PDA

Vollständige Version anzeigen : Zur Metaphsyik des Loslassens und Nichtwollens



Klopperhorst
14.04.2006, 13:34
Loslassen, Nichtwollen, sich in den Strom der Zeit, der Energien und des Schicksals einfügen, sich treiben lassen; dies sind nicht umsonst die Kernelemente alternativer Heilkunst, es ist auch die transzendentale Wahrheit, die jeder echten Welterkenntnis und aller guten Philosophie zugrundeliegt.

Der Delliquent auf dem Schafott lässt von der Welt los, blickt ruhigen Herzens auf das was kommt, denn es ist unabänderlich. Der Kranke, von Schmerzen Gepeinigte, lässt los, schüttelt die Welt ab und geht ohne Angst. Der Schlaflose wird schlafen, wenn er sich fügt und aufhört zu denken. Der Schwache wird stark, wenn er seine Schwäche anerkennt.

Loslassen ist im Grunde genommen der ganze Kern der Intuition und auch des künstlerischen Schaffens, der Kontemplation. In dem Moment, indem wir die Welt nicht mehr mit unserem Verstand und der Vernunft betrachten, indem wir aufhören zu denken, uns von der Knechtschaft des Willens lösen, blicken wir in das Reich der Freiheit, dem unendlichen Schatz, der unter der Hülle unseres Bewusstseins schlummert.

Den richtigen Weg finden wir blind, wenn wir unserem eigenen Wesen nach handeln. Die Einsicht in unser Schicksal und die Notwendigkeit desselben, ist inneres Losmachen, innere Befreiung. Verlieren und Aufgeben ist eine Tugend, Vergehen ist eine göttliche Eigenschaft. Nicht der grundlose Optimismus treibt uns zu immer Höherem, sondern die Einsicht in die tranzendentale Ordnung, die Überordnung, in der wir selbst mit uns aufgehen. Diese Ordnung ist nicht von dieser Welt, nicht mit den Formen des Verstandes zu betrachten.

Deshalb ist erst der frei, der sich vom Denken losmacht, der sich von der Knechtschaft des ewigen Wollens befreit, der gemäß der Überordnung handelt: Blind und unbewusst, intuitiv und archaisch!

Waldgänger
14.04.2006, 16:59
Diese Einstellung gefällt mir.Sie hat etwas vom Waldgänger.Aber sollte nach der Kehre in die Innerlichkeit auch die Wiederkehr aus den intuitiven Quellen der elementaren Sittlichkeit folgen und in diesem Sinne das Notwendige um die Verzierung der Freiheit bereichert werden.Es sollte niemals der Fehler gemacht werden in den Fatalismus zu verfallen, die ethische Konsequenz des Mechanischen, was in ein Automatendasein enden kann.Geschichte ist immer die Prägung die der Freie dem Schicksal gibt.

Irratio
15.04.2006, 01:33
Der letzte Absatz ist undeutlich; nur der Denkende will? Ich meine: Nur der Denkende will mehr als eine Sache - der einen oder anderen Natur, sei es der emotionalen oder sozialen, ist jeder immer unterworfen. Solange man hier keinen Konflikt hat, ist alles in Ordnung, auch wenn man das von einem alltäglichen, pragmatischen Standpunkt aus anders bewerten kann.
Allerdings würde ich auch behaupten, dass diese Analyse sich nicht nur auf die Logik, sondern auch die Intuition des Lesenden beruft - trennt man das Denken vom Menschen, so bleibt nicht unbedingt mehr als ein Tier übrig. Andererseits glaube ich, dass insbesondere die, die die oben beschriebene Intuition zu schätzen wissen, diesem Text zustimmen.
Logisch kann ich hier nicht viel erörtern. Mir gefällt der Text.

Irratio, der Taoist.

Klopperhorst
15.04.2006, 13:06
Der letzte Absatz ist undeutlich; nur der Denkende will?

Das Denken dient dem Wollen, nur in der Kontemplation hat es einen Selbstzweck.

Deswegen ist ja das Loslassen so wichtig.

Wollen heisst dann; jenes wollen, was die Überordnung will, nicht, was ich als egoistisches Individuum will.

Grüner Simon
17.04.2006, 13:11
Die Befreiung vom Willen und damit das Handeln, das richtige Handeln ohne Zwang ist etwas sehr kostbares was nicht leicht erworben werden kann.
Ich entsinne mich an die Lehren des Buddhismus, hier ist ein ähnlicher Weg beschrieben, welcher jedoch nicht leicht zu erkämpfen ist.

Es erscheint paradox, doch die meisten brauchen eine enorme Willenskraft nichts zu wollen