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Vollständige Version anzeigen : Wie wird man eine Heuschrecke?



Mark Mallokent
31.12.2005, 20:06
Folgenden schönen Text fand ich bei "No blood for Sauerkraut" (immer lesenswert)
Aktionärsgesellschaft: Köhler will Arbeitnehmer an Kapital und Gewinnen beteiligen


Immer mehr Politiker wollen plötzlich den deutschen Arbeitnehmern mehr Geld zuschanzen. Erst riefen die Union-Granden Glos und Rüttgers nach höheren Löhnen, jetzt plädiert Bundespräsident Köhler dafür, das Unternehmen ihre Mitarbeiter mit Gewinnbeteiligungen und Aktien motivieren.

Aber während Glos und Rüttgers nur öknomischen Unsinn von sich geben, weil die Zahl der RTL-Zuschauer unter den Wählern signifikant größer ist als die der Wirtschaftsnobelpreisträger, ruft uns Köhler eine zwar alte, aber immer noch gute Idee wieder in Erinnerung. Denn nichts würde die Arbeitnehmer so sehr zur Vernunft zwingen - und gleichzeitig endlich auch mal am zusammengerafften Mehrwert teilhaben lassen - wie eine Beteiligung am eigenen Unternehmen. Gegen sich selbst streikt man nämlich nur, wenn es dafür triftigere Gründe gibt als die Machtinteressen der Gewerkschaftsfunktionäre. Nur Münte tut mir leid. Seine Sprüche werden dann bei den Wahlen eher kontraproduktiv sein, wenn erst mal jeder seine eigene Heuschrecke ist.

[...] Arbeitgeber und Arbeitnehmer müssten begreifen, "dass sie im Betrieb angesichts des weltweiten Wettbewerbs im selben Boot sitzen". Ähnliche Ideen - unter Begriffen wie stakeholder society bekannt - sind in den USA und Großbritannien spätestens seit den Tagen Ronald Reagans und Margaret Thatchers verbreitet.

Schade nur, daß eine derartig logische und erfolgreiche Idee in Deutschland erst mit einem Vierteljahrhundert Verspätung ernsthaft diskutiert wird, obwohl jeder schon seit langem live beobachten kann, wie die einstmals totgeglaubten Amerikaner und Briten sich mit ein wenig gesundem Menschenverstand am eigenen Schopf aus dem Sumpf gezogen haben, während die Weltmeister im Bedenkentragen und Besserwissen immer tiefer in die Krise schlittern.

Auch in einer weiteren Frage orientiert sich der Bundespräsident an den USA: Er plädierte dafür, über ein gesellschaftliches Grundeinkommen nachzudenken. In den USA gebe es eine "negative Einkommensteuer: Wer nichts verdient, erhält eine Grundsicherung vom Staat".

Ach, ist das schön zu sehen, wie die DGB-Granden von Peters über Bsirske bis zur unvermeidlichen Engelen-Kefer vor amerikanischen Verhältnissen warnen und das überholte Bismarck'sche Sozialstaatsmuseum des 19. Jahrhunderts verteidigen, während man auf der anderen Seite des Atlantik mit modernen Instrumenten wie steuerfinanzierter Grundsicherung, negativer Einkommenssteuer und Lohnsubventionen schon längst die Sozialsysteme des 21. Jahrhunderts einsetzt. Aber das kann man ja nicht zugeben, daß die Amis recht haben, wo wir denen doch so weit überlegen sind.

[...] Deutliche Kritik übte der Bundespräsident auch am Wahlkampf von Ex-Kanzler Gerhard Schröder (SPD). Er sei mit seinen Angriffen auf den Steuerreformer Paul Kirchhof "an die Grenze" gegangen, so dass er selbst überlegt habe, mäßigend einzugreifen. "Ich dachte, es darf doch nicht wahr sein, dass man einen zwar eigenwilligen, aber doch auch klugen Mann wie Paul Kirchhof als Fantasten und Anwalt der sozialen Kälte stigmatisiert."

Das ist mal richtig mutig! Man sieht, daß da jemand nichts mehr werden will und deswegen auch mal Wahrheiten aussprechen kann, die sich nicht nur einem BILD-Leser nicht auf Anhieb erschließen, sondern an denen auch erwiesene Weltökonomen wie Oskar Lafontaine regelmäßig scheitern. Zu spät für Kirchhof, aber immer hin haben wir einen Köhler. Das gibt einem dann doch noch ein wenig Hoffnung selbst für dieses Land. Vielleicht kann man auf die GreenCard-Lotterie am Ende ja sogar verzichten...

Igel
01.01.2006, 07:36
wirklich lesenswert aber sicher nicht verstaendlich fuer einige deutsche. :)

so, seit letztem jahr gehe ich jetzt das erste mal schlafen.

happy new year ;)

Giftzwerg
01.01.2006, 09:04
Ich bin mir unsicher, dass, wenn es wirklich darum geht, dass die Arbeitnehmer sich Aktien kaufen, Köhler das so rüberbringen wollte.

Köhler wollte wohl eher ausdrücken "Ja, ihr kriegt doch noch mehr Geld von den Unternehmen, den pöhsen Heuschrecken". Selbst wenn er etwas anderes meint, hat er es absichtlich so gesagt, weil das gute Propaganda für den nächsten Wahlkampf ist.

WALDSCHRAT
01.01.2006, 10:26
M.M.n. sollte das Ganze anders laufen:

Die Grundidee des Ausgangsbeitrages finde ich gar nicht mal schlecht.

Nur:

Ein zusätzliches Entgelt für AN' s als Teilhaber von AG's sollte so gesetzlich verankert werden, daß die AN's für jedes Jahr ihrer erfolgreichen Tätigkeit in den Firmen neben dem Gehalt Aktienanteile bekommen. Diese dürfen dann frühestens nach -angenomm- 10 Jahren nach einem evtl. Auschscheiden aus dem Unternehmen an der Börse verkauft werden. Dies deshalb, damit man die AN's "bei der Stange hält".

:)

Gruß

Henning

wtf
01.01.2006, 11:05
Ich fände es gut, wenn AN wahlweise einen Teil ihres Lohns als Aktienanteile erhalten könnten. Indirekt ist das natürlich heute schon der Fall, weil niemand daran gehindert wird, Aktien zu kaufen.

Die Äußerung Köhlers wird natürlich von Typen jeder Couleur genau passend zur eigenen Meinung umgebogen.

Giftzwerg
01.01.2006, 11:55
Ich fände es gut, wenn AN wahlweise einen Teil ihres Lohns als Aktienanteile erhalten könnten. Indirekt ist das natürlich heute schon der Fall, weil niemand daran gehindert wird, Aktien zu kaufen.Jepp - diese Sache einzuführen ist überflüssig. Jeder kann einen beliebig grossen Teil seines Lohnes in Aktien stecken.


Die Äußerung Köhlers wird natürlich von Typen jeder Couleur genau passend zur eigenen Meinung umgebogen.Ich glaube, sie zielt darauf ab..

SAMURAI
01.01.2006, 18:39
.................... Voraussetzung ist viel eigene Kohle oder Kohle anderer . :rolleyes:

twoxego
02.01.2006, 23:19
Denn nichts würde die Arbeitnehmer so sehr zur Vernunft zwingen - und gleichzeitig endlich auch mal am zusammengerafften Mehrwert teilhaben lassen - wie eine Beteiligung am eigenen Unternehmen.



sagt dir der begriff " selbstausbeutung " etwas ?

so erfolgreich, wie du es gerne hättest, war dieses modell nie.
siehe; unzählige firmenpleiten in silicon valley, wo diese methode häufig brauch war. die beteiligung am eigentum allein ist unnütz, solange nicht mitwirkung an firmenentscheidungen dazukommt und die gewähren die bosse nur äusserst ungern.
d.h. der chef trifft weiter einsame entscheidungen. die risiken der freien wirtschaft aber tragen auch die beschäftigten. so kann die lösung unserer
probleme nicht aussehen.

das köhler leuten, die so etwas als allheilmittel preisen, den rücken stärkt,
ist angesichts seines backgrounds nicht verwunderlich.da fallen mir doch glatt
krähen und ihre augen ein.

schröder als gegenpart hinzustellen, tut dem mann unverdiente ehre an.
er gehört ganz sicher nicht zu den wirtschafftspolitischen grossdenkern dieses landes.
das hat er lange genug bewiesen.

Megaman
03.01.2006, 03:37
sagt dir der begriff " selbstausbeutung " etwas ? So etwas stammt sehr wahrscheinlich von einem Faulenzer.


so erfolgreich, wie du es gerne hättest, war dieses modell nie.
siehe; unzählige firmenpleiten in silicon valley, wo diese methode häufig brauch war. die beteiligung am eigentum allein ist unnütz, solange nicht mitwirkung an firmenentscheidungen dazukommt und die gewähren die bosse nur äusserst ungern.Ach ne, sag nicht so was. Wieso werden dann die Aktionäre ständig als Kapitalistenschweine, Raubtierkapitalisten oder Ausbeuter verschrien?

Giftzwerg
03.01.2006, 08:41
die beteiligung am eigentum allein ist unnützOch, also manche Leute (z.B. aus den USA oder aus Großbritannien) haben Unternehmen aufgekauft und alle meinten, es seie eine Katastrophe.. :rolleyes:

So machtlos sind die Eigentümer wohl nicht..

Leyla
03.01.2006, 09:36
Ein zusätzliches Entgelt für AN' s als Teilhaber von AG's sollte so gesetzlich verankert werden, daß die AN's für jedes Jahr ihrer erfolgreichen Tätigkeit in den Firmen neben dem Gehalt Aktienanteile bekommen. Diese dürfen dann frühestens nach -angenomm- 10 Jahren nach einem evtl. Auschscheiden aus dem Unternehmen an der Börse verkauft werden. Dies deshalb, damit man die AN's "bei der Stange hält".Warum gehst Du davon aus, dass die meisten Unternehmer ihre Angestellten so lange wie möglich behalten wollen?

Ich habe eher einen gegenteiligen Eindruck. Die faktische Probezeit für Neueinstellungen wurde doch gerade erst auf zwei Jahre verlängert. Da werden viele einen auf "hire and fire" machen. Leute in der Probezeit machen schließlich viel bereitwilliger unbezahlte Überstunden als Festangestellte mit Kündigungsschutz. Jemanden nach einer halbjährigen Probezeit zu feuern lohnt sich nur, wenn er in der Firma sehr simple Aufgaben hat. Ansonsten lohnt sich die Einarbeitung nicht unbedingt, wenn man jemanden raussschmeißt, sobald er Routine hat und die Kollegen, Kunden, etc. sich endlich seinen Namen gemerkt haben. Aber nach zwei Jahren hat sich das schon eher gerechnet.

Nee, ich fürchte, die hohe Fluktuation liegt weniger an den "AN´s" die nicht bei der Stange bleiben wollen, als an den Unternehmen, die im Zweifelsfall lieber befristet einstellen und noch mal verlängern, um den optimalen Leistungsdruck ausüben zu können.

lupus_maximus
03.01.2006, 10:44
Warum gehst Du davon aus, dass die meisten Unternehmer ihre Angestellten so lange wie möglich behalten wollen?

Ich habe eher einen gegenteiligen Eindruck. Die faktische Probezeit für Neueinstellungen wurde doch gerade erst auf zwei Jahre verlängert. Da werden viele einen auf "hire and fire" machen. Leute in der Probezeit machen schließlich viel bereitwilliger unbezahlte Überstunden als Festangestellte mit Kündigungsschutz. Jemanden nach einer halbjährigen Probezeit zu feuern lohnt sich nur, wenn er in der Firma sehr simple Aufgaben hat. Ansonsten lohnt sich die Einarbeitung nicht unbedingt, wenn man jemanden raussschmeißt, sobald er Routine hat und die Kollegen, Kunden, etc. sich endlich seinen Namen gemerkt haben. Aber nach zwei Jahren hat sich das schon eher gerechnet.

Nee, ich fürchte, die hohe Fluktuation liegt weniger an den "AN´s" die nicht bei der Stange bleiben wollen, als an den Unternehmen, die im Zweifelsfall lieber befristet einstellen und noch mal verlängern, um den optimalen Leistungsdruck ausüben zu können.
Es liegt eher an den AN, die wenigsten Unternehmer schlagen sich gerne mit absoluten Besserwissern rum, sondern legen sich lieber einen anständigen Maschinenpark zu, der nicht ständig Lohnerhöhung fordert und auch kaum krank wird.
Das Beste ist, man braucht überhaupt keine AN, jeder holt sich sein Geld auf dem Sozialamt und der Staat druckt bei Bedarf Geld nach und alle sind zufrieden!

Leyla
03.01.2006, 11:09
Es liegt eher an den AN, die wenigsten Unternehmer schlagen sich gerne mit absoluten Besserwissern rum...Für dich dürfte es in der Tat schwer sein, jemanden zu finden, der nicht alles besser weiß.

Der Gerechte
03.01.2006, 11:14
Es liegt eher an den AN, die wenigsten Unternehmer schlagen sich gerne mit absoluten Besserwissern rum, sondern legen sich lieber einen anständigen Maschinenpark zu, der nicht ständig Lohnerhöhung fordert und auch kaum krank wird.
Das Beste ist, man braucht überhaupt keine AN, jeder holt sich sein Geld auf dem Sozialamt und der Staat druckt bei Bedarf Geld nach und alle sind zufrieden!

Die Arbeitnehmer fordern ständig gerechte Entlohnung und wenn sie krank sind ,
bekommen sie auch noch Krankengeld .
Das ist eine Unverschämtheit !

Megaman
04.01.2006, 09:02
Ich bin überzeugt, die Robotik wird ihren wahren Sieg erst noch feiern. Keine dummen, jammernden, schreienden, selbstgerechten, faulen Arbeiter mehr. :] Auf das wir den Robotern einen Platz in unserer Gesellschaft bieten.

lupus_maximus
04.01.2006, 09:06
Ich bin überzeugt, die Robotik wird ihren wahren Sieg erst noch feiern. Keine dummen, jammernden, schreienden, selbstgerechten, faulen Arbeiter mehr. :] Auf das wir den Robotern einen Platz in unserer Gesellschaft bieten.Wenn ich hier manche Kommentare von Unternehmergegnern so lese, kann ich eigentlich auch nur noch für Roboter schwärmen.

Giftzwerg
04.01.2006, 09:55
Das Blöde ist halt, dass die Leute sich immer neue Sachen finden, die nicht automatisiert werden können und bei denen bezahlte Arbeit möglich ist. Das führt alles wieder zum Ursprungsproblem zurück. :(

:D :D :D

WALDSCHRAT
04.01.2006, 10:15
Warum gehst Du davon aus, dass die meisten Unternehmer ihre Angestellten so lange wie möglich behalten wollen?

Ich habe eher einen gegenteiligen Eindruck. Die faktische Probezeit für Neueinstellungen wurde doch gerade erst auf zwei Jahre verlängert. Da werden viele einen auf "hire and fire" machen. Leute in der Probezeit machen schließlich viel bereitwilliger unbezahlte Überstunden als Festangestellte mit Kündigungsschutz. Jemanden nach einer halbjährigen Probezeit zu feuern lohnt sich nur, wenn er in der Firma sehr simple Aufgaben hat. Ansonsten lohnt sich die Einarbeitung nicht unbedingt, wenn man jemanden raussschmeißt, sobald er Routine hat und die Kollegen, Kunden, etc. sich endlich seinen Namen gemerkt haben. Aber nach zwei Jahren hat sich das schon eher gerechnet.

Nee, ich fürchte, die hohe Fluktuation liegt weniger an den "AN´s" die nicht bei der Stange bleiben wollen, als an den Unternehmen, die im Zweifelsfall lieber befristet einstellen und noch mal verlängern, um den optimalen Leistungsdruck ausüben zu können.

Das sehe ich etwas anders.

Wäre ich wieder Unternehmer, würde ich an einem Guten eher festhalten, als einen Neuen einzuarbeiten, nur um damit Geld einzusparen.

Du vergißt in meinen Augen den Faktor "Vertrauen" Der ist fast unbezahlbar.

Gruß

Henning

Don
13.01.2006, 19:06
Jepp - diese Sache einzuführen ist überflüssig. Jeder kann einen beliebig grossen Teil seines Lohnes in Aktien stecken.
Sehe ich ebenso, es gibt aber noch mehr Gründe.

1. gesetzlich vorgeschriebene Umwandlung von Gehaltsteilen in Unternehmensanteile, womöglich noch von Gewerkschaften bis ins Detail in Tarifverträgen fixiert, stellt lediglich einen weiteren bürokratischen Sargnagel für die Untenehmen dar.

2. Ich würde mich als Angestellter mit Händen und Füssen dagegen wehren an etwas finaziell beteiligt zu werden, an dem ich eventuell gar nicht beteiligt werden will, gleichgültig aus welchen Gründen.

3. Es gibt, Ausnahmen bestätigen die Regel, generell Interessenskonflikte zwischen Kapitaleignern und Beschäftigten.
Diese lassen sich, ebenfalls in der Regel, zur allseitigen Zufriedenheit lösen.
Den Beschäftigten vorzuspiegeln sie hätten mit ein paar Aktien, vermutlich so in der Höhe der VWL, irgendwelche Möglichkeiten die Geschicke ihrer Unternehmen mitzugestalten halte ich für Volksverdummung.

4. Eine interessante Möglichkeit für Manager mit vielleicht nicht ganz lauteren Absichten, sich billig Anleihekapital zu beschaffen um es folgenlos zu verbraten.

twoxego
13.01.2006, 20:36
ich danke don für seine richtigstellung.

fast dachte ich doch, rückwärts schreiben lernen zu müssen so dass, nachdem ihr die worte umgedreht habt........


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