Manfred37
11.08.2024, 07:21
Ich stehe kurz vor der Rente und habe deshalb schon einige Jahre auf dem Buckel. Mit dem deutschen System bin ich schon öfter in Berührung gekommen.
Ursprünglich hatte ich Rechtssystem geschrieben, aber ich meine das Themaumfassender. Es geht darum, wie das Staatliche und das Behördliche im real life tickt, wenn man direkt mit ihm in Berührung kommt.
Ichwünsche mir für diesen Thread, dass Ihr Anekdoten erzählt, wo Ihr mit dem deutschen Staat und seinen Amtsträgern im Berührung kamt, mit oder ohne Bewertung. Manchmal wirkt eine Geschichte auch tiefer, wenn man sie nur erzählt ohne sie selbst zu kommentieren.
Ich fange mal an.
Meine erste Berührung mit einem deutschen Gericht war wegen eines Autounfalls während meines Studiums in den 80er Jahren.
Ich war im Uniparkhaus und wollte wieder nach Hause. Vor dem Herausfahren aus dem Parkplatz schaute ich, ob ein anderes Auto am Hauptweg fährt. Es kam noch eines, das ich passieren ließ, ich legte den Rückwärtsgang ein und wollte heraus fahren, als das gerade vorbeigefahrene Auto auch den Rückwärtsgang einlegte, weil es zu späteinen freien Parkplatz entdeckt hatte. Er fuhr mir in den hinteren, rechten Kotflügel, weil ich so schnell nicht mehr den Gang wechseln konnte.
Wir waren beide allein in unseren Autos, ohne weitere Zeugen, unterhielten uns. Es entstand die Frage, ob wir die Polizei rufen, was wir beide für nicht hilfreich ansahen, weil sie keine Schuldfeststellung treffen.
Ichfragte den anderen vorher noch, ob für ihn die Frage der Schuldeindeutig sei. Er bejahte und sagte, das sei sein Fehler gewesen, obwohl die Situation insgesamt ein wenig unglücklich war. Er gab mirseine Versicherungsnummer usw.
Zwei Tage später rief er mich an und sagte, er habe sich die Sache nocheinmal überlegt und finde, dass ich einen Teil des Schadens selbst zahlen müsse.
Ichhabe erst später verstanden, warum er das tat. Einerseits stellte essich heraus, dass er gerade mit dem ersten Staatsexamen Jura fertigwar und wohl mal üben wollte, was er gelernt hat. Andererseitsreflektierte er darüber, dass wir beim gleichen Autoversichererwaren.
Wennein Autounfall geschieht und beide Autos sind bei der gleichenVersicherung, dann hat diese natürlich ein Interesse daran, dassnicht einer 100% Schuld am Unfall ist, sondern dass sich dasaufteilt. Selbst 75% zu 25% ist schon gut.
Wennman nicht der Verursacher des Unfalls ist, man ihn aber hätteverhindern können, dann kriegte man damals 25% der Kostenaufgebürdet.
Ichnahm einen Anwalt auf Empfehlung, weil ich neu in der Stadt wohnte.Es kam zu einem Rechtsstreit. Seine Seite bot erst ein Drittel an zuübernehmen. Mein Anwalt empfahl mir, das zu akzeptieren, was icherst mal nicht verstand. Dann bot man 50% an und nannte einen Zeugen.Es stellte sich heraus, dass es sich um einen Studienkollegen desProzessgegners handelte. Am Unfallort war aber niemand außer unsbeiden. Mein Anwalt sagte mir, dass ich das akzeptieren solle, weilich dem Prozessgegner nicht das Gegenteil beweisen könne.
Dannkam noch das Angebot der Gegenseite, zwei Drittel des Schadens zuübernehmen. Ich lehnte wieder ab und sagte zu meinem Anwaltfolgende. Ich nannte ihm den Namen meines Schwiegervaters, von demich mir sicher war, dass mein Anwalt ihn kennt, weil ich davonausging, dass er als Professor der Uni in seinem Bereich viel mit denlokalen Behörden und auch mit den Gerichten zu tun haben muss.
Ichsagte zu meinem Anwalt, dass, wenn der falsche Zeuge eine Aussage vorGericht macht, dass ich dafür sorgen werde, dass der Fall in dielokale Presse kommt und die beiden Juristen nie in ihrem Beruf werdenarbeiten dürfen. Und wenn es das letzte ist, was ich in meinem Lebentun werde.
Daswar zwar insofern ein Bluff, weil ich meinen Schwiegervater und seineKontakte zu Lokalpresse nicht wegen 2000 Mark Schadenssumme inAnspruch genommen hätte, auch wenn der Rest stimmte.
Eskam zur Gerichtsverhandlung, der Zeuge war zwar geladen, wurde abernicht befragt. Ich bekam nur eine Frage gestellt, dann kam schon dasUrteil, dass ich 100% des Schadens ersetzt bekomme.
Auchwenn ich das Verfahren gewonnen habe, war das ganze für mich einweiterer Beleg, dass wir weit davon entfernt sind, ein Rechtsstaat zusein.
Jetztseid Ihr dran.
Ursprünglich hatte ich Rechtssystem geschrieben, aber ich meine das Themaumfassender. Es geht darum, wie das Staatliche und das Behördliche im real life tickt, wenn man direkt mit ihm in Berührung kommt.
Ichwünsche mir für diesen Thread, dass Ihr Anekdoten erzählt, wo Ihr mit dem deutschen Staat und seinen Amtsträgern im Berührung kamt, mit oder ohne Bewertung. Manchmal wirkt eine Geschichte auch tiefer, wenn man sie nur erzählt ohne sie selbst zu kommentieren.
Ich fange mal an.
Meine erste Berührung mit einem deutschen Gericht war wegen eines Autounfalls während meines Studiums in den 80er Jahren.
Ich war im Uniparkhaus und wollte wieder nach Hause. Vor dem Herausfahren aus dem Parkplatz schaute ich, ob ein anderes Auto am Hauptweg fährt. Es kam noch eines, das ich passieren ließ, ich legte den Rückwärtsgang ein und wollte heraus fahren, als das gerade vorbeigefahrene Auto auch den Rückwärtsgang einlegte, weil es zu späteinen freien Parkplatz entdeckt hatte. Er fuhr mir in den hinteren, rechten Kotflügel, weil ich so schnell nicht mehr den Gang wechseln konnte.
Wir waren beide allein in unseren Autos, ohne weitere Zeugen, unterhielten uns. Es entstand die Frage, ob wir die Polizei rufen, was wir beide für nicht hilfreich ansahen, weil sie keine Schuldfeststellung treffen.
Ichfragte den anderen vorher noch, ob für ihn die Frage der Schuldeindeutig sei. Er bejahte und sagte, das sei sein Fehler gewesen, obwohl die Situation insgesamt ein wenig unglücklich war. Er gab mirseine Versicherungsnummer usw.
Zwei Tage später rief er mich an und sagte, er habe sich die Sache nocheinmal überlegt und finde, dass ich einen Teil des Schadens selbst zahlen müsse.
Ichhabe erst später verstanden, warum er das tat. Einerseits stellte essich heraus, dass er gerade mit dem ersten Staatsexamen Jura fertigwar und wohl mal üben wollte, was er gelernt hat. Andererseitsreflektierte er darüber, dass wir beim gleichen Autoversichererwaren.
Wennein Autounfall geschieht und beide Autos sind bei der gleichenVersicherung, dann hat diese natürlich ein Interesse daran, dassnicht einer 100% Schuld am Unfall ist, sondern dass sich dasaufteilt. Selbst 75% zu 25% ist schon gut.
Wennman nicht der Verursacher des Unfalls ist, man ihn aber hätteverhindern können, dann kriegte man damals 25% der Kostenaufgebürdet.
Ichnahm einen Anwalt auf Empfehlung, weil ich neu in der Stadt wohnte.Es kam zu einem Rechtsstreit. Seine Seite bot erst ein Drittel an zuübernehmen. Mein Anwalt empfahl mir, das zu akzeptieren, was icherst mal nicht verstand. Dann bot man 50% an und nannte einen Zeugen.Es stellte sich heraus, dass es sich um einen Studienkollegen desProzessgegners handelte. Am Unfallort war aber niemand außer unsbeiden. Mein Anwalt sagte mir, dass ich das akzeptieren solle, weilich dem Prozessgegner nicht das Gegenteil beweisen könne.
Dannkam noch das Angebot der Gegenseite, zwei Drittel des Schadens zuübernehmen. Ich lehnte wieder ab und sagte zu meinem Anwaltfolgende. Ich nannte ihm den Namen meines Schwiegervaters, von demich mir sicher war, dass mein Anwalt ihn kennt, weil ich davonausging, dass er als Professor der Uni in seinem Bereich viel mit denlokalen Behörden und auch mit den Gerichten zu tun haben muss.
Ichsagte zu meinem Anwalt, dass, wenn der falsche Zeuge eine Aussage vorGericht macht, dass ich dafür sorgen werde, dass der Fall in dielokale Presse kommt und die beiden Juristen nie in ihrem Beruf werdenarbeiten dürfen. Und wenn es das letzte ist, was ich in meinem Lebentun werde.
Daswar zwar insofern ein Bluff, weil ich meinen Schwiegervater und seineKontakte zu Lokalpresse nicht wegen 2000 Mark Schadenssumme inAnspruch genommen hätte, auch wenn der Rest stimmte.
Eskam zur Gerichtsverhandlung, der Zeuge war zwar geladen, wurde abernicht befragt. Ich bekam nur eine Frage gestellt, dann kam schon dasUrteil, dass ich 100% des Schadens ersetzt bekomme.
Auchwenn ich das Verfahren gewonnen habe, war das ganze für mich einweiterer Beleg, dass wir weit davon entfernt sind, ein Rechtsstaat zusein.
Jetztseid Ihr dran.