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Klopperhorst
16.04.2020, 08:27
Lest ihr auch oft historische Zeitungen?
Ich tue das manchmal, es gibt ja diverse Archive mittlerweile. Ich frage mich dann, wie ich wohl die Zukunft sehen würde, wenn ich in dieser Zeit gelebt hätte.

Ein Fleischermeister Krusch bedankte sich bei den Gästen der Beerdigung seiner Frau, in einem Ort, den es heute so nicht mehr gibt, denn dieses Deutschland ist schon lange Geschichte.
Ein Karl Matzke vermietete die obere Etage in seinem Haus.

Das neue Jahr wurde mit Prosa und Pathos begrüßt.
"Die Jahre sind ein Teil der Zeit, doch unser Ziel ist Ewigkeit!"

http://content.staatsbibliothek-berlin.de/zefys/SNP25540695-18570101-0-1-0-0/full/1200,/0/default.jpg

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Bruddler
16.04.2020, 08:32
Mir reichen die uralten Wiederholungen, die unentwegt im TV gezeigt werden. :hzu:

Grau
16.04.2020, 08:42
Sowas ist sehr spannend.

Hier in der Nähe gibt es eine Bibliothek, die alte Zeitungen aus dem 18. Jahrhundert eingescannt hat.
Ich hocke da manchmal mehrere Stunden drin und lese Artikel einer längst vergangenen Zeit.
Was wohl die Autoren gefühlt haben müssen, wenn sie wüssten dass einer ihre Texte liest, der in einer Welt lebt, wie sie fremdartiger nicht sein kann.

BTW,
das älteste Buch dass ich habe ist genau 100 Jahre alt (Scharfricher Josef Langs Erinnerungen).

Parabellum
16.04.2020, 08:50
Mir gefällt das damals noch vorhandene reichhaltige Vokabular und der gehobene und respektvolle Umgangston. Eben eine andere Zeit. Heute tut man sich Kanak-Sprak und Denglisch an, erwartet eine noch deutlichere Vereinfachung der Sprache und nennt das in Wissenschaftskreisen eine "positive Entwicklung".

Grau
16.04.2020, 08:57
Mir gefällt das damals noch vorhandene reichhaltige Vokabular und der gehobene und respektvolle Umgangston. Eben eine andere Zeit. Heute tut man sich Kanak-Sprak und Denglisch an, erwartet eine noch deutlichere Vereinfachung der Sprache und nennt das in Wissenschaftskreisen eine "positive Entwicklung".

Der Trend geht zur Vereinfachung und zum Abkürzen.
Siehe Donald Trump, der erste US-Präsident mit dem Wortschatz eines Viertklässlers. :(

Parabellum
16.04.2020, 09:02
Der Trend geht zur Vereinfachung und zum Abkürzen.
Siehe Donald Trump, der erste US-Präsident mit dem Wortschatz eines Viertklässlers. :(

Direkt Nägel mit Köpfen machen. Nur noch Grunzen ist erlaubt.

Maitre
16.04.2020, 09:16
Ich schwelge ab und an gern in sowas. Aber auch alte Adressbücher finde ich interessant, in denen ich zum Teil meine Ahnen wiederfinde. Etwa in diesem hier: http://wiki-de.genealogy.net/w/index.php?title=Datei%3AElbing_1848.djvu&page=1
Zum Glück hatte der Familienteil aus Elbing einen sehr markanten und seltenen Nachrnamen, sodass ich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in diesem Adressbuch meinen bislang ältesten bekannten Ahnen entdeckte.
Aber ich habe auch schon Verlustlisten des ersten Weltkrieges meiner Region mit bekannten Nachnamen abgeglichen. Da kommen manchmal ganz interessante Erkenntnisse zustande.

herberger
16.04.2020, 09:17
Direkt Nägel mit Köpfen machen. Nur noch Grunzen ist erlaubt.

Immer wenn man Grüne kritisiert kommt immer, "Sie lernen erstmal richtig deutsch"!

Selber fordern sie aber Kanak als normale Umgangssprache.

Klopperhorst
16.04.2020, 09:35
Mir reichen die uralten Wiederholungen, die unentwegt im TV gezeigt werden. :hzu:

Ich empfehle immer Primärquellen, also direkte Zeitzeugen oder eben Zeitungen aus früheren Epochen. Sobald irgendein Historiker oder gar ein Sekundärblättchen etwas "aufarbeitet", kommt es zur Verzerrung der tatsächlichen Begebenheiten.

Z.B. lehren sie uns, dass die Vorfahren vor Militarismus und "Kadavergehorsam" strotzten.
Wenn ich alte Zeitungen lese, erkenne ich das Gegenteil. Vielfalt der Anschauungen, von sozial-revolutionär bis monarchistisch-konservativ war alles vorhanden, die Sprache war hochstehend und nicht militaristisch.

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Bruddler
16.04.2020, 13:33
Immer wenn man Grüne kritisiert kommt immer, "Sie lernen erstmal richtig deutsch"!

Selber fordern sie aber Kanak als normale Umgangssprache.

Illegale Einwanderer „Flüchtlinge“ zu nennen, ist bisschen wie Einbrecher als Besucher zu bezeichnen


Deine Signatur ist spitzenmäßig ! :dg:

Ansuz
08.05.2020, 13:15
Ich empfehle immer Primärquellen, also direkte Zeitzeugen oder eben Zeitungen aus früheren Epochen. Sobald irgendein Historiker oder gar ein Sekundärblättchen etwas "aufarbeitet", kommt es zur Verzerrung der tatsächlichen Begebenheiten.

Z.B. lehren sie uns, dass die Vorfahren vor Militarismus und "Kadavergehorsam" strotzten.
Wenn ich alte Zeitungen lese, erkenne ich das Gegenteil. Vielfalt der Anschauungen, von sozial-revolutionär bis monarchistisch-konservativ war alles vorhanden, die Sprache war hochstehend und nicht militaristisch.

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Grün ist gerade nicht möglich, darum auf diesem Wege: :top:

Bei alten Zeitungsartikeln (dito Literatur dieser Zeiten) sollte man jedoch bedenken, daß damals ganz offizielle Zensur existierte. Umso interessanter, zu beobachten, wie geistreich diese Zensur ausgetrickst wurde.

Ein Beispiel aus 1895: Reichskanzler Hohenlohe über "Hanneles Himmelfahrt": "... ein gräßliches Machwerk, sozialdemokratisch-realistisch, unheimlich, nervenangreifend, überhaupt einfach scheußlich. Wir gingen nachher zu Borchardt, um uns durch Champagner und Krebse wieder in eine menschliche Stimmung zu versetzen."

Klopperhorst
08.05.2020, 13:36
Grün ist gerade nicht möglich, darum auf diesem Wege: :top:

Bei alten Zeitungsartikeln (dito Literatur dieser Zeiten) sollte man jedoch bedenken, daß damals ganz offizielle Zensur existierte. Umso interessanter, zu beobachten, wie geistreich diese Zensur ausgetrickst wurde.

Ein Beispiel aus 1895: Reichskanzler Hohenlohe über "Hanneles Himmelfahrt": "... ein gräßliches Machwerk, sozialdemokratisch-realistisch, unheimlich, nervenangreifend, überhaupt einfach scheußlich. Wir gingen nachher zu Borchardt, um uns durch Champagner und Krebse wieder in eine menschliche Stimmung zu versetzen."

Trotz Zensur war es eben keine überregulierte Gesellschaft, die bis in den letzten Winkel mittels Massenmedien gleichgeschaltet werden konnte.
Der Arm der Ordnungsmacht war nicht so lang wie heute, es herrschten viel mehr Freiheiten, und das merkt man bei Lektüre alter Zeitdokumente.

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Arthas
08.05.2020, 13:45
Sowas ist sehr spannend.

Hier in der Nähe gibt es eine Bibliothek, die alte Zeitungen aus dem 18. Jahrhundert eingescannt hat.
Ich hocke da manchmal mehrere Stunden drin und lese Artikel einer längst vergangenen Zeit.
Was wohl die Autoren gefühlt haben müssen, wenn sie wüssten dass einer ihre Texte liest, der in einer Welt lebt, wie sie fremdartiger nicht sein kann.

BTW,
das älteste Buch dass ich habe ist genau 100 Jahre alt (Scharfricher Josef Langs Erinnerungen).

Ich besitze wesentlich ältere. :D

BrüggeGent
08.05.2020, 13:49
Trotz Zensur war es eben keine überregulierte Gesellschaft, die bis in den letzten Winkel mittels Massenmedien gleichgeschaltet werden konnte.
Der Arm der Ordnungsmacht war nicht so lang wie heute, es herrschten viel mehr Freiheiten, und das merkt man bei Lektüre alter Zeitdokumente.

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Viele Menschen leben für "reenactment"...Nachstellen historischer Ereignisse und Alltagssituationen.Vom Kaiserreich...über den Wilden Westen...die Indianer...die Ritter...die Burgen bis zu den Römern.Ein schönes HOBBY...man sollte aber nicht die hygienischen, medizinischen, zivilisatorischen Unterschiede zu heute vergessen.Und ein HPF wäre ein Disput auf dem Marktplatz gewesen...irgendeiner hätte diesen dokumentiert...seit Guttenberg schneller...er wäre per Pferd in den nächsten Ort geschickt worden und nach drei Tagen käme ein Antwortbrief/Pergament.:cool:

Ansuz
08.05.2020, 13:58
Trotz Zensur war es eben keine überregulierte Gesellschaft, die bis in den letzten Winkel mittels Massenmedien gleichgeschaltet werden konnte.
Der Arm der Ordnungsmacht war nicht so lang wie heute, es herrschten viel mehr Freiheiten, und das merkt man bei Lektüre alter Zeitdokumente.

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Ja, wobei damals allein schon die Informationsflut erheblich geringer war. Eine Zeitung konnte sich kaum jemand aus dem breiten Volk überhaupt leisten. Informationsquellen dieser breiten Schicht waren Dorfklatsch, Wirtshaus sowie die sonntäglichen Predigten der Pfaffen, die der heutigen kritiklosen Hofberichterstattung mitsamt dem unsäglichen Hypermoralismus entsprechen.