einer klar überlegenen Armee reagiert es nicht, so dass das Land noch weiter in Schutt und Asche gelegt wird und schickt etwa 100 000 Soldaten in den Tod. Danach ist es weiterhin nicht bereit, irgendwelche Konzessionen zu machen, was Embargos zur Folge hat, die es noch weiter verarmt.



Das ist im Großen und Ganzen bekannt. U.a. davon ableitend sollte in diesem Thread eingeschätzt werden, inwieweit es sich mit der Stabilität verhält.



Auch der Irak als Feind des Jihadismus ist eine Legende, Saddam war immer dann gegen Islamismus, solange er sich gegen ihn richtete, als es gegen den Schah ging, kamen ihm die Mullahs gerade recht. Nebenbei fand Sarkawi im Irak Unterschlupf. Die Jihadisten waren eine normale Spielfigur auf Saddams Schachbrett, in seinem Lande wollte er natürlich nichts von ihnen wissen.


Schachbrett...genau das meinte ich mit "pragmatisch". Wie es Hussein/Husain gerade in die Karten passte, schwankte er beispielsweise zwischen dem säkularen Panarabismus und dem Islamismus. Der Aufruf im 2. Golfkrieg, dass alle Muslime gegen die Aggressoren aufbegehren sollen oder der Beschuss Israels mit Raketen, um die Koalition zu sprengen, sind dahingehend einzuordnen. Pures machtpolitisches Kalkül und keine ideologischen Prinzipien spielen da eine Rolle. Daher auch der Begriff pragmatisch um es vom durchideologisierten Islamismus abzugrenzen.

Auch schrieb ich nicht, dass der Irak Feind des Djihadismus sei, sondern seine Ausbreitung im Irak weitesgehend verhinderte. Du kannst es natürlich quellentechnisch widerlegen, wenn dem nicht so ist. Mir ist nicht bekannt, dass die Djihadisten im Irak ihre Leute ausbildeten, noch sich dort weitgehend ausbreiten konnten, noch Unterstützung von der irakischen Regierung bekommen hätten...Wenn du das Gegenteil belegen kannst, so tu das bitte. Bei Sarkawi fehlte leider jeglicher Beleg, es kommt primär nicht darauf an, dass er im Irak Unterschlupf gefunden hat, sondern wer ihm dies gewährte und ihn unterstützte, welche Aktionen er dort durchführen konnte etc. etc. Da fehlen die Hintergrundinformationen, ohne die, kann man den Fall nicht so einfach einschätzen. Wenn du dahingehend stichhaltige Quellen vorlegen kannst, dann halte sie mir nicht.



"auch auf Gewalt"? Worauf denn bitte noch? Auf den 100% Ja-Stimmen die Saddam erhielt?

Du solltest Äußerungen nicht derart aus dem Zusammenhang reißen, aber da ich mich dahingehend nicht völlig konkret ausgedrückt habe, erläutere ich es:
Das "auch" bezog sich nicht unbedingt darauf, dass es noch andere enorm wichtige Herrschaftssäulen gegeben hätte, sondern auf die Lage des Irak heute. Auch heute hat die Gewalt den Vorzug vor dem Argument, so sollte das zu verstehen sein.




Man kann ja trefflich darüber streiten, ob die momentanen Zustände soviel besser sind, mit den Massen an Entführungen und an ebenfalls brutalster Gewalt, aber wer versucht, diesen Massenmörder schönzureden disqualifiziert sich ernstlich für eine seriöse Diskussion.

Diese Verharmlsung bis hin zur Belobigung in deinem Statement sehe ich als genau das an.


Das mag deine Interpretation sein, die ich für gründlich fehlerhaft halte.

Immer wieder gern kursiert hier doch das Wort vom "Gutmenschen", was in gewisser Hinsicht als Kritik ja auch berechtigt ist. Und genau darum geht es: Ich muss nicht in jedem Statement über Diktatoren wie Hitler, Stalin oder eben Herrn Husain diese ständig ausdrücklich und mit vielen Sätzen verurteilen, in diesem Thread sollte es um die Stabilität einer weltpolitischen Region gehen eher unter sicherheitspolitischen Gesichtspunkten.

Im Konsens der Humanität habe ich den menschenverachtenden Charakter des Husain-Regime vorausgesetzt als eine Grundlage für diesen Thread. Nun kann man dahin anschließend natürlich über den unmenschlichen Charakter von Sicherheits- und Machtpolitik und ihrer Betrachtung reden.

Grundsätzlich brauche ich aber nicht bei jedem Thread, in dem Husain eine Rolle spielt, sozusagen als Anhang seine Menschenrechtsverbrechen aufzuführen. Der Verweis auf die kriegerischen Aktivitäten sollte dahingehend erstmal genügen.

Praetorianer
01.05.2006, 21:38
Hallo Bush,

Du erscheinst etwas gereizt, ich antworte dir gerne um deine falsch gezogenen Schlüsse auszuräumen.





Das ist im Großen und Ganzen bekannt. U.a. davon ableitend sollte in diesem Thread eingeschätzt werden, inwieweit es sich mit der Stabilität verhält.





Schachbrett...genau das meinte ich mit "pragmatisch". Wie es Hussein/Husain gerade in die Karten passte, schwankte er beispielsweise zwischen dem säkularen Panarabismus und dem Islamismus. Der Aufruf im 2. Golfkrieg, dass alle Muslime gegen die Aggressoren aufbegehren sollen oder der Beschuss Israels mit Raketen, um die Koalition zu sprengen, sind dahingehend einzuordnen. Pures machtpolitisches Kalkül und keine ideologischen Prinzipien spielen da eine Rolle. Daher auch der Begriff pragmatisch um es vom durchideologisierten Islamismus abzugrenzen.

Auch schrieb ich nicht, dass der Irak Feind des Djihadismus sei, sondern seine Ausbreitung im Irak weitesgehend verhinderte. Du kannst es natürlich quellentechnisch widerlegen, wenn dem nicht so ist. Mir ist nicht bekannt, dass die Djihadisten im Irak ihre Leute ausbildeten, noch sich dort weitgehend ausbreiten konnten, noch Unterstützung von der irakischen Regierung bekommen hätten...Wenn du das Gegenteil belegen kannst, so tu das bitte. Bei Sarkawi fehlte leider jeglicher Beleg, es kommt primär nicht darauf an, dass er im Irak Unterschlupf gefunden hat, sondern wer ihm dies gewährte und ihn unterstützte, welche Aktionen er dort durchführen konnte etc. etc. Da fehlen die Hintergrundinformationen, ohne die, kann man den Fall nicht so einfach einschätzen. Wenn du dahingehend stichhaltige Quellen vorlegen kannst, dann halte sie mir nicht.




Du solltest Äußerungen nicht derart aus dem Zusammenhang reißen, aber da ich mich dahingehend nicht völlig konkret ausgedrückt habe, erläutere ich es:
Das "auch" bezog sich nicht unbedingt darauf, dass es noch andere enorm wichtige Herrschaftssäulen gegeben hätte, sondern auf die Lage des Irak heute. Auch heute hat die Gewalt den Vorzug vor dem Argument, so sollte das zu verstehen sein.






Das mag deine Interpretation sein, die ich für gründlich fehlerhaft halte.

Immer wieder gern kursiert hier doch das Wort vom "Gutmenschen", was in gewisser Hinsicht als Kritik ja auch berechtigt ist. Und genau darum geht es: Ich muss nicht in jedem Statement über Diktatoren wie Hitler, Stalin oder eben Herrn Husain diese ständig ausdrücklich und mit vielen Sätzen verurteilen, in diesem Thread sollte es um die Stabilität einer weltpolitischen Region gehen eher unter sicherheitspolitischen Gesichtspunkten.

Im Konsens der Humanität habe ich den menschenverachtenden Charakter des Husain-Regime vorausgesetzt als eine Grundlage für diesen Thread. Nun kann man dahin anschließend natürlich über den unmenschlichen Charakter von Sicherheits- und Machtpolitik und ihrer Betrachtung reden.

Grundsätzlich brauche ich aber nicht bei jedem Thread, in dem Husain eine Rolle spielt, sozusagen als Anhang seine Menschenrechtsverbrechen aufzuführen. Der Verweis auf die kriegerischen Aktivitäten sollte dahingehend erstmal genügen.

Was ist eigentlich deine Vorstellung von pragmatisch? Wenn du das nur im Gegensatz zu ideologisch motiviert siehst, magst du Recht behalten, ich sehe jemanden, der mit einem steinreichen und enorm einflussreichen 17-Mio Volk anstatt den Weg des wirtschaftlichen Erfolges weiterzugehen und den im Grunde vorprogrammierten Weg zur Regionalmacht auszuschlagen, um nach der Weltmacht zu greifen für schlichtweg größenwahnsinnig und genau das Gegenteil von pragmatisch.

Anstatt auch nur minimal etwas Ausgleich zwischen den Bevölkerungsgruppen herzustellen, nur 20% systematisch zu bereichern und auf jedes Aufmucken mit Völkermord zu beantworten ist nicht im Entferntesten pragmatisch.

Er hat eben sehr wohl zur Ausbreitung des Islamismus beigetragen, indem er den Mullahs im Iran einst zur Macht verhalf und Leuten wie Sarkawi Unterschlupf gewährte. Was muss er ihn dazu noch groß trainieren lassen, in Jordanien wäre der Mann erneut inhaftiert worden und dank Saddam läuft er heute frei rum und schneidet anderen Menschen die Köpfe ab. Er hat die Hisbollah unterstützt und Prämien an Hinterbleibene palästinensischer Selbstmordattentäter gezahlt.

Das macht ihn jetzt nicht zum Islamisten, dass er in irgendeiner Form grundsätzlich konsequent gegen den Islamismus vorgegangen wäre, kann ich wie gesagt nicht erkennen.

Weder war der Mann im Entferntesten pragmatisch, sonst säße er heute noch an der Spitze eines beispiellos reichen Landes, das Katar oder Dubai in den Schatten stellen könnte und weltweit Rieseneinfluss besäße, noch hat er sonderlich viel gegen die Ausbreitung des Islamismus getan.

Wenn man es natürlich pragmatisch findet, diesen beschriebenen Weg auszuschlagen, um eine etwas realistischere Civilization-Version zu spielen und dafür heute seinem Todesurteil entgegensieht, bitte sehr.

Falkenhayn
03.05.2006, 18:30
Hallo Bush,


Was ist eigentlich deine Vorstellung von pragmatisch? Wenn du das nur im Gegensatz zu ideologisch motiviert siehst, magst du Recht behalten, ich sehe jemanden, der mit einem steinreichen und enorm einflussreichen 17-Mio Volk anstatt den Weg des wirtschaftlichen Erfolges weiterzugehen und den im Grunde vorprogrammierten Weg zur Regionalmacht auszuschlagen, um nach der Weltmacht zu greifen für schlichtweg größenwahnsinnig und genau das Gegenteil von pragmatisch.


Nun beiß dich doch nicht an dem einen Wort so fest, nicht die Ziele, sondern die Methoden waren machtpolitisch gesehen oftmals pragmatisch. Ansonsten magst du Recht haben, dass er oftmals kopflos va banque gespielt hat.



Er hat eben sehr wohl zur Ausbreitung des Islamismus beigetragen, indem er den Mullahs im Iran einst zur Macht verhalf und Leuten wie Sarkawi Unterschlupf gewährte. Was muss er ihn dazu noch groß trainieren lassen, in Jordanien wäre der Mann erneut inhaftiert worden und dank Saddam läuft er heute frei rum und schneidet anderen Menschen die Köpfe ab. Er hat die Hisbollah unterstützt und Prämien an Hinterbleibene palästinensischer Selbstmordattentäter gezahlt.

Das macht ihn jetzt nicht zum Islamisten, dass er in irgendeiner Form grundsätzlich konsequent gegen den Islamismus vorgegangen wäre, kann ich wie gesagt nicht erkennen.



Um Gottes Willen, jetzt vermischt du aber einiges, wo wir gerade in Deutschland noch am Anfang der Diskussion stehen, was allerdings durch Streichungen von Professuren der Islamologie zu Gunsten von Pädagogik und Pferdewissenschaft sehr schwierig werden wird.

Die Vorstellung vom Islamismus in Deutschland ist wirklich äußerst seltsam. Dabei gibt es ein großes Spannungsverhältnis bspw. zwischen Schiiten und Sunniten. Die südlibanesische Hizbullah/Hisbollah ist bspw. radikalschiitisch genauso wie die Mullahs im Iran. Sarkawi und die Palästinenser hingegen sunnitisch. Sowohl unter den Schiiten als auch unter den Sunniten gibt es Fundamentalisten, die sich allerdings gegenseitig bekämpfen (siehe Irak). Die sunnitischen Fundamentalisten betrachten die Schiiten als Ungläubige und erklären schon mal den Takfir. Auch kann die Vorstellung, der islamische Fundamentalismus würde sich unter dem Banner Irans vereinigen und die Mullahs würden diese Bewegung führen, nur aus Unkenntnis erwachsen. Der islamische Fundamentalismus ist völlig zersplittert.

Saddam mag aus bestimmten machpolitischen Interessen mal die einen mal die anderen unterstützt haben, genauso wie er 1990 den Djihad ausgerufen hat, aber dahinter verbarg sich nie ein konsequent islamisch-fundamenalistisches Konzept. Vielmehr war das Saddam-Regime eines unter vielen säkularen Regimes im Nahen Osten, dass trotz partieller Instrumentalisierung der Religion für legitimatorische/machtpolitische Zwecke, die Machtergreifung der Fundamentalisten verhinderte. Die Ausweitung des Islamismus wurde nur soweit geduldet, als sie für die Machtinteressen sinnvoll war. Eine Bekämpfung des Islamismus mag nicht stattgefunden haben, wohl aber seine Kanalisierung und Niederhaltung. Im heutigen Irak breiten sich aber in dem hinterlassenen Machtvakuum die Fundamentalisten aus, haben viel mehr Raum für ihre Propaganda und die reele Chance politische Macht an sich zu reißen.

Saudi-Arabien stützte auch mit Petrodollars den islamischen Fundamentalismus und trotzdem hassen die Fundamentalisten die saudische Regierung. Da ist schon eine ausdifferenzierte Betrachtungsweise wichtig.


Was Sarkawi betrifft, so hast du erneut keine unabhängige Quelle bennen können, die belegt, dass die irakische Regierung ihm Unterschlupf gewährt habe. Wenn du dich auf die Berichte der US-Regierung stützt, so würde ich diese Quelle auf Grund der Parteilichkeit (in punkto Krieg) weder als unabhängig noch als authentisch ansehen.

Und vielleicht magst du folgende Konstellation auch mal erörtern und belegen: Einerseits verhilft Saddam den iranischen Mullahs 1979 zur Macht und andererseits greift er sie ein Jahr später an? Erkläre diesen Zusammenhang bitte mal.

Praetorianer
03.05.2006, 20:31
Hallo Bush,



Nun beiß dich doch nicht an dem einen Wort so fest, nicht die Ziele, sondern die Methoden waren machtpolitisch gesehen oftmals pragmatisch. Ansonsten magst du Recht haben, dass er oftmals kopflos va banque gespielt hat.





Um Gottes Willen, jetzt vermischt du aber einiges, wo wir gerade in Deutschland noch am Anfang der Diskussion stehen, was allerdings durch Streichungen von Professuren der Islamologie zu Gunsten von Pädagogik und Pferdewissenschaft sehr schwierig werden wird.

Die Vorstellung vom Islamismus in Deutschland ist wirklich äußerst seltsam. Dabei gibt es ein großes Spannungsverhältnis bspw. zwischen Schiiten und Sunniten. Die südlibanesische Hizbullah/Hisbollah ist bspw. radikalschiitisch genauso wie die Mullahs im Iran. Sarkawi und die Palästinenser hingegen sunnitisch. Sowohl unter den Schiiten als auch unter den Sunniten gibt es Fundamentalisten, die sich allerdings gegenseitig bekämpfen (siehe Irak). Die sunnitischen Fundamentalisten betrachten die Schiiten als Ungläubige und erklären schon mal den Takfir. Auch kann die Vorstellung, der islamische Fundamentalismus würde sich unter dem Banner Irans vereinigen und die Mullahs würden diese Bewegung führen, nur aus Unkenntnis erwachsen. Der islamische Fundamentalismus ist völlig zersplittert.

Saddam mag aus bestimmten machpolitischen Interessen mal die einen mal die anderen unterstützt haben, genauso wie er 1990 den Djihad ausgerufen hat, aber dahinter verbarg sich nie ein konsequent islamisch-fundamenalistisches Konzept. Vielmehr war das Saddam-Regime eines unter vielen säkularen Regimes im Nahen Osten, dass trotz partieller Instrumentalisierung der Religion für legitimatorische/machtpolitische Zwecke, die Machtergreifung der Fundamentalisten verhinderte. Die Ausweitung des Islamismus wurde nur soweit geduldet, als sie für die Machtinteressen sinnvoll war. Eine Bekämpfung des Islamismus mag nicht stattgefunden haben, wohl aber seine Kanalisierung und Niederhaltung. Im heutigen Irak breiten sich aber in dem hinterlassenen Machtvakuum die Fundamentalisten aus, haben viel mehr Raum für ihre Propaganda und die reele Chance politische Macht an sich zu reißen.

Saudi-Arabien stützte auch mit Petrodollars den islamischen Fundamentalismus und trotzdem hassen die Fundamentalisten die saudische Regierung. Da ist schon eine ausdifferenzierte Betrachtungsweise wichtig.


Was Sarkawi betrifft, so hast du erneut keine unabhängige Quelle bennen können, die belegt, dass die irakische Regierung ihm Unterschlupf gewährt habe. Wenn du dich auf die Berichte der US-Regierung stützt, so würde ich diese Quelle auf Grund der Parteilichkeit (in punkto Krieg) weder als unabhängig noch als authentisch ansehen.

Und vielleicht magst du folgende Konstellation auch mal erörtern und belegen: Einerseits verhilft Saddam den iranischen Mullahs 1979 zur Macht und andererseits greift er sie ein Jahr später an? Erkläre diesen Zusammenhang bitte mal.

Was konkret sollte ich durcheinander geworfen haben?

Ich habe nirgends behauptet, er sei ein religiöser Fundamentalist gewesen, nur du hast die These aufgestellt, er habe die Ausbreitung des Fundamentalismus bekämpft und das ist so nicht der Fall, unabhängig davon, ob die Fundamentalisten nun nur Mittel zum Zweck für ihn waren.

Er hat sie bekämpft, wo und wann sie ihm im Wege waren - darin war er sicherlich erfolgreicher, als mancher weniger skrupellose Staat, der eben nicht so ohne weiteres nach einem Terroranschlag 20 000 Schiiten an die Wand stellen lässt.

Wo und wann sie ihm genützt haben, hat er sie geduldet und unterstützt, wie eben die Mullahs, die gefährliche Gegner des mächtigen Schah-Regimes mit seiner hochmodernen Armee darstellten. Nachdem diese natürlich das Regime gestürzt und chaotische Zustände herbeigeführt hatten, hatten diese ihre Aufgabe für ihn erfüllt, den verhassten Iran geschwächt und nach seiner Sicht reif für einen Überfall gemacht.

Natürlich hatte er keinen Sinn für islamistische Bestrebungen innerhalb seines Landes, die sein Regime gefährden könnten - ob er rationaler und pragmatischer agierte, als dies Islamisten tun, sei mal dahingestellt, der Beschuss eines am zweiten Golfkrieg völlig unbeteiligten Landes, nämlich Israel, spricht eindeutig dagegen.

In jedem Falle ist es gut, dass dieses Regime beseitigt wurde, das sieht auch die klare Mehrheit der Iraker so.

Falkenhayn
03.05.2006, 20:56
In jedem Falle ist es gut, dass dieses Regime beseitigt wurde, das sieht auch die klare Mehrheit der Iraker so.


Nun, dann lass uns jetzt auf die Zukunft blicken. Ich kenne keine empirischen Untersuchungen aus dem Irak und muss ebenso wie du mutmaßen. Ich nehme auch an, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der Iraker die amerikanische Besatzung nicht länger gutheißt.

Was sind also die Perspektiven des Irak, momentan gibt es ähnlich wie in Afgahnistan in der Provinz ein riesiges Machtvakuum. Ist die amerikanische Politik der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte und die Schaffung einer demokratisch legitimierten Zentralregierung ein erfolgsversprechendes Mittel?

Ich meine, die Grenzziehungen im gesamten Nahen Osten entsprechen wohl eher der Willkür ehemaliger Kolonialmächte. Dabei sind die Religionsgemeinschaften und Ethnien bspw. im Irak in Stämmen und Clans organisiert. Wie ist ein künstlicher Nationalstaat wie der Irak überlebensfähig, wenn er nicht durch Gewalt zusammengehalten wird.

Wie siehst du das?

Praetorianer
03.05.2006, 21:17
Nun, dann lass uns jetzt auf die Zukunft blicken. Ich kenne keine empirischen Untersuchungen aus dem Irak und muss ebenso wie du mutmaßen. Ich nehme auch an, dass ein nicht unbeträchtlicher Teil der Iraker die amerikanische Besatzung nicht länger gutheißt.

Was sind also die Perspektiven des Irak, momentan gibt es ähnlich wie in Afgahnistan in der Provinz ein riesiges Machtvakuum. Ist die amerikanische Politik der Ausbildung irakischer Sicherheitskräfte und die Schaffung einer demokratisch legitimierten Zentralregierung ein erfolgsversprechendes Mittel?

Ich meine, die Grenzziehungen im gesamten Nahen Osten entsprechen wohl eher der Willkür ehemaliger Kolonialmächte. Dabei sind die Religionsgemeinschaften und Ethnien bspw. im Irak in Stämmen und Clans organisiert. Wie ist ein künstlicher Nationalstaat wie der Irak überlebensfähig, wenn er nicht durch Gewalt zusammengehalten wird.

Wie siehst du das?


Das kommt vor allem darauf an, wie man die Ölreichtümer verteilen will, wenn es - wie unter Saddam Hussein - die Politik der Zentralregierung ist, einer ethnischen Gruppe ca. 100% der Ölerlöse zugute kommen zu lassen, wird Gewalt bei der Durchsetzung dieser Politik unumgänglich sein.

Ansonsten sehe ich die Chancen, entweder mit einer ausgewogenen Politik einer starken Zentralregierung oder aber auch bei weitgehender Autonomie der drei großen Ethnien gar nicht so schlecht.

Oder fragen wir andersrum, wer soll dann ein Interesse haben, dass der Irak zerfällt?