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Vollständige Version anzeigen : Geschichte des (fallenden) Zins‘



Differentialgeometer
11.01.2020, 12:27
Zwar hinter der Paywall, aber interessant:

“Eine wissenschaftliche Langzeit-Studie des Harvard-Wissenschaftlers Paul Schmelzing wirft nun ein neues Licht auf die Frage, warum der Zins verschwindet. Die Erkenntnisse gehen weit über die vergangenen Jahrzehnte hinaus. Er hat die Quellen der letzten sieben Jahrhunderte nach Angaben über die Zinsen ausgewertet, die der jeweils größte und kreditwürdigste Schuldner einer Epoche – sei es ein Fürst, ein Monarch oder ein Stadtstaat – entrichten musste. Seine ältesten Daten reichen zurück ins Jahr 1311. Viel länger zurück lässt sich die Berechnung von Zinsen im Abendland ohnehin nicht nachweisen.“

“.....Daraus ergibt sich ein umfassendes Bild der westlichen Kreditgeschichte und zugleich auch der Renditen, die für einen Anleger in einer bestimmten Epoche möglich waren – und zwar nicht nur der nominalen, sondern auch der realen Zinsen, also der Verzinsung abzüglich der jeweiligen Preissteigerung. Einen solchen Überblick hat bisher noch niemand gewagt.
.....
Daher ist das Fazit des Wissenschaftlers von Bedeutung: Denn Schmelzing kommt zu dem Schluss, dass es keineswegs erst seit dem 20. Jahrhundert einen Großtrend zu immer niedrigeren Zinsen gibt. Vielmehr gehen die Renditen seit mindestens einem halben Jahrtausend zurück. Und es spielt dabei keine Rolle, welche Nation gerade als Benchmark-Schuldner galt – also als der Schuldner, der in der gesamten bekannten Welt die Standards setzt.“
https://www.welt.de/finanzen/geldanlage/plus204883180/Preis-des-Geldes-Der-Zins-verschwindet-fuer-immer.html

Leibniz
11.01.2020, 15:06
Zwar hinter der Paywall, aber interessant:

“Eine wissenschaftliche Langzeit-Studie des Harvard-Wissenschaftlers Paul Schmelzing wirft nun ein neues Licht auf die Frage, warum der Zins verschwindet. Die Erkenntnisse gehen weit über die vergangenen Jahrzehnte hinaus. Er hat die Quellen der letzten sieben Jahrhunderte nach Angaben über die Zinsen ausgewertet, die der jeweils größte und kreditwürdigste Schuldner einer Epoche – sei es ein Fürst, ein Monarch oder ein Stadtstaat – entrichten musste. Seine ältesten Daten reichen zurück ins Jahr 1311. Viel länger zurück lässt sich die Berechnung von Zinsen im Abendland ohnehin nicht nachweisen.“

“.....Daraus ergibt sich ein umfassendes Bild der westlichen Kreditgeschichte und zugleich auch der Renditen, die für einen Anleger in einer bestimmten Epoche möglich waren – und zwar nicht nur der nominalen, sondern auch der realen Zinsen, also der Verzinsung abzüglich der jeweiligen Preissteigerung. Einen solchen Überblick hat bisher noch niemand gewagt.
.....
Daher ist das Fazit des Wissenschaftlers von Bedeutung: Denn Schmelzing kommt zu dem Schluss, dass es keineswegs erst seit dem 20. Jahrhundert einen Großtrend zu immer niedrigeren Zinsen gibt. Vielmehr gehen die Renditen seit mindestens einem halben Jahrtausend zurück. Und es spielt dabei keine Rolle, welche Nation gerade als Benchmark-Schuldner galt – also als der Schuldner, der in der gesamten bekannten Welt die Standards setzt.“
https://www.welt.de/finanzen/geldanlage/plus204883180/Preis-des-Geldes-Der-Zins-verschwindet-fuer-immer.html


Interessant, wobei mir die Schlussfolgerung etwas weit hergeholt erscheint. Warum beispielsweise der größte und kreditwürdigste Schuldner betrachtet werden sollte ist mir unklar. Widerspricht sich Größe (Menge der Schulden) und Kreditwürdigkeit nicht?
Ein weiterer Aspekt ist die Nutzung von Realzinsen. Über 700 Jahre hinweg vernünftige und besonders konsistente Werte für die Inflation zu ermitteln, erscheint schwer bis unmöglich.

Warum ausgerechnet diese Studie aus der Fülle der Veröffentlichungen gewählt wurde, ist mir auch suspekt. Vermutlich soll die derzeitige Zinsentwicklung (besonders in der alternativlosen Eurozone) damit legitimiert werden.


Es ist auch möglich, dieses Thema unter anderen Gesichtspunkten zu betrachten.

Nach meiner Auffassung ist die Marktwirtschaft die natürliche Ordnung, die wie eine Naturgewalt zwar zeitweise unterdrückt werden kann, jedoch schlussendlich immer das letzte Wort hat.

Staaten können beispielsweise künstlich ihre Währung aufwerten, indem sie sich in fremden Devisen verschulden und diese dazu nutzen, die eigene Währung zu kaufen. Schlussendlich wird diese temporär mögliche Aktivität jedoch scheitern, weil der Staat oder dessen Währung an den Schulden zerbricht.

Genauso können Staaten mithilfe ihrer Notenbanken künstlich Niedrigzinsen (Finanzierungskosten für Schulden) herbeiführen. Langfristig wird sich diese künstliche Senkung der Refinanzierungskosten jedoch auf die Wechselkurse auswirken, wodurch die Kaufkraft der Nominalvermögen und Löhne sinkt. Die Auswirkungen sind weitgehend identisch mit jenen einer höheren Besteuerung.


Insofern würde ich die Frage stellen, ob die derzeitigen Währungen (inkl. Leitzinsen) nicht unter den gleichen Gesichtspunkten wie die abstrakte Investition betrachtet werden müssen. Also unter Annahme einer Beziehung von Risiko und Ertrag.

Besonders deutlich wird diese Überlegung anhand des CHF. Vor wenigen Wochen lag der kurzfristige Geldzins darin nahe -1%. Die größte Banknote hat 1000 CHF Nominalwert. Insofern lassen sich in einem größeren Tresor, wie ihn Banken zur Lagerung von Barmitteln unterhalten, erhebliche Beträge lagern. Die Effizienz der Lagerung ist durch diese relativ große Stückelung also relativ größer. Die Lagerung von Gold kostet etwa 0,1%-0,2% p.a., wobei noch Gewinne für die Lagerstelle anfallen. Die Lagerkosten von CHF-Barmitteln dürften mindestens vergleichbar, eher niedriger, liegen. (vgl. https://www.nzz.ch/wirtschaft/wirtschaftspolitik/negativzinsen-und-bargeld-geld-in-kisten-vermessen-ld.4911)

Versicherungssyndikate versichern Barmittel (wholesale) zu 0,2-0,3% p.a. Dementsprechend besteht die Möglichkeit, mindestens 0,4% p.a. auf versicherte, kurzfristige Gelder im Umfang vieler Milliarden Franken zu verdienen.

Wenn davon ausgegangen wird, dass diese Erträge eine Entschädigung für bestehende Risiken sind, erscheint genau ein Risiko realisierbar. Nämlich das einer Währungsreform. Ausschließlich in diesem Fall (?) würden die Barmittel gegenüber den Schulden stärker abgewertet werden und die Realisierung des Verlustrisikos eintreten. Zugleich sind diese Risiken systemischer Art nicht durch Versicherungspolicen abgedeckt.


Obwohl die Geldzinsen des US-Dollars bislang nur auf 0% gesenkt wurden, erscheinen mir bestimmte Phänomene vergleichbar. Beispielsweise erschien mir bemerkenswert, wie steil die USD-Treasury-Zinskurve trotz seinerzeit 0% Fed-Funds-Rate noch anstieg. Zu mehreren Zeitpunkten traf dieses Phänomen in einem Ausmaß auf, sodass praktisch vergleichbare "risikolose" Geschäfte getätigt werden konnten. Wobei die niedrige FFR genutzt werden konnte, um z.T. vollständig gegen Zinsrisiken abgesicherte Investitionen in US-Staatsanleihen (meist am kurzen Ende) zu finanzieren und dabei eine positive Zinsmarge zu verdienen.

Auch diese Geschäfte wären wesentlich nur durch das Risiko einer Währungsreform betroffen, wobei regelmäßig alle Staatsschulden entwertet werden. Ich würde diese Phänomene deshalb anders als temporäre Marktverzerrungen interpretieren, weil selbst das kollektive Bilanzvolumen der Primary Dealer (>2*10^13 USD) unzureichend war/ist, um diese vermeintliche Verzerrung zu normalisieren. Deshalb sehe ich hier weniger eine Verzerrung als einen Gleichgewichtspreis.


Insofern wären diese Zinssätze auch als Indikator für das Risiko einer Währungsreform interpretierbar.




Ich sehe die stetig fallenden Leitzinsen auch als Symptom einer systematischen Rettung besonders des Finanzsektors.

Wie wir wissen ist darin praktisch alles(Aktien, Anleihen, Kredite, Darlehen, etc.)nur Barwert der diskontierten, zukünftigen Cashflows.
Wann immer also die Bankbilanzen (und damit die Kreditversorgung) erschöpft sind und die angesammelten Problem-Aktiva eine weitere Kreditexpansion ausschließen, kann die reinigende Krise aufgeschoben werden, indem die Zinsen gesenkt werden.
Damit steigt der Wert aller Aktiva und es entsteht zusätzliches Eigenkapital bzw. zusätzliche Kapazität zur Kreditexpansion.

Das gilt m.E. unabhängig davon, ob diese Aktiva gegen Zinsrisiken abgesichert sind. Selbst wenn beispielsweise Zinsswaps o.ä. die Zinsrisiken in den Bankbilanzen zu großen Teilen neutralisieren, werden die Gewinne einer Zinssenkung damit nur auf andere Marktteilnehmer übertragen. Diese wiederum müssen die Gewinne per Definition (als Nicht-Banken) in Geschäftsbankengeld/Buchgeld halten, wodurch zunächst einmal die Liquiditätssituation der Banken entspannt wird. Weiterhin ist die Investition in Vermögenswerte (auch Bank-Aktiva) anzunehmen, wodurch auch in den Bankbilanzen Gewinne entstehen. Durch diese und ähnliche Effekte ist m.E. trotz potentiell abgesicherten Zinsrisiken davon auszugehen, dass Zinssenkungen positive Auswirkungen auf das Kapital und die Kreditkapazität eines Finanzsektors haben. Zumal große Aktienkonzerne relativ schnell die gesunkenen Finanzierungskosten spüren und damit ihre Ergebnisse/Aktienkurse z.T. erheblich steigern.

Haspelbein
11.01.2020, 22:45
[...]
Wann immer also die Bankbilanzen (und damit die Kreditversorgung) erschöpft sind und die angesammelten Problem-Aktiva eine weitere Kreditexpansion ausschließen, kann die reinigende Krise aufgeschoben werden, indem die Zinsen gesenkt werden.
Damit steigt der Wert aller Aktiva und es entsteht zusätzliches Eigenkapital bzw. zusätzliche Kapazität zur Kreditexpansion.[...]

Ich denke, es ist genau dieser Aspekt.

Pommes
13.01.2020, 11:23
Zwar hinter der Paywall, aber interessant:

“Eine wissenschaftliche Langzeit-Studie des Harvard-Wissenschaftlers Paul Schmelzing wirft nun ein neues Licht auf die Frage, warum der Zins verschwindet. Die Erkenntnisse gehen weit über die vergangenen Jahrzehnte hinaus. Er hat die Quellen der letzten sieben Jahrhunderte nach Angaben über die Zinsen ausgewertet, die der jeweils größte und kreditwürdigste Schuldner einer Epoche – sei es ein Fürst, ein Monarch oder ein Stadtstaat – entrichten musste. Seine ältesten Daten reichen zurück ins Jahr 1311. Viel länger zurück lässt sich die Berechnung von Zinsen im Abendland ohnehin nicht nachweisen.“

“.....Daraus ergibt sich ein umfassendes Bild der westlichen Kreditgeschichte und zugleich auch der Renditen, die für einen Anleger in einer bestimmten Epoche möglich waren – und zwar nicht nur der nominalen, sondern auch der realen Zinsen, also der Verzinsung abzüglich der jeweiligen Preissteigerung. Einen solchen Überblick hat bisher noch niemand gewagt.
.....
Daher ist das Fazit des Wissenschaftlers von Bedeutung: Denn Schmelzing kommt zu dem Schluss, dass es keineswegs erst seit dem 20. Jahrhundert einen Großtrend zu immer niedrigeren Zinsen gibt. Vielmehr gehen die Renditen seit mindestens einem halben Jahrtausend zurück. Und es spielt dabei keine Rolle, welche Nation gerade als Benchmark-Schuldner galt – also als der Schuldner, der in der gesamten bekannten Welt die Standards setzt.“
https://www.welt.de/finanzen/geldanlage/plus204883180/Preis-des-Geldes-Der-Zins-verschwindet-fuer-immer.html



Der Zins ist der Preis des Geldes, derzeit werden in Europa 9234 Milliarden Euro liquide gehalten, Geld das keine Wertschöpfung tätigt, die Banken Zahlen für ihre Guthaben bei der EZB inzwischen negative Zinsen und neuerdings sind auch negative Kreditzinsen im Gespräch.
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/leasing/minuszinsen-kommen-negative-zinsen-fuer-endkunden/25221774-2.html?ticket=ST-1301717-OBg2gB6HqoM1bLNNbwun-ap4

Sjard
13.01.2020, 12:47
Der Zins ist der Preis des Geldes, derzeit werden in Europa 9234 Milliarden Euro liquide gehalten, Geld das keine Wertschöpfung tätigt, die Banken Zahlen für ihre Guthaben bei der EZB inzwischen negative Zinsen und neuerdings sind auch negative Kreditzinsen im Gespräch.
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/leasing/minuszinsen-kommen-negative-zinsen-fuer-endkunden/25221774-2.html?ticket=ST-1301717-OBg2gB6HqoM1bLNNbwun-ap4

Interessanter Link.

Haspelbein
13.01.2020, 14:49
Ich habe gerade zu diesem Thema einen Bericht aus Japan gelesen, der eine ziemlich starke Wirkung der Niedrigzinsen und der niedrigen Inflation auf das Wirtschaftswachstum vermutet. In Japan tritt derzeit eine Generation ins Erwerbsleben ein, die eine echte Inflation niemals erfahren hat. Steigen die Preise, so sinkt der Konsum, da die Konsumenten im festen Glauben verharren, dass die Steigerungen temporärer Natur sind. Diese Konsumsperre hat dann interessanterweise genau den vorhergesagten Effekt.

Ich frage mich, ob hier Parallelen zum Investitionsmangel in westlichen Nationen besteht, d.h. dass ein fehlender Glaube an ein Wachstum genau das Wachstum selbst behindert.

Pommes
13.01.2020, 21:23
Ich habe gerade zu diesem Thema einen Bericht aus Japan gelesen, der eine ziemlich starke Wirkung der Niedrigzinsen und der niedrigen Inflation auf das Wirtschaftswachstum vermutet. In Japan tritt derzeit eine Generation ins Erwerbsleben ein, die eine echte Inflation niemals erfahren hat. Steigen die Preise, so sinkt der Konsum, da die Konsumenten im festen Glauben verharren, dass die Steigerungen temporärer Natur sind. Diese Konsumsperre hat dann interessanterweise genau den vorhergesagten Effekt.

Ich frage mich, ob hier Parallelen zum Investitionsmangel in westlichen Nationen besteht, d.h. dass ein fehlender Glaube an ein Wachstum genau das Wachstum selbst behindert.


Die Preise steigen ja weil konsumiert wird, wenn mehr Geld in den Markt geht, erhöhen die Händler die Preise, der Konsum läßt in Erwartung wieder sinkender Preise nach.
Investitionszurückhaltung im Westen bzw. Kassenhaltungsinflation hat J.M. Keynes mit seiner "Liquiditätsfalle" beschrieben, bei sinkenden Zinsen stellt der Geldbesitzer seinen Liquiditätsverzicht ein und hält das Geld fest, die Wirtschaft investiert auch nicht mehr weil der Realkapitalszins ebenfalls sinkt.
Eine brillante Lösung sehe ich in der Bargeldsteuer, private Hortung von Geld wird damit unmöglich, das Geld kann nur noch in den Markt, die Gefahr einer Deflation wäre damit vom Teller.

Smoker
13.01.2020, 21:44
https://www.youtube.com/watch?v=wqeVcWfFW_4
(https://www.youtube.com/watch?v=wqeVcWfFW_4)
schaut euch das mal an ;)

Haspelbein
14.01.2020, 00:19
Die Preise steigen ja weil konsumiert wird, wenn mehr Geld in den Markt geht, erhöhen die Händler die Preise, der Konsum läßt in Erwartung wieder sinkender Preise nach.
Investitionszurückhaltung im Westen bzw. Kassenhaltungsinflation hat J.M. Keynes mit seiner "Liquiditätsfalle" beschrieben, bei sinkenden Zinsen stellt der Geldbesitzer seinen Liquiditätsverzicht ein und hält das Geld fest, die Wirtschaft investiert auch nicht mehr weil der Realkapitalszins ebenfalls sinkt.

Ist derzeit jedoch nicht der Fall, da die Nachfrage nach Investitionen, von Aktien bis zu Staatsanleihen, ungebrochen ist. Das Geld wird nicht festgehalten, letztendlich auch deshalb, weil die Inflation nicht verschwunden ist.



Eine brillante Lösung sehe ich in der Bargeldsteuer, private Hortung von Geld wird damit unmöglich, das Geld kann nur noch in den Markt, die Gefahr einer Deflation wäre damit vom Teller.

Das ist eine Antwort auf der Suche nach einem Problem.

Pommes
14.01.2020, 14:47
Ist derzeit jedoch nicht der Fall, da die Nachfrage nach Investitionen, von Aktien bis zu Staatsanleihen, ungebrochen ist. Das Geld wird nicht festgehalten, letztendlich auch deshalb, weil die Inflation nicht verschwunden ist.

Ja gut aber die 9,234 Billionen Euro liquide gehaltenes Geld sind real und die negativen Zinsen die die Banken bei der EZB für ihre Guthaben zahlen sind auch real.

Haspelbein
14.01.2020, 15:09
Ja gut aber die 9,234 Billionen Euro liquide gehaltenes Geld sind real und die negativen Zinsen die die Banken bei der EZB für ihre Guthaben zahlen sind auch real.

Ja, nur ist das eine Folge der Liquiditätspolitik der EZB. Eine Liquiditätsfalle nach Keynes gab es vielleicht kurz nach der letzten Finanzkrise, als Investoren verunsichert waren. Das änderte sich aber, was man an der Kursentwicklung von Aktien und auch den Immobilienpreisen sieht. Die Tatsache ist allerdings erstaunlich, dass sich Firmen mit Investitionen zurückhalten, was man auch an dem Umfang von Aktienrückkäufen erkennen kann. Das Wirtschaftswachstum der westlichen Industrienationen ist beharrlich gering, und anscheinend gegenüber einer jeglichen Stimulation resistent.

Leibniz
14.01.2020, 17:35
Ja gut aber die 9,234 Billionen Euro liquide gehaltenes Geld sind real und die negativen Zinsen die die Banken bei der EZB für ihre Guthaben zahlen sind auch real.
Das muss so sein. Diese Aussage an sich hat keine Aussagekraft.

Leibniz
14.01.2020, 18:09
Ich habe gerade zu diesem Thema einen Bericht aus Japan gelesen, der eine ziemlich starke Wirkung der Niedrigzinsen und der niedrigen Inflation auf das Wirtschaftswachstum vermutet. In Japan tritt derzeit eine Generation ins Erwerbsleben ein, die eine echte Inflation niemals erfahren hat. Steigen die Preise, so sinkt der Konsum, da die Konsumenten im festen Glauben verharren, dass die Steigerungen temporärer Natur sind. Diese Konsumsperre hat dann interessanterweise genau den vorhergesagten Effekt.

Ich frage mich, ob hier Parallelen zum Investitionsmangel in westlichen Nationen besteht, d.h. dass ein fehlender Glaube an ein Wachstum genau das Wachstum selbst behindert.
Möglicherweise. Ein signifikanter Effekt ist in jedem Fall die Demografie.

Eine der Stellschrauben, die ich persönlich forcieren würde, ist die der Familienförderung. Ich denke schon, dass alle Säugetiere (inkl. Menschen) biologisch in einer Art und Weise verdrahtet sind, dass sie sich auch fortpflanzen wollen. Nur sehe ich andererseits auch, wie schwer es Familien gemacht wird.

Haspelbein
14.01.2020, 18:24
Möglicherweise. Ein signifikanter Effekt ist in jedem Fall die Demografie.

Eine der Stellschrauben, die ich persönlich forcieren würde, ist die der Familienförderung. Ich denke schon, dass alle Säugetiere (inkl. Menschen) biologisch in einer Art und Weise verdrahtet sind, dass sie sich auch fortpflanzen wollen. Nur sehe ich andererseits auch, wie schwer es Familien gemacht wird.

Interessanterweise ist der Effekt in Deutschland nicht neu. Selbst das Kaiserreich hatte schon Probleme mit der Reproduktionsrate, d.h. die Industriegesellschaft und die Trennung von Arbeit und Familie hatten wahrscheinlich diesen Effekt. Sobald man die Kinder nicht mehr als Arbeitskräfte auf dem Hof oder die Altersvorsorge braucht, so wendet sich das Blatt.

Dem entgegenzusteuern ist keine leichte Aufgabe.

Leibniz
14.01.2020, 18:34
Interessanterweise ist der Effekt in Deutschland nicht neu. Selbst das Kaiserreich hatte schon Probleme mit der Reproduktionsrate, d.h. die Industriegesellschaft und die Trennung von Arbeit und Familie hatten wahrscheinlich diesen Effekt. Sobald man die Kinder nicht mehr als Arbeitskräfte auf dem Hof oder die Altersvorsorge braucht, so wendet sich das Blatt.

Dem entgegenzusteuern ist keine leichte Aufgabe.
Das sehe ich etwas anders. Eine Familie in der Nähe einer der Großstädte (wo die meisten Arbeitsplätze sind) kostet im Monat 3000 Euro Miete, 1500 Euro Krankenversicherung, 1000-5000 Euro Schulgeld und nochmal mindestens 1000 Euro Fixkosten. Alles mit Nettolohn bezahlt. Und unter der Voraussetzung, diese Familie nicht in einem Slum großziehen zu wollen und den Kindern nicht die desaströsen öffentlichen Schulen zuzumuten.

Bei einem durchschnittlichen Gehalt in Deutschland von unter 3000 Euro Brutto.

Familienfeindlich ist noch eine Beschönigung für die Zustände hierzulande.

Haspelbein
14.01.2020, 19:32
Das sehe ich etwas anders. Eine Familie in der Nähe einer der Großstädte (wo die meisten Arbeitsplätze sind) kostet im Monat 3000 Euro Miete, 1500 Euro Krankenversicherung, 1000-5000 Euro Schulgeld und nochmal mindestens 1000 Euro Fixkosten. Alles mit Nettolohn bezahlt. Und unter der Voraussetzung, diese Familie nicht in einem Slum großziehen zu wollen und den Kindern nicht die desaströsen öffentlichen Schulen zuzumuten.

Bei einem durchschnittlichen Gehalt in Deutschland von unter 3000 Euro Brutto.

Familienfeindlich ist noch eine Beschönigung für die Zustände hierzulande.

Ich fürchte, da hast du mich falsch verstanden. Ich bezweifle nicht, dass die Belastung der Familie in Deutschland hoch ist. Das ist keine Frage. Was ich bezweifle, dass durch den Abbau dieser Belastungen automatisch die Reproduktionsrate wieder in Regionen steigt, die die Bevölkerung Deutschlands wieder stabilisiert. Deutschland könnte sich aber auf einem Niveau anderer Industriestaaten normalisieren.

In einer Industriegesellschaft mit einem Sozialstaat gibt es selbst dann noch genug Anreize, die Zahl der Kinder zu begrenzen.

Leibniz
14.01.2020, 19:58
Ich fürchte, da hast du mich falsch verstanden. Ich bezweifle nicht, dass die Belastung der Familie in Deutschland hoch ist. Das ist keine Frage. Was ich bezweifle, dass durch den Abbau dieser Belastungen automatisch die Reproduktionsrate wieder in Regionen steigt, die die Bevölkerung Deutschlands wieder stabilisiert. Deutschland könnte sich aber auf einem Niveau anderer Industriestaaten normalisieren.

In einer Industriegesellschaft mit einem Sozialstaat gibt es selbst dann noch genug Anreize, die Zahl der Kinder zu begrenzen.
Ich denke auch, dass die Reproduktionsrate vergangener Zeiten, in denen Familien mit 5-8 Kindern die Regel waren, nicht mehr wiederkehren werden.
Darüber hinaus ist das Problem selbstverständlich auch etwas komplexer als es hier in Kürze abgehandelt werden kann. Ausländische Großfamilien, die hier seit Generationen vom Sozialsystem leben, sind zwar kinderreich, insgesamt dennoch negativ für diese Volkswirtschaft.

Ein großes Problemfeld ist zudem das überholte Paradigma der staatlichen Renten, die durch Umlage finanziert werden. Statt anzuerkennen, dass dieses System nicht mehr zeitgerecht ist und heute nicht mehr funktioniert, wird oft so getan, als sei dieses System makellos und müsse nur durch Zuwanderer aufgefüllt werden. Mir erschließt sich wiederum beim besten Willen nicht, was dieses System von einem Ponzi-Schema unterscheidet. Zumal die Alternative einer kapitalgedeckten Version heute in unfassbarer Stärke erstrahlen würde.

Haspelbein
15.01.2020, 00:45
Ich denke auch, dass die Reproduktionsrate vergangener Zeiten, in denen Familien mit 5-8 Kindern die Regel waren, nicht mehr wiederkehren werden.
Darüber hinaus ist das Problem selbstverständlich auch etwas komplexer als es hier in Kürze abgehandelt werden kann. Ausländische Großfamilien, die hier seit Generationen vom Sozialsystem leben, sind zwar kinderreich, insgesamt dennoch negativ für diese Volkswirtschaft.

Ja, die Sache ist schon komplexer. Die Erwerbsquote ist in Deutschland nicht schlecht, bei den Nettoeinkommen ist die Entwicklung hingegen problematisch, und die demographische Zeitbombe tickt. Und es stimmt, eine Einwanderung ins Sozialsystem funktioniert nicht, besonders wenn man sich den Migrationsbericht anschaut, und eben potentielle Leistungsträger das Land verlassen. Anders ausgedrückt braucht es ein Einwanderungsgesetz, dass auf die Stabilisierung des Staates und nicht das höchstmögliche Mitleid ausgerichtet ist.



Ein großes Problemfeld ist zudem das überholte Paradigma der staatlichen Renten, die durch Umlage finanziert werden. Statt anzuerkennen, dass dieses System nicht mehr zeitgerecht ist und heute nicht mehr funktioniert, wird oft so getan, als sei dieses System makellos und müsse nur durch Zuwanderer aufgefüllt werden. Mir erschließt sich wiederum beim besten Willen nicht, was dieses System von einem Ponzi-Schema unterscheidet. Zumal die Alternative einer kapitalgedeckten Version heute in unfassbarer Stärke erstrahlen würde.

Das Problem ist jedoch, dass man dies in einer Demokratie kaum umstellen kann. Alle Menschen nahe der Rente sind auf dieses System angewiesen, und sie werden jeden Politiker abstrafen, der daran was ändern will. Ohne eine handfeste Krise bleibt das so. Ebenso erlaubt eine kapitalgedecktes System nicht die Mitleidsmasche, denn es ist offensichtlich, wie die soziale Absicherung im Zweifelsfall schwindet. So eine Umstellung wäre brutal.

Prinzpiell sieht man gerade in Frankreich, wie sich das Volk gegen diese Veränderungen stemmt. In Deutschland passiert halt nichts. Aber letztendlich sind Reformen unausweichlich. (Und hier spreche ich nur von der Überalterung der Gesellschaft, und noch nicht einmal auf die Auswirkungen der Globalisierung und fortschreitenden Automatisierung. Das ist dann noch einmal ein ganz anderer Happen.)

Pommes
15.01.2020, 03:59
Ja, nur ist das eine Folge der Liquiditätspolitik der EZB. Eine Liquiditätsfalle nach Keynes gab es vielleicht kurz nach der letzten Finanzkrise, als Investoren verunsichert waren. Das änderte sich aber, was man an der Kursentwicklung von Aktien und auch den Immobilienpreisen sieht. Die Tatsache ist allerdings erstaunlich, dass sich Firmen mit Investitionen zurückhalten, was man auch an dem Umfang von Aktienrückkäufen erkennen kann. Das Wirtschaftswachstum der westlichen Industrienationen ist beharrlich gering, und anscheinend gegenüber einer jeglichen Stimulation resistent.

Nein Keynes beschreibt da eine Situation in der die Geldbesitzer ihre Taler festhalten, man hätte ja Tinte gesoffen sein Geld zum Nullzins und ner echten Inflationsrate von 6,5 länger festzulegen.
Natürlich die Häuslebauer nutzen die billigen Kredite, auch die Wirtschaft schwimmt im Geld, kauft aber statt zu investieren lieber die Aktien zurück.
Für mich wird Keynes dadurch bestätigt.

Pommes
15.01.2020, 04:07
Das muss so sein. Diese Aussage an sich hat keine Aussagekraft.

"Das muß so sein", richtig, null Aussagekraft.
Ne hohe Liquidität wandert in Richtung Kassenhaltungsinflation, ist Zeichen für schlechte Verteilung des Wohlstandes einer Gesellschaft.
Diejenigen bei denen der viel zitierte Teufel immer auf denselben Haufen scheißt, die stellen nämlich im Verhältnis zum Umfang ihrer Vermögen zu wenig Nachfrage, sprich die leben unter ihren Verhältnissen und ziehen das Geld aus dem Markt, Grund und Ursache für die negativen Zinsen.
Neben der Bargeldsteuer wird inzwischen über negative Kreditzinsen nachgedacht.

Fortuna
15.01.2020, 05:56
Ja, die Sache ist schon komplexer. Die Erwerbsquote ist in Deutschland nicht schlecht, bei den Nettoeinkommen ist die Entwicklung hingegen problematisch, und die demographische Zeitbombe tickt. Und es stimmt, eine Einwanderung ins Sozialsystem funktioniert nicht, besonders wenn man sich den Migrationsbericht anschaut, und eben potentielle Leistungsträger das Land verlassen. Anders ausgedrückt braucht es ein Einwanderungsgesetz, dass auf die Stabilisierung des Staates und nicht das höchstmögliche Mitleid ausgerichtet ist.

...


Ich verstehe auch nicht, daß viele Leute immer noch auf den Unfug von der "rentensichernden Einwanderung" reinfallen.

Eigentlich müßte doch jeder kapieren, daß es für die Rentner gar nichts bringt, wenn eine millionenstarke Versorgunsempfängergruppe zusätzlich aufgenommen und gefüttert werden muß.

Zu den Kosten für die Rentner, die ein Leben lang gearbeitet haben, kommen dann noch die Kosten für auf dem Arbeitsmarkt nicht verwertbare "lebenslange Sofortrentner" hinzu.

Der Konsumentenaspekt allein wiegt das nicht auf. Denn der Konsum der neuen Versorgungsempfängergruppe wird ja überwiegend von der alten Einzahlergruppe finanziert. Es werden nicht mehr Einzahler, sondern mehr "Kassierer". So ein System muß scheitern.

Haspelbein
15.01.2020, 07:00
Nein Keynes beschreibt da eine Situation in der die Geldbesitzer ihre Taler festhalten, man hätte ja Tinte gesoffen sein Geld zum Nullzins und ner echten Inflationsrate von 6,5 länger festzulegen.
Natürlich die Häuslebauer nutzen die billigen Kredite, auch die Wirtschaft schwimmt im Geld, kauft aber statt zu investieren lieber die Aktien zurück.
Für mich wird Keynes dadurch bestätigt.

Ich verstehe nicht wovon du redest. Es gab einen deutlichen Boom bei den Vermögenspreisen, und eine Liquiditätsfalle trat nicht ein.

Differentialgeometer
15.01.2020, 12:23
Interessant, wobei mir die Schlussfolgerung etwas weit hergeholt erscheint. Warum beispielsweise der größte und kreditwürdigste Schuldner betrachtet werden sollte ist mir unklar. Widerspricht sich Größe (Menge der Schulden) und Kreditwürdigkeit nicht?
Ein weiterer Aspekt ist die Nutzung von Realzinsen. Über 700 Jahre hinweg vernünftige und besonders konsistente Werte für die Inflation zu ermitteln, erscheint schwer bis unmöglich.

Warum ausgerechnet diese Studie aus der Fülle der Veröffentlichungen gewählt wurde, ist mir auch suspekt. Vermutlich soll die derzeitige Zinsentwicklung (besonders in der alternativlosen Eurozone) damit legitimiert werden.


Es ist auch möglich, dieses Thema unter anderen Gesichtspunkten zu betrachten.

Nach meiner Auffassung ist die Marktwirtschaft die natürliche Ordnung, die wie eine Naturgewalt zwar zeitweise unterdrückt werden kann, jedoch schlussendlich immer das letzte Wort hat.

Staaten können beispielsweise künstlich ihre Währung aufwerten, indem sie sich in fremden Devisen verschulden und diese dazu nutzen, die eigene Währung zu kaufen. Schlussendlich wird diese temporär mögliche Aktivität jedoch scheitern, weil der Staat oder dessen Währung an den Schulden zerbricht.

Genauso können Staaten mithilfe ihrer Notenbanken künstlich Niedrigzinsen (Finanzierungskosten für Schulden) herbeiführen. Langfristig wird sich diese künstliche Senkung der Refinanzierungskosten jedoch auf die Wechselkurse auswirken, wodurch die Kaufkraft der Nominalvermögen und Löhne sinkt. Die Auswirkungen sind weitgehend identisch mit jenen einer höheren Besteuerung.


Insofern würde ich die Frage stellen, ob die derzeitigen Währungen (inkl. Leitzinsen) nicht unter den gleichen Gesichtspunkten wie die abstrakte Investition betrachtet werden müssen. Also unter Annahme einer Beziehung von Risiko und Ertrag.

Besonders deutlich wird diese Überlegung anhand des CHF. Vor wenigen Wochen lag der kurzfristige Geldzins darin nahe -1%. Die größte Banknote hat 1000 CHF Nominalwert. Insofern lassen sich in einem größeren Tresor, wie ihn Banken zur Lagerung von Barmitteln unterhalten, erhebliche Beträge lagern. Die Effizienz der Lagerung ist durch diese relativ große Stückelung also relativ größer. Die Lagerung von Gold kostet etwa 0,1%-0,2% p.a., wobei noch Gewinne für die Lagerstelle anfallen. Die Lagerkosten von CHF-Barmitteln dürften mindestens vergleichbar, eher niedriger, liegen. (vgl. https://www.nzz.ch/wirtschaft/wirtschaftspolitik/negativzinsen-und-bargeld-geld-in-kisten-vermessen-ld.4911)

Versicherungssyndikate versichern Barmittel (wholesale) zu 0,2-0,3% p.a. Dementsprechend besteht die Möglichkeit, mindestens 0,4% p.a. auf versicherte, kurzfristige Gelder im Umfang vieler Milliarden Franken zu verdienen.

Wenn davon ausgegangen wird, dass diese Erträge eine Entschädigung für bestehende Risiken sind, erscheint genau ein Risiko realisierbar. Nämlich das einer Währungsreform. Ausschließlich in diesem Fall (?) würden die Barmittel gegenüber den Schulden stärker abgewertet werden und die Realisierung des Verlustrisikos eintreten. Zugleich sind diese Risiken systemischer Art nicht durch Versicherungspolicen abgedeckt.


Obwohl die Geldzinsen des US-Dollars bislang nur auf 0% gesenkt wurden, erscheinen mir bestimmte Phänomene vergleichbar. Beispielsweise erschien mir bemerkenswert, wie steil die USD-Treasury-Zinskurve trotz seinerzeit 0% Fed-Funds-Rate noch anstieg. Zu mehreren Zeitpunkten traf dieses Phänomen in einem Ausmaß auf, sodass praktisch vergleichbare "risikolose" Geschäfte getätigt werden konnten. Wobei die niedrige FFR genutzt werden konnte, um z.T. vollständig gegen Zinsrisiken abgesicherte Investitionen in US-Staatsanleihen (meist am kurzen Ende) zu finanzieren und dabei eine positive Zinsmarge zu verdienen.

Auch diese Geschäfte wären wesentlich nur durch das Risiko einer Währungsreform betroffen, wobei regelmäßig alle Staatsschulden entwertet werden. Ich würde diese Phänomene deshalb anders als temporäre Marktverzerrungen interpretieren, weil selbst das kollektive Bilanzvolumen der Primary Dealer (>2*10^13 USD) unzureichend war/ist, um diese vermeintliche Verzerrung zu normalisieren. Deshalb sehe ich hier weniger eine Verzerrung als einen Gleichgewichtspreis.


Insofern wären diese Zinssätze auch als Indikator für das Risiko einer Währungsreform interpretierbar.




Ich sehe die stetig fallenden Leitzinsen auch als Symptom einer systematischen Rettung besonders des Finanzsektors.

Wie wir wissen ist darin praktisch alles(Aktien, Anleihen, Kredite, Darlehen, etc.)nur Barwert der diskontierten, zukünftigen Cashflows.
Wann immer also die Bankbilanzen (und damit die Kreditversorgung) erschöpft sind und die angesammelten Problem-Aktiva eine weitere Kreditexpansion ausschließen, kann die reinigende Krise aufgeschoben werden, indem die Zinsen gesenkt werden.
Damit steigt der Wert aller Aktiva und es entsteht zusätzliches Eigenkapital bzw. zusätzliche Kapazität zur Kreditexpansion.

Das gilt m.E. unabhängig davon, ob diese Aktiva gegen Zinsrisiken abgesichert sind. Selbst wenn beispielsweise Zinsswaps o.ä. die Zinsrisiken in den Bankbilanzen zu großen Teilen neutralisieren, werden die Gewinne einer Zinssenkung damit nur auf andere Marktteilnehmer übertragen. Diese wiederum müssen die Gewinne per Definition (als Nicht-Banken) in Geschäftsbankengeld/Buchgeld halten, wodurch zunächst einmal die Liquiditätssituation der Banken entspannt wird. Weiterhin ist die Investition in Vermögenswerte (auch Bank-Aktiva) anzunehmen, wodurch auch in den Bankbilanzen Gewinne entstehen. Durch diese und ähnliche Effekte ist m.E. trotz potentiell abgesicherten Zinsrisiken davon auszugehen, dass Zinssenkungen positive Auswirkungen auf das Kapital und die Kreditkapazität eines Finanzsektors haben. Zumal große Aktienkonzerne relativ schnell die gesunkenen Finanzierungskosten spüren und damit ihre Ergebnisse/Aktienkurse z.T. erheblich steigern.

Ad I. Naja, eigentlich nicht. Die USA sind ja auch der Welt größter Schuldner und hat(te) ja trotzdem eine sehr gute Bonität. Ich denke, das liegt daran, dass man die Wucherzinsen aussortieren für irgendwelche Bankrottskrämer aussortieren musste, die das Ergebnis noch krasser hätten ausfallen lassen.

Ad II. Das ist glaube ich ja der Catch an der Studie; man hat wirklich versucht, sich auf die Nettozinsen zu stürzen; "Daraus ergibt sich ein umfassendes Bild der westlichen Kreditgeschichte und zugleich auch der Renditen, die für einen Anleger in einer bestimmten Epoche möglich waren – und zwar nicht nur der nominalen, sondern auch der realen Zinsen, also der Verzinsung abzüglich der jeweiligen Preissteigerung. Einen solchen Überblick hat bisher noch niemand gewagt."

Ad III. Zustimmung.

Ad IV. Ebenfalls Zustimmung.

Differentialgeometer
15.01.2020, 12:28
Ist derzeit jedoch nicht der Fall, da die Nachfrage nach Investitionen, von Aktien bis zu Staatsanleihen, ungebrochen ist. Das Geld wird nicht festgehalten, letztendlich auch deshalb, weil die Inflation nicht verschwunden ist.



Das ist eine Antwort auf der Suche nach einem Problem.

Die Frage ist doch, was die Banken dann damit tun. In der Krise hat es mich aufgeregt, dass die sich mit Minizinsen refinanzierten, um dann griechische oder Spanische Anleihen für 7% gekauft haben. Das ist natürlich für die Wirtschaft im Heimatland unter Umständen entgangenes Geld. Investieren hätte man es wenn dann in Mittelständler für F&E, Investionen etc. Haben sie zumindest damals aber nicht gemacht.

Differentialgeometer
15.01.2020, 12:29
Möglicherweise. Ein signifikanter Effekt ist in jedem Fall die Demografie.

Eine der Stellschrauben, die ich persönlich forcieren würde, ist die der Familienförderung. Ich denke schon, dass alle Säugetiere (inkl. Menschen) biologisch in einer Art und Weise verdrahtet sind, dass sie sich auch fortpflanzen wollen. Nur sehe ich andererseits auch, wie schwer es Familien gemacht wird.

Genau das wird in diesem Artikel auch konstatiert. Den Einfluss sollte man nicht gering schätzen.

Differentialgeometer
15.01.2020, 12:39
Das sehe ich etwas anders. Eine Familie in der Nähe einer der Großstädte (wo die meisten Arbeitsplätze sind) kostet im Monat 3000 Euro Miete, 1500 Euro Krankenversicherung, 1000-5000 Euro Schulgeld und nochmal mindestens 1000 Euro Fixkosten. Alles mit Nettolohn bezahlt. Und unter der Voraussetzung, diese Familie nicht in einem Slum großziehen zu wollen und den Kindern nicht die desaströsen öffentlichen Schulen zuzumuten.

Bei einem durchschnittlichen Gehalt in Deutschland von unter 3000 Euro Brutto.

Familienfeindlich ist noch eine Beschönigung für die Zustände hierzulande.

So, und daben wir es nämlich. Wenn man seinen Kindern nicht die öffentliche Schule zumuten will, wo sie in eine Gang eintreten müssen, um zu überleben, wird dieses Schuldgeld fällig. Von den Wohn- und Immobilienpreisen ganz zu schweigen. Wir haben drei Kids und ich weiß nicht, wie das Familien machen, die nicht über zwei üppige Einkommen verfügen :/

Haspelbein
15.01.2020, 14:03
Die Frage ist doch, was die Banken dann damit tun. In der Krise hat es mich aufgeregt, dass die sich mit Minizinsen refinanzierten, um dann griechische oder Spanische Anleihen für 7% gekauft haben. Das ist natürlich für die Wirtschaft im Heimatland unter Umständen entgangenes Geld. Investieren hätte man es wenn dann in Mittelständler für F&E, Investionen etc. Haben sie zumindest damals aber nicht gemacht.


Nun gut, prinzipiell wurde da mit den 7% auch das Risiko mit eingepreist, obwohl es rückblickend unwahrscheinlich war, dass die EU Spanien oder Griechenland einfach fallen lässt. Es aber definitiv so, dass bei so hohen Renditen der Staat mit der Privatwirtschaft konkurriert.

Wenn du ausdrücken wolltest, dass niedrige Zinsen zu riskanten Investitionsformen verleiten, so kann ich dir auch nur zustimmen.

Pommes
15.01.2020, 16:39
Ich verstehe auch nicht, daß viele Leute immer noch auf den Unfug von der "rentensichernden Einwanderung" reinfallen.

Eigentlich müßte doch jeder kapieren, daß es für die Rentner gar nichts bringt, wenn eine millionenstarke Versorgunsempfängergruppe zusätzlich aufgenommen und gefüttert werden muß.

Zu den Kosten für die Rentner, die ein Leben lang gearbeitet haben, kommen dann noch die Kosten für auf dem Arbeitsmarkt nicht verwertbare "lebenslange Sofortrentner" hinzu.

Der Konsumentenaspekt allein wiegt das nicht auf. Denn der Konsum der neuen Versorgungsempfängergruppe wird ja überwiegend von der alten Einzahlergruppe finanziert. Es werden nicht mehr Einzahler, sondern mehr "Kassierer". So ein System muß scheitern.
Es gibt noch ein anderes Problem, die Zugewanderten werden sofern die irgendwann selber Geld verdienen, trotzdem hier nicht konsumieren sondern so viel wie möglich in die Heimat schicken.

Leibniz
15.01.2020, 19:27
So, und daben wir es nämlich. Wenn man seinen Kindern nicht die öffentliche Schule zumuten will, wo sie in eine Gang eintreten müssen, um zu überleben, wird dieses Schuldgeld fällig. Von den Wohn- und Immobilienpreisen ganz zu schweigen. Wir haben drei Kids und ich weiß nicht, wie das Familien machen, die nicht über zwei üppige Einkommen verfügen :/

Die werden für ihr natürliches Bedürfnis, Nachkommen zu haben, eben mit Armut bestraft. In anderen Gesellschaften werden Kriminelle und Faule mit Armut bestraft, hier sind es eben zu erheblichen Teilen auch die Fleißigen und Rechtschaffenen.
Details dieser Art sorgen eben auch dafür, dass Kinder aus besser situierten Verhältnissen meist bessere Chancen haben, zurecht zu kommen.

Leibniz
15.01.2020, 20:30
Die Frage ist doch, was die Banken dann damit tun. In der Krise hat es mich aufgeregt, dass die sich mit Minizinsen refinanzierten, um dann griechische oder Spanische Anleihen für 7% gekauft haben. Das ist natürlich für die Wirtschaft im Heimatland unter Umständen entgangenes Geld. Investieren hätte man es wenn dann in Mittelständler für F&E, Investionen etc. Haben sie zumindest damals aber nicht gemacht.


Ein zentraler Faktor dabei ist, dass dieses System es begünstigt, indem es eine Art Geld-Diskriminierung veranstaltet. Spanische Anleihen sind qua einer rein politischen Definition eine risikoarme Sicherheit, die über die breiteste Akzeptanz verfügt und mit ganzen 0,5%-2% Eigenkapital (in den kürzeren Laufzeiten) gedeckt werden muss. Wenige Prozent Marge zwischen Finanzierungskosten und Rendite reichen aus. Dies wird dann 30,50 oder 100-fach gehebelt und bringt hohe zweistellige EK-Renditen.

Im Gegensatz dazu wäre ein Kredit an ein KMU zur Forschung und Entwicklung in den meisten Fällen unbesichert und damit schon einmal an der Grenze dessen, wozu man sich überhaupt herabwürdigen möchte. Einige Kreditnehmer werden auch ausfallen, sodass hier wirklich ein signifikanter Kredit-Spread einbezogen werden muss. Zusätzlich muss wegen des hohen Verlustrisikos bzw. "Loss Given Default" auch ein Großteil Eigenkapital dahinter stehen. Zumal Verbriefungen in der EUdSSR auch noch Neuland sind, sodass diese Kredite nicht einfach so gehandelt werden können.

Es ist keine Kunst zu erkennen, welches der beiden Geschäfte ein Vielfaches an Erträgen ermöglicht.

Leibniz
15.01.2020, 20:59
"Das muß so sein", richtig, null Aussagekraft.
Ne hohe Liquidität wandert in Richtung Kassenhaltungsinflation, ist Zeichen für schlechte Verteilung des Wohlstandes einer Gesellschaft.
Diejenigen bei denen der viel zitierte Teufel immer auf denselben Haufen scheißt, die stellen nämlich im Verhältnis zum Umfang ihrer Vermögen zu wenig Nachfrage, sprich die leben unter ihren Verhältnissen und ziehen das Geld aus dem Markt, Grund und Ursache für die negativen Zinsen.
Neben der Bargeldsteuer wird inzwischen über negative Kreditzinsen nachgedacht.
Es kann von einer hohen Liquidität einzelner Wirtschaftsteilnehmer oder einzelner Gruppen die Rede sein.
Insgesamt handelt es sich jedoch um ein geschlossenes System. Die Liquidität liegt woanders, aber sie ist nicht mehr oder weniger. (zumindest nicht in der propagierten Weise)

Dieses kürzliche Problem im USD-Repo-Markt ist doch das beste Beispiel. Steve Mnuchin hat ein Konto bei der FedRBNY und die Banken jeweils auch. Die Liquidität kann also entweder innerhalb des Bankensystems sein (FRBNY-Konto der Banken) oder auf dem Konto von Mnuchin. Wenn Steve Mnuchin nun aus bestimmten Gründen, vielleicht um für das Shopping der Gemahlin anzusparen, Liquidität (Papiergeld/FRB-Guthaben) akkumuliert, verteilt sich die Gesamtliquidität zunehmend auf das US-Treas.-Konto und verringert sich beim Bankensystem. Wenn nun auch noch konzentrierte Geldflüsse aus Steuern (von privaten Bankkonten/Liq. d. Banksystems) auf Mnuchins FRBNY-Konto fließen, sammelt sich ein immer größerer Anteil der Gesamtliquidität auf diesem Konto und dem Bankensystem steht ein immer geringerer Anteil zur Verfügung. Wenn Steve Mnuchin jetzt auch noch exzessive T-Bill Emissionen tätigt, die Bankenliquidität herausziehen und T-Bills geben, kann das Bankensystem ab einem gewissen Punkt nicht mehr den geregelten Ablauf des Geldmarkts sicherstellen, weil ihm die nötige Liquidität fehlt. (diese liegt tatenlos auf S.Mnuchins FRBNY-Konto)

Die Liquidität insgesamt hat sich dabei aber nicht verändert, sondern immer nur die Liquidität, die eine bestimmte Gruppe hat.

Pommes
18.01.2020, 13:50
Es kann von einer hohen Liquidität einzelner Wirtschaftsteilnehmer oder einzelner Gruppen die Rede sein.
Insgesamt handelt es sich jedoch um ein geschlossenes System. Die Liquidität liegt woanders, aber sie ist nicht mehr oder weniger. (zumindest nicht in der propagierten Weise)

Dieses kürzliche Problem im USD-Repo-Markt ist doch das beste Beispiel. Steve Mnuchin hat ein Konto bei der FedRBNY und die Banken jeweils auch. Die Liquidität kann also entweder innerhalb des Bankensystems sein (FRBNY-Konto der Banken) oder auf dem Konto von Mnuchin. Wenn Steve Mnuchin nun aus bestimmten Gründen, vielleicht um für das Shopping der Gemahlin anzusparen, Liquidität (Papiergeld/FRB-Guthaben) akkumuliert, verteilt sich die Gesamtliquidität zunehmend auf das US-Treas.-Konto und verringert sich beim Bankensystem. Wenn nun auch noch konzentrierte Geldflüsse aus Steuern (von privaten Bankkonten/Liq. d. Banksystems) auf Mnuchins FRBNY-Konto fließen, sammelt sich ein immer größerer Anteil der Gesamtliquidität auf diesem Konto und dem Bankensystem steht ein immer geringerer Anteil zur Verfügung. Wenn Steve Mnuchin jetzt auch noch exzessive T-Bill Emissionen tätigt, die Bankenliquidität herausziehen und T-Bills geben, kann das Bankensystem ab einem gewissen Punkt nicht mehr den geregelten Ablauf des Geldmarkts sicherstellen, weil ihm die nötige Liquidität fehlt. (diese liegt tatenlos auf S.Mnuchins FRBNY-Konto)

Die Liquidität insgesamt hat sich dabei aber nicht verändert, sondern immer nur die Liquidität, die eine bestimmte Gruppe hat.

Wir reden hier über die Geldmenge M1 der europäischen Zentralbank.
Die Geldmenge M1 umfaßt den Bargeldumlauf bei Nichtbanken (also ohne Kassenbestände (https://de.wikipedia.org/wiki/Kassenbestand) der Geschäftsbanken) plus Sichteinlagen (https://de.wikipedia.org/wiki/Sichteinlagen) der Nichtbanken.
Die Geldmenge M1 betrug im Januar 2018 ganze 7.798 Milliarden Euro im darauf folgenden Januar 2019 waren es 9.234 Milliarden.
Der Bargeldumlauf liegt im Euro Währungsraum bei 1.192 Milliarden.

Haspelbein
18.01.2020, 14:53
Wir reden hier über die Geldmenge M1 der europäischen Zentralbank.
Die Geldmenge M1 umfaßt den Bargeldumlauf bei Nichtbanken (also ohne Kassenbestände (https://de.wikipedia.org/wiki/Kassenbestand) der Geschäftsbanken) plus Sichteinlagen (https://de.wikipedia.org/wiki/Sichteinlagen) der Nichtbanken.
Die Geldmenge M1 betrug im Januar 2018 ganze 7.798 Milliarden Euro im darauf folgenden Januar 2019 waren es 9.234 Milliarden.
Der Bargeldumlauf liegt im Euro Währungsraum bei 1.192 Milliarden.

Du redest von der Geldmenge M1. Ich sehe jedoch keinen guten Grund, warum wir uns bei wirtschaftlichen Betrachtungen darauf beschränken sollten.

Pommes
18.01.2020, 19:16
Du redest von der Geldmenge M1. Ich sehe jedoch keinen guten Grund, warum wir uns bei wirtschaftlichen Betrachtungen darauf beschränken sollten.


Wenn man von den über 9 Billionen Euro die da liquide gehalten werden, das umlaufende Bargeld abzieht,(nach Statista 1,9 Billionen) dann liegt da ne ganze Menge Geld rum das keine Wertschöpfung tätigt, wir aber auf Wertschöpfung angewiesen sind damit der Bauch voll wird.

Natürlich müssen wir uns bei wirtschaftlichen Betrachtungen nicht darauf beschränken, aber angesichts der Tatsache das die Banken schon seit ner Weile negative Zinsen zahlen, betrifft uns das natürlich, die Banken reichen diese negativen Zinsen schließlich an uns weiter, aber es kommt ja noch dicker, eine Bargeldsteuer ist im Gespräch und negative Zinsen auf Kredite sind auch schon im Gespräch, da liegt doch der Gedanke nahe das im Hintergrund, für den Laien gar nicht erkennbar Dinge geschehen die unser Geldsystem revolutionieren könnten.

Leibniz
18.01.2020, 19:43
Wir reden hier über die Geldmenge M1 der europäischen Zentralbank.
Die Geldmenge M1 umfaßt den Bargeldumlauf bei Nichtbanken (also ohne Kassenbestände (https://de.wikipedia.org/wiki/Kassenbestand) der Geschäftsbanken) plus Sichteinlagen (https://de.wikipedia.org/wiki/Sichteinlagen) der Nichtbanken.
Die Geldmenge M1 betrug im Januar 2018 ganze 7.798 Milliarden Euro im darauf folgenden Januar 2019 waren es 9.234 Milliarden.
Der Bargeldumlauf liegt im Euro Währungsraum bei 1.192 Milliarden.
Wenn ich von Liquidität schreibe, meine ich immer das einzige unbeschränkte Zahlungsmittel, das als Geldbasis (z.T. als M0) bezeichnet wird.

Wie Sichteinlagen von Nichtbanken (streng genommen ist diese Definition auch falsch/veraltet*, siehe unten) Liquidität sein sollen ist mir ein Rätsel. Sichteinlagen können völlig frei durch Kredite von Geschäftsbanken selbst geschaffen werden und sind genauso werthaltig wie die Bank kreditwürdig ist.
Buchgeld muss aus regulatorischen Gründen mit einem gewissen Anteil von liquiden Aktiva ( Zentralbankgeld + Wertpapiere, die unbeschränkt bei der Zentralbank zu Zentralbankgeld verpfändet/verkauft werden können) gedeckt sein, gemäß Basel III Liquidity Coverage Ratio(LCR). Wann immer in diesem Zusammenhang von Liquidität die Rede ist, sind immer die Bestandteile der Geldbasis/Zentralbankgeld bzw. Sicherheiten, die unmittelbar zu Zentralbankgeld werden können, weil die Zentralbank sie als Sicherheit akzeptiert, gemeint. Daher verwundert mich diese Definition(M1) ein wenig.

Der entscheidende Aspekt ist, dass diese Liquidität immer innerhalb eines geschlossenen Systems ist. Die Höhe entspricht immer den Verbindlichkeiten der Zentralbank. Insofern habe ich nicht verstanden, warum eine Liquidität hoch sein soll. Entspricht sie doch in Summe immer genau den Verbindlichkeiten der Zentralbank. Prinzipiell sehe ich auch nicht, welche direkte Bedeutung die absolute Menge selbst haben soll. Wenn eine Bank am Sekundärmarkt meinetwegen 500 Milliarden US-Dollar US-Staatsanleihen aufnimmt und diese kurzfristig als Repo mit der Federal Reserve zu Zentralbankgeld macht (und die Geldbasis während der Laufzeit um diesen Betrag ausweitet) , liegt dieses daraufhin auf dem FRB-Konto der jeweiligen Bank. Welche Konsequenzen hat dieser Vorgang selbst? Meines Erachtens erst einmal überhaupt keine.

*: Mittlerweile führen auch einige Nichtbanken eigene Konten mit der Zentralbank, was früher Banken vorbehalten war. Im Allgemeinen umfasst das systemisch relevante Institutionen wie wichtige Zentrale Gegenparteien (CCPs).

Haspelbein
18.01.2020, 21:36
Wenn man von den über 9 Billionen Euro die da liquide gehalten werden, das umlaufende Bargeld abzieht,(nach Statista 1,9 Billionen) dann liegt da ne ganze Menge Geld rum das keine Wertschöpfung tätigt, wir aber auf Wertschöpfung angewiesen sind damit der Bauch voll wird.

Geld tätigt keine Wertschöpfung, ein Unternehmen im weitesten Sinne tätigt eine Wertschöpfung. (Dazu muss es aber das Geld auch entsprechend investieren können. Hat es diese Möglichkeit nicht, dann nützt auch das Geld nichts.) Eine Liquidität ist an sich erst einmal nicht schlecht, da sie einen Markt ermöglicht. Denkst du, das die Geldreserven der Banken in der EU zu hoch sind? Was wäre für dich denn der richtige Wert? (Ich sehe gerade, Leibniz geht da auch drauf ein.)



Natürlich müssen wir uns bei wirtschaftlichen Betrachtungen nicht darauf beschränken, aber angesichts der Tatsache das die Banken schon seit ner Weile negative Zinsen zahlen, betrifft uns das natürlich, die Banken reichen diese negativen Zinsen schließlich an uns weiter, aber es kommt ja noch dicker, eine Bargeldsteuer ist im Gespräch und negative Zinsen auf Kredite sind auch schon im Gespräch, da liegt doch der Gedanke nahe das im Hintergrund, für den Laien gar nicht erkennbar Dinge geschehen die unser Geldsystem revolutionieren könnten.

Würde mich, und die meisten Menschen die ich kenne, nur sehr begrenzt betreffen, da man in den Zeiten eines negative Realzinses diese Umstellung bereits getätigt hat. Ich halte so gut wie kein Bargeld, und Konten mit sofortiger Zugriffsmöglichkeit machen vielleicht < 10% meines Vermögens aus. (Da wären auch Strafzahlungen fällig, aber das ist eine andere Frage.) Ob man jetzt da noch eine Bargeldsteuer oben drauf legt, oder ob der Negativzins sich weiter ausweitet, sind eigentlich ein und derselbe Effekt.

Geld hat drei Grundkomponenten, d.h. es ist ein Zahlungsmittel, es ist wertbeständig, und es muss quantifizierbar sein. Fehlt eine dieser Komponenten, dann wird man sich eine Alternative suchen. Es ist jedoch ein Irrglaube, dass diese Alternative den Konsum beflügeln oder die Wirtschaft stimulieren muss.

Pommes
18.01.2020, 23:17
Geld tätigt keine Wertschöpfung, ein Unternehmen im weitesten Sinne tätigt eine Wertschöpfung. (Dazu muss es aber das Geld auch entsprechend investieren können. Hat es diese Möglichkeit nicht, dann nützt auch das Geld nichts.) Eine Liquidität ist an sich erst einmal nicht schlecht, da sie einen Markt ermöglicht. Denkst du, das die Geldreserven der Banken in der EU zu hoch sind? Was wäre für dich denn der richtige Wert? (Ich sehe gerade, Leibniz geht da auch drauf ein.)

Ich denke mal das bei den fetten Gewinnen die die großen AG's machen lohnt sich Investition auf jeden Fall.




Würde mich, und die meisten Menschen die ich kenne, nur sehr begrenzt betreffen, da man in den Zeiten eines negative Realzinses diese Umstellung bereits getätigt hat. Ich halte so gut wie kein Bargeld, und Konten mit sofortiger Zugriffsmöglichkeit machen vielleicht < 10% meines Vermögens aus. (Da wären auch Strafzahlungen fällig, aber das ist eine andere Frage.) Ob man jetzt da noch eine Bargeldsteuer oben drauf legt, oder ob der Negativzins sich weiter ausweitet, sind eigentlich ein und derselbe Effekt.

Das ist so nicht richtig, im Fall des Strafzins wird Sparen nämlich unmöglich darüber hinaus isser auch witzlos weil das Geld dann private gehortet wird.
Die Bargeldsteuer wäre da deutlich effizienter damit wird Hortung von Geld in jeder Form unmöglich und wer die Bargeldsteuer umgehen möchte kann sein Geld zur Bank tragen und längerfristig anlegen lassen.


Geld hat drei Grundkomponenten, d.h. es ist ein Zahlungsmittel, es ist wertbeständig, und es muss quantifizierbar sein. Fehlt eine dieser Komponenten, dann wird man sich eine Alternative suchen. Es ist jedoch ein Irrglaube, dass diese Alternative den Konsum beflügeln oder die Wirtschaft stimulieren muss.

Wert beständig isses schon mal auf keinen Fall, die wahre Inflation liegt zwischen 4 und 5%, - unter "quantifizierbar" kann ich mir nix vorstellen.

Unser Geld ist Tauschmittel, Wertmaßstab und Schatzmittel und wenn Geld durch Hortung aus dem Markt gezogen wird, sinkt das Angebot an Waren und Dienstleistungen und die Preise steigen.
Setzt man hingegen Geld unter Angebotsdruck z.B. mit negativen Zinsen oder besser einer Bargeldsteuer steigt das Angebot und die Preise sinken.
Ich will da auch kein Beispiel schuldig bleiben und verweise auf die vielen Start-up's die mit hervorragenden Produkten in Produktion gehen könnten, aber eben nicht an Geld kommen.

Pommes
18.01.2020, 23:30
Wenn ich von Liquidität schreibe, meine ich immer das einzige unbeschränkte Zahlungsmittel, das als Geldbasis (z.T. als M0) bezeichnet wird.

Das würde ja bedeuten das Liquidität nur in Form von Bargeld vorliegt und das ist falsch, - definitiv.
Wenn ich mein Geld auf ein Girokonto überweise ist das ein sofort verfügbares Guthaben, Geld das die Bank für mich liquide halten muß, schließlich kann ich ja morgen am Tag schon wieder vor der Kasse stehen und Geld abholen wollen.


Wie Sichteinlagen von Nichtbanken (streng genommen ist diese Definition auch falsch/veraltet*, siehe unten) Liquidität sein sollen ist mir ein Rätsel. Sichteinlagen können völlig frei durch Kredite von Geschäftsbanken selbst geschaffen werden und sind genauso werthaltig wie die Bank kreditwürdig ist.
Buchgeld muss aus regulatorischen Gründen mit einem gewissen Anteil von liquiden Aktiva ( Zentralbankgeld + Wertpapiere, die unbeschränkt bei der Zentralbank zu Zentralbankgeld verpfändet/verkauft werden können) gedeckt sein, gemäß Basel III Liquidity Coverage Ratio(LCR). Wann immer in diesem Zusammenhang von Liquidität die Rede ist, sind immer die Bestandteile der Geldbasis/Zentralbankgeld bzw. Sicherheiten, die unmittelbar zu Zentralbankgeld werden können, weil die Zentralbank sie als Sicherheit akzeptiert, gemeint. Daher verwundert mich diese Definition(M1) ein wenig.

Der entscheidende Aspekt ist, dass diese Liquidität immer innerhalb eines geschlossenen Systems ist. Die Höhe entspricht immer den Verbindlichkeiten der Zentralbank. Insofern habe ich nicht verstanden, warum eine Liquidität hoch sein soll. Entspricht sie doch in Summe immer genau den Verbindlichkeiten der Zentralbank. Prinzipiell sehe ich auch nicht, welche direkte Bedeutung die absolute Menge selbst haben soll. Wenn eine Bank am Sekundärmarkt meinetwegen 500 Milliarden US-Dollar US-Staatsanleihen aufnimmt und diese kurzfristig als Repo mit der Federal Reserve zu Zentralbankgeld macht (und die Geldbasis während der Laufzeit um diesen Betrag ausweitet) , liegt dieses daraufhin auf dem FRB-Konto der jeweiligen Bank. Welche Konsequenzen hat dieser Vorgang selbst? Meines Erachtens erst einmal überhaupt keine.

*: Mittlerweile führen auch einige Nichtbanken eigene Konten mit der Zentralbank, was früher Banken vorbehalten war. Im Allgemeinen umfasst das systemisch relevante Institutionen wie wichtige Zentrale Gegenparteien (CCPs).

Der Entscheidende Aspekt ist das die EZB die Guthaben der Geschäftsbanken mit negativen Zinsen belegt, weil zu viel Liquidität gehortet wird.
Auf der einen Seite kriegen die Banken ihr Geld zum Nullzins und auf der anderen horten sie's auf ihren Geschäftskonten der EZB.
Aufgabe der EZB ist es aber das Geld in Bewegung zu halten, die Menge zu steuern und den Markt zu beleben.

Haspelbein
18.01.2020, 23:44
Ich denke mal das bei den fetten Gewinnen die die großen AG's machen lohnt sich Investition auf jeden Fall.

Das sieht man derzeit gerade nicht. Ansonsten liesse sich die Wirtschaft leichter stimulieren. Es ist gerade diese Problem, dass die Zentralbanken derzeit haben.



Das ist so nicht richtig, im Fall des Strafzins wird Sparen nämlich unmöglich darüber hinaus isser auch witzlos weil das Geld dann private gehortet wird.
Die Bargeldsteuer wäre da deutlich effizienter damit wird Hortung von Geld in jeder Form unmöglich und wer die Bargeldsteuer umgehen möchte kann sein Geld zur Bank tragen und längerfristig anlegen lassen.

Hmmm, in Deutschland hat man den Immobilienboom, in den USA sind die Kurs-Gewinn-Verhältnisse auf dem Aktienmarkt erstaunlich hoch, es gibt die Cryptowährungen und die Gold-Fanatiker. Woran liegst das wohl? Geld wird nicht privat gehortet, es werden schlicht Werte erworben, die nicht direkt an eine Währung gekoppelt sind, und somit auch nicht entwertet werden können.



Wert beständig isses schon mal auf keinen Fall, die wahre Inflation liegt zwischen 4 und 5%, - unter "quantifizierbar" kann ich mir nix vorstellen.

Im historischen Vergleich ist die Inflation relativ niedrig. Quantifizierbar bedeutet, dass man es zählen und teilen kann. Das ist nicht bei jedem Wertgegenstand so.



Unser Geld ist Tauschmittel, Wertmaßstab und Schatzmittel und wenn Geld durch Hortung aus dem Markt gezogen wird, sinkt das Angebot an Waren und Dienstleistungen und die Preise steigen.

Hier widersprichst du dir selbst. Um Geld zu horten müsste eine Deflation vorliegen, was nicht mit deinen Behauptungen zur Inflation vereinbar ist.



Setzt man hingegen Geld unter Angebotsdruck z.B. mit negativen Zinsen oder besser einer Bargeldsteuer steigt das Angebot und die Preise sinken.
Ich will da auch kein Beispiel schuldig bleiben und verweise auf die vielen Start-up's die mit hervorragenden Produkten in Produktion gehen könnten, aber eben nicht an Geld kommen.

Ich habe für viele Startups gearbeitet. Die Startkaptial war weniger das Problem, als die Idee gewinnbringend umzusetzen. Wie kommst du darauf, das Startups nicht an Geld kommen? Dir ist der Private Equity Markt ein Begriff, oder wie z.B. Wirecard durch Softbanks Vison Fund finanziert wurde? Auch die Idee, dass Geld irgendwo gehortet wird ist völlig abstrus.

Haspelbein
19.01.2020, 11:56
Es berichtet die Zeit, dass die Regierung die Rechtmäßigkeit der Negativzinsen (https://www.zeit.de/wirtschaft/geldanlage/2020-01/banken-negativzinsen-privatkunden-rechtmaessigkeit-finanzministerium) für Sparer überprüfen will. (Wie sieht es mit den Konsequenzen für die Banken aus?)

Auch ein staatliches Eingreifen wird nicht mehr ausgeschlossen. Obwohl der im Artikel vorgeschlagene staatliche Innovationsfond aus meiner Sicht sowas wie eine Einladung zur Manipulation wäre.

Pommes
19.01.2020, 16:13
Das sieht man derzeit gerade nicht. Ansonsten liesse sich die Wirtschaft leichter stimulieren. Es ist gerade diese Problem, dass die Zentralbanken derzeit haben.

Sicher!
Beschreibt Keynes ja auch in seiner "Liquiditätsfalle", wenn das Geld festgehalten wird sinkt der Realkapitalzins ebenfalls und kein Unternehmer investiert wenn seine Produkte liegen bleiben.



Hmmm, in Deutschland hat man den Immobilienboom, in den USA sind die Kurs-Gewinn-Verhältnisse auf dem Aktienmarkt erstaunlich hoch, es gibt die Cryptowährungen und die Gold-Fanatiker. Woran liegst das wohl? Geld wird nicht privat gehortet, es werden schlicht Werte erworben, die nicht direkt an eine Währung gekoppelt sind, und somit auch nicht entwertet werden können.


Das geht so lange gut bis die Geldblase wieder platzt und dann ist das Spiel aus.



Im historischen Vergleich ist die Inflation relativ niedrig. Quantifizierbar bedeutet, dass man es zählen und teilen kann. Das ist nicht bei jedem Wertgegenstand so.
Ich sehe auch eher die Gefahr einer Kassenhaltungsinflation.




Hier widersprichst du dir selbst. Um Geld zu horten müsste eine Deflation vorliegen, was nicht mit deinen Behauptungen zur Inflation vereinbar ist.
Nein keinesfalls, um Geld zu horten reichen schon politisch unsichere Verhältnisse (Nahostkonflikt etc. Ölkrise usw.) die Leute schieben größere Investitionen vor sich her, aber auch eine extrem ungleiche Verteilung des Volksvermögens (wie es in Deutschland der Fall ist) führt zur Hortung von Geld, einfach weil eine größer werdende Gruppe von Leuten im Verhältnis zum Umfang ihrer Vermögen zu wenig Nachfrage stellen



Ich habe für viele Startups gearbeitet. Die Startkaptial war weniger das Problem, als die Idee gewinnbringend umzusetzen. Wie kommst du darauf, das Startups nicht an Geld kommen? Dir ist der Private Equity Markt ein Begriff, oder wie z.B. Wirecard durch Softbanks Vison Fund finanziert wurde? Auch die Idee, dass Geld irgendwo gehortet wird ist völlig abstrus.


Gerade jetzt vor 5 Minuten habe ich die Story von Sono Motors gelesen, deren Probleme an Geld zu kommen, das Investoren nur daran interessiert sind sich die Filets zu sichern und das Unternehmen zu zerschlagen.
Solche Fälle sind massenhaft bekannt geworden.
Geld muß über crowdfunding beschafft werden, hier wäre echte Wertschöpfung möglich wenn das liquide Geld mit einer Bargeldsteuer unter Angebotsdruck gesetzt würde.

Pommes
19.01.2020, 16:23
Es berichtet die Zeit, dass die Regierung die Rechtmäßigkeit der Negativzinsen (https://www.zeit.de/wirtschaft/geldanlage/2020-01/banken-negativzinsen-privatkunden-rechtmaessigkeit-finanzministerium) für Sparer überprüfen will. (Wie sieht es mit den Konsequenzen für die Banken aus?)

Auch ein staatliches Eingreifen wird nicht mehr ausgeschlossen. Obwohl der im Artikel vorgeschlagene staatliche Innovationsfond aus meiner Sicht sowas wie eine Einladung zur Manipulation wäre.

Der Zins ist der Preis für das Geld und wenn die Banken die Zinsen im Markt nicht verdienen können kann die Regierung machen was sie will, da geht nix mehr.
Der Zins ist eh ein Unding schon wegen der Exponentialfunktion, welche der Wirtschaft ein völlig unnötiges, ja sogar unmögliches, nämlich exponentielles Wachstum aufzwingt.
Die Wirtschaftsleistung sich aber im aller günstigsten Fall linear steigern ließe, weil niemand periodisch das Doppelte konsumiert und schon gar nicht längerfristig.

Um nur lumpige 3% Zinsen zu verdienen müßte sich die Wirtschaftsleistung in 23 Jahren verdoppeln, in 46 Jahren vervierfachen in 69 Jahren verachtfachen usw.
Für eine solches Wachstum hätten wir weder Bedarf noch Ressourcen.

Haspelbein
19.01.2020, 21:10
Sicher!
Beschreibt Keynes ja auch in seiner "Liquiditätsfalle", wenn das Geld festgehalten wird sinkt der Realkapitalzins ebenfalls und kein Unternehmer investiert wenn seine Produkte liegen bleiben.




Das geht so lange gut bis die Geldblase wieder platzt und dann ist das Spiel aus.



Ich sehe auch eher die Gefahr einer Kassenhaltungsinflation.




Nein keinesfalls, um Geld zu horten reichen schon politisch unsichere Verhältnisse (Nahostkonflikt etc. Ölkrise usw.) die Leute schieben größere Investitionen vor sich her, aber auch eine extrem ungleiche Verteilung des Volksvermögens (wie es in Deutschland der Fall ist) führt zur Hortung von Geld, einfach weil eine größer werdende Gruppe von Leuten im Verhältnis zum Umfang ihrer Vermögen zu wenig Nachfrage stellen




Gerade jetzt vor 5 Minuten habe ich die Story von Sono Motors gelesen, deren Probleme an Geld zu kommen, das Investoren nur daran interessiert sind sich die Filets zu sichern und das Unternehmen zu zerschlagen.
Solche Fälle sind massenhaft bekannt geworden.
Geld muß über crowdfunding beschafft werden, hier wäre echte Wertschöpfung möglich wenn das liquide Geld mit einer Bargeldsteuer unter Angebotsdruck gesetzt würde.

Bitte versuche einfach mal auf meine Argumentation einzugehen. Ansonsten erübrigt sich diese Diskussion.


Der Zins ist der Preis für das Geld und wenn die Banken die Zinsen im Markt nicht verdienen können kann die Regierung machen was sie will, da geht nix mehr.
Der Zins ist eh ein Unding schon wegen der Exponentialfunktion, welche der Wirtschaft ein völlig unnötiges, ja sogar unmögliches, nämlich exponentielles Wachstum aufzwingt.
Die Wirtschaftsleistung sich aber im aller günstigsten Fall linear steigern ließe, weil niemand periodisch das Doppelte konsumiert und schon gar nicht längerfristig.

Um nur lumpige 3% Zinsen zu verdienen müßte sich die Wirtschaftsleistung in 23 Jahren verdoppeln, in 46 Jahren vervierfachen in 69 Jahren verachtfachen usw.
Für eine solches Wachstum hätten wir weder Bedarf noch Ressourcen.

Ja, die Wirtschaft wächst, und es ist kein Problem, durch Investitionen einen Wertzuwachs im Rahmen dieses Wachstums zu erhalten.

Beantworte eine einfache Frage: Warum soll jemand Geld horten, bei einer von dir angepragerten Inflation und einem Negativzins, wenn er dieses Geld gewinnbringend anlegen kann? Egal wie das Wirtschaftswachstum aussieht, er ist damit immer noch besser bedient als mit Bargeld.

Pommes
20.01.2020, 08:12
Bitte versuche einfach mal auf meine Argumentation einzugehen. Ansonsten erübrigt sich diese Diskussion.



Ja, die Wirtschaft wächst, und es ist kein Problem, durch Investitionen einen Wertzuwachs im Rahmen dieses Wachstums zu erhalten.

Beantworte eine einfache Frage: Warum soll jemand Geld horten, bei einer von dir angepragerten Inflation und einem Negativzins, wenn er dieses Geld gewinnbringend anlegen kann? Egal wie das Wirtschaftswachstum aussieht, er ist damit immer noch besser bedient als mit Bargeld.

Ich habe bereits mehrfach auf die von Keynes erklärte Liquiditätsfalle aufmerksam gemacht, danach bringt Geld keinen Gewinn mehr wenn der Zins unter einen bestimmten Wert rutscht, da ist es dem Geldbesitzer wichtiger sofort Zugriff auf sein Geld zu haben.
Auch die Wirtschaft investiert nicht mehr weil in Abhängigkeit des Zins auch der Realkapitalzins sinkt.

Zitat: In einem Wirtschaftssystem jedoch, in dem die Anleger ihr Geld nur mit Verlust in der Spekulationskasse halten, es also dem Wirtschaftskreislauf nicht ohne Nachteile entziehen könnten, würde es keine Liquiditätsfalle geben.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Liquiditätsfalle

Es muß also eine Bargeldsteuer her um die nächste Geldblase zu verhindern.

Haspelbein
20.01.2020, 11:52
Ich habe bereits mehrfach auf die von Keynes erklärte Liquiditätsfalle aufmerksam gemacht, danach bringt Geld keinen Gewinn mehr wenn der Zins unter einen bestimmten Wert rutscht, da ist es dem Geldbesitzer wichtiger sofort Zugriff auf sein Geld zu haben.
Auch die Wirtschaft investiert nicht mehr weil in Abhängigkeit des Zins auch der Realkapitalzins sinkt.

Zitat: In einem Wirtschaftssystem jedoch, in dem die Anleger ihr Geld nur mit Verlust in der Spekulationskasse halten, es also dem Wirtschaftskreislauf nicht ohne Nachteile entziehen könnten, würde es keine Liquiditätsfalle geben.
Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Liquiditätsfalle

Es muß also eine Bargeldsteuer her um die nächste Geldblase zu verhindern.

Okay, also keine Antwort auf die relativ einfache Frage, die ich gestellt hatte. Ich danke für die Diskussion.

Pommes
20.01.2020, 15:31
Okay, also keine Antwort auf die relativ einfache Frage, die ich gestellt hatte. Ich danke für die Diskussion.

Dank auch meinerseits, hätte allerdings nicht gedacht das dir so schnell die Argumente ausgehen.

Leibniz
20.01.2020, 18:15
Das würde ja bedeuten das Liquidität nur in Form von Bargeld vorliegt und das ist falsch, - definitiv.
Wenn ich mein Geld auf ein Girokonto überweise ist das ein sofort verfügbares Guthaben, Geld das die Bank für mich liquide halten muß, schließlich kann ich ja morgen am Tag schon wieder vor der Kasse stehen und Geld abholen wollen.
[...]
Das meinen viele, ist jedoch falsch.

Der Grundirrtum ist die Umkehr von Ei und Huhn. Es scheint logisch, dass in der Bank zuerst das Guthaben ist und dann damit der Kredit vergeben wird. Das ist jedoch falsch.
Jeder Kredit verlängert die Bankbilanz auf der Aktiv-Seite um die Kreditforderung an den Kunden und auf der Passiv-Seite um das Kontoguthaben, das dem Kunden dafür eingeräumt wird.
Insofern ist dieses Guthaben (sämtliches) immer nur Ergebnis des Buchungssatzes bei der Kreditvergabe. Dieses Guthaben selbst ist weder liquide, noch überhaupt vorhanden.
Das Management der anfallenden Zahlungsströme, die eine Bank verarbeiten muss, ist Teil des Risikomanagement, was zentrale Aufgabe der Banken ist.

Warum muss es denn eine Basel-III LCR-Regel geben? Weil alle Guthaben liquide und verfügbar sind? Dann wäre eine solche Regel doch überflüssig...

Pommes
21.01.2020, 09:58
Das meinen viele, ist jedoch falsch.

Der Grundirrtum ist die Umkehr von Ei und Huhn. Es scheint logisch, dass in der Bank zuerst das Guthaben ist und dann damit der Kredit vergeben wird. Das ist jedoch falsch.
Jeder Kredit verlängert die Bankbilanz auf der Aktiv-Seite um die Kreditforderung an den Kunden und auf der Passiv-Seite um das Kontoguthaben, das dem Kunden dafür eingeräumt wird.
Insofern ist dieses Guthaben (sämtliches) immer nur Ergebnis des Buchungssatzes bei der Kreditvergabe. Dieses Guthaben selbst ist weder liquide, noch überhaupt vorhanden.
Das Management der anfallenden Zahlungsströme, die eine Bank verarbeiten muss, ist Teil des Risikomanagement, was zentrale Aufgabe der Banken ist.

Warum muss es denn eine Basel-III LCR-Regel geben? Weil alle Guthaben liquide und verfügbar sind? Dann wäre eine solche Regel doch überflüssig...

Darum geht es doch gar nicht, es geht darum das die Geldbesitzer ihr Geld nicht mehr längerfristig anlegen weil die Zinsen zu niedrig sind, siehe dazu "Liquiditätsfalle" J.M.Keynes
Auch die Wirtschaft investiert nicht mehr, kürzlich war im Handelsblatt zu lesen das viele Unternehmen lieber ihre Aktien zurück kaufen.