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Vollständige Version anzeigen : „Ein Lehrstück ohne Lehre“?



Sherpa
29.08.2019, 23:22
https://www.youtube.com/watch?v=RdLNrCHjWoQ
Der Song „Willkommen liebe Mörder“ aus dem Räuberzivil-Album „Tiefenschärfe“ aus dem Jahr 2015 des Liedermachers Heinz Rudolf Kunze hat folgenden Text:

Ist es jeder Vierte
ist es jeder Dritte
aber sie sind hier
ganz in unsrer Mitte
jeder kann es sein
keinem kann man trauen
manchmal sind es Männer
ab und zu auch Frauen
Sie wollen uns zerstören
sie wollen uns vernichten
nichts wird sie dazu bringen
darauf zu verzichten
wir möchten das verdrängen
und einfach ignorieren
uns weiter davor drücken
den großen Kampf zu führen
Willkommen liebe Mörder
fühlt euch wie zuhause
bedient euch macht es euch bequem
kurze Atempause
nichts nehmen wir euch übel
Empörung nicht die Spur
ihr habt halt eine andere
Umbringekultur
Jeder sieht es kommen
die Bedrohung steigen
jeder ist beklommen
keiner will es zeigen
laßt uns das vertuschen
nicht darüber reden
alle gegen alle
jeder gegen jeden
Sie pflegen fremde Bräuche
so lautet das Gerücht
Genaueres weiß keiner denn
man erkennt sie nicht
und wenn sie unter sich sind
dann lachen sie uns aus
nie würden sie behaupten
mein Haus ist euer Haus
Willkommen liebe Mörder
wir sind so tolerant
die Dunkelheit bricht bald herein
über dieses Land
wir reichen euch die Kerzen
damit ihr besser seht
und euch das nächste Opfer nicht
durch die Lappen geht
Willkommen liebe Mörder
ein viel zu hartes Wort
wir haben doch Verständnis
ihr nennt das nicht mal Mord
ihr tut's aus Überzeugung
und wenn man's überlegt
wir sind so schlaff und müde wir
gehören weggefegt
Quelle: Musixmatch (https://www.musixmatch.com/)

Auf seiner Seite
https://www.heinzrudolfkunze.de/index.php/2017/06/08/ein-kommentar-zum-song-willkommen-liebe-moerder-aus-dem-raeuberzivil-album-tiefenschaerfe-2015/
schreibt der Liedermacher dazu:

Es ist mir unbegreiflich, dass Leute aus dem rechten politischen Spektrum mein Lied „Willkommen liebe Mörder“ für sich vereinnahmen wollen. Es scheint diesen Leuten schon zu genügen, dass im Titel das Wort „Mörder“ vorkommt, um den Song für ihre Zwecke zu missbrauchen. Das Lied greift die Thematik von Max Frischs Bühnenstück „Biedermann und die Brandstifter“ auf und handelt davon, dass die schweigende deutsche Mehrheit auf dem rechten Auge blind ist. Anlass für dieses Lied waren die NSU-Morde und nicht etwa Fremdenfeindlichkeit.
Ich weiß nicht, wie ich mich noch verteidigen soll – außer durch ständige Wiederholung der Wahrheit.
Mich erinnert dieser Kommentar an “Kritik und Selbstkritik” der Stalin-Zeit, heute noch üblich in Nordkorea.

Habe auch ich den Songtext so mißverstanden, daß ich Kunzes Verteidigungsworte – NSU-Morde … - nicht glauben kann? Warum verteidigt er sich eigentlich?

Stanley_Beamish
30.08.2019, 06:02
https://www.youtube.com/watch?v=RdLNrCHjWoQ
Der Song „Willkommen liebe Mörder“ aus dem Räuberzivil-Album „Tiefenschärfe“ aus dem Jahr 2015 des Liedermachers Heinz Rudolf Kunze hat folgenden Text:


Auf seiner Seite
https://www.heinzrudolfkunze.de/index.php/2017/06/08/ein-kommentar-zum-song-willkommen-liebe-moerder-aus-dem-raeuberzivil-album-tiefenschaerfe-2015/
schreibt der Liedermacher dazu:

Mich erinnert dieser Kommentar an “Kritik und Selbstkritik” der Stalin-Zeit, heute noch üblich in Nordkorea.

Habe auch ich den Songtext so mißverstanden, daß ich Kunzes Verteidigungsworte – NSU-Morde … - nicht glauben kann? Warum verteidigt er sich eigentlich?

Die Zeilen passen nur auf eine Ideologie: Den Islam.

Deutschmann
30.08.2019, 06:27
Kann man so oder so sehen. Je nach Einstellung.
Aber wenn ein deutscher (bekannter) Musiker sowas in die Tasten haut, hat es in der Regel irgendwas mit Nazis und gegen Rechts zu tun.

Pillefiz
30.08.2019, 06:55
Sie pflegen fremde Bräuche passt ja auch ganz prima zu NSU.... ist dem keine dümmere Erklärung eingefallen?

autochthon
30.08.2019, 06:56
Kann man so oder so sehen. Je nach Einstellung.
Aber wenn ein deutscher (bekannter) Musiker sowas in die Tasten haut, hat es in der Regel irgendwas mit Nazis und gegen Rechts zu tun.

Ganz vorneweg: BAP

Seligman
30.08.2019, 09:20
Eindeutig an Nazis gerichtet: :auro:

...Willkommen liebe Mörder
fühlt euch wie zuhause
bedient euch macht es euch bequem
kurze Atempause
nichts nehmen wir euch übel
Empörung nicht die Spur
ihr habt halt eine andere
Umbringekultur…

Der letzte Satz ist halt wieder die leider verbreitete Resignation:

...ihr nennt das nicht mal Mord
ihr tut's aus Überzeugung
und wenn man's überlegt
wir sind so schlaff und müde wir
gehören weggefegt.

Seligman
30.08.2019, 09:22
Wir sollten das Lied auf Antifademos o.ae. spielen. Ist ja eh gegen Nazis….. :kich:

Sherpa
30.08.2019, 22:35
Bin mit allem einverstanden, was Ihr geschrieben habt, aber:
Der Text des Liedes interessiert mich weniger. Ich finde es entsetzlich, was man an Kunzes Kommentar erkennen kann: Nämlich das, was das System Bundesrepublik aus vielen Menschen gemacht hat – feige Mitläufer, die, sollten sie tatsächlich mal einen Anflug von Courage gehabt haben, sich sofort dafür entschuldigen und zu Kriechern werden.

Deshalb sind Kunzes Worte

Das Lied greift die Thematik von Max Frischs Bühnenstück „Biedermann und die Brandstifter“ auf und handelt davon, dass die schweigende deutsche Mehrheit auf dem rechten Auge blind ist.
auch kaum zu verstehen. Denn gerade das genannte Theaterstück – heute brandaktuell – nimmt die aufs Korn, die sehenden Auges ins Unglück rennen und aus Feigheit für alles eine Entschuldigung finden.

Hier eine kurze Zusammenfassung.
Wirklich interessant – Das Stück ist von 1958!

Quelle: Biedermann und die Brandstifter - Zusammenfassung (https://www.inhaltsangabe.de/frisch/biedermann-und-die-brandstifter/)
https://www.inhaltsangabe.de/frisch/biedermann-und-die-brandstifter/

Max Frischs 1958 in Zürich uraufgeführte Tragikomödie »Biedermann und die Brandstifter – Ein Lehrstück ohne Lehre« schildert die absichtliche Blindheit seines Protagonisten gegenüber einer sich zusammenbrauenden Gefahr und die grausamen Folgen: Obwohl Brandstiftungen allgegenwärtig sind, glaubt Gottlieb Biedermann sich sicher und nimmt zwei fragwürdige Gestalten in sein Haus auf. …

Knechtling, ein ehemaliger Mitarbeiter Biedermanns, versucht vorzusprechen. Durch die Entlassung ist Knechtlings Familie in soziale Not geraten. Biedermann weist ihn gnadenlos ab und schlägt ihm vor, sich umzubringen. Schmitz wird Zeuge der Szene und Biedermann gerät unter Druck, seine Menschlichkeit unter Beweis zu stellen. Er bringt Schmitz auf dem Dachboden unter und verlangt von ihm die Zusicherung, kein Brandstifter zu sein. Schmitz lacht…

Biedermann hat Angst vor seinen Gästen. Deshalb will er sie zum Abendessen einladen und zu seinen Freunden machen….
verbrüdert sich mit ihnen und gibt ihnen die verlangten Streichhölzer. Während sein Haus bereits brennt, will Biedermann es immer noch nicht wahrhaben, dass es sich bei Schmitz und Eisenring tatsächlich um Brandstifter handelt….
Während das Haus von Biedermann brennt, kommentiert der Chor die Sinnlosigkeit des Geschehens als Folge von Dummheit, die mit dem Begriff Schicksal verbrämt werde….

Shahirrim
30.08.2019, 23:02
Sie pflegen fremde Bräuche passt ja auch ganz prima zu NSU.... ist dem keine dümmere Erklärung eingefallen?

Ich finde die Zeilen über Toleranz viel bedeutender. Die passen zu keiner NSU oder ähnlichen Neonazis. Als wenn das Wort Toleranz hier jemals mit rechts in Verbindung gebracht wird. Höchstens ein wegsehen wird mal in der BRD der Polizei oder den Geheimdiensten unterstellt, aber keine Toleranz, die wird nur bei Ausländern gefordert.

dscheipi
30.08.2019, 23:17
Bin mit allem einverstanden, was Ihr geschrieben habt, aber:
Der Text des Liedes interessiert mich weniger. Ich finde es entsetzlich, was man an Kunzes Kommentar erkennen kann: Nämlich das, was das System Bundesrepublik aus vielen Menschen gemacht hat – feige Mitläufer, die, sollten sie tatsächlich mal einen Anflug von Courage gehabt haben, sich sofort dafür entschuldigen und zu Kriechern werden.

Deshalb sind Kunzes Worte

auch kaum zu verstehen. Denn gerade das genannte Theaterstück – heute brandaktuell – nimmt die aufs Korn, die sehenden Auges ins Unglück rennen und aus Feigheit für alles eine Entschuldigung finden.

Hier eine kurze Zusammenfassung.
Wirklich interessant – Das Stück ist von 1958!

Quelle: Biedermann und die Brandstifter - Zusammenfassung (https://www.inhaltsangabe.de/frisch/biedermann-und-die-brandstifter/)
https://www.inhaltsangabe.de/frisch/biedermann-und-die-brandstifter/



es gibt auch eine recht gute, kammerspielartige verfilmung in schwarz-weiss.


https://de.wikipedia.org/wiki/Biedermann_und_die_Brandstifter_%281963%29