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Vollständige Version anzeigen : Das deutsche Kaiserreich: Vernünftiger, friedlicher, sensibler



Pandulf
20.03.2006, 11:44
Es folgt ein hochinteressantes Interview der WELT mit dem Historiker Radkau über seine Studien zum deutschen Kaiserreich. Radkau zeichnet ein lebendiges Bild über das zweite deutsche Reich, das gar nicht zur westlichen These vom "Deutschen Sonderweg" passt.

"Vernünftiger, friedlicher, sensibler"

Was ist Deutschland? Wer sind die Deutschen? Der Historiker Joachim Radkau über Geisteseliten und die nationale Frage im letzten Kaiserreich

Das späte 19. und frühe 20. Jahrhundert war eine Art Heroenzeitalter deutschen Geistes. Die bildungsbürgerlichen Schichten genossen Weltruhm, das Selbstvertrauen war groß. Die Fragen von damals sind heute wieder aktuell geworden: Was ist Deutschland? Was macht den Deutschen aus? Welche Werte sind entscheidend? Wo liegt Deutschlands Rolle in der Welt? Interessanterweise war das wilhelminische Kaiserreich vielschichtiger und moderner, als eine auf moralische Aburteilungen codierte Geschichtswissenschaft im Rückblick nachzuweisen versuchte. Auch kann nicht von einer im deutschen Wesen angeblich tief verwurzelten antiwestlichen Prägung gesprochen werden. Der Bielefelder Historiker und Max-Weber-Biograph Joachim Radkau zeichnet ein weit freundlicheres Bild der schicksalhaften Epoche als manche seiner Kollegen.

Die Welt: Was war für Sie die überraschendste Erkenntnis Ihrer Studien über die deutsche Bildungselite zur Zeit Max Webers, die ja eine große Zeit des deutschen Bildungsbürgertums überhaupt war?

[...]*

Das Gespräch führte Roger Köppel


Artikel erschienen am Mo, 20. März 2006

Pandulf
20.03.2006, 11:46
Hier noch der link zum Artikel

http://www.welt.de/data/2006/03/20/862577.html

Alexandra Müller
20.03.2006, 11:51
Prägend für das Image dieser Epoche bleibt "Der Untertan" von Heinrich Mann. Er zeichnete das Bild einer von blinder Obrigkeitshörigkeit geprägten, zutiefst repressiven Epoche.Heinrich Mann sympatisierte mit Kommunisten. Da kann ja nichts anderes dabei herauskommen, als eine vollkommen entstellende Darstellung der Verhältnisse "in großer Zeit" (W. Kempowski)

Mark Mallokent
20.03.2006, 12:08
Ein sehr guter Artikel Pandulf, danke sehr.

twoxego
20.03.2006, 12:28
ja, danke.


sehr konzentriert,
so etwas findet man selten.

Brutus
20.03.2006, 15:32
Es folgt ein hochinteressantes Interview der WELT mit dem Historiker Radkau über seine Studien zum deutschen Kaiserreich. Radkau zeichnet ein lebendiges Bild über das zweite deutsche Reich, das gar nicht zur westlichen These vom "Deutschen Sonderweg" passt.


Besten Dank für diesen Beitrag.

Wenn wir uns auf die Suche nach den Ursachen für die Katastrophen des 20. Jahrhunderts machen, werden wir sehr viel mehr im Kaisierreich von 1871 eine Erklärung finden als bei Hitlers Machtergreifung, dem "Überfall" auf Polen oder den Gaskammern von Auschwitz, Treblinka und Majdanek.

Es war schlicht und ergreifend so, daß der überragende politische und wirtschaftliche Erfolg der Bismarck´schen Reichsgründung allen westlichen Nationen (Frankreich, Großbritannien, USA) ein gewaltiger Dorn im Auge gewesen ist.

Da sie sich mit einem geeinten, unabhängigen, eine eigendefinierte Interessenpolitik wahrnehmenden Deutschland nicht abfinden wollten, haben sie es, unsere unheilschwangere geographische Zwei-Fronten-Lage eiskalt ausnutzend, diplomatisch eingekreist und danach mit zwei Weltkriegen überzogen. "Germany must perish", das ist seit etwa 1890 die Politik gewesen, die der Westen Deutschland gegenüber praktiziert hat.

Waldgänger
20.03.2006, 15:47
Pandulf ich muss sagen, einen besseren Artikel habe ich seit langem nicht mehr gelesen.Hier wird wenigstens einmal Wahrheit gesprochen.:top:

Mark Mallokent
20.03.2006, 15:56
Besten Dank für diesen Beitrag.

Es war schlicht und ergreifend so, daß der überragende politische und wirtschaftliche Erfolg der Bismarck´schen Reichsgründung allen westlichen Nationen (Frankreich, Großbritannien, USA) ein gewaltiger Dorn im Auge gewesen ist.

Da sie sich mit einem geeinten, unabhängigen, eine eigendefinierte Interessenpolitik wahrnehmenden Deutschland nicht abfinden wollten, haben sie es, unsere unheilschwangere geographische Zwei-Fronten-Lage eiskalt ausnutzend, diplomatisch eingekreist und danach mit zwei Weltkriegen überzogen. "Germany must perish", das ist seit etwa 1890 die Politik gewesen, die der Westen Deutschland gegenüber praktiziert hat.
Das steht nicht im Eingangsbeitrag. Das hast du hinzuerfunden.

Brutus
20.03.2006, 16:50
Das steht nicht im Eingangsbeitrag. Das hast du hinzuerfunden.

Hab ich etwa geschrieben, das stünde im Eingangsbeitrag? Wünsche Dir weiterhin Viel Spaß beim Hinzuerfinden.

Mark Mallokent
20.03.2006, 17:14
Hab ich etwa geschrieben, das stünde im Eingangsbeitrag? Wünsche Dir weiterhin Viel Spaß beim Hinzuerfinden.
Gut, du hast es ohne Eingangsbeitrag hinzuerfunden.

Geronimo
20.03.2006, 19:13
Sehr guter Artikel. Gehört in jedes deutsche Geschichtsbuch!

Gero

Misteredd
24.03.2006, 20:46
Ein sehr guter Artikel.