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Vollständige Version anzeigen : Modern Monetary Theory



Pelle
06.05.2019, 13:08
Immer mehr sogenannte Wirtschaftsexperten favorisieren MMT (Modern Monetary Theory) und wollen das Politiker MMT anwenden. Aber führt das nicht in die Katastrophe?

"Sie ist erst 25 Jahre alt, hat lange Zeit ein unscheinbares Dasein gefristet, findet aber seit Kurzem immer mehr Anhänger: Die Modern Monetary Theory (MMT), die von verschiedenen Seiten als neue Heilslehre im Finanzbereich angepriesen wird. Ihre Grundthesen stehen in der Tradition des Keynesianismus, einer Wirtschaftslehre, die die Rolle des Staates in Krisensituationen betont. Die MMT geht aber noch einen Schritt weiter und verquickt die Rolle des Staates mit der der Zentralbank. Nach Ansicht der MMT-Befürworter verteilen sich die Rollen zwischen den beiden folgendermaßen: Die Zentralbank schafft Geld, während der Staat es in Gestalt von Steuern wieder einzieht. Die MMT behauptet, dass zwischen beiden Vorgängen kein Gleichgewicht bestehen müsse, die Zentralbank also wesentlich mehr Geld schaffen könne als der Staat anschließend einziehe. Als Beleg für die Richtigkeit ihrer Thesen verweist die MMT auf das Beispiel Japan: Dort hat die Zentralbank mehr Geld ins System gepumpt als in irgendeinem anderen Land der Erde. Dass die japanische Inflationsrate trotzdem seit vier Jahren unter einem Prozent liegt, beweist nach Auffassung der MMT-Anhänger, dass die Geldschöpfung durch die Zentralbank nicht zwangsläufig in eine Inflation führen müsse und daher ruhig weiter betrieben werden könne. Diese Argumentation aber hält einer Prüfung nicht stand. Zum einen unterschlägt sie die entscheidende Tatsache, dass das von der Zentralbank geschaffene Geld nicht in die Taschen der arbeitenden Bevölkerung, sondern in die von Finanzspekulanten geflossen ist. Die wiederum haben es nicht in die Realwirtschaft, sondern in die Anleihen-, Aktien- und Immobilienmärkte gesteckt, wo wir es sogar mit einer gewaltigen Inflation zu tun haben – nur, dass man sie dort nicht so nennt, sondern von „Blasen“ spricht. Zum anderen lässt die MMT die historische Situation, in der wir uns derzeit befinden, völlig außer acht: Wir haben es nämlich seit dem Beinahe-Zusammenbruch des globalen Finanzsystems an den Finanzmärkten auf Grund der Geldinjektionen und der Zinssenkungen der Zentralbanken seit zehn Jahren mit einem künstlich erzeugten Dauer-Boom zu tun. Dessen Triebkräfte haben Nebenwirkungen, die sich in der aufziehenden Rezession deutlich zeigen werden. Wegen des rückgängigen Wirtschaftswachstums werden die Zentralbanken nämlich gezwungen sein, noch mehr Geld zu schaffen und es zu noch niedrigeren Zinsen zu vergeben. Das aber bedeutet, dass der Leitzins von vielen Zentralbanken wie der EZB in den Negativbereich abgesenkt werden muss. Solche Negativzinsen werden das klassische Geschäft der Banken – die Kreditvergabe – endgültig unprofitabel machen und sie dazu zwingen, noch stärker als bisher ins globale Finanzcasino einzusteigen. Außerdem werden noch mehr Investoren dazu verführt werden, mit geliehenem Geld zu spekulieren, was zwangsläufig noch größere Blasen an den Finanzmärkten erzeugt – mit der Folge, dass ein Crash zwar für einige Zeit hinausgezögert werden kann, danach aber umso heftiger ausfallen wird. Der größte Fehler der MMT besteht jedoch darin, Staat und Zentralbanken als unabhängige Regulatoren des Finanzsystems zu begreifen, die von der Politik in jede beliebige Richtung gelenkt werden können. Das ist historisch nicht haltbar: Sowohl der Staat als auch die Zentralbanken sind seit Jahrhunderten den Interessen der Finanzelite unterworfen und handeln in ihrem Sinne und nicht im Interesse der Allgemeinheit..."


https://www.youtube.com/watch?v=ylMxbZxC00o

Haspelbein
06.05.2019, 13:47
Unter MMT summieren sich m.W. eine ganze Reihe von Theorien, d.h. ich weiss immer nicht genau, um welchen Ansatz es genau geht. Prinzipiell überschätzen sie m.E. die Möglichkeiten der Zentralbank, und unterschätzen den Einfluss des Konsumverhaltens und der Investitionsbereitschaft der Wirtschaft. Sie gehen zudem viel zu sehr von einem nationalen Wirtschaftsmodell aus.

Oder um Japan aufzugreifen: Die Zentralbank wollte ja gerade die Inflation fördern, aber es gelang ihr nicht, da den Japanern mehr oder weniger das Vertrauen in das Wirtschaftswachstum fehlte. Diese Situation kann aber anderswo wieder völlig anders aussehen.

Ich werde immer misstrauisch, wenn jemand versucht, komplexe wirtschaftspolitische Themen auf die Geldpolitik zu reduzieren.

Pelle
06.05.2019, 18:20
Unter MMT summieren sich m.W. eine ganze Reihe von Theorien, d.h. ich weiss immer nicht genau, um welchen Ansatz es genau geht. Prinzipiell überschätzen sie m.E. die Möglichkeiten der Zentralbank, und unterschätzen den Einfluss des Konsumverhaltens und der Investitionsbereitschaft der Wirtschaft. Sie gehen zudem viel zu sehr von einem nationalen Wirtschaftsmodell aus.

Oder um Japan aufzugreifen: Die Zentralbank wollte ja gerade die Inflation fördern, aber es gelang ihr nicht, da den Japanern mehr oder weniger das Vertrauen in das Wirtschaftswachstum fehlte. Diese Situation kann aber anderswo wieder völlig anders aussehen.

Ich werde immer misstrauisch, wenn jemand versucht, komplexe wirtschaftspolitische Themen auf die Geldpolitik zu reduzieren.

Es gibt keine Wirtschaftswissenschaft, die alle komplexe wirtschaftliche Bereiche erfasst.

Haspelbein
06.05.2019, 18:30
Es gibt keine Wirtschaftswissenschaft, die alle komplexe wirtschaftliche Bereiche erfasst.

Das ist auch nicht die Frage. Mein Misstrauen tritt dann ein, wenn man eine Wirtschaftspolitik auf eine Geldpolitik reduzieren will.

Pelle
06.05.2019, 18:39
Das ist auch nicht die Frage. Mein Misstrauen tritt dann ein, wenn man eine Wirtschaftspolitik auf eine Geldpolitik reduzieren will.

Da gebe ich Dir recht! Man muss alles noch besser durchdenken.

Leibniz
07.05.2019, 19:56
Unter MMT summieren sich m.W. eine ganze Reihe von Theorien, d.h. ich weiss immer nicht genau, um welchen Ansatz es genau geht. Prinzipiell überschätzen sie m.E. die Möglichkeiten der Zentralbank, und unterschätzen den Einfluss des Konsumverhaltens und der Investitionsbereitschaft der Wirtschaft. Sie gehen zudem viel zu sehr von einem nationalen Wirtschaftsmodell aus.

Oder um Japan aufzugreifen: Die Zentralbank wollte ja gerade die Inflation fördern, aber es gelang ihr nicht, da den Japanern mehr oder weniger das Vertrauen in das Wirtschaftswachstum fehlte. Diese Situation kann aber anderswo wieder völlig anders aussehen.

Ich werde immer misstrauisch, wenn jemand versucht, komplexe wirtschaftspolitische Themen auf die Geldpolitik zu reduzieren.
So ist es. An Japan ist auch ersichtlich, dass Kapitalkosten zwar eine relevante Größe darstellen, diese alleine jedoch bei weitem unzureichend ist. Die japanischen Unternehmen erscheinen mir oft wie jene in Europa, die größtenteils nur noch Innovation und Wohlstand der Vergangenheit ernten.

Misstrauisch stimmt auch der Zeitpunkt dieser Ideen. Ein Zeitpunkt an dem US-Defizite immer bedrohlicher werden.

Sie haben darin Recht, dass der Großteil der Kreditschöpfung mit Staatsanleihen stattfindet. Die daraus abgeleiteten Implikationen erscheinen allerdings zu weitreichend.

Haspelbein
08.05.2019, 12:45
So ist es. An Japan ist auch ersichtlich, dass Kapitalkosten zwar eine relevante Größe darstellen, diese alleine jedoch bei weitem unzureichend ist. Die japanischen Unternehmen erscheinen mir oft wie jene in Europa, die größtenteils nur noch Innovation und Wohlstand der Vergangenheit ernten.

Ich halte die Japaner für durchaus kreativ, aber die Überalterung der Gesellschaft hinterlässt Spuren. Ebenso sind die streng hierarchischen Strukturen in japanischen Firmen oftmals problematisch, wenn es um einen sinnvollen Wandel der Firmenstruktur geht. Ich stimme dir ebenfalls zu, dass die Erinnerung an die vergangene Größe eines Landes hier ebenfalls hinderlich sein kann.



Misstrauisch stimmt auch der Zeitpunkt dieser Ideen. Ein Zeitpunkt an dem US-Defizite immer bedrohlicher werden.


Es ist definitiv kein Zufall. Es lassen sich dadurch Fragen vermeiden, wie man einen ausufernden Sozialstaat finanzieren soll.



Sie haben darin Recht, dass der Großteil der Kreditschöpfung mit Staatsanleihen stattfindet. Die daraus abgeleiteten Implikationen erscheinen allerdings zu weitreichend.

Ich empfinde die daraus vermeintlich resultierenden Implikationen eher schwammig, besonders wenn es darum geht, real existierende Gegenbeispiele zu dieser Theorie zu diskutieren, die es auf dem amerikanischen Kontinent ausreichend gibt.

HansMaier.
10.05.2019, 20:11
Schulden machen reich? Die wirren Versprechen einer „neuen“ Geldtheorie

Eine perfekte Geldtheorie für Sozialisten

https://www.misesde.org/?p=21792

MfG
H.Maier