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Vollständige Version anzeigen : Kinder des Schicksals: Heimatvertriebenenhintergrund (Hvhgd)



Neben der Spur
26.06.2023, 09:31
Hallo, Forum!

Ich selber habe keinen Heimatvertriebenenhintergrund,
außer daß ein Großvater geb. um 1905 aus Südjütland stammte,
der aber trotz der 1920-Abstimmung über Schleswig
nicht fliehen hatte müssen,
beziehungsweise aus völkisch-sprachlichen Gründen
den Wohnort hatte wechseln müssen.

Aber es gibt höchstwahrscheinlich eine Anzahl von
Forumsmitgliedern, die ohne die Zeiten von
1914/18,
1919/32 und
1933/45
so wie sie als Persönlichkeiten sind,
gar nicht existieren würden,
bzw nicht geboren wären.


Jesus sagt, man solle lieben, wie sich selbst:

Kann ein Mensch Hitler hassen, wenn er
unmittelbar ein Produkt von Hitler seinem Krieg ist,
als z.B. geflohene Balten- und Sudetendeutsche,
die dem Ehepartner in der neuen Heimat begegnet ist,
und deren Kinder nicht existieren würden,
wenn es diesen Krieg nicht gegeben hätte.

Auch viele Juden müsste man zu solcherlei Menschen zählen,
den "Unberührbaren", Ungeliebten, Nichtexistenten, Illegalen -
Menschen geboren durch das Feuer von Hitler.

Die Zufälligen, die Parallelen -
ich hatte ein Wort dafür, welches mir gerade entfallen ist.


Welches sind Eure Gedanken zu solchen Existentiellen Sinnfragen?

Minimalphilosoph
26.06.2023, 21:48
Hallo, Forum!

Ich selber habe keinen Heimatvertriebenenhintergrund,
außer daß ein Großvater geb. um 1905 aus Südjütland stammte,
der aber trotz der 1920-Abstimmung über Schleswig
nicht fliehen hatte müssen,
beziehungsweise aus völkisch-sprachlichen Gründen
den Wohnort hatte wechseln müssen.

Aber es gibt höchstwahrscheinlich eine Anzahl von
Forumsmitgliedern, die ohne die Zeiten von
1914/18,
1919/32 und
1933/45
so wie sie als Persönlichkeiten sind,
gar nicht existieren würden,
bzw nicht geboren wären.


Jesus sagt, man solle lieben, wie sich selbst:

Kann ein Mensch Hitler hassen, wenn er
unmittelbar ein Produkt von Hitler seinem Krieg ist,
als z.B. geflohene Balten- und Sudetendeutsche,
die dem Ehepartner in der neuen Heimat begegnet ist,
und deren Kinder nicht existieren würden,
wenn es diesen Krieg nicht gegeben hätte.

Auch viele Juden müsste man zu solcherlei Menschen zählen,
den "Unberührbaren", Ungeliebten, Nichtexistenten, Illegalen -
Menschen geboren durch das Feuer von Hitler.

Die Zufälligen, die Parallelen -
ich hatte ein Wort dafür, welches mir gerade entfallen ist.


Welches sind Eure Gedanken zu solchen Existentiellen Sinnfragen?

Ich befasse mich sehr mit solchen Dingen. 4 Millionen Flüchtlinge sind alleine in der deutschen Sowjetzone aufgenommen worden. Ich lese gerade ein Buch, das die Geschichte von einigen ostpreussischen Kindern beschreibt. Ihre Behandlung bis zu einer endgültigen Ausweisung nach Deutschland am Anfang der 50er Jahre.

Anfänglich wurden diese Deutschen selbst vom eigenen Volk gehasst. 14 Millionen Ostdeutsche Flüchtlinge integriert zu haben ist eine riesige Nachkriegsleistung des deutschen Volkes.

Wäre doch mal interessant, wer hier so alles ostdeutsche Wurzeln hat und denkt er hätte welche in Schleswig oder Sachsen...

Minimalphilosoph
26.06.2023, 21:50
Achso....für deine Umfrage bin ich wahrscheinlich zu betrunken... :D

mabac
27.06.2023, 01:07
als z.B. geflohene Balten- und Sudetendeutsche,


Heim ins Reich


Das Schlagwort wurde ebenfalls für die Bemühungen genutzt, ein Großdeutsches Reich zu errichten und dafür deutsche Minderheiten wie die Deutsch-Balten nach 700 Jahren zurück in die Grenzen des Reichs zu führen und dort anzusiedeln.[10] Möglich wurde dieses Vorhaben infolge des Deutsch-sowjetischen Nichtangriffspakts ab 1939. Die praktische Durchführung lag bei der Volksdeutschen Mittelstelle (VoMi), einem der SS-Hauptämter, das fast ausschließlich von baltendeutschen Umsiedlern geführt wurde. Zwischen 1939 und 1940 war die Organisation der Ansiedlung von Volksdeutschen unter der Losung Heim ins Reich Hauptaufgabe dieses Hauptamtes.
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Heim_ins_Reich

Für viele Südtiroler galt der Führer des Grossdeutschen Reiches als Drecksack.
Die nach Besetzung des Baltikums 1940 Umsiedlungsunwilligen waren bolschewismusnah.


Die Umsiedlungen betrafen unter anderem die Südtiroler aus Italien, Baltendeutsche aus Litauen, Estland und Lettland, Wolhyniendeutsche aus dem früheren Ostpolen und ab 1940 Bessarabiendeutsche, Bukowinadeutsche, Dobrudschadeutsche, Galiziendeutsche und Gottscheer.

Lilly
27.06.2023, 06:55
Minimalphilosoph, mich interessiert dieses Thema von Jugend an, obwohl keinerlei Flüchtlingshintergrund. Würdest du mir den Buchtitel nennen? Ich sage schon mal danke!

Parabellum
29.06.2023, 07:16
Anfänglich wurden diese Deutschen selbst vom eigenen Volk gehasst. 14 Millionen Ostdeutsche Flüchtlinge integriert zu haben ist eine riesige Nachkriegsleistung des deutschen Volkes.

Ja, wurden sie. Man hatte kaum etwas und musste das noch mit 14 Mio. Flüchtlingen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten teilen. Das wird hier u.a. von Zeitzeugen sehr gut aufgearbeitet :


https://www.youtube.com/watch?v=4CmQOPgCIEo&pp=ygUWZmx1Y2h0IHVuZCB2ZXJ0cmVpYnVuZw%3D%3D

Problematisch hierbei ist allerdings das genau diese Flüchtlinge auf Grund ihrer Vorgeschichte dazu neigen, die jetzige Flüchtlingswellen vorbehaltlos aufnehen zu wollen. Man glaubt das die Menschen dasselbe Schicksal haben wie man selbst damals. Stimmt zwar nicht, aber erkläre das mal, im Falle meines Vaters, einem 80-jährigen Mann, dessen Familie aus Siebenbürgen flüchten und sich in Westdeutschland ein neues Leben aufbauen musste.

mabac
29.06.2023, 09:04
Ich befasse mich sehr mit solchen Dingen. 4 Millionen Flüchtlinge sind alleine in der deutschen Sowjetzone aufgenommen worden.
Nach meinen Erfahrungen im Umgang mit Vertriebenen (Kollegen, Verwandschaft, Bekanntschaft, Freundeskreis) in der DDR
scheint man im Osten besser damit klar gekommen zu sein.
Ein ein gleichaltriger Westberliner Kollege, der aus einem Kaff im Bayrischen Wald stammte, meinte, er hätte noch als Kind sudetendeutscher Eltern die Abneigung der alteingesessenen Bevölkerung gegenüber den Vertriebenen gespürt, in den Sechzigern und Siebzigern!

Maitre
29.06.2023, 09:19
Mein Vertriebenenhintergrund:

Großvater (mütterlicherseits) beschloss, sich nicht der Flucht aus Elbing anzuschließen. Er nahm wohl an, dass er als einfacher Arbeiter (Dreher in den Schichau-Werken) für die Sowjets uninteressant sein müsse. Das war allerdings weit gefehlt, denn er wurde im Februar 1945 eingesammelt (Großmutter rief ihm noch hinterher, er solle eine Jacke mitnehmen. Er verneinte das, er käme doch gleich wieder). Nach seiner NKWD-Akte, die wir vor einigen Jahren als Kopie erhielten, starb er im Juni an "Diphterie III", was wohl eine Umschreibung für verhungert darstellte.
Trotzdem rettete er mit seiner Entscheidung seine Frau und seine Kinder, denn der Dampfer, auf dem sie hätten evakuiert werden sollen, lief wohl auf eine Mine und ging mit Mann und Maus unter (Erzählung meiner Mutter).
Sie zogen später auf dem Landweg nach Mecklenburg. Eine ältere Schwester meiner Mutter konnte wegen ihres kranken Kindes (Hirnhautentzündung, was in einer geistigen Behinderung endete) nicht mitziehen und verblieb bis in die späten Fünfziger dort. Sie zog mit einer der letzten Aussiedlerwellen in den Westen. Sie war wohl in den Fünfzigern (Als sie noch in Elbing wohnte) mal bei meinen Eltern in der DDR zu Besuch und zeigte sich etwas neidisch auf den "hohen Lebensstandard"...

Minimalphilosoph
29.06.2023, 10:33
Minimalphilosoph, mich interessiert dieses Thema von Jugend an, obwohl keinerlei Flüchtlingshintergrund. Würdest du mir den Buchtitel nennen? Ich sage schon mal danke!

Aber selbstverständlich nenne ich dir den Buchtitel. "Wir letzten Kinder Ostpreussens" von Freya Klier. Ein sehr gutes Buch, weil es die letzten Kinder Ostpreussens bis in die 90er Jahre "begleitet".

"Wolfskind" kann ich auch empfehlen.

Ich habe auch die vollständige Dokumentation der Vertreibung der Deutschen des von Willi Brandt abgeschafften Bundesministeriums für Vertriebene im Regal. Etwa 70 cm Breite ergeben diese Bücher der Buchgrösse "Groß-Oktav" im Regal.

Wenn weiterhin Interesse besteht, gucke ich in meinem Regal nach etwas mehr Empfehlungen.

Lilly
30.06.2023, 06:56
Ich danke dir:-) "Wir letzten Kinder Ostpreussens" habe ich mir eingemerkt und das Buch von Liesabeth Otto habe ich schon zweimal gelesen. Gerne kannst du mir weitere Empfehlungen nennen, ich bin immer auf der Suche nach Büchern über diese Themen obwohl ich selber keinerlei Flüchtlingshintergrund habe.
Ich habe aber als junge Frau viel mit Menschen aus Ostpreussen zu tun gehabt und fand sie allesamt ausgesprochen bewundernswert und faszinierend.

houndstooth
16.07.2023, 14:31
Ich danke dir:-) "Wir letzten Kinder Ostpreussens" habe ich mir eingemerkt und das Buch von Liesabeth Otto habe ich schon zweimal gelesen. Gerne kannst du mir weitere Empfehlungen nennen, ich bin immer auf der Suche nach Büchern über diese Themen obwohl ich selber keinerlei Flüchtlingshintergrund habe.
Ich habe aber als junge Frau viel mit Menschen aus Ostpreussen zu tun gehabt und fand sie allesamt ausgesprochen bewundernswert und faszinierend.

Apropos 'weitere Empfehlungen', bezueglich dieses Genres - Flucht, Vertreibung der Deutschen , hauptsaechlich aus Tschechoslowakei und natuerlich Ostpreussen, gibt es eine Menge Buecher, sehr viele auch in englisch. Man braucht sich bei solchen Buechern nur hinten die Bibliographieliste anschauen. Die Buecher dann zu finden kann manchmal schon knifflich werden.

Das grosse Problem bei dieser Thematik ist Objektivitaet. Wird wohl kaum moeglich sein objektiv zu sein oder zu bleiben. Allerdings muss ich sagen, dass deutsche Autoren ausgepraegt tendenziell mit der Thematik umgehen; bis zu dem Punkt wo die Seiten von absolutem Unsinn gerade nur so triefen. Z.B. liest man bei ihnen nur zu oft, dass Tschechen 'Voelkermord' an Deutschen begangen hatten oder
machen wollten. Das sind crie de coers, aber wer die Definition von Voelkermord nicht kennt oder ignoriert, dessen Glaubwuerdigkeit als Autor ist schon recht angeschlagen.

Im folgendem ein paar Leseproben ,das beste Buch 'ORDERLY AND HUMANE' by R.M. Douglas, pro deutsch tendierend; 'Die Deutschen Vertriebenen' by Alfred M. de Zayas : emotionelles Feuerwerk, ...'Der tschechiche Voelkermord an den Sudetendeutschen' by Hans-Peter Storch, wie anders kann es auch sein als tendenzielle Hyperbel. In jedem Buch findet man jedoch manchmal mehr, manchmal weniger neue Informationen: fuer mich ist das wie Aepfel pfluecken: die guten nehmen , die faulen haengen lassen.
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https://ia801808.us.archive.org/25/items/Vertreibung_Odsun_Das-Sudetenland_Audiodeskription_mdr-arte-2020/Vertreibung_Odsun_Das-Sudetenland_1v2_Audiodeskription_mdr_arte_2020.mp4
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https://i.ibb.co/YQzNCFq/Sudetendeutsche-1.jpg
https://i.ibb.co/cYdz8S9/Sudetendeutsche-2.jpg
https://i.ibb.co/n1Gdznf/Sudetendeutsche-2a.jpg
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Minimalphilosoph
17.07.2023, 12:27
Es gibt heute wenige Bücher die einfach unbewertete Tatsachenberichte veröffentlichen. Selbst in von mir gelobten Buch von Freya Klier finden sich heutzutage Aussagen der inzwischen erwachsen und alte Menschen gewordenen Kinder aus heutiger Sicht, nach der Umerziehung und Verschweigung dieser Schicksale.

In den von mir erwähnten Dokumentationen findet man blanke Berichte und Schilderungen. Schockierende.

Minimalphilosoph
17.07.2023, 12:33
Ich danke dir:-) "Wir letzten Kinder Ostpreussens" habe ich mir eingemerkt und das Buch von Liesabeth Otto habe ich schon zweimal gelesen. Gerne kannst du mir weitere Empfehlungen nennen, ich bin immer auf der Suche nach Büchern über diese Themen obwohl ich selber keinerlei Flüchtlingshintergrund habe.
Ich habe aber als junge Frau viel mit Menschen aus Ostpreussen zu tun gehabt und fand sie allesamt ausgesprochen bewundernswert und faszinierend.

Ich gehe mal für zehn Minuten in meine Bibliothek. Und finde sicher noch etwas...

Minimalphilosoph
17.07.2023, 12:37
Ich danke dir:-) "Wir letzten Kinder Ostpreussens" habe ich mir eingemerkt und das Buch von Liesabeth Otto habe ich schon zweimal gelesen. Gerne kannst du mir weitere Empfehlungen nennen, ich bin immer auf der Suche nach Büchern über diese Themen obwohl ich selber keinerlei Flüchtlingshintergrund habe.
Ich habe aber als junge Frau viel mit Menschen aus Ostpreussen zu tun gehabt und fand sie allesamt ausgesprochen bewundernswert und faszinierend.

"Kalte Heimat" Andreas Kossert
"Es begann an der Elbe" Jürgen Thorwald
"Das Ende an der Elbe" Jürgen Thorwald
"Die grosse Flucht" Jürgen Thorwald
"Wolfskind" Ingeborg Jakobs

Liesabeth Otto ist auch sehr gut. Mit gefällt die "Begleitung" durch den eigentlichen Autor als eine politisch korrekte TV-Serie nicht.