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Vollständige Version anzeigen : Definition des Begriffs "Fortschritt"



Sauerländer
21.12.2005, 14:09
Nachdem sich manche Kontroverse in diesem Forums meines Erachtens auf einen sehr unscharfen Fortschrittsbegriff zurückführen lässt bzw damit zu erklären wäre, dass die Unmöglichkeit eines präzisen Fortschrittsbegriffs nicht ausreichend reflektiert wird und somit die Diskutanten mit unterschiedlichem Verständnis des Fortschritts beinahe zwingend aneinander vorbeidebattieren, scheint es mir angebracht, hier den Versuch zu unternehmen, solchen Diskussionen ein etwas solideres Fundament zu verschaffen - oder, falls das unter dem Schlussstrich stehen sollte, die Unmöglichkeit eines solchen aufzuzeigen und diese dadurch wenigstens bewusster zu machen, was ebenfalls einen heilsamen Effekt haben dürfte.

Daher meine Frage an die Teilnehmerschaft:

Was ist in euren Augen wesentlicher Gehalt des Fortschrittsbegriffs?

malnachdenken
21.12.2005, 14:11
Was ist in euren Augen wesentlicher Gehalt des Fortschrittsbegriffs?


weiterentwicklung von einem zustand zu einem anderen.

Sauerländer
21.12.2005, 14:16
weiterentwicklung von einem zustand zu einem anderen.
Das wirft die Frage auf, ob das nicht ebenso durch den Begriff "Veränderung" auszudrücken wäre.

Bratwurst
21.12.2005, 14:22
Eine Veränderung kann auch bedeuten, dass man alte Verhaltensweisen wieder annimmt oder auf dem technischen Sektor eine Neuerung wieder rückgängig macht. Das ist zwar eine Veränderung aber kein FORTschritt. Man kann also nicht die Gleichung aufstellen Veränderung = Fortschritt und die Seiten beliebig tauschen, denn es ist eine "Ungleichung".

Fortschritt ist auch etwas relatives. Was dem einen sein Fortschritt ist kann für einen anderen ein Rückschritt bedeuten. Handies haben zweifelsfrei für viele die Bedeutung eines Fortschrittes, für andere ist dies zweifelsfrei ein Rückschritt. Es kommt immer darauf an.


PS
Die Erfindung des dampfbetriebenen mechanischen Webstuhls war ein Fortschritt für die Fabrikbesitzer aber ein Rückschritt für die Weber und ihre Vollbeschäftigung. Die Erfindung des Rades genauso. Jede Erfindung, die als ein Fortschritt auf einem bestimmten Gebiet galt, hatte Nachteile bzw. führte zu einem Rückschritt auf einem anderen angrenzenden Gebiet.

malnachdenken
21.12.2005, 14:23
Das wirft die Frage auf, ob das nicht ebenso durch den Begriff "Veränderung" auszudrücken wäre.


na veränderung kann ja in mehrere richtungen gehen (gut oder schlecht).

fortschritt wohl eher eine weiterentwicklung, die formal eine verbesserung wäre, subjektiv können da auch ebenfalls verschlechterung einhergehen (folgen aus dem fortschritt). der fortschritt einer sache an sich ist mMn aber eine "verbesserung" (effizienzsteigerung, mehr ausschöpfung, schnelligkeit etc).

Sauerländer
21.12.2005, 14:32
na veränderung kann ja in mehrere richtungen gehen (gut oder schlecht).

fortschritt wohl eher eine weiterentwicklung, die formal eine verbesserung wäre, subjektiv können da auch ebenfalls verschlechterung einhergehen (folgen aus dem fortschritt). der fortschritt einer sache an sich ist mMn aber eine "verbesserung" (effizienzsteigerung, mehr ausschöpfung, schnelligkeit etc).

Das wirft meines Erachtens auf einen wichtigen Punkt: Im alltäglichen Gebrauch ist der Fortschrittbegriff in der Regel nicht wertneutral, sondern meint eine Weiterentwicklung im Sinne eine qualitativen Verbesserung.

Interessant finde ich in diesem Zusammenhang auch, das Du eventuelle negative Folgen (welche wären das?) siehst, diese aber eben (im Gegensatz zu den in deinen Augen positiven Aspekten) als FOLGEN, nicht aber als Teil des Prozesses Fortschritt selbst siehst.

Auch ist es sehr aufschlussreich, dass Du (das würden wir vermutlich alle intituitiv tun) zur Beschreibung des postiven Gehalts Begriffe des technischen Bereichs benutzt. Das Wesen des Fortschritts ist also Effizienzsteigerung, und da der Fortschrittsbegriff dir zufolge ein qualitativ wertender ist, bedeutet das, dass Effizienzsteigerung per se einen positiven Wert hat.

malnachdenken
21.12.2005, 14:37
Das wirft meines Erachtens auf einen wichtigen Punkt: Im alltäglichen Gebrauch ist der Fortschrittbegriff in der Regel nicht wertneutral, sondern meint eine Weiterentwicklung im Sinne eine qualitativen Verbesserung.

eine weiterentwicklung ist doch eine verbesserung für den bestimmten prozess oder nicht? --> schnellere verarbeitung als beispiel.



Interessant finde ich in diesem Zusammenhang auch, das Du eventuelle negative Folgen (welche wären das?) siehst, diese aber eben (im Gegensatz zu den in deinen Augen positiven Aspekten) als FOLGEN, nicht aber als Teil des Prozesses Fortschritt selbst siehst.
hier als beispiel, was würfelqualle genannt hat: automatisierung ist der fortschritt (es wird schneller produziert), die arbeitslosigkeit ist ein negativer effekt, der allerdings nicht direkt mit dem prozess zu tun hat (es gibt ja noch andere arbeit)



Auch ist es sehr aufschlussreich, dass Du (das würden wir vermutlich alle intituitiv tun) zur Beschreibung des postiven Gehalts Begriffe des technischen Bereichs benutzt. Das Wesen des Fortschritts ist also Effizienzsteigerung, und da der Fortschrittsbegriff dir zufolge ein qualitativ wertender ist, bedeutet das, dass Effizienzsteigerung per se einen positiven Wert hat.

im grunde ja. ist effizienzsteigerung deiner meinung nach nichts positives? ich stecke weniger arbeit rein und bekomme mehr, als vorher.


fortschritt ist ja im grunde "ein weiterer schritt" (so würde ich das wort jetzt sinngemäß auseinanderfriemeln :) )

Sauerländer
21.12.2005, 14:39
Eine Veränderung kann auch bedeuten, dass man alte Verhaltensweisen wieder annimmt oder auf dem technischen Sektor eine Neuerung wieder rückgängig macht. Das ist zwar eine Veränderung aber kein FORTschritt. Man kann also nicht die Gleichung aufstellen Veränderung = Fortschritt und die Seiten beliebig tauschen, denn es ist eine "Ungleichung".

Fortschritt ist auch etwas relatives. Was dem einen sein Fortschritt ist kann für einen anderen ein Rückschritt bedeuten. Handies haben zweifelsfrei für viele die Bedeutung eines Fortschrittes, für andere ist dies zweifelsfrei ein Rückschritt. Es kommt immer darauf an.
Auch das verweist auf die Problematik des qualitativ wertenden Aspekts des Begriffs, dem gegenüber dann natürlich auch der negativ besetzte Rückschritt steht. Vorwärts = Gut, Rückwärts = Schlecht.
Das impliziert ein Verständnis von Geschichte als qualitativem Verbesserungsprozess, also letztlich eine optimistische, lineare Interpretation von Geschichte.
Gleichzeitig verweist Du auf die Objektivitätsproblematik, "gut" ist also doch nicht gleich "für jeden gut".
Legt das nicht bereits die Axt an die Wurzel des Begriffs selbst?

Die Erfindung des dampfbetriebenen mechanischen Webstuhls war ein Fortschritt für die Fabrikbesitzer aber ein Rückschritt für die Weber und ihre Vollbeschäftigung. Die Erfindung des Rades genauso. Jede Erfindung, die als ein Fortschritt auf einem bestimmten Gebiet galt, hatte Nachteile bzw. führte zu einem Rückschritt auf einem anderen angrenzenden Gebiet.
Unter diesem Gesichtspunkt erhebt sich die Frage, ob Fortschritt nicht im Sinne eines Nullsummenspiels als rein technische Transformation ohne jeden qualitativen Gehalt zu sehen ist.
Oder möglicherweise sogar -bei Anlegung des Mehrheitsprinzips- als qualitativ negativ.

Sauerländer
21.12.2005, 14:49
eine weiterentwicklung ist doch eine verbesserung für den bestimmten prozess oder nicht? --> schnellere verarbeitung als beispiel.
Eine Verbesserung im technischen Sinne der Effizienzsteigerung, ja. Wie Du schon sagst: für den bestimmten Prozess. Damit bekäme der "Fortschritt" starken Auszugscharakter.

hier als beispiel, was würfelqualle genannt hat: automatisierung ist der fortschritt (es wird schneller produziert), die arbeitslosigkeit ist ein negativer effekt, der allerdings nicht direkt mit dem prozess zu tun hat (es gibt ja noch andere arbeit)
Das ist eben die Frage: Kann man eine Veränderung hernehmen, ihre positiven Folgen zum Teil eines dann positiv zu wertenden Prozesses machen und ihre negativen Folgen einfach so ins Abseits drücken? Ist das nicht eine sehr einseitige Sichtweise?

im grunde ja. ist effizienzsteigerung deiner meinung nach nichts positives? ich stecke weniger arbeit rein und bekomme mehr, als vorher.
Dann wäre aber das eigentlich positve im Menschen zu sehen, nicht in der Maschinerie selbst. Wie Du selber sagst: Ich erspare mir einen Teil der Arbeit bei gleichzeitig höherem Ertrag. damit wäre das eigentliche Ziel des "Fortschritts" Arbeitsersparnis. Beziehungsweise Wohlbefinden. Dann müsste eventuelle Fortschrittlichkeit einer Veränderung über ihre Verbesserung nicht der Maschinerie selbst, sondern der Lebensumstände der Menschen beurteilt werden.

fortschritt ist ja im grunde "ein weiterer schritt" (so würde ich das wort jetzt sinngemäß auseinanderfriemeln :) )
Das "weiter" impliziert hier ein "zu", also eine Zielgerichtetheit der Bewegung. Ist Geschichte finalistisch, hat sie ein Ziel?

malnachdenken
21.12.2005, 14:57
Das ist eben die Frage: Kann man eine Veränderung hernehmen, ihre positiven Folgen zum Teil eines dann positiv zu wertenden Prozesses machen und ihre negativen Folgen einfach so ins Abseits drücken? Ist das nicht eine sehr einseitige Sichtweise?
je nach betrachtungsweise, ob ich mir den prozess, der einen fortschritt erfährt betrachte, oder folgen, die daraus entstehen. letzteres ist wohl eher subjektiv.



Das "weiter" impliziert hier ein "zu", also eine Zielgerichtetheit der Bewegung. Ist Geschichte finalistisch, hat sie ein Ziel?

muss man ein endgültiges ziel haben, um einen schritt weiter zu gehen?

Sauerländer
21.12.2005, 15:09
je nach betrachtungsweise, ob ich mir den prozess, der einen fortschritt erfährt betrachte, oder folgen, die daraus entstehen. letzteres ist wohl eher subjektiv.
Wenn man aber nun den Prozess selbst herausgreift und seine Veränderung losgelöst vom restlichen Hintergrund betrachtet, bleibt dann noch ein wertender Charakter? Ist eben etwa Effiziensteigerung ansich bereits positiv, wenn wir sie völlig ohne Berücksichtigung ihrer eventuellen Wirkung auf alles andere betrachten?

muss man ein endgültiges ziel haben, um einen schritt weiter zu gehen?
"Weiter" impliziert, wie ich schon schrieb, ein "zu". Nicht nur ein "von", sondern auch ein "nach". Also eine Richtung. Ein Ausgerichtetsein auf X.
Gibt es das in der Geschichte?

Bratwurst
21.12.2005, 15:12
Fortschritt im Sinne von Weiterentwicklung und zu etwas Neuem, das so in einer anderen Konstellation noch nie existiert hat, ist natürlich etwas lineares. Da dies an die Zeit gebunden ist und wir die Zeit als etwas lineares begreifen, muss auch der Fortschritt, so wie oben beschrieben auch etwas lineares sein. Fortschritt ist nicht Zielgebunden. Jeder Schritt, bzw jede Veränderung wird natürlich zielgerichtet sein. So hat bestimmt irgendwann jemand sich gesagt warum er ständig die Rollen von vorne nach hinten wuchten muss, anstatt diese fest aber doch drehbar anzuordnen. Später hat ein Mr. Dunlop sich gesagt, dass es wohl etwas bandscheibenschonenderes geben sollte. So gesehen ist Fortschritt zielgerichtet. Die Ziele verändern sich aber immer weiter und werden neugesteckt, so dass ein Ende nicht abzusehen ist.

Sauerländer
21.12.2005, 15:14
(...)So gesehen ist Fortschritt zielgerichtet. Die Ziele verändern sich aber immer weiter und werden neugesteckt, so dass ein Ende nicht abzusehen ist.
Das heißt, ein "Gesamtprozess" Fortschritt existiert nicht, sondern nur viele kleine, isoliert zu betrachtende Veränderungen, deren Fortschrittlichkeit am Erfolg im Hinblick auf ihr jeweiliges Ziel zu messen ist?

Bratwurst
21.12.2005, 18:24
Das heißt, ein "Gesamtprozess" Fortschritt existiert nicht, sondern nur viele kleine, isoliert zu betrachtende Veränderungen, deren Fortschrittlichkeit am Erfolg im Hinblick auf ihr jeweiliges Ziel zu messen ist?

Ja. Darum hinkt ja auch der Mensch in seiner geistigen und gesellschaftlichen Entwicklung der technischen hinterher. Wenn es ein Gesamtprozess wäre, dann würden der gesellschaftliche Fortschritt mit der technischen Weiterentwicklung, bzw deren fortschreitende Entwicklung, deckungsgleich sein.
Es ist doch so: Ein Problem tritt auf bzw, jemand überlegt wie ein Zustand so verändert werden kann, dass ein großtmöglichster Komfort eintritt.
Es ist bei allen Entwicklungen so, die bis heute unser Leben "leichter" machen bzw es in Ausicht stellen, dass es leichter, einfacher und komfortabler wird.
Selbst bei dem Fortschritt der Waffenentwicklungen ist es doch so. Während am Anfang noch die Kugel und das Schießpulver vorne in den Lauf geschoben werden mussten, gibt es heute vollautomatische Gewehre. Auch die Entwicklung von der Kanonenkugel bis zum Marschflugkörper zeigt es.
Bei der Kommunikation, im Transportwesen und vielen anderen Bereichen.

Beverly
22.12.2005, 18:56
Nachdem sich manche Kontroverse in diesem Forums meines Erachtens auf einen sehr unscharfen Fortschrittsbegriff zurückführen lässt bzw damit zu erklären wäre, dass die Unmöglichkeit eines präzisen Fortschrittsbegriffs nicht ausreichend reflektiert wird und somit die Diskutanten mit unterschiedlichem Verständnis des Fortschritts beinahe zwingend aneinander vorbeidebattieren, scheint es mir angebracht, hier den Versuch zu unternehmen, solchen Diskussionen ein etwas solideres Fundament zu verschaffen - oder, falls das unter dem Schlussstrich stehen sollte, die Unmöglichkeit eines solchen aufzuzeigen und diese dadurch wenigstens bewusster zu machen, was ebenfalls einen heilsamen Effekt haben dürfte.

Daher meine Frage an die Teilnehmerschaft:

Was ist in euren Augen wesentlicher Gehalt des Fortschrittsbegriffs?

Wesentlichster Gehalt sind:

1. Überweindung von Entfremdung durch die Natur
> ist weitgehend gelungen

2. Überwindung von Entfremdung durch die menschenliche Gesellschaft
> davon sind wir noch weit entfernt

Zu 1. Die Menschheit begann ihr Dasein damit, in tiefster Unwissenheit der Natur völlig ausgeliefert zu sein und sie weder richtig zu verstehen noch beherrschen zu können.
Die Lebenserwartung betrug 40 Jahre, die Menschen starben an Krankheiten, Kälte und Entkräftung etc.

Zu 2.: Um sich dem Ausgeliefert-Sein durch die Natur zu entziehen, entwickelte die Menschheit die Zivilisation: Ackerbau, Schrift, Stadt, Handwerk, Wissenschaft, Massenproduktion.
Aber nur zu oft wurde dabei die Entfremdung durch die Natur gegen die Entfremdung durch die Gesellschaft eingetauscht. Die Menschen leiden kaum noch unter Seuchen, dafür unter Wirtschaftskrisen. Die Lebenserwartung hat sich gegenüber der Steinzeit verdoppelt, aber manchmal glaube ich, dass sie in der Steinzeit besser organisiert waren als in den atomisierten Massengesellschaften.
3. "intellektuelle Reflexion", was mehr schlecht als recht durch die Begriffe "Wissenschaft und Technik" ausgedrückt ist. Eigentlich meint es die Geisteshaltung, welche die Menschen forschen und die Ergebnisse ihrer Forschung nutzen lässt.

Also Fortschritt = intellektuelle Reflexion > Wissenschaft und Technik > Theorien und Anwendungen.

Diese oder jene Theorie, diese oder jene Maschine ist dieser Definition zufolge NICHT per se Fortschritt, sondern allenfass eine Folge des Fortschritts.
In diesem Kontext ist es auch möglich und sinnvoll Theorien und Technologien zu hinterfragen.

So halte ich selbst einen Großteil der bürgerlichen Volkswirtschaftslehre für irrelevant, denke, dass die Menschheit auch ohne Autos, Passagierflugzeuge und Atomkraft auskommen könnte und bin der Meinung, Genfood sollte allenfalls auf dem Mond produziert werden.

Generell sollte eine saturierte Volkswirtschaft wie die der BRD mit 0 Prozent Wachstum funktionieren. Wir haben materiell alles was wir brauchen, müssen damit nur vernünftig umgehen.
Veränderung ist auch nicht per se Fortschritt. Man könnte sogar argumentieren, eine Gesellschaft, die nicht permanentem Wandel unterworfen ist, sei weiter entwickelt als eine, die durch einen "Umbruch" nach dem anderen taumelt.

Andererseits bin ich dafür, Raumfahrt weiter zu betreiben und im All intensiv nach erähnlichen Planeten zu suchen. Die Menschheit ist einfach noch nicht so weit, dass sie sich zur Ruhe setzen kann und auf der Erde wird es eh eng.

Tomsax
23.12.2005, 05:07
Fortschritt heißt nur, weg vom Status quo. Jede Interpretation als etwas Positives ist reines Wunschdenken. Fortschritt bedeutet leider oftmals auch etwas negatives, ob es in Politik, Wirtschaft oder Wissenschaft ist. So bedeutet z.B. in der Politik fortschrittlich sei es, sich vom Sozialstaat zu entfernen. In der Wirtschaft ist es fortschrittlich auf Kosten immer mehr Menschen Gewinne zu erzielen und Fortschritt in der Wissenschaft bedeutet z.B., dass man immer Regenwälder in immer kürzerer Zeit abholzen kann aufgrund modernster Techniken, welche von den Wissenschaften entwickelt wurden.

Beverly
23.12.2005, 08:15
Fortschritt heißt nur, weg vom Status quo. Jede Interpretation als etwas Positives ist reines Wunschdenken. Fortschritt bedeutet leider oftmals auch etwas negatives, ob es in Politik, Wirtschaft oder Wissenschaft ist. So bedeutet z.B. in der Politik fortschrittlich sei es, sich vom Sozialstaat zu entfernen. In der Wirtschaft ist es fortschrittlich auf Kosten immer mehr Menschen Gewinne zu erzielen und Fortschritt in der Wissenschaft bedeutet z.B., dass man immer Regenwälder in immer kürzerer Zeit abholzen kann aufgrund modernster Techniken, welche von den Wissenschaften entwickelt wurden.

Ich konstatiere schon seit den 1970er Jahren folgenden Trend: Politisch "Linke" wenden sich GEGEN Veränderungen und Neuerungen, weil sie sich als schädlich ansehen. Musterbeispiel ist die Atomkraft, neues Beispiel Gentechnik in der Landwirtschaft.
Politisch "Konservative" bejahen all diese und noch andere Veränderungen.
So sind heute die Linken eher gegen die Glbalisierung als die Konservativen.
Franz Josef Strauß hat diese Entwicklung in dem Satz zusammengefasst: Konservative stehen an der Spitze des Fortschritts.

Nur widersprechen solche Ansichten eigentlich dem Wesen des Konservatismus im Sinne von Bewahren, die Vergangenheit höher zu schätzen als die Zukunft und Erlösung nicht im Fortschritt zu suchen.

Dementsprechend gerät "konservativer Fortschritt" dann oft zum mit 180 ... 240 ... 360 km/h Auf-der-Stelle-treten.
So wollen die von Konservativen regierten USA Klonen am liebsten weltweit verbieten lassen zugleich diese Welt mit Genfoof und gepaschtem "Wein" überschwemmen. Die konservativen USa geben pro Jahr 400 bis 500 Mrd. Dollar für Rüstung aus, machen aber nur wenig in der Raumfahrt.

Fortschrittskritik sollte also an der Kritik "konservativen Fortschritts" ansetzen. Die Linken haben sich zwar auch an Fehlentwicklungen beteiligt, man denke nur an Atomkraft und Umweltzerstörung im früheren Ostblock. Aber bei den Linken gibt es die Prämisse "Fortschritt muss dem Wohl der Menschen dienen". Bei Konservativen ist davon nur noch "Fortschritt muss" übrig geblieben :rolleyes:

malnachdenken
23.12.2005, 09:41
Fortschritt heißt nur, weg vom Status quo. Jede Interpretation als etwas Positives ist reines Wunschdenken.


was ist dann "rückschritt"?
genau das gleiche? ich finde schon, dass im wort "fortschritt" ein "weiterführen" drin steckt.

Tomsax
23.12.2005, 10:40
was ist dann "rückschritt"?
genau das gleiche? ich finde schon, dass im wort "fortschritt" ein "weiterführen" drin steckt.

Nein, ich sehe in Rückschritt dagegen ein zurückkehren zu einem genau vorher vorhandenen Zustand. Wogegen Fortschritt zumeist, wenn auch nicht immer, heißt, zu einem neuen Zustand zu führen. Mithin ist dann Rückschritt inswoeit nur ein Sonderfall des Fortschritts.

Bratwurst
23.12.2005, 11:08
was ist dann "rückschritt"?
genau das gleiche? ich finde schon, dass im wort "fortschritt" ein "weiterführen" drin steckt.

Das Wort "Fort" heißt im eigentlichen Sinne, dass etwas sich FORTbewegt, also "weg" von irgendwas. Die Richtung ist dabei nicht vorgegeben.
Im allgemeinen Gebrauch ist "Fortschritt" das Synonym für "ein Stück weiter".
Fortschritte in der Forschung werden oft mit den Worten beschrieben: "Da sind wir inzwischen einen Schritt weiter". Wenn ganz allgemein über einen großen Fortschritt geredet wird, nennt man das "Duchrbruch" oder "einen riesigen Schritt nach vorne".
Rückschritt ist eben Rückschritt.