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Vollständige Version anzeigen : Finanzdesaster: Eichel gesteht Scheitern



Siran
10.05.2003, 16:58
Eichel gibt Ziele seiner Haushaltspolitik auf

Neuverschuldung höher als geplant.
Hamburg/Berlin - Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) rückt erstmals offiziell von seinen zentralen haushaltspolitischen Zielsetzungen ab. Das Vorhaben, 2006 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, sei "nicht mehr zu schaffen", räumte der Minister am Samstag ein. Ein neues Datum nannte er nicht. Zudem müssten 2003 viel mehr Kredite aufgenommen werden als geplant. Das EU-Stabilitätskriterium werde erneut nicht erfüllt.

Höhere Kosten für Arbeistlosigkeit

Eichel sagte in einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin "Spiegel", der Bund werde mit den vorgesehenen 18,9 Milliarden Euro Neuverschuldung "auch nicht annähernd auskommen". Allein zehn Milliarden Euro müsse der Bund in diesem Jahr für die höheren Kosten der Arbeitslosigkeit aufwenden, davon sieben Milliarden Euro als Zuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit (BA).

Haushaltslage dramatisch

Zudem erwarten Steuerschätzkreise für den Bund im laufenden Jahr Steuerausfälle zwischen 3,0 und 3,5 Milliarden Euro. Damit ergäbe sich eine Nettoneuverschuldung von rund 32 Milliarden Euro. Da die geplanten Investitionen mit 26,6 Milliarden Euro geringer als die Neuverschuldung sein werden, wäre der Haushalt nicht verfassungsgemäß.

Eichel kündigt Nachtragshaushalt an

Eichel kündigte an, er werde "wie im vergangenen Jahr schon die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts feststellen und einen Nachtragshaushalt einbringen." Auf eine Summe für die Neuverschuldung wollte sich der Minister nicht festlegen. Fest stehe, dass das Maastricht-Stabilitätskriterium verletzt werde. "Auch in diesem Jahr wird das Defizit über drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen", sagte er.

Finanzminister will bei Personalausgaben sparen

Für den Etat 2004, der in den nächsten Wochen aufgestellt wird, kündigte Eichel weitere Sparmaßnahmen an. "Wir müssen, das steht fest, mit weniger Geld auskommen", sagte er. Ursprünglich habe er geplant, bei den Personalausgaben eine halbe Milliarde Euro zu sparen. Das werde er nun "deutlich heraufsetzen" müssen. Eichel betonte: "Wir bräuchten ein Leistungsmoratorium für die ganze Legislaturperiode. Das heißt, keine neuen staatlichen Leistungen oder Leistungsverbesserungen."

So, jetzt haben wir den Salat. Was denkt ihr? Sollte er dafür zurücktreten?

Ex-Admin
10.05.2003, 17:02
Hmm. Das war zu erwarten.
Jetzt kann man sich natürlich die Frage stellen ... 'Wer ist Schuld?`' - Ich denke die Opposition hat auch dazu beigetragen, dass Eichel nicht sehr große finanzielle Unterstützung erhällt.
Ob er dafür zurücktreten sollte, wage ich nicht zu beurteilen, auf jeden Fall ist es mal wieder ein Zeichen dafür, dass unsere jetzige Regierung nichts auf die Reihe bekommt, auch wenn die Zeiten hart sind.

Siran
10.05.2003, 17:04
Original von codemonkey
Jetzt kann man sich natürlich die Frage stellen ... 'Wer ist Schuld?`' - Ich denke die Opposition hat auch dazu beigetragen, dass Eichel nicht sehr große finanzielle Unterstützung erhällt.


Wir hatten in letzter Zeit überhaupt keine Gesetze, die sich irgendwie auf die Wirtschaft ausgewirkt hatten, die die Opposition blockiert hat. Mal abgesehen davon, dass die aktuellen Gesetze ja auch schon auf rot-grünem Mist gewachsen ist.

Ex-Admin
10.05.2003, 17:05
Aber was war denn vor kurzem? Da war doch was von wegen 10 Mrd. Euro Paket oder so ... das hat die Opposition auf 6 Mrd. gekürzt, oder wie war das?

Siran
10.05.2003, 17:18
Original von codemonkey
Aber was war denn vor kurzem? Da war doch was von wegen 10 Mrd. Euro Paket oder so ... das hat die Opposition auf 6 Mrd. gekürzt, oder wie war das?

Das alte Problem. Erwartest du, dass die Opposition die Regierung auch dann unterstützt, wenn sie die Vorgehensweise für falsch hält? Nicht jede Ablehnung der Opposition ist automatisch Blockadepolitik.

Alphadeutscher
12.05.2003, 11:00
Ich finde es ist sowieso der allergrößte Witz, daß Eichel zum Finanzminister wurde, obwohl er in Hessen bereits als Ministerpräsdident kläglich versagt hatte! :(

Host
17.05.2003, 16:18
Original von Siran

Eichel gibt Ziele seiner Haushaltspolitik auf

Neuverschuldung höher als geplant.
Hamburg/Berlin - Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) rückt erstmals offiziell von seinen zentralen haushaltspolitischen Zielsetzungen ab. Das Vorhaben, 2006 einen ausgeglichenen Haushalt vorzulegen, sei "nicht mehr zu schaffen", räumte der Minister am Samstag ein. Ein neues Datum nannte er nicht. Zudem müssten 2003 viel mehr Kredite aufgenommen werden als geplant. Das EU-Stabilitätskriterium werde erneut nicht erfüllt.

Höhere Kosten für Arbeistlosigkeit

Eichel sagte in einem Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin "Spiegel", der Bund werde mit den vorgesehenen 18,9 Milliarden Euro Neuverschuldung "auch nicht annähernd auskommen". Allein zehn Milliarden Euro müsse der Bund in diesem Jahr für die höheren Kosten der Arbeitslosigkeit aufwenden, davon sieben Milliarden Euro als Zuschuss an die Bundesanstalt für Arbeit (BA).

Haushaltslage dramatisch

Zudem erwarten Steuerschätzkreise für den Bund im laufenden Jahr Steuerausfälle zwischen 3,0 und 3,5 Milliarden Euro. Damit ergäbe sich eine Nettoneuverschuldung von rund 32 Milliarden Euro. Da die geplanten Investitionen mit 26,6 Milliarden Euro geringer als die Neuverschuldung sein werden, wäre der Haushalt nicht verfassungsgemäß.

Eichel kündigt Nachtragshaushalt an

Eichel kündigte an, er werde "wie im vergangenen Jahr schon die Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts feststellen und einen Nachtragshaushalt einbringen." Auf eine Summe für die Neuverschuldung wollte sich der Minister nicht festlegen. Fest stehe, dass das Maastricht-Stabilitätskriterium verletzt werde. "Auch in diesem Jahr wird das Defizit über drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen", sagte er.

Finanzminister will bei Personalausgaben sparen

Für den Etat 2004, der in den nächsten Wochen aufgestellt wird, kündigte Eichel weitere Sparmaßnahmen an. "Wir müssen, das steht fest, mit weniger Geld auskommen", sagte er. Ursprünglich habe er geplant, bei den Personalausgaben eine halbe Milliarde Euro zu sparen. Das werde er nun "deutlich heraufsetzen" müssen. Eichel betonte: "Wir bräuchten ein Leistungsmoratorium für die ganze Legislaturperiode. Das heißt, keine neuen staatlichen Leistungen oder Leistungsverbesserungen."

So, jetzt haben wir den Salat. Was denkt ihr? Sollte er dafür zurücktreten?
Ob es andere Parteien anderes gemacht hätten, da hege ich so meine Zweifel.

Eigentlich sollte man sowas abschaffen. Ein Neubeginn wäre fällig.

Siran
17.05.2003, 16:20
Original von Host
Ob es andere Parteien anderes gemacht hätten, da hege ich so meine Zweifel.

Eigentlich sollte man sowas abschaffen. Ein Neubeginn wäre fällig.

Abschaffen? Was? Die Steuern? Den Finanzminister?

Host
17.05.2003, 16:27
Original von Siran

Original von Host
Ob es andere Parteien anderes gemacht hätten, da hege ich so meine Zweifel.

Eigentlich sollte man sowas abschaffen. Ein Neubeginn wäre fällig.

Abschaffen? Was? Die Steuern? Den Finanzminister?
Weder noch. Man macht alle. Die Parteien, die alten Strukturen sollte man abschaffen. Zum wohle der Bevölkerung.

Siran
17.05.2003, 16:29
Du kannst eine Demokratie mit so vielen Menschen nicht ohne eine Art Parteien aufrecht erhalten.

Host
17.05.2003, 16:32
Naja, man bräuchte vielleicht nur zwei. Eine grosse, die wirklich was bewegt und eine kleine, daß man scheinbar eine Auswahlmöglichkeit hat.

Siran
17.05.2003, 16:37
Original von Host
Naja, man bräuchte vielleicht nur zwei. Eine grosse, die wirklich was bewegt und eine kleine, daß man scheinbar eine Auswahlmöglichkeit hat.

Du bist kein großer Fan der Demokratie, oder?

Host
17.05.2003, 16:41
Original von Siran

Original von Host
Naja, man bräuchte vielleicht nur zwei. Eine grosse, die wirklich was bewegt und eine kleine, daß man scheinbar eine Auswahlmöglichkeit hat.

Du bist kein großer Fan der Demokratie, oder?
Leider liegst du in deiner Annahme falsch. Ich bin ein Demokrat.

Siran
17.05.2003, 16:42
Wie willst du denn dann die Leute dazu bringen, nur noch in zwei Partein einzutreten oder diese zu unterstützen?

Mal abgesehen davon, dass unsere Partein teilweise vollkommen verschiedene Vorgehensweise propagieren, die sich schlecht miteinander in Übereinstimmung bringen lassen.

Host
17.05.2003, 16:48
Original von Siran
Wie willst du denn dann die Leute dazu bringen, nur noch in zwei Partein einzutreten oder diese zu unterstützen?

Mal abgesehen davon, dass unsere Partein teilweise vollkommen verschiedene Vorgehensweise propagieren, die sich schlecht miteinander in Übereinstimmung bringen lassen.
Du verstehst mich nicht, ich will nicht, daß die Menschen dort eintreten, sondern eigentlich das es nur EINE partei existiert, die kleine ist nur dafür da, um die Unzufriedenen zu kontrollieren. Nur durch eine absolute Mehrheit kann man wirklich etwas bewegen.

Siran
17.05.2003, 16:56
Original von Host
Du verstehst mich nicht, ich will nicht, daß die Menschen dort eintreten, sondern eigentlich das es nur EINE partei existiert, die kleine ist nur dafür da, um die Unzufriedenen zu kontrollieren. Nur durch eine absolute Mehrheit kann man wirklich etwas bewegen.

Aber gerade das Recht, eine Partei zu gründen, die die eigenen Ideen vertritt, ist einer der Grundpfeiler jeder Demokratie. Ein Einparteienstaat, denn das ist es, was du eigentlich willst, ist keine Demokratie, sondern eine Diktatur. Denn eine Wahl muss eben Wahlmöglichkeiten haben. Die willst du aber nicht. Du willst deine Partei, die "richtige", die gewählt werden soll und wenn das jemand nicht will, dann soll er die wählen, die für die Unzufriedenen ist. Was würdest eigentlich machen, wenn die "richtige" Partei die Wahl verliert?

Host
17.05.2003, 17:05
Original von Siran

Original von Host
Du verstehst mich nicht, ich will nicht, daß die Menschen dort eintreten, sondern eigentlich das es nur EINE partei existiert, die kleine ist nur dafür da, um die Unzufriedenen zu kontrollieren. Nur durch eine absolute Mehrheit kann man wirklich etwas bewegen.

Aber gerade das Recht, eine Partei zu gründen, die die eigenen Ideen vertritt, ist einer der Grundpfeiler jeder Demokratie. Ein Einparteienstaat, denn das ist es, was du eigentlich willst, ist keine Demokratie, sondern eine Diktatur. Denn eine Wahl muss eben Wahlmöglichkeiten haben. Die willst du aber nicht. Du willst deine Partei, die "richtige", die gewählt werden soll und wenn das jemand nicht will, dann soll er die wählen, die für die Unzufriedenen ist. Was würdest eigentlich machen, wenn die "richtige" Partei die Wahl verliert?
Wer sagt es, daß es keine Demokratie ist, sofern nur eine Partei an der Macht ist? ?( Nur so können wir alle unsere Probleme wirklich lösen oder denkst du tatsächlich, das es die Union besser machen würde?

Siran
17.05.2003, 17:10
Original von Host
Wer sagt es, daß es keine Demokratie ist, sofern nur eine Partei an der Macht ist? ?( Nur so können wir alle unsere Probleme wirklich lösen oder denkst du tatsächlich, das es die Union besser machen würde?

Eine Partei an der Macht kann durchaus Demokratie sein. Aber du willst ja die Schaffung von anderen Parteien verhindern, da du ja nur deine zwei Parteien haben willst. Genau das lässt sich mit der Demokratie nicht vereinbaren, denn du würdest dem Volk von oben aufzwingen, zwischen welchen Parteien es zu wählen hat.

Ob die Union die Probleme lösen kann, weiß ich nicht. Möglich ist es und schlechter machen als die SPD wird sie höchstwahrscheinlich nicht, denn ich bezweifle, dass man das überhaupt noch schlechter machen kann.

Und ob dein Einparteienstaat die Probleme tatsächlich lösen könnte, wage ich auch mal anzuzweifeln.

Host
17.05.2003, 17:15
Original von Siran
Und ob dein Einparteienstaat die Probleme tatsächlich lösen könnte, wage ich auch mal anzuzweifeln.
Warum?

Warum werden Reformen wohl nicht durchgesetzt?

Siran
17.05.2003, 17:17
Original von Host
Warum?

Warum werden Reformen wohl nicht durchgesetzt?

Weil die Leute sich nicht darauf einigen können, welches die richtige Reform ist?

Momentan benötigt die SPD ja nicht mal die CDU, um ihre Reförmchen zu blockieren.

Host
17.05.2003, 17:24
Original von Siran

Original von Host
Warum?

Warum werden Reformen wohl nicht durchgesetzt?

Weil die Leute sich nicht darauf einigen können, welches die richtige Reform ist?

Momentan benötigt die SPD ja nicht mal die CDU, um ihre Reförmchen zu blockieren.
Ich denke das ist falsch. Es gibt nur eine wirklichliche Möglichlichkeit, die Bescheidung sämtlicher Sozialausgaben, aber das ist ein heißes Eisen, KEINE der jetzigen Parteien, wird es durchsetzen können.

Brehn
18.05.2003, 05:50
Ohne eine Opposition gäbe es keine Kontrolle der Regierung mehr, d. h., falsche Wahlversprechen wie von der SPD würden immer mehr zunehmen. Allerdings muss ich Host in dem Punkt recht geben, dass Deutschland zu dieser Zeit von viel zu viel Bürokratismus in der Gesetzebung bestimmt wird. Dort sind Reformen anfällig, diese werden jedoch von genau diesem Bürokratismus erschwert... :(

Alphadeutscher
18.05.2003, 12:56
Was wir brauchen ist ein Alleinherrscher, der zum Wohle des Volkes handelt (er kann ja durchaus auch vom Volk gewählt/abgewählt werden).

Ex-Admin
18.05.2003, 12:57
öhm. Naja Alleinherscher hört sich stark nach Diktatur an :rolleyes:

Alphadeutscher
18.05.2003, 12:59
Original von codemonkey
öhm. Naja Alleinherscher hört sich stark nach Diktatur an :rolleyes:
Caesar war auch ein Diktator, ebenso Octavian: Dennoch ging es dem römischen Volk unter dieser Herrschaft sehr gut. Diktatur muß nich per se schlecht sein!

Brehn
18.05.2003, 13:05
Wählbarer Dikator... Lustige Theorie...

Ex-Admin
18.05.2003, 13:10
Original von Brehn
Wählbarer Dikator... Lustige Theorie... Aber anders gesehen hat Alphadeutscher schon irgendwo Recht. Man sieht ja, dass unsere Regierung im Moment nichts zu Stande bringt und wenn mal etwas vorgeschlagen wird, kommen andere Parteien wieder mit 'Blockadepolitik'. Das kanns nicht sein. Man müsste einen haben, der den Durchblick hat und vom Volk gewählt wird und dann alles durchzieht um deutschland aus dem Dreck zu ziehen.

Alphadeutscher
18.05.2003, 13:11
Eben! Die Richtlinienkompetenz unseres Kanzlers hat uns die Politik der ruhigen Hand (und somit das Verderben) beschert!

Siran
18.05.2003, 13:13
Original von codemonkey

Original von Brehn
Wählbarer Dikator... Lustige Theorie... Aber anders gesehen hat Alphadeutscher schon irgendwo Recht. Man sieht ja, dass unsere Regierung im Moment nichts zu Stande bringt und wenn mal etwas vorgeschlagen wird, kommen andere Parteien wieder mit 'Blockadepolitik'. Das kanns nicht sein. Man müsste einen haben, der den Durchblick hat und vom Volk gewählt wird und dann alles durchzieht um deutschland aus dem Dreck zu ziehen.

Die Diskussion hatten wir irgendwie schon mal. Das Problem dabei ist, wie man sicherstellt, dass diese Person auch wirklich zum Wohle Deutschlands und nicht zu seinem eigenen Wohl handelt.

Brehn
18.05.2003, 13:14
Vielleicht ist auch nur die deutsche Spaltung der Legislative in Bundestag und Bundesrat überholt, ohne diese gäbe es keine Blockadepolitik mehr (zumindest keine so gravierende).

Alphadeutscher
18.05.2003, 13:15
Original von Siran
Die Diskussion hatten wir irgendwie schon mal. Das Problem dabei ist, wie man sicherstellt, dass diese Person auch wirklich zum Wohle Deutschlands und nicht zu seinem eigenen Wohl handelt.
Das geht nicht (oder eben nur theoretisch) - das genau ist ja das Problem!

Gut wäre bspw. eine gestärkte Position des Kanzlers mit dem Bundestag ohne eigene Macht, sondern nur mit Berater-/Kontrollfunktion!

Brehn
18.05.2003, 13:24
Das wäre doch ein bisschen übertrieben, sozusagen ein Artikel 48 auf Dauer...

Alphadeutscher
18.05.2003, 13:32
Original von Brehn
Das wäre doch ein bisschen übertrieben, sozusagen ein Artikel 48 auf Dauer...
So wie es jetzt ist kann es doch wohl auch nicht weiter gehen! Ich denke mal da sind wir uns doch einig oder?! Die ruhige Hand war der allergrößte Fehler!

Brehn
18.05.2003, 13:35
Natürlich muss sich etwas ändern, aber es gibt eben noch einen kleinen Unterschied zwischen Reform und Revolution!

Alphadeutscher
18.05.2003, 13:45
Original von Brehn
Natürlich muss sich etwas ändern, aber es gibt eben noch einen kleinen Unterschied zwischen Reform und Revolution!
Also ich sehe mich schon irgendwie als einen kleinen Rebell!

Brehn
18.05.2003, 13:58
Und dabei weder Kommunist noch Faschist!

Siran
18.05.2003, 14:05
Bitte, kommt zurück zum Thema.

Siran
18.05.2003, 14:17
DOSSIER

"War das jetzt in Ordnung?"

Wie der Sozialdemokrat Hans Eichel seine bisher schwerste Woche als Bundesfinanzminister überstand

Sechzehn Stunden bevor er die Bundesrepublik Deutschland erschüttern wird, fährt Hans Eichel im Intercity-Express 955 von Hannover nach Berlin. Es ist Mittwochabend vergangener Woche, Eichel hat gerade einen Vortrag vor einem Managerkreis gehalten - es ging darum, wie man die Zukunft gestalten kann. Jetzt sitzt er in der ersten Klasse, auf einem Fensterplatz, und liest die neue Ausgabe von "Auto, Motor und Sport".

Der Finanzminister hat einen Bericht über den neuen "Fünfer" von BMW aufgeschlagen, die Überschrift heißt "Bruder Leichtfuß". Man kann in dem Artikel etwas über Chris Bangle erfahren; Bangle ist Chefdesigner von BMW, und als er seine Pläne für das Auto vorstellte, hieß es, er müsse gehen, weil sich keiner vorstellen konnte, dass aus den Plänen je ein schönes Auto werden würde. Jetzt ist es fertig und Chris Bangle ein Held.

Eichel liest den Text langsam, bis zum Ende. Er ist ganz ruhig.

Er hat noch eine Nacht und einen halben Tag Zeit. Dann wird er vor der Bundespressekonferenz eine neue Katastrophe verkünden. Er wird sagen, dass die Steuerschätzer gerade ein Minus von 126 Milliarden Euro für die nächsten vier Jahre ausgerechnet haben. Und dass es so etwas noch nie gegeben hat.

Das alles hat sehr viel mit ihm zu tun, dem Ressortchef Finanzen. Aber es kümmert ihn nicht. Er liest Geschichten über schnelle Autos und tolle Designer. Für Eichel ist alles, was jetzt noch kommt, nicht mehr so schlimm wie das, was er schon zwei Wochen vorher erlebt hatte.

Da war ihm klar geworden, dass Deutschland vor einer Rezession steht. Eichel hatte seine Leute rechnen lassen, und das Ergebnis war noch nicht so dramatisch wie die tatsächliche Zahl der Steuerschätzer, aber dramatisch genug. Sie beendete alle Täuschungs-, vielleicht auch Selbsttäuschungsmanöver. Nichts von dem, wofür er als Politiker stand, hatte danach noch Gültigkeit.

Die bunten Sparschweinchen, die auf seinem Schreibtisch stehen, waren auf einmal Witzfiguren geworden. Und er war ein Gescheiterter.

Hans Eichel holte seine Berater zusammen, sie sprachen über eine Strategie. Es gab zwei Möglichkeiten: Man könne bis Donnerstag warten, wenn die Steuerschätzer mit ihren Zahlen kämen - oder gleich etwas tun.

Am Tisch saß jemand, der immer kühl bleibt, wenn es Hans Eichel schlecht geht. Er war für die zweite Lösung.

Klaus-Peter Schmidt-Deguelle ist Hans Eichels Medienberater. Er fand, dass man diese Katastrophe vorbereiten müsse. Man könnte ein paar schlechte Nachrichten vorweg schicken, freiwillig, damit es so aussieht, als habe man es immer gewusst. Damit am Donnerstag nur die Finanzen abstürzen, nicht der Finanzminister.

Hans Eichel hört meistens auf seinen Medienberater. Also machte er sich auf den Weg, erst zum SPIEGEL, dann zu Sabine Christiansen, er empfing Fernsehteams während einer Benefizveranstaltung, bei der er eigentlich nur Spargel schälen wollte. Überall sagte er: Die Neuverschuldung wird explodieren, die Defizitgrenze wird gesprengt, der ausgeglichene Bundeshaushalt wird sich verschieben. Die Weltkonjunktur sei daran schuld.

Danach ging es ihm besser. Eichel hatte zwar noch eine Woche vor sich, die wahrscheinlich seine schwerste als Finanzminister werden würde, aber er wirkte, als sei schon alles vorbei.

Am Montag vergangener Woche flog er nach Brüssel, zum Treffen mit den Finanzministern der EU. Er musste ihnen erklären, was in Deutschland passiert war. Einen Tag später warteten Europas Journalisten auf ihn. Eichel saß vor zugezogenen Vorhängen im Kellergeschoss des EU-Ratsgebäudes, es war alles ein bisschen erbärmlich, aber er las flüssig einen Text vom Zettel; er sprach davon, dass man "die automatischen Stabilisatoren wirken lassen" müsse. Es hörte sich alles logisch an.

Während er so redete, lehnte Klaus-Peter Schmidt-Deguelle an einer Wand und rührte sich nicht. Er war einfach nur da, zur Sicherheit.

Schmidt-Deguelle hat früher als Journalist gearbeitet, er war Chefredakteur von Vox, er versteht etwas von den Medien. Eichel glaubte, dass er so jemanden brauchen würde, als er 1999 nach Berlin zog. Er kam als abgewählter Ministerpräsident aus Hessen, den man "nasse Nudel" nannte.

Bald hatte Hans Eichel keine bunten Krawatten mehr, und in den Zeitungen konnte man lesen, dass der Minister nur drei Paar Schuhe habe. Aus Eichel wurde "der eiserne Hans", einer, in dem sich jeder gute Deutsche wiederfinden konnte.

Der Berater und sein Minister glaubten daran, dass Politiker erfolgreich sein können, wenn man sie erfolgreich inszeniert. Einmal sagte Schmidt-Deguelle, es gehe darum, Rückfälle in alte Gewohnheiten zu verhindern. "Erforderlich ist beständig ein gewisses Nachjustieren." Er sprach über den Minister wie über einen Gebrauchtwagen. Und Eichel hatte nichts dagegen. Er wurde ja immer schneller. Er galt mal als kommender Kanzler.

Jetzt gibt es ein Problem. Das schöne Image hat sich erledigt.

"Stimmt", sagt Klaus-Peter Schmidt-Deguelle gelassen. "Im Moment ist er der, der an allem schuld ist."

Sein Berater weiß aber auch, wie man da wieder rauskommt. Er sagt: "Es wird bis Herbst dauern. Dann haben die Leute verstanden, dass Hans Eichel der war, der die Probleme schon immer vorausgesagt hat. Jetzt ging es erst mal darum, sich ehrlich zu machen und in den Abgrund zu blicken."

Es ist kurz vor eins am Donnerstag letzter Woche, als Hans Eichel die Treppe zum Saal der Bundespressekonferenz hochgeht. Drei Leibwächter sind bei ihm, sein Pressesprecher und der Medienberater. Eichel lächelt fröhlich. Dann erläutert er die Katastrophe. Der Berater sitzt hinter ihm und kaut auf einem Kaugummi. Eichel macht das gut. Sie haben vorher alles durchgesprochen, er und der Berater. Welche Fragen kommen können, welche Antworten man geben muss. Aber sie sind noch nicht fertig. Sie müssen noch zu den "Tagesthemen", wo ein Interview aufgezeichnet wird, und danach ins ZDF-Hauptstadtstudio, zu den "heute"-Nachrichten.

Bei der ARD war alles gut gegangen. Jetzt stehen sie in einem ZDF-Fahrstuhl, Eichel guckt in einen Spiegel und kämmt sich die Haare.

"Genauso wie eben", sagt Schmidt-Deguelle. "Ja, aber ich hab weniger Zeit", sagt Eichel. Er wirkt etwas unsicher.

Sie gehen in ein kleines Studio, der Minister wird geschminkt, der Berater steht daneben.

"Ich fang dann an mit: 'Es muss eine große gemeinsame Anstrengung geben'", sagt der Minister.

Der Berater nickt.

Dann kommt die erste Frage, und Eichel sagt: "Es muss eine große gemeinsame Anstrengung geben."

Die letzte Frage dreht sich um ihn. Ob er glaube, dass er noch lange in seinem Amt bleiben werde. "Ja", sagt Eichel, "solange der Kanzler Vertrauen zu mir hat."

Dann ist er fertig. Vorsichtig dreht er den Kopf zu seinem Berater. "Und? War das jetzt in Ordnung so?"

Nicht ganz, sagt Schmidt-Deguelle. Das mit dem Kanzler hätte nicht sein müssen - zu defensiv. Eichel kratzt sich am Kopf.

Aber er hat es erst mal überstanden, diese eine Woche jedenfalls. Es war ein Anfang, jetzt geht es weiter. Er muss Eichel bleiben, er muss das Geld zusammenhalten, er kann sich nicht neu erfinden, nicht mal sein Berater kann das. Eichel sagt, es sei ein Spiel, das er nicht allein spielt. Zum Beispiel ist da noch die SPD. Bald ist Parteitag. Dann kommt es nicht mehr auf Klaus-Peter Schmidt-Deguelle an, sondern auf die Genossen. In der Koalition heißt es, Eichel werde zurücktreten, wenn es ihm nicht gelingt, im Haushalt 2004 die neuen Schulden niedriger zu halten als die Investitionen. Er will kämpfen. Er weiß aber nicht, ob noch jemand auf ihn hört.