Mark Mallokent
22.12.2005, 09:17
Folgenden Text fand ich (wieder einmal) bei der "Achse des Guten":
Nasrin Amirsedghi wurde in Persien geboren, lebt seit 25 Jahren in der Bundesrepublik und wird von ihren deutschen Bekannten öfter gefragt, ob sie sich nicht für "ihren" Präsidenten schämen würde. Hier ihre Antwort:
"Erstens bin ich Perserin und nicht Iranerin. Obwohl alle hier mich gerne als Iranerin und, noch schlimmer, als aufgeklärte Muslimin saftig knutschen möchten... Und dabei können sie sich überhaupt nicht vorstellen, daß ich von Natur aus eine gottlose und untreue Liebhaberin bin. Zweitens schäme ich mich nicht für ihn, sondern für die Europäer.
Nach einigen qualvollen Nächten und Nachdenken über diese bombastisch nette Frage habe ich mich auch gefragt, warum die Deutschen so naiv sind und mir immer wieder so komische Fragen stellen. Zum Beispiel: Wie lässt sich der Verkehr auf den Teheraner Straßen mit Kamelen vereinbaren? Wie ist es möglich, als Frau auch Filmwissenschaft studiert zu haben? Sie trinken doch sicher nur Tee und essen kein Schweinefleisch? Sie feiern ja keine Weihnachten; weil der Iran ein islamisches Land ist und kein christliches, und trotzdem wünschen Sie mir frohe Weihnachen? Sprechen Sie iranisch oder persisch? Sie kennen ja nicht die deutsche Hausordnung?
Amüsiert musste ich feststellen, daß die "netten" Deutschen Unwissende sind. Um ihnen aus der Dunkelheit herauszuhelfen, dachte ich, daß es meine pädagogische Pflicht ist, ihnen einigen Unterricht zu erteilen und eine Kopie dieses Aufsatzes an all diejenigen zu schicken, die in den zwanzig Jahren meines deutschen Lebens immer wieder nett zu mir sein wollten.
Lektion Eins
Der Unterschied zwischen dem Iran und Persien
Bis 1935 hieß das Land "Persien" (das Land der Perser), und seine Weltanschauung war bis zur ersten islamischen Invasion um das Jahr 651 n.Chr. "Zarathushtrian" (eine Naturreligion). Die Perser waren etwa um 1000 v.Chr. in das Gebiet des heutigen Iran eingewandert. Sie gehörten einer größeren Gruppe indoeuropäischer Völker an. Die Perser gaben ihrem Volk, ihrem Heimatland und ihrer Hauptstadt dengemeinsamen Namen "Parsa" (gri. "Persis", lat. "Persia"). Der Name "Iran" (Aria, Airia, "das Land der Arier", Iran) ist ein willkürliches politisches Umbenennungskonstrukt. Der Zusammenschluss ist, was nur wenige wissen, ausgehandelt worden zwischen zwei Herrschaften, nämlich Adolf Hitler und dem Vater des letzten Schahs Reza Pahlawi. Iran ist ein geografisches Gebilde, es besteht aus verschiedenen Völkern, Sprachen und Kulturen. Eine davon ist die persische, und so kann man nur im Plural von iranischen Sprachen und Kulturen sprechen.
Also komme ich zwar aus dem Iran, bin aber Perserin. Dort bin ich aufgewachsen, zur Schule und Universität gegangen und habe schon in meiner Schulzeit die europäische Geschichte, Literatur, Philosophie, Politik und Geographie fleißig gelernt. Mein Frisör war ein Christ namens "Monsieur Abreham", bei seiner Hochzeit bin ich Trauzeugin gewesen und habe mit seiner Familie zusammen tüchtig Weihnachten gefeiert. Damit war meine Sozialisation und Erziehung deutlich vielfältiger als die einer vergleichbaren deutschen Generation. Das einzige, das ich nicht kannte, waren Phänomene wie Joschka Fischer, der damals auf deutschen Straßen für die Demokratie randalierte.
Lektion Zwei
Wer soll sich bitteschön hierzulande schämen, wenn Ahmadinedschad im Iran durchdreht?
Ich auf gar keinen Fall! Stattdessen schäme ich mich für Europäer, die erst nach seiner öffentlichen Ankündigung dessen, was im Iran bereits seit 1975 laut gedacht wird, eine überfällige Debatte über die Feindseligkeit des iranischen Regimes beginnen. Dabei haben sie weggeschaut, während seit 25 Jahren ein Volk und dessen Kultur als Geisel genommen wird und täglich die Menschenrechte in brutalster Art und Weise im Namen des islamischen Gesetzes verachtet werden. Wo habt ihr euch in all diesen Jahren versteckt?
Navid Kermani hat aber Recht, wenn er meint, sich für Ahmadinedschad schämen zu müssen ("Unser peinlicher Präsident", ZEIT 24.11.05). Und ich schäme mich für ihn und die rot-grünen Politiker! Ich schäme mich für Joschka Fischer und viele andere, die vor allem seit 1999 wie Rambos die sogenannten Reformer unter ihren Gewändern in Schutz nehmen.
Ich habe keinen Grund, mich für Missetaten des iranischen Regimes zu schämen. Weil ich sie nie gelobt habe. Im Gegenteil: Ich musste selbst 1980 im Alter von 24 das Land meiner Kindheit bei Nacht und Nebel auf abenteuerliche Weise verlassen, um Leib und Leben meiner Tochter zu retten. Schon damals war mir bewusst, was für eine Katastrophe vor den Toren der Welt steht.
Wenn jemand sich hier schämen muss, dann sind es Ajatollah Joschka Fischer und seine Kumpane (Iran- und Islamexperten wie u.a. Bahman Nirumand, Navid Kermani oder Katajun Amirpur), die seit geraumer Zeit mit der Flagge der "rotgrünen Hoffnung" groteskerweise das Gesäß der Mullahs im Iran mit Honig schmieren... Ich möchte ihnen die Erinnerung an den politischen Karneval der Berliner Iran-Konferenz im Jahr 2000 in ihre grauen Zellen zurückrufen. Denn sie sind all denen eine kräftige Entschuldigung schuldig, die sich im Iran in menschenunwürdiger Lage befinden oder als exilierte Perser/innen und Iraner/innen ihr Land unter schrecklichen Bedingungen verlassen mussten. Sie sollen endlich kapieren, daß Khatami oder Ahmadinedschad gewählt werden, weil die demokratischen Kräfte nicht gewählt werden dürfen. Das müssen die Rambos in der politischen Arena Deutschlands und Europas endlich begreifen.
Letzte Lektion
Gebt Ahmadinedschad den Friedensnobelpreis 2006!
Wir erleben seit 1979 die zweite islamische Invasion, nicht nur auf eine Kultur namens "Persien", sondern auch auf die europäischen Errungenschaften. In der Zeit der ersten islamischen Invasion gab es noch keine Vorstellung von universellen Menschenrechten, heute werden sie auf den europäischen Basaren unter dem Deckmantel des Dialogs der Kulturen versteigert: Wer auf einem hohen Preis besteht, wird geprügelt, und wer für den Ausverkauf ist, wird gekrönt….
Liebe Europäer, lieber Ajatollah Fischer, für Khatami ist es zu spät, aber wenigstens Ahmadinedschad müßt ihr den Friedensnobelpreis 2006 geben und damit das Gewissen der Welt für die nächsten 200 Jahre beruhigen... Und hört auf, euch über die Lachfigur Ahmadinedschad oder die Mullahs im Iran zu empören. Sie machen doch nur das, was seit 25 Jahren von euch unterstützt wird.
Also was soll der ganze Aufstand um die Brandrede des iranischen Präsidenten. Keine Panik! Die Mullahs schaffen es nicht, Israel zu erreichen, geschweige denn, es auszuradieren, und die Juden werden ihr Land nicht übers Meer in das Allgäu verlegen. Statt den "Boykott" zu diskutieren, nehmt lieber eure 200 Jahre alten Errungenschaften der Aufklärung wirklich ernst. Ich jedenfalls habe das, was ich in meiner Schulzeit im Iran gelernt habe, todernst genommen. Weshalb man mich aus dem Land verbannt hat. Ich will es nicht noch einmal erleben. Wo soll ich denn wieder hin? Europa ist ja hier! Oder irre ich mich und es existiert nur in meiner Schulphantasie?"
20.12.2005
Die Autorin ist Publizistin, Philologin, Orientalistin, Literatur- und Filmwissenschaftlerin. Sie lebt in Mainz.
Nasrin Amirsedghi wurde in Persien geboren, lebt seit 25 Jahren in der Bundesrepublik und wird von ihren deutschen Bekannten öfter gefragt, ob sie sich nicht für "ihren" Präsidenten schämen würde. Hier ihre Antwort:
"Erstens bin ich Perserin und nicht Iranerin. Obwohl alle hier mich gerne als Iranerin und, noch schlimmer, als aufgeklärte Muslimin saftig knutschen möchten... Und dabei können sie sich überhaupt nicht vorstellen, daß ich von Natur aus eine gottlose und untreue Liebhaberin bin. Zweitens schäme ich mich nicht für ihn, sondern für die Europäer.
Nach einigen qualvollen Nächten und Nachdenken über diese bombastisch nette Frage habe ich mich auch gefragt, warum die Deutschen so naiv sind und mir immer wieder so komische Fragen stellen. Zum Beispiel: Wie lässt sich der Verkehr auf den Teheraner Straßen mit Kamelen vereinbaren? Wie ist es möglich, als Frau auch Filmwissenschaft studiert zu haben? Sie trinken doch sicher nur Tee und essen kein Schweinefleisch? Sie feiern ja keine Weihnachten; weil der Iran ein islamisches Land ist und kein christliches, und trotzdem wünschen Sie mir frohe Weihnachen? Sprechen Sie iranisch oder persisch? Sie kennen ja nicht die deutsche Hausordnung?
Amüsiert musste ich feststellen, daß die "netten" Deutschen Unwissende sind. Um ihnen aus der Dunkelheit herauszuhelfen, dachte ich, daß es meine pädagogische Pflicht ist, ihnen einigen Unterricht zu erteilen und eine Kopie dieses Aufsatzes an all diejenigen zu schicken, die in den zwanzig Jahren meines deutschen Lebens immer wieder nett zu mir sein wollten.
Lektion Eins
Der Unterschied zwischen dem Iran und Persien
Bis 1935 hieß das Land "Persien" (das Land der Perser), und seine Weltanschauung war bis zur ersten islamischen Invasion um das Jahr 651 n.Chr. "Zarathushtrian" (eine Naturreligion). Die Perser waren etwa um 1000 v.Chr. in das Gebiet des heutigen Iran eingewandert. Sie gehörten einer größeren Gruppe indoeuropäischer Völker an. Die Perser gaben ihrem Volk, ihrem Heimatland und ihrer Hauptstadt dengemeinsamen Namen "Parsa" (gri. "Persis", lat. "Persia"). Der Name "Iran" (Aria, Airia, "das Land der Arier", Iran) ist ein willkürliches politisches Umbenennungskonstrukt. Der Zusammenschluss ist, was nur wenige wissen, ausgehandelt worden zwischen zwei Herrschaften, nämlich Adolf Hitler und dem Vater des letzten Schahs Reza Pahlawi. Iran ist ein geografisches Gebilde, es besteht aus verschiedenen Völkern, Sprachen und Kulturen. Eine davon ist die persische, und so kann man nur im Plural von iranischen Sprachen und Kulturen sprechen.
Also komme ich zwar aus dem Iran, bin aber Perserin. Dort bin ich aufgewachsen, zur Schule und Universität gegangen und habe schon in meiner Schulzeit die europäische Geschichte, Literatur, Philosophie, Politik und Geographie fleißig gelernt. Mein Frisör war ein Christ namens "Monsieur Abreham", bei seiner Hochzeit bin ich Trauzeugin gewesen und habe mit seiner Familie zusammen tüchtig Weihnachten gefeiert. Damit war meine Sozialisation und Erziehung deutlich vielfältiger als die einer vergleichbaren deutschen Generation. Das einzige, das ich nicht kannte, waren Phänomene wie Joschka Fischer, der damals auf deutschen Straßen für die Demokratie randalierte.
Lektion Zwei
Wer soll sich bitteschön hierzulande schämen, wenn Ahmadinedschad im Iran durchdreht?
Ich auf gar keinen Fall! Stattdessen schäme ich mich für Europäer, die erst nach seiner öffentlichen Ankündigung dessen, was im Iran bereits seit 1975 laut gedacht wird, eine überfällige Debatte über die Feindseligkeit des iranischen Regimes beginnen. Dabei haben sie weggeschaut, während seit 25 Jahren ein Volk und dessen Kultur als Geisel genommen wird und täglich die Menschenrechte in brutalster Art und Weise im Namen des islamischen Gesetzes verachtet werden. Wo habt ihr euch in all diesen Jahren versteckt?
Navid Kermani hat aber Recht, wenn er meint, sich für Ahmadinedschad schämen zu müssen ("Unser peinlicher Präsident", ZEIT 24.11.05). Und ich schäme mich für ihn und die rot-grünen Politiker! Ich schäme mich für Joschka Fischer und viele andere, die vor allem seit 1999 wie Rambos die sogenannten Reformer unter ihren Gewändern in Schutz nehmen.
Ich habe keinen Grund, mich für Missetaten des iranischen Regimes zu schämen. Weil ich sie nie gelobt habe. Im Gegenteil: Ich musste selbst 1980 im Alter von 24 das Land meiner Kindheit bei Nacht und Nebel auf abenteuerliche Weise verlassen, um Leib und Leben meiner Tochter zu retten. Schon damals war mir bewusst, was für eine Katastrophe vor den Toren der Welt steht.
Wenn jemand sich hier schämen muss, dann sind es Ajatollah Joschka Fischer und seine Kumpane (Iran- und Islamexperten wie u.a. Bahman Nirumand, Navid Kermani oder Katajun Amirpur), die seit geraumer Zeit mit der Flagge der "rotgrünen Hoffnung" groteskerweise das Gesäß der Mullahs im Iran mit Honig schmieren... Ich möchte ihnen die Erinnerung an den politischen Karneval der Berliner Iran-Konferenz im Jahr 2000 in ihre grauen Zellen zurückrufen. Denn sie sind all denen eine kräftige Entschuldigung schuldig, die sich im Iran in menschenunwürdiger Lage befinden oder als exilierte Perser/innen und Iraner/innen ihr Land unter schrecklichen Bedingungen verlassen mussten. Sie sollen endlich kapieren, daß Khatami oder Ahmadinedschad gewählt werden, weil die demokratischen Kräfte nicht gewählt werden dürfen. Das müssen die Rambos in der politischen Arena Deutschlands und Europas endlich begreifen.
Letzte Lektion
Gebt Ahmadinedschad den Friedensnobelpreis 2006!
Wir erleben seit 1979 die zweite islamische Invasion, nicht nur auf eine Kultur namens "Persien", sondern auch auf die europäischen Errungenschaften. In der Zeit der ersten islamischen Invasion gab es noch keine Vorstellung von universellen Menschenrechten, heute werden sie auf den europäischen Basaren unter dem Deckmantel des Dialogs der Kulturen versteigert: Wer auf einem hohen Preis besteht, wird geprügelt, und wer für den Ausverkauf ist, wird gekrönt….
Liebe Europäer, lieber Ajatollah Fischer, für Khatami ist es zu spät, aber wenigstens Ahmadinedschad müßt ihr den Friedensnobelpreis 2006 geben und damit das Gewissen der Welt für die nächsten 200 Jahre beruhigen... Und hört auf, euch über die Lachfigur Ahmadinedschad oder die Mullahs im Iran zu empören. Sie machen doch nur das, was seit 25 Jahren von euch unterstützt wird.
Also was soll der ganze Aufstand um die Brandrede des iranischen Präsidenten. Keine Panik! Die Mullahs schaffen es nicht, Israel zu erreichen, geschweige denn, es auszuradieren, und die Juden werden ihr Land nicht übers Meer in das Allgäu verlegen. Statt den "Boykott" zu diskutieren, nehmt lieber eure 200 Jahre alten Errungenschaften der Aufklärung wirklich ernst. Ich jedenfalls habe das, was ich in meiner Schulzeit im Iran gelernt habe, todernst genommen. Weshalb man mich aus dem Land verbannt hat. Ich will es nicht noch einmal erleben. Wo soll ich denn wieder hin? Europa ist ja hier! Oder irre ich mich und es existiert nur in meiner Schulphantasie?"
20.12.2005
Die Autorin ist Publizistin, Philologin, Orientalistin, Literatur- und Filmwissenschaftlerin. Sie lebt in Mainz.