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Vollständige Version anzeigen : Eine andere Kritik an den Arbeitsmarktreformen



Haspelbein
21.08.2019, 15:04
In der Online-Welt gab es heute einen Kommentar zur Arbeitsproduktivität (https://www.welt.de/wirtschaft/article198895433/Rezessionsgefahr-Es-ist-der-Investitionsstau.html), der mit einem leicht reisserischen DDR-Vergleich aufwartete. Die Grundaussage war jedoch einfach:

a) Die Arbeitsmarktreformen der frühen 2000er haben die Arbeit in Deutschland so verbilligt, dass notwendige Reformen ausgeblieben sind. Die Produktivität sinkt, und Deutschland verliert langfristig an Attraktivität.

b) Die Beschäftigung der Massen sollte kein Ziel einer Wirtschaftspolitik sein, sondern eher die Attraktivität des Standortes und die Erhöhung der Produktivität. Ansonsten folgt eine langsame Stagnation.


Der Kriechgang bei der Arbeitsproduktivität als Konsequenz der zurückhaltenden Investitionstätigkeit und eines damit einhergehenden langsamen Innovationstempos wird sich rächen und die wirtschaftliche Prosperität in Deutschland mehr als alles andere infrage stellen – mehr auch als Donald Trumps Aggression, Chinas Drohungen und ein ungeregelter Brexit zusammen. Denn das Wachstum der Arbeitsproduktivität ist die Grundlage, aus der sich der Anstieg der Löhne ableitet.

Das Problem bei der Investitionstätigkeit sehe ich durchaus. Bin mir aber nicht sicher, ob die Auotmatiserung wirklich so stark von der Agenda 2010 betroffen war. Dazu ist die Arbeit in Deutschland m.E. immer noch zu teuer.

Was meint ihr?

sunbeam
21.08.2019, 15:06
Die Antwort liegt in Japan! Seit Jahrzehnten alternde Gesellschaft, Deflation, aber im Gegensatz zu D. muss Japan nicht seine Nachbarn durchfüttern, kann seine Produktivität steigern ohne einen Billiglohnsektor zu haben geschweige denn diesen zu vergrößern um ökonomisch wettbewerbsfähig zu sein.

Deutschmann
21.08.2019, 15:26
Ich weiß nicht ob das an der Automatisierung liegt. Wir haben Kunden, die sind die letzten 10 Jahre durch 5 verschiedene Hände gegangen. Und jeder hat ein bischen was daran verdient. Ein weiteres Problem: Outsourcing. Und zwar nicht in Nachbarort, sondern gleich über Kontinente hinweg. Und wir hatten einen Lieferanten der in den selben Strudel geriet. Bestellungen gingen in die Schweiz. Die Lieferung kam aus Deutschland. Die Rechnung aus Holland. Eigentümer: ein Amerikaner. Ansprechpartner? Hmmm. Wohl keiner mehr. Was bleibt einem da anderes übrig als sich einen anderen Lieferanten zu suchen?

Dieses Geschacher mit Industriebetrieben ist unser größtes Problem.

Haspelbein
21.08.2019, 15:55
Die Antwort liegt in Japan! Seit Jahrzehnten alternde Gesellschaft, Deflation, aber im Gegensatz zu D. muss Japan nicht seine Nachbarn durchfüttern, kann seine Produktivität steigern ohne einen Billiglohnsektor zu haben geschweige denn diesen zu vergrößern um ökonomisch wettbewerbsfähig zu sein.

Japan hat schon diesen Sektor, nur dass die Bezahlung deutlich höher ist als anderswo. Es herrscht kein Mangel an sinnlosen oder überbezahlten Tätigkeiten. Dadurch wird die Produktivität des Landes auch ziemlich gedrückt, die ohne diesen Sektor noch deutlich höher sein könnte.

Differentialgeometer
21.08.2019, 15:55
Die Antwort liegt in Japan! Seit Jahrzehnten alternde Gesellschaft, Deflation, aber im Gegensatz zu D. muss Japan nicht seine Nachbarn durchfüttern, kann seine Produktivität steigern ohne einen Billiglohnsektor zu haben geschweige denn diesen zu vergrößern um ökonomisch wettbewerbsfähig zu sein.
Öh, 230% Staatsverschuldung und damit einsamer Spitzenreiter sprechen eine andere Sprache. Die vegetieren seit der Bankenkrise Ende der 80er dahin. Deren Glück ist, dass die Bonds vor allem inländisch gehalten werden, ansonsten könnten die einpacken.

Haspelbein
21.08.2019, 15:56
Ich weiß nicht ob das an der Automatisierung liegt. Wir haben Kunden, die sind die letzten 10 Jahre durch 5 verschiedene Hände gegangen. Und jeder hat ein bischen was daran verdient. Ein weiteres Problem: Outsourcing. Und zwar nicht in Nachbarort, sondern gleich über Kontinente hinweg. Und wir hatten einen Lieferanten der in den selben Strudel geriet. Bestellungen gingen in die Schweiz. Die Lieferung kam aus Deutschland. Die Rechnung aus Holland. Eigentümer: ein Amerikaner. Ansprechpartner? Hmmm. Wohl keiner mehr. Was bleibt einem da anderes übrig als sich einen anderen Lieferanten zu suchen?

Dieses Geschacher mit Industriebetrieben ist unser größtes Problem.

Die Frage bleibt dann, warum das Outsourcing forciert wird. Aber ich fürchte, die Antwort ist vielschichtig. Zumindest in meinem Sektor ist sie das.

Smoker
21.08.2019, 16:27
Wenn man bei verschiedenen Leuten nachfragt, z.B. bei Heise.de ...die sagen alle daß sie (sinnesgemäß) Dienst nach Vorschrift machen. Der Goßteil ist immer auf dem Sprung in einen Job wo man mehr verdient, ein weiterer großer Teil denkt dran ins Ausland zu gehen. Und immer wieder hört man: Wozu soll ich mich anstrengen? Das bringt mir nichts.

Und genau da liegt das Problem: Man verdient hier zu wenig. Nach DE will keiner der was kann. Und die die was können versuchen von hier zu verschwinden. Aber hier allein die Schuld bei den Unternehmen zu suchen ist auch wieder falsch, denn wenn man nicht gerade ein Milliardenkonzern ist, dann sitzt man als Unternehmer im selben Boot wie seine Arbeitnehmer: Man zahlt viel zu viel Steuern und Abgaben und alles ist überreguliert.

schastar
21.08.2019, 16:31
In der Online-Welt gab es heute einen Kommentar zur Arbeitsproduktivität (https://www.welt.de/wirtschaft/article198895433/Rezessionsgefahr-Es-ist-der-Investitionsstau.html), der mit einem leicht reisserischen DDR-Vergleich aufwartete. Die Grundaussage war jedoch einfach:

a) Die Arbeitsmarktreformen der frühen 2000er haben die Arbeit in Deutschland so verbilligt, dass notwendige Reformen ausgeblieben sind. Die Produktivität sinkt, und Deutschland verliert langfristig an Attraktivität.

b) Die Beschäftigung der Massen sollte kein Ziel einer Wirtschaftspolitik sein, sondern eher die Attraktivität des Standortes und die Erhöhung der Produktivität. Ansonsten folgt eine langsame Stagnation.



Das Problem bei der Investitionstätigkeit sehe ich durchaus. Bin mir aber nicht sicher, ob die Auotmatiserung wirklich so stark von der Agenda 2010 betroffen war. Dazu ist die Arbeit in Deutschland m.E. immer noch zu teuer.

Was meint ihr?

Die Produktivität ist ganz in Ordnung, nur die Arbeit wurde zu teuer. Der Staat als größter Arbeitskostentreiber braucht das Geld um seine sich selber auferlegten Verpflichtungen gegenüber arbeitsscheuem Sack und Pack zu erfüllen.

Als Beispiel, unverheiratet, kinderlos mit einem Bruttoeinkommen von 3000 Euro im Monat, tätig im Metallbau.

Kosten für den Arbeitgeber 3722

Bruttolohn 3000

Nettolohn 1960

Darauf noch Zwangsabgaben in Höhe von 460

Macht 1500 Euro für welche er tatsächlich einen Gegenwert erhält. Die Zwangsabgaben belaufen sich damit auf 2222 Euro oder gut 60%.

Von 20 Arbeitstagen im Monat schuftet er 12 Tage um seine Abgaben zu erarbeiten, 8 Tage für Essen, Unterkunft, Auto, Kleidung, Heizung, etc..

Ein Asylant mit 63 (Familiennachzug) kann nach Anerkennung direkt in das Rentensystem einwandern und erhält mindestens 800 Euro auf die Hand sowie Krankenversorgung, etc..

Haspelbein
21.08.2019, 17:41
Die Produktivität ist ganz in Ordnung, nur die Arbeit wurde zu teuer. Der Staat als größter Arbeitskostentreiber braucht das Geld um seine sich selber auferlegten Verpflichtungen gegenüber arbeitsscheuem Sack und Pack zu erfüllen.

Als Beispiel, unverheiratet, kinderlos mit einem Bruttoeinkommen von 3000 Euro im Monat, tätig im Metallbau.

Kosten für den Arbeitgeber 3722

Bruttolohn 3000

Nettolohn 1960

Darauf noch Zwangsabgaben in Höhe von 460

Macht 1500 Euro für welche er tatsächlich einen Gegenwert erhält. Die Zwangsabgaben belaufen sich damit auf 2222 Euro oder gut 60%.

Von 20 Arbeitstagen im Monat schuftet er 12 Tage um seine Abgaben zu erarbeiten, 8 Tage für Essen, Unterkunft, Auto, Kleidung, Heizung, etc..

Ein Asylant mit 63 (Familiennachzug) kann nach Anerkennung direkt in das Rentensystem einwandern und erhält mindestens 800 Euro auf die Hand sowie Krankenversorgung, etc..

Ich stimme zu, dass eine Nettobetrachtung noch düsterer aussieht. Deutschland spielt auch bei der Steuerbelastung in der Weltspitze. Jedoch sinken die Produktivitätszuwächse auch an sich in den wirtschaftlichen Aufschwungsphasen. Waren es noch um die 3% in den 80er Jahren, so sind es derzeit nur noch um die 1%.

Man darf sich natürlich fragen, was mit den Steuern geschieht.

Smoker
21.08.2019, 19:37
Man darf sich natürlich fragen, was mit den Steuern geschieht.

https://www.epochtimes.de/assets/uploads/2017/01/GettyImages-632503158-800x450.jpg

DA!

sunbeam
21.08.2019, 20:26
Öh, 230% Staatsverschuldung und damit einsamer Spitzenreiter sprechen eine andere Sprache. Die vegetieren seit der Bankenkrise Ende der 80er dahin. Deren Glück ist, dass die Bonds vor allem inländisch gehalten werden, ansonsten könnten die einpacken.

Sieh Dir mal die Arbeitslosenstatisti, Jugendarbeitslosigkeit, Steuerlast, Anzahl an Patenten, Handelsbilanz, Gesundheitssystem und die Produktivität an. Dann wirf mal ein Blick auf das Sozialsystem und zähle die im Land schmarotzenden Ausländer, insbesondere Muslime.

Rumpelstilz
21.08.2019, 20:46
Ich weiß nicht ob das an der Automatisierung liegt. Wir haben Kunden, die sind die letzten 10 Jahre durch 5 verschiedene Hände gegangen. Und jeder hat ein bischen was daran verdient. Ein weiteres Problem: Outsourcing. Und zwar nicht in Nachbarort, sondern gleich über Kontinente hinweg. Und wir hatten einen Lieferanten der in den selben Strudel geriet. Bestellungen gingen in die Schweiz. Die Lieferung kam aus Deutschland. Die Rechnung aus Holland. Eigentümer: ein Amerikaner. Ansprechpartner? Hmmm. Wohl keiner mehr. Was bleibt einem da anderes übrig als sich einen anderen Lieferanten zu suchen?

Dieses Geschacher mit Industriebetrieben ist unser größtes Problem.
Ich habe mal jemanden gefragt in der BRD, wieso dort ständig neue Industriegebäude errichtet werden, wenn die Wirtschaft jedoch nicht so gut laufen würde. Die Antwort war: der Steuern wegen.

Vielleicht sind es ja auch nicht nur Steuern, sondern auch andere Standortvorteile wie Infrastruktur usw., jedenfalls scheinen diese Vorteile einen solch grossen Posten auszumachen, dass ein Umzug, auch innerhalb der BRD, nur mit besseren Standortbedingungen, sich anscheinend lohnt.


Wenn man bei verschiedenen Leuten nachfragt, z.B. bei Heise.de ...die sagen alle daß sie (sinnesgemäß) Dienst nach Vorschrift machen. Der Goßteil ist immer auf dem Sprung in einen Job wo man mehr verdient, ein weiterer großer Teil denkt dran ins Ausland zu gehen. Und immer wieder hört man: Wozu soll ich mich anstrengen? Das bringt mir nichts.

Und genau da liegt das Problem: Man verdient hier zu wenig. Nach DE will keiner der was kann. Und die die was können versuchen von hier zu verschwinden. Aber hier allein die Schuld bei den Unternehmen zu suchen ist auch wieder falsch, denn wenn man nicht gerade ein Milliardenkonzern ist, dann sitzt man als Unternehmer im selben Boot wie seine Arbeitnehmer: Man zahlt viel zu viel Steuern und Abgaben und alles ist überreguliert.
Die eigentliche Arbeit wird nebensächlich, das Zahlen, oder eben auch Nichtzahlen, von Steuern und Abgaben wird wichtiger. Siehe auch oben.

Smoker
22.08.2019, 16:35
Die eigentliche Arbeit wird nebensächlich, das Zahlen, oder eben auch Nichtzahlen, von Steuern und Abgaben wird wichtiger. Siehe auch oben.

Das kommt auf den Betrieb an. Wenn die Firma viele große Maschienen hat, die dazu auch noch relativ spezialisiert sind, dann iss nix mit Standorthopping... das würde ettliche Millionen kosten alleine der Schwertransport dieser Anlagen... ohje,...