PDA

Vollständige Version anzeigen : Wider den Dogmen u. Ideologien - Geschichte ist nicht Moral - für die Freiheit der W.



Rikimer
26.12.2005, 19:57
Wider den Dogmen u. Ideologien - Geschichte ist nicht Moral - für die Freiheit der Wissenschaft



Geschichte ist nicht Moral
Blinde Flecke: Französische Historiker mahnen ein wissenschaftliches Ideal an

In Frankreich haben sich 19 Historiker in einem Manifest „Freiheit für die Geschichte“ gegen die gesetzliche Festschreibung und juristische Sanktionierung geschichtlicher Sachverhalte und ihrer Interpretationen verwahrt. Anlaß ist die Neuregelung, an französischen Schulen die „positiven Aspekte“ der Kolonialherrschaft hervorzuheben. Der am 13. Dezember in der linksliberalen Zeitung Libération publizierte Appell bezieht sich auch auf französische Gesetze, die den Holocaust, das Massaker an den Armeniern und die Sklaverei betreffen.

Die Kernaussagen lauten: „Die Geschichte ist keine Religion. Der Historiker akzeptiert kein Dogma, respektiert kein Verbot, kennt keine Tabus. Er kann stören. – Die Geschichte ist nicht die Moral. Es ist nicht die Rolle des Historikers, zu preisen und zu verdammen; er erklärt. – Die Geschichte ist nicht die Sklavin der Aktualität. Der Historiker drückt der Vergangenheit nicht die ideologischen Schemata der Gegenwart auf und bringt in die Ereignisse von einst nicht die Sensibilität von heute. – Die Geschichte ist kein Rechtsgegenstand. In einem freien Staat ist es weder Sache des Parlaments noch der Justiz, geschichtliche Wahrheit zu definieren.“

Die Sätze beschreiben das Ideal reiner wissenschaftlicher Anschauung, das ein Wissenschaftler zwar nicht erreichen kann, das er aber nie vergessen darf, will er sich nicht an sachfremde Zwecke verlieren. Sie drücken genau das aus, was der Historiker Ernst Nolte für sich stets in Anspruch genommen hat und womit er unter den deutschen Historikern zum „einsamen Wolf“ (Horst Möller) geworden ist.

Die Erklärung wurde am 14. Dezember veröffentlicht. Die unmittelbaren Reaktionen im deutschsprachigen Feuilleton waren spärlich. Die Neue Zürcher Zeitung veröffentlichte zwei Tage später einen umfangreichen Artikel, der sich auf die ausführliche Information beschränkte. „Perlentaucher“, der Feuilletondienst im Internet, enthielt einen Link zum französischen Originaltext.

Am 17. Dezember erschien im Feuilleton der Berliner Zeitung ein scharfsinniger, engagierter Artikel, der einen Zusammenhang herstellte zwischen dem Manifest und den Äußerungen des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad, der behauptet hatte, die Europäer hätten „einen Mythos geschaffen, daß Juden massakriert wurden, und diesen Mythos stellen sie über Gott, Religionen und Propheten“.

Nach einer Verurteilung seiner antisemitischen Intention konnte der Autor in Ahmadinedschads Wahnsinn insoweit einen rationalen Kern erkennen, als „unsere Überzeugungen auch weit stärker sind, was den Holocaust betrifft, als was Jesu Wirken angeht. In diesem Sinne hat die Vergangenheitspolitik tatsächlich Bedeutungen übernommen, die die Religion früher hatte.“

Sollte die Beobachtung zutreffen, wäre das ein dringender Grund, möglichen Gefahren einer neuen Inquisition nachzuspüren. Der Blick müßte dann auf Paragraph 130, Abschnitt 3 Strafgesetzbuch (StGB) fallen, in dem es heißt: „Mit Freiheitsstrafe bis zu 5 Jahren oder Geldstrafe wird bestraft, wer eine unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlung (...), in einer Weise, die geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören, öffentlich oder in einer Versammlung billigt, leugnet oder verharmlost.“

Womit wir wieder bei dem Aufruf der französischen Historiker wären. Paragraph 130 StGB legt zwar nicht fest, was die geschichtliche Wahrheit ist, sondern kündigt nur Strafen an für den Fall ihrer Mißachtung. Diese scheinbare Großzügigkeit schafft jedoch erst recht ein Klima der Angst, der Einschüchterung, des Eiferer- und Muckertums. Für Wissenschaftler und Journalisten wird es unkalkulierbar, ihre Forschung und Meinungsfindung am Ethos ihrer Berufe auszurichten und die Konfrontation mit der von staatlichen Stellen favorisierten Geschichtsliturgie zu riskieren und auf deren Lücken und blinde Flecke hinzuweisen.

Historiker, die Ereignisse aus der Zeit des Nationalsozialismus nicht nur aus dessen Eigendynamik, sondern auch in einem zeitlich und räumlich größeren Kontext erklären („rationalisieren“), müssen sich fragen, ob sie nicht den Eindruck erwecken, diese zu „billigen“.

Gerade wird die Existenz eines britischen Folterlagers in Norddeutschland vermeldet, wo zwischen 1945 und 1947 deutsche Gefangene gequält wurden (siehe hierzu auch den Kommentar auf Seite 2 dieser Ausgabe).

Historiker, die nachforschen wollten, ob und wieweit durch Folter erpreßte Aussagen in das Geschichtsbild eingegangen sind, könnten sich der Vorbereitung zur „Leugnung“ von NS-Verbrechen verdächtig machen. Und wer bestreitet, daß die Vertreibung der Deutschen aus den Ostgebieten eine direkte Folge des Holocausts sei, könnte diesen bereits „verharmlosen“.

Das ist die Stunde der Nachrangigen. Für qualifizierte Historiker war es demütigend zu erleben, daß Figuren wie Rosh, Goldhagen oder Heer jahrelang die geschichtspolitischen Debatten dominierten. Es war die Demütigung des Geistigen überhaupt.

Das Beispiel Frankreichs zeigt, das ein Land nicht notwendigerweise eine totalitäre Vergangenheit haben muß, um in diesen regressiven Zustand zu geraten. Zukünftige Historiker werden darin vielleicht einmal ein neuartiges Phänomen erkennen, das demokratische Länder produzieren, wenn sie in die Phase des allgemeinen Abstiegs eintreten.

Doris Neujahr


Quelle:
http://www.jungefreiheit.de/


Sehr interessant. Es gilt antifreiheitlichen Tendenzen in Europa entgegen zu wirken. Dafür sei diesen französischen Wissenschaftlern dank ausgesprochen. Umso bedenklicher das sich im deutschsprachigen Raum nicht mal ne handvoll Medien für dieses Manifest interessieren, welches ich noch einmal zusammenfassen möchte:

„Die Geschichte ist keine Religion. Der Historiker akzeptiert kein Dogma, respektiert kein Verbot, kennt keine Tabus. Er kann stören.

Die Geschichte ist nicht die Moral. Es ist nicht die Rolle des Historikers, zu preisen und zu verdammen; er erklärt.
Die Geschichte ist nicht die Sklavin der Aktualität. Der Historiker drückt der Vergangenheit nicht die ideologischen Schemata der Gegenwart auf und bringt in die Ereignisse von einst nicht die Sensibilität von heute.
Die Geschichte ist kein Rechtsgegenstand. In einem freien Staat ist es weder Sache des Parlaments noch der Justiz, geschichtliche Wahrheit zu definieren.“


weitere Links:

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/feuilleton/510066.html

http://www.nzz.ch/2005/12/16/fe/articleDEZCU.html

Welch ein jämmerliches Bild bietet sich uns doch in unseren Eliten? Und wohin steuert Europa? :rolleyes:

MfG

Rikimer

Platon
26.12.2005, 20:28
das Beispiel des iranischen Präsidenten zeigt deutlich das Problem bei der Sache
wo ist die Grenze zwischen Rationalität und dumpfer Leugnung?
das ist doch das eigentliche Hauptproblem, das Ergebnis ist eine totalitäre Geschichtsschreibung welche eben auch mal den falschen trifft was ja hier bemängelt wird

Der Satz:
"Zukünftige Historiker werden darin vielleicht einmal ein neuartiges Phänomen erkennen, das demokratische Länder produzieren, wenn sie in die Phase des allgemeinen Abstiegs eintreten."
musste anscheinend zum Schluss noch sein :2faces:
aber er wertet den ganzen Text ab, ich hätte ihn weggelassen

Rikimer
26.12.2005, 20:40
das Beispiel des iranischen Präsidenten zeigt deutlich das Problem bei der Sache
wo ist die Grenze zwischen Rationalität und dumpfer Leugnung?
das ist doch das eigentliche Hauptproblem, das Ergebnis ist eine totalitäre Geschichtsschreibung welche eben auch mal den falschen trifft was ja hier bemängelt wird

Der Satz:
"Zukünftige Historiker werden darin vielleicht einmal ein neuartiges Phänomen erkennen, das demokratische Länder produzieren, wenn sie in die Phase des allgemeinen Abstiegs eintreten."
musste anscheinend zum Schluss noch sein :2faces:
aber er wertet den ganzen Text ab, ich hätte ihn weggelassenNaja, an einzelnen Nebensätzen würde ich einen Text nicht bewerten. Richtig ist allerdings das es auch mir als Schlußsatz nicht sehr gelungen erscheint. Wenn es auch die indirekte Frage aufwirft: Wie kann es zu so einer Entwicklung kommen? Weg von der Freiheit der Forschung in eine "disziplinierte" Wissenschaft, unterworfen den herrschenden Ideologien, Dogmen, dem Zeitgeist?

Das scheint schließlich nicht unbedingt nur eine Gefahr für Diktaturen zu sein, sondern auch für "Demokratien" wie unserere westlichen....

MfG

Rikimer

Platon
26.12.2005, 20:56
Naja, an einzelnen Nebensätzen würde ich einen Text nicht bewerten. Richtig ist allerdings das es auch mir als Schlußsatz nicht sehr gelungen erscheint. Wenn es auch die indirekte Frage aufwirft: Wie kann es zu so einer Entwicklung kommen? Weg von der Freiheit der Forschung in eine "disziplinierte" Wissenschaft, unterworfen den herrschenden Ideologien, Dogmen, dem Zeitgeist?

Das scheint schließlich nicht unbedingt nur eine Gefahr für Diktaturen zu sein, sondern auch für "Demokratien" wie unserere westlichen....

MfG

Rikimer
Das die Geschichte für das Volk etwas freundlich dargestellt wird ist auch keine neue Entwicklung. Selbst bei den Ägyptern war man Propagandamäßig schon ziemlich gut dabei. (Wobei andere Völker wie die Hethiter recht realistisch waren, denn Gott hat bei ihnen alles gesehen daher war lügen vor Gott sinnlos. Bei den Ägyptern war der Fälscher(Pharao nach verlorener Schlacht) selbst ein Gott.)
Daher sehe ich das ganze Thema jetzt derzeit nicht so dramatisch wie vielleicht andere im Forum. Das durch diesen menschlichen Wesenszug die eigenen Taten immer etwas besser in Erinnerung zu haben als der Feind erscheint mir als normal. Du schreibst ja selbst die Diktaturen wie die westl. Demokratien, ich frage dich jetzt? Wer macht es nicht? War es jemals anders (in den kritischen "Aufreger"themen zumindest)?
Trotzdem ist die wichtigste Frage immer noch:
Wo ist die Grenze zwischen Rationalität und dumpfer Leugnung?
bzw. ist dies alles mit der Meinungsäußerung gleichzusetzen welche zu den elemtaren Freiheitsrechten der Menschheit gehört? Darf ich bewusst lügen? Voltaire wird der folgende Spruch zugeschrieben:
"Du bist anderer Meinung als ich und ich werde dein Recht dazu bis in den Tod verteidigen."
Doch ein anderer Spruch von ihm ist:
"Bedenkt, dass Fanatiker gefährlicher sind als Schurken. Einen Besessenen kann man niemals zur Vernunft bringen, einen Schurken wohl." - Potpourri
Wir sehen, Vernunft und Wahnsinn liegen hier nah beieinander. :))

Rikimer
26.12.2005, 21:15
Das die Geschichte für das Volk etwas freundlich dargestellt wird ist auch keine neue Entwicklung. Selbst bei den Ägyptern war man Propagandamäßig schon ziemlich gut dabei. (Wobei andere Völker wie die Hethiter recht realistisch waren, denn Gott hat bei ihnen alles gesehen daher war lügen vor Gott sinnlos. Bei den Ägyptern war der Fälscher(Pharao nach verlorener Schlacht) selbst ein Gott.)
Daher sehe ich das ganze Thema jetzt derzeit nicht so dramatisch wie vielleicht andere im Forum. Das durch diesen menschlichen Wesenszug die eigenen Taten immer etwas besser in Erinnerung zu haben als der Feind erscheint mir als normal. Du schreibst ja selbst die Diktaturen wie die westl. Demokratien, ich frage dich jetzt? Wer macht es nicht? War es jemals anders (in den kritischen "Aufreger"themen zumindest)?
Trotzdem ist die wichtigste Frage immer noch:
Wo ist die Grenze zwischen Rationalität und dumpfer Leugnung?
bzw. ist dies alles mit der Meinungsäußerung gleichzusetzen welche zu den elemtaren Freiheitsrechten der Menschheit gehört? Darf ich bewusst lügen? Voltaire wird der folgende Spruch zugeschrieben:
"Du bist anderer Meinung als ich und ich werde dein Recht dazu bis in den Tod verteidigen."
Doch ein anderer Spruch von ihm ist:
"Bedenkt, dass Fanatiker gefährlicher sind als Schurken. Einen Besessenen kann man niemals zur Vernunft bringen, einen Schurken wohl." - Potpourri
Wir sehen, Vernunft und Wahnsinn liegen hier nah beieinander. :))
Vielleicht bin ich dieser Sache auch zu sehr ein Idealist oder habe zu sehr das Gerede von der "Freiheit der Forschung und der Wissenschaft" verinnerlicht.

Was die Meinungsfreiheit betrifft so bin ich stets dafür die Grenzen so weit wie möglich zu setzen. Ich will nichts was auch nur im Ansatz an die totalitären Systeme des 20. Jhd. (z. B. Kommunismus oder Nationalsozialismus) erinnert. Und hier ist mir doch dieser Zitat von Voltaire ein Vorbild. Und ich mißtraue jedem der zu meinem Schutze oder aufgrund welcher Bedenken auch immer, mir meine Freiheit nehmen bzw. einschränken will.

MfG

Rikimer

Platon
26.12.2005, 21:38
Vielleicht bin ich dieser Sache auch zu sehr ein Idealist oder habe zu sehr das Gerede von der "Freiheit der Forschung und der Wissenschaft" verinnerlicht.

Was die Meinungsfreiheit betrifft so bin ich stets dafür die Grenzen so weit wie möglich zu setzen. Ich will nichts was auch nur im Ansatz an die totalitären Systeme des 20. Jhd. (z. B. Kommunismus oder Nationalsozialismus) erinnert. Und hier ist mir doch dieser Zitat von Voltaire ein Vorbild. Und ich mißtraue jedem der zu meinem Schutze oder aufgrund welcher Bedenken auch immer, mir meine Freiheit nehmen bzw. einschränken will.
MfG
Rikimer
nun der Konflikt zwischen Freiheit und Sicherheit ist ein Grundthema der Politik schon immer gewesen und wird es auch immer sein
man wird immer zur Bewahrung der Sicherheit Freiheit einschränken müssen
dies geschieht theoretisch zwangsläufig wo man sich einer Gruppe anschließt und ein Teil seiner Arbeitskraft durch Steuern oder ähnliches bereitstellt. Die Gegenleistung ist Sicherheit vor anderen Mitglieder der Gruppe und der Umwelt im allgemeinen.
Es ist ein sehr komplexes Thema denn
Jetzt haben wir die Frage wo unsere Sicherheit in Sachen totaler Meinungsfreiheit gefährdet ist.
Nun sie ist gefährdet sobald jemand permanent Lügen verbreitet. Die Wahrheit muss also geschützt werden, nur gibt es eine allgemeine Wahrheit?
Vermutlich nicht.
Theoretisch müsste man mit Argumenten dagegen vorgehen können(z.B. im Fall Holocaust wo die Beweislage eindeutig ist, es jedoch immer noch ein paar gibt welche diese Argumente schlichtweg ignorieren) doch ein weiteres Zitat von irgendwem ziehe man zudem sich ebenfall rein:
"Die Meinungsfreiheit gibt dir noch lange nicht das Recht in einem vollgestopften Theater FEUER zu brüllen"
Ich denke hier wird das Problem klar.
Theoretisch ist die absolute Freiheit zu sagen was man will wünschenswert, doch in der Praxis birgt diese Freiheit große Gefahren.

Rikimer
26.12.2005, 22:35
nun der Konflikt zwischen Freiheit und Sicherheit ist ein Grundthema der Politik schon immer gewesen und wird es auch immer sein
man wird immer zur Bewahrung der Sicherheit Freiheit einschränken müssen
dies geschieht theoretisch zwangsläufig wo man sich einer Gruppe anschließt und ein Teil seiner Arbeitskraft durch Steuern oder ähnliches bereitstellt. Die Gegenleistung ist Sicherheit vor anderen Mitglieder der Gruppe und der Umwelt im allgemeinen.
Es ist ein sehr komplexes Thema denn
Jetzt haben wir die Frage wo unsere Sicherheit in Sachen totaler Meinungsfreiheit gefährdet ist.
Nun sie ist gefährdet sobald jemand permanent Lügen verbreitet. Die Wahrheit muss also geschützt werden, nur gibt es eine allgemeine Wahrheit?
Vermutlich nicht.
Theoretisch müsste man mit Argumenten dagegen vorgehen können(z.B. im Fall Holocaust wo die Beweislage eindeutig ist, es jedoch immer noch ein paar gibt welche diese Argumente schlichtweg ignorieren) doch ein weiteres Zitat von irgendwem ziehe man zudem sich ebenfall rein:
"Die Meinungsfreiheit gibt dir noch lange nicht das Recht in einem vollgestopften Theater FEUER zu brüllen"
Ich denke hier wird das Problem klar.
Theoretisch ist die absolute Freiheit zu sagen was man will wünschenswert, doch in der Praxis birgt diese Freiheit große Gefahren.
Eben dieses immer bin ich nicht bereit zu akzeptieren! Ich bin mir ziemlich sicher das die Begründungen für die Beschneidung der Freiheit in allen Systemen recht ähnlich sind, immer wird etwas hehres, vermeintlich gutes, als Begründung vorgeschoben.

Aber sollte ich das akzeptieren? In Untertanen- und Sklavenmentalität?

Was trifft zu:

a) Nur in Sicherheit ist Freiheit möglich!?
b) Nur in Freiheit ist Sicherheit möglich!?

Aus welcher Blickrichtung wollen wir das betrachten? Aus der des Staates, der Eliten, irgenwelcher Interessenverbände, des einfachen Bürgers ...?

Ist die Sicherheit, welche, durch die totale Meinungsfreiheit, bzw. überhaupt einer Meinungsfreiheit gefärdet?

Was gefährdet die Sicherheit? Von wem gefährdet es die Sicherheit durch wen? Es gibt hierbei sovieles zu beachten. Eins, zwei Begriffe und doch hat jeder ein anderes Bild vor Augen, auch wenn beide denken man spräche über dasselbe. ;)

Was gefährdet die Sicherheit des Einzelnen, des Individuums?


- die totale Individuumisierung?
- die vollkommene gesellschaftliche Liberalisierung?
- die Atomarisierung der Gesellschaft, also Zerstörung der Familien in Kleinstfamilien bis hin zum Singleleben?
- der Sozialstaat, der diese Entwicklung, nämlich die totale Abhängigkeit vom Staat, unterstützt?
- die Tatsache der Staat dem Bürger aus der einen Tasche nimmt um sie ihm dies dann wieder gönnerhaft in die andere Tasche zu stecken und hierfür auch noch Dankbarkeit erwartet vom "undankbaren", "unmündigen" Volk?
- der Überwachungs- Sicherheitsstaat (später gar auch Polizeistaat), der zielstrebig ausgebaut wird, weil die derzeitige Legitimation des Staates als Sozialstaat, welches die Bevölkerung ruhig hält, in Zukunft nicht mehr aufrecht zu erhalten ist?
- die Beschneidung der Rechte der Bürger aufgrund vorgeschobener Sicherheitsbedenken?
- die Förderung der Ideologie Multikulti, was die Masseneinwanderung auch in wirtschaftlich schlechten Zeiten, in Zeiten hoher Massenarbeitslosigkeit, beinhaltet? Und dann aufgrund der dadurch auch negativ hervorgerufenen Aspekte, wie z. B. der Kriminalität und den Import kulturfremder nichtintegrierbarer Unterschichten, die Bürger in Kollektivhaft zu nehmen und sie hierfür büßen zu lassen?
...

Ich bin der Meinung das nicht ein zentralistischer Staat, also von ganz oben herab, die Sicherheit des einzelnen gewährleisten kann. Er kann es vielleicht in der Sicherheit von größeren, z. b. in der Abwehr von Aggressionen von außerländischen staatsähnlichen Organisationen oder Staaten erreichen. Für die Sicherheit des Individuums dagegen kann meiner Meinung nach nur etwas direkteres sorgen. Also die unmittelbare Familie, die Sippe, der Stamm. Oder z. B. die Gemeinde, die Stadt. Gerade auch deswegen befürworte ich eine Basisdemokratie auf kommunaler städtischer Ebene. Auf größerer Ebene bin ich mir nicht sicher ob die Demokratie wirklich das Beste Mittel ist. Auf kleinerer Ebene dagegen bin ich der Meinung das die Unmittelbaren am besten wissen was für sie gut ist. Das sie selbst über sich bestimmen sollten. Z. B. ob sie die Einwanderung in ihre Kommune oder Stadt befürworten oder nicht. Ob sie die konsequente Auweisung von straffälligen in ihre Heimatländer wünschen oder nicht. Ob sie die Erhöhung der Steuern wünschen oder nicht, wie sie die Steuermittel einzusetzen gedenken, in welcher Höhe usw. Und wie sie ihre eigene Sicherheit zu bewerkstelligen wünschen. Der Zentralstaat, der weit weg ist von den einzelnen Bürger, kann unmöglich auf die verschiedenen Begebenheiten eingehen und sie von oben herab bürokratisch "gerecht" "gleich" (beide Begriffe widersprechen sich) für alle einsetzen. Jeder Ort ist anders, jede Mentalität ist anders, jedes Volk, jede Kultur, jeder Stamm, die Zusammensetzungen, die Begebenheiten sind verschieden - deshalb.

Die Interessen des Staates sind dagegen eine gänzlich andere als die des einzelnen Bürgers. Was will der Staat?

Nicht die Garantie der einzelnen Rechte steht für ihn im Vordergrund, sondern die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. Also die staatliche Weiterexistenz. Nur das der Staat weiterexistiert wie bisher, bzw. seine Macht, zum Zwecke der Weiterexistenz, ausdehnt.

Die Interessen des Bürgers und des Staates sind also unmöglich deckungsgleich, auch wenn viele dies naiverweise glauben wollen. ;)

Noch mal zu deiner These, das man zur Bewahrung der Sicherheit Freiheit einschränken müsse:

Ich halte sie nicht für schlüssig und für ganz durchdacht. Natürlich wird jeder es lieber vorziehen von Kameras auf jeden Schritt und Tritt verfolgt zu werden, als der Gefahr ausgesetzt zu sein im Dunkeln gemeuchelt oder bestohlen zu werden. So wie das Leben in der Sklaverei das Leben im Tod von den meisten vorgezogen wird, nicht? Und das Leben in der Sklaverei, in der totalen Entmündigung, wo der gute fürsorgliche Herr für alles sorgt, wäre die vollkommene Sicherheit, aber totale Unfreiheit.

Widersprechen sich nun Freiheit und Sicherheit?

Nicht wenn die Bürger selbst über diese Fragen entscheiden. Nicht wenn sie ständig, immer und immer wieder darüber entscheiden. Nicht dürfen!

Ich greife wieder die Frage (deine These ) auf:

"Jetzt haben wir die Frage wo unsere Sicherheit in Sachen totaler Meinungsfreiheit gefährdet ist."?

Ist das so?

Was ist besser, zu erfahren was die Menschen denken, bei Offenheit, bei der Freiheit der Meinung oder irgendwann vollkommen überrascht zu werden von der Gewalt der unterdrückten Meinung? Ist es nicht besser zu erfahren was die Menschen denken und dann mit Argumentation in den Schulen, vom Staat bzw. von den Bürgern geförderten und finanzierten Organisationen, auf kleinster Ebene, zu widerlegen? Ein schwieriger Weg, das gebe ich zu, der leichteste ist zu verbieten, zu bestrafen, ins Gefängnis schicken. Doch ist er der richtige?

Was Personen und Organisationen aus dem Ausland betrifft so mache ich es mir einfach: Wir haben keine Verantwortung für diese. Also: Konsequente Ausweisung derjenigen mit denen wir nicht zurecht kommen. Sowie strikte Selektion der Einwanderung nach harten Nützlichkeitskriterien.

Du hast auf jedenfall recht das es ein sehr komplexes und schwieriges Thema ist, auf das man keine einfache Antwort finden kann. Sicherheit vs. Freiheit.

MfG

Rikimer

Platon
27.12.2005, 01:24
Wenn ich deiner Argumentation folge, dann habe ich den Eindruck als wenn Staat und Individuum gegensätzliche Interessen haben und hier ist interessant die eigentlichen Ziele zu vergleichen. Denn meiner Meinung haben sie absolut gleiche Ziele, und zwar das unbedingte Überleben und zwar von sich selbst.
Die Textstellen aus deinem Beitrag zu diesem Punkt die ich hierzu im Kopf habe:

a) Nur in Sicherheit ist Freiheit möglich!?
b) Nur in Freiheit ist Sicherheit möglich!?

Die Interessen des Staates sind dagegen eine gänzlich andere als die des einzelnen Bürgers. Was will der Staat?
Nun müssen wir dies aus 2 Perspektiven betrachten. Aus der Blickweise des Staates(Makro) und der des Individuum(Mikro).
Auch hat jeder Akteur ein Ziel, eine Taktik wie er zum Ziel kommt und Mittel die er dabei anwendet:
1. Mikro
1.1.Staat (S)
1.1.1. Ziel: Sicherheit für S.(Innere Sicherheit)
1.1.2. Taktik: Einschränkung der Rechte von I (Überwachung, Ruhigstellung durch Entwaffnung, Konsumgüter?)
1.1.3. Mittel: Steuern, Polizei, Wirtschaft?
1.2. Individuum (I)
1.2.1. Ziel: Sicherheit/Freiheit für I.
1.2.2. Taktik: Einschränkung der Rechte von S
1.2.3. Mittel: Wahlen, Protestaktionen??? <-- der springende Punkt
2. Makro
2.1. Staat
2.1.1. Ziel: Sicherheit für S. (äußere Sicherheit)
2.1.2. Taktik: Militär, Diplomatie
2.1.3. Mittel: Steuern
2.2. Individuum
2.2.1. Ziel: Ruhe, innere Sicherheit??? <-- Problem
2.2.2. Taktik: Staat
2.2.3. Mittel: Wahlen, Protestaktionen

Ich stoße auf ein Problem in Punkt 2.2.1, denn sämtliche Ziele in der Makroebene für das Individuum werden vom Staat erfüllt, schlichtweg aus dem Grund weil er dazu da ist. Er muss für die innere Sicherheit sorgen was ja auch in Punkt 1.1.1. ganz elementar für ihn ist.
Außerdem fällt auf, dass die Mittel des Individuum in einer Demokratie auf 2 Dinge beschränkt sind: Wahlen und Protestaktionen
in einer totalitären Gesellschaft und außerhalb der Wahlen haben die Protestaktionen gemeinsam welche jedoch recht wenig Aussicht auf Erfolg haben weil sie das Ziel des Staates in der Mikroebene(Punkt 1.1.1.) gefährden.
Und genau hier haben wir den Konflikt:
Der Konflikt besteht zwischen 1.1.1. und 1.2.1.
Er kann nur dadurch entstehen das man 1.1.1. in 2.2.1. größtenteils teilt, die innere Sicherheit ist Ziel des Staates wie des Indivduums. Doch hat das Individuum noch das zweite Ziel: die Freiheit!
Je stärker der Staat desto stärker überwiegen die Interessen des Staates und es kommt zur Einschränkung von Freiheiten. Du merkst ich bin von dem Grundsatz, dass Sicherheit nur durch Einschränkung der Freiheit machbar ist, nicht abgerückt. Zu diesem Punkt schreibst du:

Noch mal zu deiner These, das man zur Bewahrung der Sicherheit Freiheit einschränken müsse:
Ich halte sie nicht für schlüssig und für ganz durchdacht. Natürlich wird jeder es lieber vorziehen von Kameras auf jeden Schritt und Tritt verfolgt zu werden, als der Gefahr ausgesetzt zu sein im Dunkeln gemeuchelt oder bestohlen zu werden. So wie das Leben in der Sklaverei das Leben im Tod von den meisten vorgezogen wird, nicht? Und das Leben in der Sklaverei, in der totalen Entmündigung, wo der gute fürsorgliche Herr für alles sorgt, wäre die vollkommene Sicherheit, aber totale Unfreiheit.
Widersprechen sich nun Freiheit und Sicherheit?
Du schreibst die totale Sicherheit ist mit der totalen Unfreiheit möglich, hier haben wir jedoch ein klassisches Problem:
Wenn mich mein Gönner(Staat) vor allen anderen schützt, wer schützt mich dann vor meinem Gönner?
Dein Gedanke hierzu ist:

Nicht wenn die Bürger selbst über diese Fragen entscheiden. Nicht wenn sie ständig, immer und immer wieder darüber entscheiden. Nicht dürfen!
eine kommunalverwaltung, eine niedere Verwaltungseinheit welche die Aufgaben der Zentralverwaltung für den Punkt 1.x.x. Mikro abnimmt

Ich greife wieder die Frage (deine These ) auf:
"Jetzt haben wir die Frage wo unsere Sicherheit in Sachen totaler Meinungsfreiheit gefährdet ist."?
Ist das so?
Was ist besser, zu erfahren was die Menschen denken, bei Offenheit, bei der Freiheit der Meinung oder irgendwann vollkommen überrascht zu werden von der Gewalt der unterdrückten Meinung? Ist es nicht besser zu erfahren was die Menschen denken und dann mit Argumentation in den Schulen, vom Staat bzw. von den Bürgern geförderten und finanzierten Organisationen, auf kleinster Ebene, zu widerlegen? Ein schwieriger Weg, das gebe ich zu, der leichteste ist zu verbieten, zu bestrafen, ins Gefängnis schicken. Doch ist er der richtige?
Ich gebe dir Recht, hier ist Meinungs- und vor allem Redefreiheit ein absolutes Muss um das gemeinsame Ziel: die innere Sicherheit zu gewährleisten. Doch wenn diese droht verloren zu gehen muss der Staat einschreiten. Doch kommen wir zu dem Konflikt, dass der Staat diese Einschränkungen der Freiheit aus nachvollziehbaren Gründen selten abgibt.
wie kommt es nun zu Schädigungen der inneren Sicherheit:
Freiheit funktioniert nur so lange wie die Menschen Ruhe geben und diese Freiheit nicht ausnutzen, diese also nicht sein kann.
Das klingt hart ist aber so.
Das Beispiel Meinungsfreiheit contra Holocaustleugnung ist ein Paradebeispiel:
Du kannst jedem die Freiheit geben theoretisch alles zu tun und zu lassen. Aber sobald es dann jemand tut gibts Ärger.
Denn jede Freiheit kann ausgenutzt und gegen jemanden gerichtet werden und hier hört theoretisch die Freiheit auf. "Die Freiheit des einen hört da auf wo die Freiheit des anderen anfängt."
Es kommt zu einer auf-und-ab-Bewegung zwischen dem Konflikt:
Freiheiten für den Staat <-> Freiheiten für das Individuum
beide haben ihre Gründe wie ich bereitsdargelegt habe, aber nun zur Erläuterung der Auf-und-Ab-Bewegung, es handelt sich nämlich hier um ein Paradox:
I. zu viele Freiheiten für den Staat führt zu Sicherheitsverlust für den Einzelnen, wie es in totalitären Staaten zu bewundern ist/war
II. zu viele Freiheiten für den Staat führt zu Sicherheitsverlust für den Einzelnen durch zu laschen Staat
Wir kommen (hoffentlich) zu der Erkenntnis, dass das Ziel des Staates und des Individuums die innere Sicherheit die völlig gleiche ist. Der Standpunkt ist jedoch diagonal entgegengesetzt und daher müssen sich Staat und Individuum irgendwo treffen um ein Optimum an Sicherheit zu ermöglichen. Dieser optimaler Punkt verschiebt sich wenn entweder das Individuum oder der Staat seine Freiheiten ausnutzt. Man kann schon fast sagen es gibt einen Kontrollmechanismus zwischen Staat und Mensch.
weiter Betrachtungen (http://www.politikpla.net/forum/2-2-gesellschaft/8472-individuum-und-staat-und-warum-der-einzelne-seine-freiheit-einzuschraenken-bereit-ist.html#post51769)