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Vollständige Version anzeigen : München und Berlin, 1939, in Farbe



frundsberg
24.02.2023, 19:12
https://www.youtube.com/watch?v=itSzLVyzGrc


„Im Sommer 1933 unternahm der türkischstämmige Publizist Ĭsmail Habib Sevük eine ausgedehnte Europareise mit Stationen in Bukarest, Belgrad, Mohac, Budapest, Wien, Berlin, Paris, Neapel und Athen. Er berichtet über den technischen Geist, die Tierliebe der Deutschen und den Unterschied ihrer Frauen zu den Französinnen. Aus der Donaumetropole Wien per Eisenbahn über Dresden kommend, trifft Sevük in Berlin ein. Zur Schilderung des Gefühls einer gewissen Verlorenheit, das den Besucher angesichts der in rasantem Wachstum begriffenen deutschen Hauptstadt überkommt, bedient er sich sein erstes Berlin-Kapitel der Perspektive eines Sperlings, wie er ihn in einer munteren Schar in einem Berliner Sommergartenlokal beobachtet: ‚Obwohl wir Berlin seit Tagen mit Hilfe aller Geschwindigkeiten der Elektrizität und des Benzins besichtigt haben, ist es uns nicht gelungen, das eine Ende mit dem anderen zu verbinden. Steig in die zweistöckigen Autobusse, die ob der ebenen Beschaffenheit der Stadt sicher dahinrasen und fahre stundenlang umher, spring in die elektrische Stadtbahn, die mit 80 Stundenkilometer fährt und spazier damit einher als flögest du über die Stadt, auf Brücken, die mal aus dem Bauch der Erde, mal aus dem Spalt ihrer Flanke aufragen, oft Viadukte sind, umsonst: Ist das Rad auch flink, die Stadt bleibt endlos. Berlin endet einfach nicht!‘ Immer wieder fallen dem Reisenden der reiche Baumbestand und die Sauberkeit der Stadt auf: ‚Berlin ist voller Bäume. Nicht nur die Bäume, die Haine sind zahlreich. An jeder Ecke ein Garten, an jeder Seite ein Park, in jeder Umgebung ein Wald.‘ …
Für die geradezu beängstingende Entwicklung der Stadt in Ausdehnung und Technik verweist der Autor auf Siemensstadt. War hier noch vor ‚Jahren eine Fabrik zur Herstellung elektrischer Materialien‘ im Bau, wuchs sind die Fabrik ‚zu einem riesigen Dorf, das Dorf zu einer prächtigen Kleinstadt, die Kleinstadt unmittelbar zu einer Stadt von 70.000‘ Einwohnern aus. … War Berlin im letzten Jahrhundert noch ein kleineres Städtchen, sei es nun eine Fünf-Millionen-Metropole. Die rasche Entwicklung schreibt der Beobachter Ehrgeiz und technischem Geist der Deutschen zu. Hatte der Besucher nach dem Blick auf die Landkarte Berlin als eine im Binnenland liegende Stadt identifiziert, findet er nun überall Ufer Strände und gar welchen Ausmaßes: ‚Hier der Wannseestrand, auf einen Schlag können da 65.000 Leute baden.‘ Es mutet ihn nicht wie ‚der Strand einer Stadt‘ an, sondern wie ‚eine Stadt am Strand‘.
Zur Anschauung der ‚deutschen Technik‘ läßt Sevük sich von einem Zug nach Niederfinow bringen, einem feinen, kleinen Dorf, in dem er feststellt, daß ‚ein deutsches Dorf die Komprimierung einer bequemen Stadt‘ sei. Grund seines Besuches ist das hochmoderne Schiffshebewerk in der Nähe. Ausmaße und kompakte Architektur des Stahlkolosses beeindrucken ihn tief:
‚Am Boden des Stahlberges ein Bassin. Darin 4000 bis 5.000 Tonnen Wasser. Auf einmal hob sich die Verschlußkappe gegenüber und vier, fünf Schuten fuhren in das Bassin. … Ein Pfiff, das bronzenden Rad dreht sich und, ah, plötzlich sahen wir, daß diese 5.000 Tonnen Wasser, mit dem Bassin noch schwerer und den Schiffen darin, in nur ein, zwei Minuten 40 Meter in die Höhe stiegen!‘ …
In Berlin, ‚groß aber jung‘, findet der Reisende alles ‚riesig und aufgebläht‘: so etwa Unter den Linden, ‚80 Meter breit, ständig den Namen wechselnd, sich stundenlang wie ein Rückgrat durch die Stadt ziehend. Für Busse und Stadtbahnen werden täglich eine Million Fahrscheine gelöst‘, was wohl dem Jahresaufkommen der Istanbuler Straßenbahn entspreche. Verständlich werde dieser Mangel jedoch an der dezentralistischen Struktur Deutschlands: ‚Verfügt jedes Zentrum eines Landes über ein Herz, so hat Deutschland mehrere Herzen. …‘
Die Schilderung der Zugreise von Berlin nach Paris nutzt Sevük, um allgemeine Betrachtungen und Vergleiche zwischen den beiden europäischen Großstädten anzustellen. Im Vergleich der beiden Metropolen findet er Berlin flacher, aber grüner, Hotels und Restaurants seien in Berlin komfortabler. Berlin möge über ‚mehr Volt‘, mehr technischen Fortschritt verfügen, doch die Pariser Nacht sei glanzvoller. In puncto Sauberkeit liege Berlin ebenfalls vorn: ‚Paris ist wärmer als Berlin, doch Berlin muß wohl sauberer sein, schließlich gibt es dort Leute, die weiße Hosen tragen, hier in Paris jedoch kaum. Der Schaffner der Berliner Straßenbahn, im Gurt einer Umhängetasche befindet sich ein Kästchen mit einem Schwamm, darüber führt er seinen Finger und dann erst reißt er die Fahrkarte ab. Der Pariser Schaffner hingegen befeuchtet seinen Finger mit den Lippen.‘“


Quelle: Ingeborg Böer, Ruth Haerkötter, Petra Kappert, „Türken in Berlin 1871-1945 - Eine Metropole in den Erinnerungen osmanischer und türkischer Zeitzeugen“, Walter de Gruyter GmbH & Co. KG, Berlin 2002,Seite 245, 246, 247, 248, 252

frundsberg
24.02.2023, 19:17
https://www.youtube.com/watch?v=DGZ3xwLxnU8

Berlin, 1936.


Der Berliner Dietrich Bronder über die Olympiade damals:
„Daß die Welt dabei deutsche Organisationskunst erwartete und diese auch gerbacht wurde, können nur Narren heute bekritteln. So gut organisiert, so einfallsreich, so künstlerisch war noch kein olympischer Wettstreit gewesen, als Richard Straußens Olympia-Hymne die Spiele einleitete. Avery Brundage urteilte als Chef der USA-Mannschaft: ‚Haben Sie jemals solch wundervolle Spiele, solche vollkommene Organisation gesehen?‘
Die Straße waren mit Girlanden, Fahnenmasten, Lichtmasten und olympischen Symbolen reich geschmückt und führten hinaus über ene ‚Via triumphalis‘ zum Reichssportfeld. Dort das Stadion der 100.000 von Professor March, die Dietrich-Eckhardt-Freilichtbühne, Marathontor und Glockenturm, das neue Schwimmstadion und andere Kampfstätten, sowie nicht zu vergessen, das vorbildliche und geschmackvolle Olympische Dorf in Döberitz, dessen Chef der Oberstleutnant Werner-Albrecht Freiherr von und zu Gilsa (1889-1945) war, ein späterer General der Infanterie und Eichenlaubträger zum Ritterkreuz, der durch Freitod der Gefangenennahme entging. Alles war getan, damit die Gäste sich so wohlfühlten, wie sie es taten. Der damalige Architekt Prof. Dr.-Ing. Albert Speer gestaltete Berlin bei allen Festen immer wieder in großartiger und vornehmer Weise als Bühne des Reiches aus. Ich selber hatte bei den Olympischen Spielen einen Extraauftrag, ich war eine Art Ordner. Mit vielen hundert HK-Führern wurden wir zu unserer großen Freude dazu eingesetzt und ganz in weiß gekleidet, dazu ein ‚Schiffchen‘ auf dem Kopfe mit einem Dienstabzeichen von damals, das Brandenburger Tor mit den fünf olympischen Ringen. Nach einem strengen Organisationsplan wurden wir dazu kommandiert, den über 150.000 Gästen aus aller Welt behilflich zu sein, vor allem aber den Gästen von Rang und Namen Dienste zu leisten. …
Mit dem Königspaar aus Bulgarien, manchmal auch mit meinen Eltern, nahm ich an allen Großveranstaltungen der Spiele im Berliner Olympia-Stadion teil. Wir alle freuten uns an den deutschen Siegen. Das neue Reich präsentierte sich, unter den aufmunternden Augen, Zurufen und Beifall seines Führers, als die beste Sportnation der Welt. Noch heute gehören BRD, DDR und Österreich zur Spitzenklasse, schließlich sind sie Söhne eines großen Volkes. Mit den Brüdern der Ostmark errangen wir 93 Medaillen, davon 24 durch die Wehrmacht, das war einmalig und ist nicht zuletzt auch der geistigen Haltung unserer Wettkämpfer zu verdanken, die ihnen der neue Staat gab, die neue Volksgemeinschaft, die Gemeinnutz vor Eigennutz stellte. Heute steht jeder Sportler für sich alleine und wird al BRD-Bürger noch beschimpft, wenn er stolz auf seinen ieg als Deutscher ist und die Nationalhymne singt, wie Franz Beckenbauer bei der Fußball-Weltmeisterschaft 1986. Welch ein Unterschied!
Wir Jugendlichen kannten damals die Namen unserer großen Athleten und sammelten ihre Autogramme, die mir leider im Bombenkrieg verloren gingen. Waren sie doch unsere Kameraden in den NS-Organisationen oder der Wehrmacht: Kugelstoßer Woellke, Hammerwerfer Hein, die Frauenstaffel, Diskuswerferin Mauermeyer, Speerwerferin Fleischer, Gewichtheber Manger, Speerwerfer Stöck, Zwölfkämpfer Schwarzmann, Turner, Radfahrer, Ruderer, Segler, Boxer und an der Spitze: Fünfkämpfer Handrick, der aus dem Einsatz bei der Legion Condor in Spanien extra angereist kam.
Der erfolgreichste Sportler der Olympiade 1936 war aber der deutsche Turner Konrad Frey aus Bad Kreuznach, der sechs Medaillen, darunter drei Goldene gewann. Natürlich hat auch ein Neger gewonnen: die vier Goldmedaillen des Jesse Owen aus den USA. Owen hat übrigens über die Lügen der US-Reporter geschimpft und klargestellt, daß er als Farbiger nicht die geringste Diskriminierung in Deutschland zu erleiden hatte. Aber mein Herz und meine Sympathie gehörte den deutschen Kameraden, auch in künstlerischen Disziplinen, wie der Architekt Professor Werner March als Stadionbauer, der Plastiker Professor Arno Breker (Silber) als einer der bedeutendsten Künstler unserer Zeit, der Lyriker Felix Dhünen und der Komponist Werner Egk, der zusammen mit Carl Orff die Musik zum Festspiel der olymischen Jugend komponiert hatte.“


Hans Frank schrieb, kurz vor seiner Hinrichtung im Jahr 1945 durch den Feind:
„Im Sommer 1936 fand in Berlin die große Olympiade statt, die zu einem einzigartigen Weltfest aller Nationen wurde. Sie rollte wie ein großartiges Märchenspiel ab, durchhaucht von einer allgemein menschlichen Sympathie, von einer friedenssehnsüchtigen Völkerkameradschaft durchwärmt und wie ein herrliches Symbol, daß die Nationen, unter großen Idealen vereint, sich immer verstehen könnten. Ich glaube, daß alle die vielen Zehntausenden Männer und Frauen, die aus der ganzen Welt in Berlin wochenlang als Gäste anwesend waren sich von der Charakterhaltung unseres Volkes überzeugen konnten, und dies größtenteils auch taten. Der Ausklang der Olympiade war ein Lichtgebet, war ein Weiheakt so ungeheuer eindrucksvoller Hochstimmung, daß ich glaube, ihn wie einen schlußapotheotischen Vorgang des Glücks, eines ganzen großen Weltzeitalters betrachten zu können, denn schon drei Jahre später sank alles Glück in Trümmer dahin. Wann wird es wiederkehren? Bald nach der Olympiade hielt ich den großen Juristentag 1936 in Leipzig. Das Ausland nahm auch daran regen Anteil und hatte vielfach Vertreter, fast aus allen Ländern geschickt.“