PDA

Vollständige Version anzeigen : Deutsche und sog. fehlendes Nationalbewusstsein.



malnachdenken
21.03.2006, 18:25
Mir fällt auf, dass hier im Forum allzu oft mangelndes Nationalbewusstsein der Deutschen beklagt wird. Neben der Klärung der Frage, ob dieses überhaupt zeitgemäß ist, wäre eine historische Betrachtung angebracht, um dies zu verstehen.

Ein Vergleich mit der Entwicklung in England und Frankreich ist dabei wohl hilfreich, da dort die ersten Bewegungen und die Entwicklung von Nationalbewusstsein schon früher stattfand.

Dieses entwicklte sich vorzugsweise durch den Aufstand des Volkes gegen die Alleinherrschaft des Adels. Da sich der Adel klar definieren konnte (Herkunft, Stand in der Gesellsachaft), musste sich das niedere Volk also ebenfalls definieren und man besann sich (etwas kurz formuliert, aber für die jetzige Betrachtung erst einmal ausreichend) auf eine eigene Nation. Der "Sieg" der Franzosen und Briten über Ihre jeweiligen Alleinherrscher ist also ganz dicht gekoppelt mit dem Bewusstsein, dass man sich als Volk/Nation dagegen auflehnte und dies auch schaffte. Der eher zentral gehaltenen Aufbau der jeweiligen Herrschaftsbereiche war dabei sehr hilfreich (Englang-->London; Frankreich-->Paris als jewiliges Zentrum der Entwicklung).


Hier ist einmal eine kurze Pause zum Verinnerlichen, da kürzere Beiträge leichter zu verdauen sind, als ellenlange Texte. :)

mggelheimer
21.03.2006, 18:40
Ja, soweit so gut!

...warum hast du überhaupt deinen Account löschen lassen?

malnachdenken
21.03.2006, 18:42
Nun zum Verlauf in der "deutschen" Geschichte:

"Deutsch" bedeutet ursprünglich "Volkssprache" und ist vordergründig die Bezeichnung für verschiedene Volkssgruppen, die sich zwischenzeitlich über halb Europa verteilten (Sachsen, Friesen, Thüringer etc), jedoch nicht zwangsweise mit Germanen gleichzusetzen sind (obwohl sich dies in der bspw englischen Bezeichnung Deutschlands, "Germany", zu erkennen zu geben scheint, was jedoch irreführend ist --> vergleichsweise eine Gleichsetzung von Großbritanien mit England, welches ebenfalls irreführend ist).

Eine über mehrere Jahrhunderte vollziehende Betrachtung des "Deutschen" und damit einhergehend eine Legitimierung eines deutschen Nationalstaates, die diese Gebiete umfasst, ist also unzulässig. Vor der französischen Revolution (also eine erste wirkliche Betrachtung einer Nation in einem Land in Europa, die bis heute anhält) gab es keine wirklichen Bezugspunkte der heutigen Nationen, sondern einzig die Herrscherhäuser teilten sich die Gebiete innerhalb Mitteleuropas auf und dementsprechend wurden auch die dortigen Gruppen seitens der herrschenden Klassen definiert (auch mangels eigener Definition der "Volksgruppen"). Beispiel: Karolingisch war nicht das Gebiet, welches seit X Jahren karolingisch war, sondern aktuell im Bereich der karolingischen Herrschaft. Dies galt ebenso für andere Herrscherdynastien.
(Eine historische Rechtfertigung für die Dynastien waren dennoch von Bedeutung, um Herrschaftsansprüche geltend zu machen, inwiefern diese aber für die heutige Nationalbetrachtung bindend sind, ist fragwürdig und ggf anachronistisch zu betrachten).


Fortsetzung folgt...

Kenshin-Himura
21.03.2006, 18:43
Welche Relevanz hat jetzt die Geschichte des Nationalbewusstseins für die Patriotismus-Diskussion ?

twoxego
21.03.2006, 18:50
fortsetzungstexte gehören hinter das kreuzworträtsel.
wo bleibt das bitteschön ?

Anti-Zionist
21.03.2006, 18:52
Von wo ist der Text denn abgeschrieben?

mggelheimer
21.03.2006, 18:57
Nun zum Verlauf in der "deutschen" Geschichte:

"Deutsch" bedeutet ursprünglich "Volkssprache" und ist vordergründig die Bezeichnung für verschiedene Volkssgruppen,

Falsch!
Lingua theodisca - Sprache des Volkes! Ein Sammelbegriff, - eingeführt von Karl dem Großen, für die Sprache der verschiedenen Germanischen Stämme! - Die sich untereinander bis zu einem gewissen maße auch verständigen konnten.

mggelheimer
21.03.2006, 19:07
Hallooooo! Wird der Fehler noch korrigiert?

Biskra
21.03.2006, 19:08
Falsch!
Lingua theodisca - Sprache des Volkes! Ein Sammelbegriff, - eingeführt von Karl dem Großen, für die Sprache der verschiedenen Germanischen Stämme! - Die sich untereinander bis zu einem gewissen maße auch verständigen konnten.

Nö. Nicht ganz.


deutsch: Im Gegensatz zu anderen Bezeichnungen dieser Art ist das Wort deutsch' nicht von einem Volks- oder Stammesnamen abgeleitet, sondern geht auf ein altes Substantiv der Bed. Volk, Stamm zurück (s. u.). Das Adjektiv mhd. diut[i]sch, tiu[t]sch, ahd. diutisc, niederl. duits[ch] deutsch (aus dem Niederl. stammt engl. Dutch holländisch) ist seit dem 10. Jh. bezeugt und steht neben dem schon im 8. Jh. belegten mlat. theodiscus zum Volk gehörig, volksgemäß (mlat. theodisca lingua' war die amtliche Bezeichnung der germanischen [altfränkischen] Sprache im Reich Karls d. Gr.). Zugrunde liegt ein westfränk. Adjektiv *Þeodisk (als Gegenwort zu *walhisk romanisch). Es ist mit Hilfe des Suffixes -isc (nhd. -isch) zu dem später untergegangenen gemeingerm. Substantiv mhd. diet, ahd. diot[a], got. Þiuda, aengl. deod, aisl. Þjod Volk gebildet, das auch im ersten Glied germ. Personennamen wie Dietrich, Dietmar erscheint und außerdem der Sippe von deuten zugrunde liegt.
(c) Dudenverlag

malnachdenken
21.03.2006, 19:09
Falsch!
Lingua theodisca - Sprache des Volkes! Ein Sammelbegriff, - eingeführt von Karl dem Großen, für die Sprache der verschiedenen Germanischen Stämme! - Die sich untereinander bis zu einem gewissen maße auch verständigen konnten.


Nicht unbedingt falsch:

Der Begriff "deutsch" (theodisk), eigentlich: volksmäßig, auf das Volk bezogen, ist ebenfalls seit der spätkarolingischen Zeit belegt und verstand sich zunächst als Abgrenzung zum Romanischen ("Welschen"), wurde in diesem Sinne auch bei den Angelsachsen verwendet, erlangte aber bald die Bedeutungseinengung in Bezug auf das (römisch-)deutsche Reich und dessen Bewohner.

de.wikipedia.org

Es ist schwierig, den ursprünglichen Begriff "deutsch" zu definieren.

mggelheimer
21.03.2006, 19:09
Nö. Nicht ganz.
Klugscheißer! :)) :))

Biskra
21.03.2006, 19:12
Klugscheißer! :)) :))

Aber immer doch! :)) :cool:

malnachdenken
21.03.2006, 19:13
Wie schon erwähnt, fing die erste Betrachtung eines Volkes als Nation aus sich selbst heraus mit der Französischen Revolution an: der Aufstand des Volkes gegen die Alleinmherrschaft des Adels. In den "deutschen" Gebieten war daran noch nicht zu denken. Hier wäre auch erwähnenswert, wie sich "deutsch" dennoch schon definierte: deutsch war (zu dieser Zeit! Eine eineindeutige statische Definition von "deutsch" gab und gibt es immer noch nicht!) im Grunde durch eine Negation definiert, auch im Zuge der französischen Revolution: Deutsch ist u.A. nicht-französisch (interessanterweise eine deutliche Abspaltung zum karolingischen Reich, welches das heutige Frankreich, BRD und Beneluxstaaten umfasste).

Deutsch definierte sich auch nicht vorzugsweise durch die Sprache, dafür waren Dialekte (trotz Luther) und verschiedene Machtansprüche zwischen den Herrschergeschlechtern und Gebieten allzu divergierend.


Doch dies änderte sich mit Napoleon: Dieser Feldherr und selbsternannte Kaiser eroberte bekannterweise halb Europa, über die "deutschen" Gebiete bis nach Moskau und teilte "nebenbei" die zersplitterten Gebiete neu auf, generalisierte sie eher unter seiner Herrschaft. Die bisherigen größeren Herrscher, besonders Preußen, wurden entmachtet Obwohl diese Herrschaft auch Innovatives brachte (Stichwort "Code Zivile"), war ein Auflehnen gegen diese logisch.
An was klammert man sich nun, wenn man durch eine fremde Großmacht bestimmt wird? Und wie wurde man vorher definiert(s.o.)? Ein Bewusstsein des "deutsch sein", auch im Sinne des "nicht-französisch" seins fing nun an sich innerhalb des (noch eher grob definierten) Volkes zu manifestieren --> deutsch, im Sinne eines "Volksbewusstseins", als Antwort auf etwas "nicht-deutschen", da von außerhalb und bereits definiertem (französisch).
Hier muss man nochmals betonen, wie sich "deutsch" nicht aus sich selbst und innerhalb eines Gebietes heraus (grob) definiert, sondern durch Kräfte außerhalb und auch "gezwungernermaßen", um sich von diesen zu befreien.

Bis hierhin können Parallelen mit England und Frankreich (die "unten" (Volk) gegen die "oben" (Napoleon/Franzosen)) noch leicht gezogen werden. Doch sollte man nicht auch die andere, ebenfalls unterdrückte Schicht in "Deutschland", vergessen: die Herrscherhäuser (Bsp Preußen), die ebenfalls von Napoleon ihres Status Quo beraubt wurden. Und hier verlassen wir die Parallelen.


Fortsetzung folgt...

LuckyLuke
21.03.2006, 19:20
Falsch!
Lingua theodisca - Sprache des Volkes! Ein Sammelbegriff, - eingeführt von Karl dem Großen, für die Sprache der verschiedenen Germanischen Stämme! - Die sich untereinander bis zu einem gewissen maße auch verständigen konnten.eher eingeführt für Karl den Großen..., man hätte seine Dialekt auch
"lingua vulgaris" nennen können, aber das hätte der Kaiser sicherlich nicht so doll gefunden....

:cool:

malnachdenken
21.03.2006, 19:44
Wir befinden uns nun zu Anfang des 19.Jahrhunderts unter der Herrschaft Napoleons.
Der Kampf gegen diesen im Rheinbund und somit einer Erlangung eines neuen Status sind logisch. Doch im Gegensatz zu den nastionalen Bestrebungen in England und Frankreich zuvor, haben wir nun faktisch zwei Bewegungen gegen die Alleinherrschaft: auf der einen Seite das Volk, das sich nun als deutsch ansah und somit ein ähnliches Ziel erreichen will, wie es die Franzosen und Engländer vorher wollten, nämlich durch eine vom Volk legitimierte Herrschaft und auf der anderen Seite die alten Herrscher dieser deutschen Gebiete, also der Adel, der sich diese Stimmung zunutze machte.

Die Hoffung des Volkes, als Deutsche die Macht selbst zu erlangen und die alten Herrscher schaften die Niederlage Napoleons in "Deutschland". (-->Völkerschlacht bei Leipzig)

Hier wäre nun der Punkt gekommen, an dem Nationalbewusstsein gekoppelt mit einem Sieg gegen einen Herrscher ein ähnlicher Verlauf, wie in Frankreich und England hätte geschafft werden können. Doch die alten Herrscher ließen es nicht zu und wir befinden uns nun in der Restauration. (-->Wiener Kongreß)

Dieser Punkt ist mitunter der wichtigste: Ein Volk, das sich selbst definierte hat sich zwar befreit, jedoch wurde es wieder in den alten Zustand, nämlich der eher souverän "undefinierten" Nation zurückgedrängt. Somit sind nationale Bestrebungen, im Sinne einer vom Bürger herbeigesehnten Bewegung, niedergeschlagen.
Doch man versuchte es nochmals.


Fortsetzung folgt...

mggelheimer
21.03.2006, 19:51
Deutsch definierte sich auch nicht vorzugsweise durch die Sprache, dafür waren Dialekte (trotz Luther) und verschiedene Machtansprüche zwischen den Herrschergeschlechtern und Gebieten allzu divergierend.


Walter v. Vogelweide - weit vor Luther:

Ir sult sprechen willekommen

übersetzt ins neuhochdeutsch

Sagt "Willkommen": denn ich bin es, der euch Neuigkeiten bringt. Alles, was ihr bisher gehört habt, ist belanglos. Jetzt aber fragt mich! Freilich verlange ich Botenlohn; fällt meine Belohnung nur einigermaßen aus, dann erzähle ich vielleicht das, was euch gefällt. Überlegt, was ihr mir anbieten wollt.

Deutschen Frauen will ich ein Loblied singen, dass sie aller Welt noch mehr gefallen müssen; das tue ich ohne besonderes Entgelt. Was könnte ich schon verlangen? Sie sind mir zu wertvoll. Deshalb bin ich bescheiden und bitte sie nur, dass sie mir freundlich begegnen.

Ich habe viele Länder gesehen und habe dort gern die Besten kennengelernt. Unglück moge mich treffen, hätte mein Herz mich je betört, dass ihm ausländische Sitten gefielen. Was würde es mir nützen, wenn ich etwas Falsches behauptete ? Deutsche Lebensart übertrifft sie alle.

Von der Elbe bis an den Rhein und wieder zurück bis ans Ungarland, da leben gewiss die Besten, die ich auf Erden kennengelernt habe. Sofern ich edle Bildung und Schönheit recht beurteilen kann: bei Gott, ich möchte schwören, dass hier die Frauen edler sind als anderswo

Deutsche Männer sind wohl gebildet, wie Engel aber sind die Frauen. Wer sie tadelt, der ist verblendet; anders kann ich ihn nicht begreifen. Hoher Sinn und keusche Liebe, wer die sucht, der komme in unser Land. Da gibt es viel Gutes und Schönes. Ewig möchte ich dort leben!

Sie, deren Dienst ich mich ganz verschrieben habe und der ich immer mit Freuden dienen will, sie gebe ich keinesfalls frei. Sie indessen bereitet mir nur Kummer. Herz und Sinn weiß sie mir zu verwunden. Vergeb ihr Gott, was sie unrecht an mir getan. Zukünftig kann sie ja darin anderen Sinnes werden.

Hier war mental schon klar umrissen was Deutsche sind! rund 400 Jahre vor Luther!

malnachdenken
21.03.2006, 19:59
Walter v. Vogelweide - weit vor Luther:

Ir sult sprechen willekommen

Hier war mental schon klar umrissen was Deutsche sind! rund 400 Jahre vor Luther!


Die Frage ist nur, wie es allgemein gesehen wurde. In dieser Zeit war das Lesen nur Gelehrten und Herrschern vorbehalten. Ein Lobgesang für die Herrscher und ihr Reich muss demnach nicht auch für die Bevölkerung gelten, noch dazu betrachtend, wenn dieses nicht Lesen konnte und auch über keine Gleichberechtigung und Selbstbestimmung verfügten.

mggelheimer
21.03.2006, 20:13
Die Frage ist nur, wie es allgemein gesehen wurde. In dieser Zeit war das Lesen nur Gelehrten und Herrschern vorbehalten. Ein Lobgesang für die Herrscher und ihr Reich muss demnach nicht auch für die Bevölkerung gelten, noch dazu betrachtend, wenn dieses nicht Lesen konnte und auch über keine Gleichberechtigung und Selbstbestimmung verfügten.
Der Sang galt natürlich dem Adel. Trotzdem ist diese Stück schon allein aufgrund seines alters sehr bemerkenswert, und Zeigt, das schon vor rund 1000 Jahren tendenziell National gedacht wurde. - Da Minnesänger versuchten ihr Publikum zu entzücken, wurden die Texte natürlich entsprechend gewählt, also kann man davon ausgehen, das daß Adlige Publikum durchaus mit diesen Schmeicheleien etwas anzufangen wußte, was ergo, - darauf schließen läßt, das es im bereich des Adels, der ja die Bildungsschicht des Volkes ausmachte, schon vor 1000 Jahren in Ansätzen ein Nationalbewußtsein gab.

Das ist wichtig herauszuarbeiten, weil deine gesamte Ausführung darauf hinaus laufen wird, das Nationalbewußtsein nur das Resultat einer kurzen Epoche war. Ergo- > heut nicht mehr zeitgemäß.

malnachdenken
21.03.2006, 20:23
Der Sang galt natürlich dem Adel. Trotzdem ist diese Stück schon allein aufgrund seines alters sehr bemerkenswert, und Zeigt, das schon vor rund 1000 Jahren tendenziell National gedacht wurde. - Da Minnesänger versuchten ihr Publikum zu entzücken, wurden die Texte natürlich entsprechend gewählt, also kann man davon ausgehen, das daß Adlige Publikum durchaus mit diesen Schmeicheleien etwas anzufangen wußte, was ergo, - darauf schließen läßt, das es im bereich des Adels, der ja die Bildungsschicht des Volkes ausmachte, schon vor 1000 Jahren in Ansätzen ein Nationalbewußtsein gab.

Das solltest Du doch bitte belegen bzw näher erläutern. Definiere doch einfach mal Nationalbewusstsein und betrachte dies doch mit den Interessen von der herrschenden Klasse im Mittealter.


Das ist wichtig herauszuarbeiten, weil deine gesamte Ausführung darauf hinaus laufen wird, das Nationalbewußtsein nur das Resultat einer kurzen Epoche war. Ergo- > heut nicht mehr zeitgemäß.

Nicht unbedingt. Eigentlich soll es eher den Unterschied bzw die Gründe für fehlendes Nationalbewusstsein, vergleichbar mit dem der Engländer, Franzosen, US-Amerikaner etc, beleuchten.

Einigen "Nationalen" würde dies hier sicherlich helfen, ihre Position ordentlich zu definieren.

c18
21.03.2006, 20:53
also ich hab mir das ganz mal durchgelesen und mir kommen da schon einige fragen:

1. wie bringst du deine theorie mit dem hrrdn in einklang? immerhin war das ja ein staat im eigentlichen sinne (wir er auch heute noch von der hM zb Ipsen definiert wird). und dessen grenzen verschoben sich nicht mal eben, je nach dem wer grat an der macht war.
2. wie bewertest du die befreiungskriege als erstarkung des selbstbewusstseins des deutschen volkes und damit als impuls zur nationalen einigung?
3. ist für dich ein monarischer staat kein nationalstaat?
4. muss ein volk einem staat zugeordnet werden können?
5. wie definierst du volk?

Mark Mallokent
21.03.2006, 21:19
Die Frage ist nur, wie es allgemein gesehen wurde. In dieser Zeit war das Lesen nur Gelehrten und Herrschern vorbehalten. Ein Lobgesang für die Herrscher und ihr Reich muss demnach nicht auch für die Bevölkerung gelten, noch dazu betrachtend, wenn dieses nicht Lesen konnte und auch über keine Gleichberechtigung und Selbstbestimmung verfügten.
Es ist schon richtig, daß Walter von der Vogelweide sich an die Oberschicht richtete. Indes folgt daraus keineswegs, daß die Masse der Bevölkerung anders dachte. Die These, es habe erst im 18. Jahrhundert ein Nationalbewußtsein gegeben, ist so nicht haltbar. Man kann lediglich sagen, daß der Wusch nach einer staatlichen Organisation dieser Nation fehlte. Aber wozu auch. Eine solche bestand ja in Form des alten Kaiserreichs, das bis 1806 gedauert hat.

masupilami
21.03.2006, 21:56
Was hat der Begriff deutsch mit Nationalbewustsein zu tun ?
Den Deutschen wird auch 50 Jahre nach Hitler Nationalbewustsein nicht erlaubt owohl wir längst ander Ideale als damals in unserer gesellschaft verinnerlicht haben,

Pandulf
21.03.2006, 21:56
"Ein Vergleich mit der Entwicklung in England und Frankreich ist dabei wohl hilfreich, da dort die ersten Bewegungen und die Entwicklung von Nationalbewusstsein schon früher stattfand.

Dieses [Nationalbewusstsein] entwicklte sich vorzugsweise durch den Aufstand des Volkes gegen die Alleinherrschaft des Adels."

Vielleicht kenne ich die englische Geschichte nicht so gut wie Du, nur wo hat bitteschön das englische Volk sich jemals gegen die Herrschaft des Adels aufgelehnt? In der "glorious revolution" hat der englische Adel den König entmachtet und nicht das Volk den Adel.

Von daher ist Deine Theorie nonsens.

malnachdenken
22.03.2006, 16:13
Also bevor ich weitermache, erst einmal die Beantwortung Eurer Fragen:

also ich hab mir das ganz mal durchgelesen und mir kommen da schon einige fragen:

1. wie bringst du deine theorie mit dem hrrdn in einklang? immerhin war das ja ein staat im eigentlichen sinne (wir er auch heute noch von der hM zb Ipsen definiert wird). und dessen grenzen verschoben sich nicht mal eben, je nach dem wer grat an der macht war.

Gute Frage, ich bezweifle aber, dass das Heilige Römische Reich mit Nationalstaaten gleichzusetzen ist (durch den Aufbau, mangelnde Verfassung, von mangelnde politische Beeinflussung des Volkes ganz zu schweigen).
Auch ist die Frage zu stellen, inwiefern sich dieses Reich auch selbst als Nationalstaat verstand, sieht man sich die Namensgebung (offenbar ist nicht das Deutsche unbedingt im Vordergrund, sondern eher die Fortführung des Römischen. Mir kommt auch gerade die Frage in den Sinn, ob das Anhängsel "Deutscher Nationen" nicht eher historisch zub etrachten ist --> wurde dieses Gebiet damals wirklich so genannt? Und wenn ja, auch wirklich aus sich selbst heraus, oder doch eher als Abgrenzung zu anderen Reichen (also wieder im Sinne einer Negation, nicht als Selbstverständnis)). Weiterhin müsste man auch beachten, dass, obwohl ein Name für dieses Gebiet existierte, noch lange keine Einigkeit innerhalb im Sinne eines "eigenen Volkes" gegeben sein muss. Dafür waren die Interessen der einzelnen Herzoge, Fürsten etc pp doch allzu vordergründig. Oder wie siehst Du das?



2. wie bewertest du die befreiungskriege als erstarkung des selbstbewusstseins des deutschen volkes und damit als impuls zur nationalen einigung?

Wie schon erwähnt, war hier die Möglichkeit gegeben, dass sich das Volk die von Dir erwähnte "nationale Einigung" erstreben wollte. Das schrieb ich ja bereits. Jedoch haben wir ab hier eine andere Richtung, als vergleichsweise in Frankreich zu Revolutionszeiten, da hier nicht nur der Kampf des Volkes gegen ihre (Fremd-)Herrscher, sprich Napoleon, zu betrachten ist, sondern auch der Konflikt zwischen den alten Herrschern (deutsche Monarchen) und dem Volk.

Der Impuls war da, das ist klar, jedoch der Ausgang verlief doch sehr ungünstig für das Volk, welches in der Revolution nochmals gipfelte (aber dazu komme ich noch)



3. ist für dich ein monarischer staat kein nationalstaat?
Hier muss wieder unterschieden werden, wie dieser monarchistische Staat aufgebaut ist. Vergleicht man mit England, ist dies natürlich möglich. Jedoch ist hier doch die Frage zu stellen, inwiefern dies mit dem Volk, das sich als Nation mit Stolz definiert, weil es sich eine Teilhabe am Staatsgeschehen erkämpft hat, übereinstimmt.

Die Frage ist also weniger, ob ein monarschistischer Staat ein Nationalstaat ist, sondern ob das Volk sich auch als Nation mit Stolz dazu bekennen kann/will. Dieser Aspekt ist aber auch in der deutschen Geschichte zu verfolgen, wenn ich zum Deutschen Reich ab 1871 komme.

4. muss ein volk einem staat zugeordnet werden können?
"Muss" nicht, jedoch waren die Bestrebungen der damaligen Bevölkerung im Zeitgeist der Französischen Revolution in diese Richtung gewünscht.


5. wie definierst du volk?

Schwierig, das ist ja auch regional verschieden. Ich komme dazu, wenn die Versuche des Volkes in Deutschland einen eigenen Staat zu erschaffen scheitern und später dieses von "oben" vollzogen wurde. Du wirst staunen, welche Gründe da herangezogen wurden: von germanischem Erbe, über Rasse, bis hin zu einem "Heiligen Volk" war alles vertreten (wie gesagt, von oben!). Das Verständnis vom Volke ausgehend, wie es sich definiert, wäre aber ein anderes, wenn die Revolutionen geglückt wären, vergleichbar mit derjeingen in England, Frankreich, USA, die sich nun wirklich nicht über o.g. "Wurzeln" definieren.


Es ist schon richtig, daß Walter von der Vogelweide sich an die Oberschicht richtete. Indes folgt daraus keineswegs, daß die Masse der Bevölkerung anders dachte.
Dies wäre natürlich zu untersuchen. Die Frage stellt sich aber auch hier, ob in einer Feudalgesellschaft, in der die Stände des Bürgers (Klerus, Ritter, Bauern etc) weit wichtiger galten, als die Zugehörigkeit an der "Nation" (bzw vordergründig der regionale Aufenthaltsort innerhalb eines Reiches), überhaupt ein Bewusstsein "Wir sind deutsch" seitens der Mehrheit der niederen Bevölkerung von Belang bzw überhaupt ausgebildet war.
Wenn Du mehr weißt, dann lass es mich wissen.


Die These, es habe erst im 18. Jahrhundert ein Nationalbewußtsein gegeben, ist so nicht haltbar. Man kann lediglich sagen, daß der Wusch nach einer staatlichen Organisation dieser Nation fehlte. Aber wozu auch. Eine solche bestand ja in Form des alten Kaiserreichs, das bis 1806 gedauert hat.

Hier darfst Du die Sachlage nicht durcheinanderwürfeln: Ein "Staatengebilde" gab es durchaus, jedoch kein vom Volk getragenes Verständnis, das sich mit Stolz oder vordergründigem Bewusstsein, als Teil einer Nation ansieht.

Diese Art zu denken fing erst mit der Französischen Revolution an.


Was hat der Begriff deutsch mit Nationalbewustsein zu tun ?
Historisch will ich dies hier ja in kurzer Form betrachten. Subjektiv gesehen musst Du Dir die Frage selbst beantworten


Den Deutschen wird auch 50 Jahre nach Hitler Nationalbewustsein nicht erlaubt owohl wir längst ander Ideale als damals in unserer gesellschaft verinnerlicht haben,
Das wage ich zu bezweifeln. Wir kommen später dazu, warum es dieses nicht in der Art der Franzosen, US-Amerikaner etc gibt. Der Hitler ist dabei zwar ein wichtiger (und auch bisher endgültiger) Faktor, jedoch nicht der erste, der dazu beitrug, das ein solches sich nicht entwickelte.


"Ein Vergleich mit der Entwicklung in England und Frankreich ist dabei wohl hilfreich, da dort die ersten Bewegungen und die Entwicklung von Nationalbewusstsein schon früher stattfand.

Dieses [Nationalbewusstsein] entwicklte sich vorzugsweise durch den Aufstand des Volkes gegen die Alleinherrschaft des Adels."

Vielleicht kenne ich die englische Geschichte nicht so gut wie Du, nur wo hat bitteschön das englische Volk sich jemals gegen die Herrschaft des Adels aufgelehnt? In der "glorious revolution" hat der englische Adel den König entmachtet und nicht das Volk den Adel.

Wie Du schon richtig zitiertest, schrieb ich "vornehmlich" und betrachte danach eher die Geschichte Frankreichs. In England ist es selbstverständlich nicht genauso abgelaufen, da es dort u.A. ein Vermischung des Bürgertums mit dem Adel gab und im Zuge damit eine Teilhabe des Bürgertums an staatlichen Geschicken entstand (--> Parlament). Die Grundzüge sind aber schon vergleichbar (Auflehnen gegen Alleinherrschaft etc).


Von daher ist Deine Theorie nonsens.
Sehr sachlich...

kritiker_34
22.03.2006, 16:22
@ den themen starter

der begriff "fehlendes nationalbewusstsein" ist irreführend.

wir haben sehr wohl seit jahrhunderten ein nationalbewusstsein. das wird aber unterdrückt durch die verschiedensten arten von ersatz-philosophie.

insofern sollte das thema lauten: Deutsche und "unterdrücktes Nationalbewusstsein"

malnachdenken
22.03.2006, 16:54
@ den themen starter

der begriff "fehlendes nationalbewusstsein" ist irreführend.

wir haben sehr wohl seit jahrhunderten ein nationalbewusstsein. das wird aber unterdrückt durch die verschiedensten arten von ersatz-philosophie.

insofern sollte das thema lauten: Deutsche und "unterdrücktes Nationalbewusstsein"

Irreführend ist es nicht, Du solltest warten bis ich fertig bin. Dir ist die Geschichte in Deutschland bekannt, oder? (Und wenn Du jetzt denkst, ich beziehe mich auf den 2.Weltkrieg, dann scheinst Du sie nicht zu kennen.)

Pandulf
22.03.2006, 17:35
"In England ist es selbstverständlich nicht genauso abgelaufen, da es dort u.A. ein Vermischung des Bürgertums mit dem Adel gab und im Zuge damit eine Teilhabe des Bürgertums an staatlichen Geschicken entstand (--> Parlament). Die Grundzüge sind aber schon vergleichbar (Auflehnen gegen Alleinherrschaft etc)."

Und was ist daran so besonders, daß es eine Teilhabe des Bürgertums am Staat gab? Gab es diese nicht im Deutschen Kaiserreich? Gab es keine Krupps, Thyssens, Röchlings etc und hatten diese nichts zu sagen?

Nach dem Propagandabild des "Westens" war das deutsche Kaiserreich damals vormodern, geführt von peitschenschwingenden Junkern. In Wirklichkeit war seit 1850 in Preußen und dann in Deutschland der selbe gesellschaftliche Prozeß durch die Industrialisierung im Gange. Die "Junker" (Großgrundbesitzer) waren die Verlierer, die Macht ging mehr und mehr auf die Industrie und Hochfinanz (Deutsche Bank) über.

Trotzdem haben sie sich damals gut verstanden. Deutscher Adel mit Industrie und Hochfinanzanz Hand in Hand.

Genauso wie in Frankreich, England, Rußland, Österreich-Ungarn. etc.

Von daher kein "Sonderweg".

Der Unterschied zwischen England und Deutschland ist, daß der deutsche Adel durch die Wirren der Geschichte entmachtet worden ist. Der englische Adel läuft immer noch mit Zylinder rum und lebt von seinem in Indien geraubten Kapital.

Gruss

malnachdenken
22.03.2006, 17:39
Die nächsten Jahrzehnte gehen als "Vormärz" in die Geschicht ein; weitere bürgerliche Bestrebungen einen vom Volk herbeigeführter Nationalstaat zu etablieren. Jedoch waren die vorherschenden Adelsgeschlechter dagegen. Das Volk zog sich zunächst zurück (Biedermeierzeit), eine weitere Revolution in Frankreich, ausgehend vom Bürgertum, steckte nun auch wieder die Deutschen an und ein weiterer Versuch wurde gestartet: Liberale, Demokraten, Republikaner, die sich in ihren Ansichten eines Nationalstaates zumindest einig waren, versuchten die Revolution (1849), schienen zunächst erfolgreich (Paulskirchenversammlung). Obwohl die Versammlung einen Monarchen an der Spitze behalten wollten, war die Revolution gescheitert. Verfolgungen von bürgerlichen Bestrebungen eines Nationalstaates waren von Herrschern angeordnet: Wer für die Nation im Sinne des Volkes war, wurde verfolgt, gefoltert, eingesperrt.

Die Etablierung eines Natioanlstaates sollte einzig von oben vollzogen werden, die Kriege gegen Dänemark und Frankreich unterstützten diesen Kurs: Auf einmal war der Patriotismus und der Nationalstolz der Bürger wieder erwünscht, um geopolitische Belange durchzusetzen. Dies gipfelte nun die Reichsgründung von 1871.

Dieser Nationalstaat war erst einmal willkommen, jedoch hatte dieser eine andere historische Legitimation, als FRankreich oder USA: Nicht das Volk wollte es auf diese Art, sondern die alten Herrscher, Monarchen, Fürsten, die ihre Macht dadurch erhalten wollten. Dabei wurden auch teilweise obskure Legitimationen für das "einig deutsche Vaterland" herangezogen: Karolingische Reiche, Habsburgische Gebiete, Germanische Wurzeln, "Heilige Volk", die schier abenteuerlichen Gründe sollten die Legitimationen eines Nationalstaates von oben unterstützen.

Dies war zwar auch unter den Bürgerlichen nicht unbedingt schlüssig, aber als "Ausrede" konnte dies wohl herhalten. Man hatte ja das Ziel erreicht, oder etwa doch nicht?

Fortsetzung folgt...

malnachdenken
22.03.2006, 17:42
Und was ist daran so besonders, daß es eine Teilhabe des Bürgertums am Staat gab? Gab es diese nicht im Deutschen Kaiserreich? Gab es keine Krupps, Thyssens, Röchlings etc und hatten diese nichts zu sagen?

Moment, Du machst den Fehler, dass Du nicht im historischen Kontext überlegst. Auch ist hier zu unterscheiden zwischen Hochfinanz und Normalbürger.



Nur wir Deutschen werden für die damaligen Mißstände in Europä exemplarisch abgestraft.


Wieso denkst Du das? Befasse Dich doch mal mit dem Verlauf der Entstehung des ersten wirklichen Nationalstaates auf deutschem Boden, mit der Entstehung und Selbstverwirklichung der Bürger mit ihrer Nation in Frankreich oder USA.

Von Hochfinanz ist hier erstmal nicht die Rede, sondern von den Normalbürgern und die Durchsetzung ihres Nationalbewusstseins.

kritiker_34
22.03.2006, 17:48
Irreführend ist es nicht, Du solltest warten bis ich fertig bin. Dir ist die Geschichte in Deutschland bekannt, oder? (Und wenn Du jetzt denkst, ich beziehe mich auf den 2.Weltkrieg, dann scheinst Du sie nicht zu kennen.)

ich bin es gewohnt, dass bei einem längeren text zuerst eine ZUSAMMENFASSUNG vorne an gestellt wird, sodass man versteht was inhaltlich vermittelt werden soll.

Aus deinen eher langatmigen Ausführungen kann ich das bisher NICHT erkennen. Deine Wortwahl in der ÜBERSCHRIFT inkl. "fehlendes Nationalbewusstsein" lehne ich als voreingenommene Meinungsmache ab.

Wir haben ein NATIONALBEWUSSTSEIN, dieses ist jedoch brüchiger, widersprüchlicher als in anderen Ländern.

In GrossBritanien ist es z.B. an der Tagesordnung, Schilder oder auch Werbung zu sehen, wo "Buy British Products" proklamiert wird. DIE ENGLÄNDER haben damit KEIN PROBLEM.

Würde jemand in Deutschland die Parole ausgeben "Kauft deutsche Produkte" würde die ganze linke Horde ein Wutgeschrei loslassen von wegen "rechte Propaganda" etc.

DA haben die LINKS-DEUTSCHEN ein echtes Brett vorm Kopf und wundern sich, wenn die Firmenleitung wie jüngst von AEG entscheidet, die Produktion von D ins benachbarte Ausland zu verlegen.

Pandulf
22.03.2006, 17:50
Hi malnachdenk!

Du schriebst:

"Moment, Du machst den Fehler, dass Du nicht im historischen Kontext überlegst. Auch ist hier zu unterscheiden zwischen Hochfinanz und Normalbürger."

Natürlich gab es auch eine politische Involvierung des Normalbürgers im deutschen Kaiserreich.

Seit wann gibt es bitte schön die Sozialdemokratische Partei Deutschlands?

Die SPD war damals eine der aktivsten Parteien in Europa.

In der letzten Wahl vor dem Krieg 1914 hatte sie die absolute Mehrheit.

Auch die Mehrheit des damaligen deutschen Volkes war poltisch aktiv. Eben in der SPD :D.

Gruss

manfred schneider
22.03.2006, 18:05
In den "deutschen" Gebieten war daran noch nicht zu denken.Schonmal was gehört von:

- den Bauernkriegen? :2faces:

- der kommunalen Selbstverwaltung in den Reichsstädten (durch Bürger)? :2faces:

- der Königswahl? :2faces:

Malnachdenken: Sie sollten mal nachdenken!

malnachdenken
22.03.2006, 18:11
Natürlich gab es auch eine politische Involvierung des Normalbürgers im deutschen Kaiserreich.

Seit wann gibt es bitte schön die Sozialdemokratische Partei Deutschlands?

Die SPD war damals eine der aktivsten Parteien in Europa.

In der letzten Wahl vor dem Krieg 1914 hatte sie die absolute Mehrheit.

Auch die Mehrheit des damaligen deutschen Volkes war poltisch aktiv. Eben in der SPD :D.



Ähm... es geht um die Zeit vor der Reichsgründung 1871. Ist das so schwer?



Schonmal was gehört von:

- den Bauernkriegen? :2faces:
Sie halten diesen für eine aus dem nationalen Bewusstsein entstehende Bewegung?

- der kommunalen Selbstverwaltung in den Reichsstädten (durch Bürger)? :2faces:
s.o.


- der Königswahl? :2faces:
...na wer wählte denn den König? Und was hat das mit dem Nationalbewusstsein zu tun? Ich bitte um Aufklärung.

Pandulf
22.03.2006, 18:18
Hi Manfred!

Nur ein kurzer beipflichtender Zwischenruf:

Der deutsche König wurde sogar zum Kaiser GEWÄHLT.

Und auch noch in Frankfurt.

Mensch, England könnte soviel von uns in Sachen Demokratie lernen :D.

Aber noch mehr von den Franzosen: Nämlich "Rübe ab" für die Adelsoligarchie :cool:.

Gruss

malnachdenken
22.03.2006, 18:19
Hi Manfred!

Nur ein kurzer beipflichtender Zwischenruf:

Der deutsche König wurde sogar zum Kaiser GEWÄHLT.

Und auch noch in Frankfurt.



Und durch wen? Und wie oft?

Pandulf
22.03.2006, 18:55
"Und durch wen? Und wie oft?"

Frankfurt war Wahlstätte des deutschen Kaisers seit 1356. Dies wurde durch die "Goldene Bulle" bestimmt. Die Krönung zum deutschen Kaiser erfolgte damals noch in Aachen oder Rom. Seit dem 16. Jahrhundert erfolgte auch die Krönung des deutschen Kaisers in Frankfurt. Wenn du Dich dafür interessierst, fahr nach Wien. In der Hofburg hängt ein riesen Gemälde der letzten deutschen Kaiserkrönung 1792 in Frankfurt.

Gewählt wurde der deutsche Kaiser von den Reichsständen. Das sind der Hochadel und die freien Städte. Frankfurt hatte zum Beispiel damals die Ehre, den Spaß zu finanzieren.

Also erzähle mir nix davon, daß es in deutschland keine Verbindung zwischen Bürgertum und Adel gegeben hat.

Gruss

Pandulf
22.03.2006, 19:11
Uups - gewählt wurde der Deutsche Kaiser natürlich von den 7 Kurfürsten, bestehend aus Adel und Klerus.

Die von mir erwähnten Reichsstände saßen im Reichstag (Regensburg). Da ging es dann um die Finanzierung, sprich um das Wichtigste :D.

Gruss

pandulf

malnachdenken
24.03.2006, 16:41
ich bin es gewohnt, dass bei einem längeren text zuerst eine ZUSAMMENFASSUNG vorne an gestellt wird, sodass man versteht was inhaltlich vermittelt werden soll.

Nur Geduld.



Aus deinen eher langatmigen Ausführungen kann ich das bisher NICHT erkennen. Deine Wortwahl in der ÜBERSCHRIFT inkl. "fehlendes Nationalbewusstsein" lehne ich als voreingenommene Meinungsmache ab.
Und diese Meinungsmache ginge in genau welche Richtung?


Wir haben ein NATIONALBEWUSSTSEIN, dieses ist jedoch brüchiger, widersprüchlicher als in anderen Ländern.

Und warum, dass will ich etwas näherbringen.


In GrossBritanien ist es z.B. an der Tagesordnung, Schilder oder auch Werbung zu sehen, wo "Buy British Products" proklamiert wird. DIE ENGLÄNDER haben damit KEIN PROBLEM.

Würde jemand in Deutschland die Parole ausgeben "Kauft deutsche Produkte" würde die ganze linke Horde ein Wutgeschrei loslassen von wegen "rechte Propaganda" etc.

DA haben die LINKS-DEUTSCHEN ein echtes Brett vorm Kopf und wundern sich, wenn die Firmenleitung wie jüngst von AEG entscheidet, die Produktion von D ins benachbarte Ausland zu verlegen.

??? Warum bringst Du jetzt die "Links-Deutschen" ins Gespräch? Um diese geht es doch garnicht. (btw Deutsche Produkte muss man auch nicht extra anpreisen mit "Kauft Deutsche Produkte", dafür haben diese einen viel zu guten Ruf :) )

malnachdenken
24.03.2006, 17:22
Nun war also der erste "moderne Deutsche Staat" erschaffen und war also im "Trend" der allgemeinen Entwicklung in Europa. Jedoch ist der prägnante und wesentliche Unterschied, das diese Entwicklung nicht von unten kam, sondern von oben gelenkt. Im Grunde wollten die Fürsten den Bürgern keine Macht überlassen. Doch da nun der Staate da war, konnte an ein Nationalbewusstsein appeliert werden. Jedoch wurde dies eher selten in Friedenszeiten gehandhabt. Die innerdeutschen Konflikte waren dafür viel zu prägnant: Die Machtkämpfe zwischen den Herrschern, vorne vorran Wilhelm II, und dem Bürgertum weiteten sich aus (das Sozialistengesetz ist solch ein Ergebnis, anstatt miteinander zu diskutieren und auch diese Art der Kultur zu pflegen, wie es in Frankreich oder England üblich ist, wurden die Gegner lieber verboten und deren Tun unter Strafe gestellt).

Das Deutschsein wurde also immernoch von oben delegiert.

Kurz und schmerzlos zum Schluss: der weitere Appel an die deutsche Gemeinsamkeit und dem gipfelnden "Hurra-Patriotismus" führte auch zu einem großen Rückhalt in der Bevölkerung (hier wieder der Unterschied, der Partiotismus kam von oben nicht vordergründig von unten!) beim 1.Weltkrieg.

Die vorallem wirtschftlichen Folgen in der Weimarer Republik ließen die Bevölkerung wieder allzu empfänglich für das Nationalbewusstsein im Sinne der mystifizierten Art (das Deutsche als das Reinste und Beste auf der Welt) werden. Das Ergebnis ist bekannt (3.Reich).

Was kann man nur abschließend sagen?
Kurz gefasst: Der Unterschied zwischen Nationalbewusstsein in Frankreich, USA, England und dem in Deutschland begründet sich im Wesentlichen auf dem Mangel der bürgerlichen Revolution und der Deligierung von oben, ab wann Patriotismus auch staatstechnisch erlaubt und gefördert wurde. Der 2. Weltkrieg war im Grunde das totale Endergebnis von dem, was schon Jahrzehnte vorher, im Grunde schon nach Scheitern der Revolution, anfing.

Die deutsche Identität basierte bis dahin im Grunde immer auf eine Antwort auf außenpolitische Belange: Als Bezeichnung des "nicht-romanischen" im Mittelalter, als Bewusstsein, wenn eine Gegner zu stark für die einzelnen Fürstentümer ware und man im Grunde nur Unterstützung braucht, die jedoch eher materielle und außenpolitische Gründe hatten (gegen Napoleon, gegen Dänemark, gegen Frankreich kurz vor Reichsgründung, gegen Kolonialmächte im 1.Weltkrieg etc pp).

Und dieser Zwiespalt ist im Grunde auch noch heute zu spüren. Die Antwort darauf kann aber in meinen Augen nicht wieder etwas abschottendes, etwas negierendes sein, wie es vorher stets war, sondern müsste eher in das Verständnis reingehen, dass deutsche Geschichte stets europäische Geschichte war und noch ist. Das nicht mystifizierende Sagengestalten das Deutschsein begründen oder Abstammung in Verknüpfung mit Blutlinien oder ähnliches, sondern etwas gänzlich anderes: Ein Abbild der Entwicklung in Europa. Dies ist natürlich etwas anderes und auch komplizierter als in anderen Nationalstaaten, doch es kann auch eine Chance sein.

c18
24.03.2006, 20:39
Also bevor ich weitermache, erst einmal die Beantwortung Eurer Fragen:


Gute Frage, ich bezweifle aber, dass das Heilige Römische Reich mit Nationalstaaten gleichzusetzen ist (durch den Aufbau, mangelnde Verfassung, von mangelnde politische Beeinflussung des Volkes ganz zu schweigen).
Auch ist die Frage zu stellen, inwiefern sich dieses Reich auch selbst als Nationalstaat verstand, sieht man sich die Namensgebung (offenbar ist nicht das Deutsche unbedingt im Vordergrund, sondern eher die Fortführung des Römischen. Mir kommt auch gerade die Frage in den Sinn, ob das Anhängsel "Deutscher Nationen" nicht eher historisch zub etrachten ist --> wurde dieses Gebiet damals wirklich so genannt? Und wenn ja, auch wirklich aus sich selbst heraus, oder doch eher als Abgrenzung zu anderen Reichen (also wieder im Sinne einer Negation, nicht als Selbstverständnis)). Weiterhin müsste man auch beachten, dass, obwohl ein Name für dieses Gebiet existierte, noch lange keine Einigkeit innerhalb im Sinne eines "eigenen Volkes" gegeben sein muss. Dafür waren die Interessen der einzelnen Herzoge, Fürsten etc pp doch allzu vordergründig. Oder wie siehst Du das?
Ipsen schreibt in seinem Buch Staatsrecht I - Staatsorganisationsrecht unter RN 5 folgendes:
"Aus sicht des Völkerrechts ist der Staat ein Völkerrechtssubjekt, dessen konstituierende Merkmale das Staatsgebiet, das Staatsvolk und die (effektiv ausgeübte) Staatsgewalt bilden."
Ipsen ziehlt also gerda nicht auf eine vorhandene Verfassung ab. Auch Beeinflussbarkeit wäre in eine Definition des Begriffes Staat nicht angebracht, da sich letztlich jeder Staat aus dem Volk heraus ändern und abschaffen lässt.
("Die Staaten wechseln nur das Volk bleibt das gleiche" so oder so ähnlich Adolf Hitler).
Geht man von dieser Definition eines Staates aus (die wohl als hM betrachtet werden kann), kommt man zu dem Ergebniss, das das HRRDN durchaus ein Staat war. Der Kanckpunkt dabei ist, ob das Staatsvolk des HRRDN als deutsches Volk bezeichnet werden kann und ob es sich auch als solches verstand.
Dazu muss ich wohl auf Frage 5 zurückgreifen: eine Ansicht (die auch ich vertrete) definiert Volk unter fünf gesichtspunkten:
- Sprache
- Kultur
- Geschichte
- Lebensraum
- (nennen wir es um nervige Engstirnigkeitsdiskussionen zu vermeiden) Biologie

Selbst wenn man das Volk unter einer gemilderteren Ansicht definiert, die nur Sprache und Lebensraum vertritt, muss man sagen, daß das Volk im HRRDN die sebe Sprache (unabhänging von Dialekten) in einem geschlossene Lebensraum gesprochen hat. Es kann also objektiv als Volk betrachtet werden.
Fraglich bleibt, ob es sich auch als solches verstandt. Natürlich lebte das Volk keinen Nationalismus aus. Nationalismus ist eine Denkrichtung, die es seit dem 18. Jhrd gibt. Allerdings standen sie zu ihrem deutschen Kaiser (mal mehr mal weniger, aber irgendwie doch immer), als "Chef" aller Fürsten etc. Auch der Kaiser sah sich als deutsch. (er nannte sich ja auch so).
Somit kann meiner Meinung nach das HRRDN als Nationalstaat gesehen werden.




Wie schon erwähnt, war hier die Möglichkeit gegeben, dass sich das Volk die von Dir erwähnte "nationale Einigung" erstreben wollte. Das schrieb ich ja bereits. Jedoch haben wir ab hier eine andere Richtung, als vergleichsweise in Frankreich zu Revolutionszeiten, da hier nicht nur der Kampf des Volkes gegen ihre (Fremd-)Herrscher, sprich Napoleon, zu betrachten ist, sondern auch der Konflikt zwischen den alten Herrschern (deutsche Monarchen) und dem Volk.
Der Impuls war da, das ist klar, jedoch der Ausgang verlief doch sehr ungünstig für das Volk, welches in der Revolution nochmals gipfelte (aber dazu komme ich noch)

Ist nicht der konflikt der Kampf?



Hier muss wieder unterschieden werden, wie dieser monarchistische Staat aufgebaut ist. Vergleicht man mit England, ist dies natürlich möglich. Jedoch ist hier doch die Frage zu stellen, inwiefern dies mit dem Volk, das sich als Nation mit Stolz definiert, weil es sich eine Teilhabe am Staatsgeschehen erkämpft hat, übereinstimmt.
Definiert sich eine NAtion wirklich nur über Stolz?
Ich sehe eher, daß zur NAtion auch ein Zusammengehörigkeitsgefühl gehört. Schlagworte wie Gemeinschaft und Solidarität kommen mir da eher in den Kopf.




Schwierig, das ist ja auch regional verschieden. Ich komme dazu, wenn die Versuche des Volkes in Deutschland einen eigenen Staat zu erschaffen scheitern und später dieses von "oben" vollzogen wurde. Du wirst staunen, welche Gründe da herangezogen wurden: von germanischem Erbe, über Rasse, bis hin zu einem "Heiligen Volk" war alles vertreten (wie gesagt, von oben!). Das Verständnis vom Volke ausgehend, wie es sich definiert, wäre aber ein anderes, wenn die Revolutionen geglückt wären, vergleichbar mit derjeingen in England, Frankreich, USA, die sich nun wirklich nicht über o.g. "Wurzeln" definieren.

auf die definition des Volkes bin ich schon oben eingegangen.
wäre aber schön, wenn du nicht nur geschichtliche eckpunkte zur definitn nennst, sondern auch deine eigenen gedanken

Pandulf
24.03.2006, 21:38
"Das Deutschsein wurde also immernoch von oben delegiert."

Nationale und demokratische Revolutionen in Deutschland:

1. Revolution von 1848 - Ziel: Ein demokratisches GroßDeutschland - gescheitert

2. Revolution von 1918 - Ziel: Ein nationaldeutsche Demokratie - gelungen/Weimar

3. Revolution von 1989 - Ziel: Eine vereinte Deutsche Republik ("Wir sind ein Volk") - gelungen

Im Vergleich:

Englische Revolutionen von unten:

0. Keine

malnachdenken
25.03.2006, 11:47
"Das Deutschsein wurde also immernoch von oben delegiert."

Nationale und demokratische Revolutionen in Deutschland:

1. Revolution von 1848 - Ziel: Ein demokratisches GroßDeutschland - gescheitert

2. Revolution von 1918 - Ziel: Ein nationaldeutsche Demokratie - gelungen/Weimar
Offenbar wurden die demokratischen Ansätze abgelehnt, sieht man sich den Zuspruch und Einfluss der alten Herrschaften (Monarchen und Millitär unterstützten Hitler) genauer an. Hier war wohl auch das Problem, dass die Etablierung einer Demokratie mit wirtschaftlichen Problemen (ausgehend vom Versailler Vertrag) konvergierte.


3. Revolution von 1989 - Ziel: Eine vereinte Deutsche Republik ("Wir sind ein Volk") - gelungen


Im Grunde ist dies auch gelungen, jedoch gibt es immer noch Schwierigkeiten bei der Beurteilung, was das Volk wirklich ausmacht (sehr gut zu sehen bei der Diskussion um Einbürgerungstests etc --> auf was soll man sich als Deutscher berufen (Verfassungspatriotismus oder anderes)).