PDA

Vollständige Version anzeigen : Herbst 89 - Bundeswehr.



Bergischer Löwe
21.10.2016, 09:59
Auf Anregung des verehrten users sunbeam, sowie aufgrund der langen Zeit, die zwischen dem beschriebenen Zeitraum und heute liegt und meiner "Ausmusterung" vor einigen Jahren, möchte ich nun ein wenig berichten, über die Vorgänge bei uns in der Marine während der aufregenden Zeit im Herbst 89 passierten. Der geneigte Leser möge mir verzeihen, wenn ich nicht im Detail auf die Technik, die wir verwendeten eingehen kann, da ich (unverständlicherweise) von Geheimhaltungspflichten, die in meinem Fall bis "NATO-Top Secret" (also die zweithöchste militärische Geheimhaltungsstufe der NATO, darüber gibt's nur noch "Cosmic-Top Secret") reichte, ausdrücklich nicht entbunden wurde.

Ich werde also keine Details über Reichweiten, Krypto Verfahren oder Fähigkeiten der von mir und anderen bedienten Installationen an Bord kundtun. Aber es ist auch so genug passiert.

Im Hochsommer 89 kam ich als blutjunger Matrose und nach erfolgter Grundausbildung mit inkludiertem ersten Teil der fachlichen Bord-Spezialausbildung aus der Marinefernmeldeschule Eckernförde in die Marinefernmeldeschule Flensburg-Mürwik. Gleich neben der "Burg", also der Marineoffiziersschule, und oberhalb des Marinestützpunktes Flensburg. Ich absolvierte im Juli den fachlichen Teil meiner Ausbildung und schloss ihn mit Prüfungsnote "Gut" ab. Fächer waren: optisches Fernmeldeverfahren (Lichtmorsen und Flaggen), Sprechfunkverfahren, Krypto, Englisch. Zum ersten August war ich ausgebildeter Seemann der Verwendungsreihe 27 (Signal). Eine vergleichsweise anspruchsvolle Ausbildung mit einem Abiturientenanteil von über 90%.

Wir durften drei Wunsch-Bordkommandos äußern. Ich wollte unbedingt auf ein U-Boot. Zweitwunsch war Minensucher in Wilhelmshaven. Drittwunsch war das ominöse Flottendienstgeschwader, das in Flensburg lag und wir von unseren Räumlichkeiten sehen konnten. Drei flammneue Schiffe, die weiträumig abgesperrt waren und - im Gegensatz zu ihren Geschwaderschwestern den U-Jagd-Korvetten - nicht besichtigt werden konnten. Zutritt zur Pier war strengstens verboten.

Eines Tages hieß es: "Die Kommandos sind raus. Hängen am schwarzen Brett." Alles stürmte hin und ich las hinter meinem Namen: Flottendienstboot "Oker". Ein AGI. Kurz für "Auxiliary German Intelligence". Hmm. Dachte ich. Also Flensburg. Immer Alleinfahrer - also nicht viel zu tun für mich als Signäler. Leichtes Leben. Zivilschiffstandard. Also auch noch komfortabel. Mit Sauna, Fitnessraum. Baujahr 88. Also damals wirklich brandneu. Viel vorstellen unter einem AGI konnte ich mir damals nicht. Meine Kameraden lachten: "Schnüffelschiff" hießen die drei AGI`s im Marinejargon.

Das war sie:

56642

Fortsetzung (Bordleben) folgt.

Bergischer Löwe
21.10.2016, 10:45
Nun begann das Bordleben für mich. Zurechtfinden, eingewöhnen, die erste (kurze) Seefahrt von ein Paar Tagen. Alles gut. Und ich lernte, was ein AGI ist und tut. Unser übliches Operationsgebiet war das Seegebiet von der Danziger Bucht über Nord-Ostpreußen, Baltisk (die große sowjetische Flottenbasis) bis hoch vor Leningrad. Dazu kamen gelegentliche Fahrten vor die Halbinsel Kola. Murmansk also. Das Boot war tatsächlich sehr komfortabel, praktisch unbewaffnet und hatte zwei Besatzungen. Eine seemännische und eine Besatzung, die nur zu Einsätzen eingeschifft wurde. Ab Oberbootsmann aufwärts. Viel Gold und Lametta. Die saßen abgeschirmt im großen Aufklärungsraum hinter der Brücke. Von den Seeleuten durfte diesen Raum nur betreten, wer mindestens bis NATO „Secret“ eingestuft war.

Ich hatte diese Einstufung bereits durch die Ausbildung als 27er, wurde aber noch einmal von drei Herren befragt, die eines Tages an Bord kamen, Kapitän zur See - Uniform trugen - aber ohne jegliche Hinweise auf Herkunft, Tätigkeit oder gar ein Namensschild. Die wussten alles über mich. Alles. Bis hin zu entfernten Freunden in der DDR. Und wann ich das letzte Mal dort gewesen bin. Offenbar empfanden sie mich als „sauber“ und einige Tage später bekam ich die „Top Secret“ Einstufung, die für mich bis zum heutigen Tage gilt.

Wozu hatte ich diese Einstufung? Ich war an Bord für das Funkbuch, die tägliche Funkverschlüsselungsroutine zuständig. Dazu hätte aber auch die ursprüngliche Einstufung gereicht. Die Aufklärer, mit ihren hochgeheimen Erkenntnissen, hatten ihren eigenen Fernmeldebereich. Also auch dafür nicht. Ich erfuhr es dann: Irgendjemand muss ja die Arbeitsplätze der Aufklärer (die meisten waren Offiziere) saubermachen. Dafür bekam ich dann tatsächlich diese Einstufung, um den Raum überhaupt betreten zu dürfen. Zwei andere Fernmelder bekamen auch diese Einstufung. Sie mussten Pantry machen (Kaffee, Essen & Co.) in diesen Raum bringen. Der Raum war immer bewacht. Niemand Unbefugtes kam am Posten vorbei, der das Schott 24/7 bewachte.

Überwiegend lagen wir im Hafen und warteten unsere beiden Schwesterschiffe abzulösen. Es war immer ein deutscher Aufklärer im Seegebiet. Wir maßen mit unseren Sensoren die Fähigkeiten der Russen, überwachten ihren Sprechfunkverkehr und dienten quasi als schwimmende Command Unit. Unsere Befehle kamen direkt vom Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt. Wir liefen immer nachts aus und hatten ansonsten vollkommenes Stillschweigen über unsere Tätigkeiten zu halten. Die Crew war klein, die Offiziere ok, das Schiff bot uns allen Komfort, den man als Soldat erwarten konnte. Dann begann es ungemütlich zu werden. Und zwar als wir im Fernsehen zusahen, wie rund um den Zug der DDR Flüchtlinge aus Prag Unruhen entstanden und die Montagdemonstrationen immer größer wurden.

Fortsetzung folgt.

sunbeam
21.10.2016, 10:54
:gp:

Klopperhorst
21.10.2016, 10:57
Ich war einmal auf einem U-Boot in Neustadt. War schon eine andere Nummer, als in der Kaserne zu hocken. Dort gabs keine Freizeit.

---

Politikqualle
21.10.2016, 11:02
Ich war einmal auf einem U-Boot in Neustadt. --- .. während der Bundeswehrzeit ? oder als Besucher ?

Klopperhorst
21.10.2016, 11:14
.. während der Bundeswehrzeit ? oder als Besucher ?

Während der Bundeswehrzeit, mit einem Vorgesetzten.

---

luis_m
21.10.2016, 11:48
"Marinefernmeldeschule Eckernförde"?
Ich kenne das 1. Mausbatl. in Karlshöhe, wurde das umbenannt oder war die Schule unten bei der MUWS neu gebaut worden?

Jodlerkönig
21.10.2016, 11:58
Im Hochsommer 89 kam ich als blutjunger Matrose hätte das nicht richtigerweise anders geschrieben werden sollen?


Im Hochsommer 89 kam ich als blutjunger, verdammt gutaussehender , gestählter frauengott und Matrose und nach erfolgter Grundausbildung ..

Bergischer Löwe
21.10.2016, 12:33
"Marinefernmeldeschule Eckernförde"?
Ich kenne das 1. Mausbatl. in Karlshöhe, wurde das umbenannt oder war die Schule unten bei der MUWS neu gebaut worden?

Nein, das war Karlshöhe. Wenn man reinkam, war da eine riesige uralte Allee. Unten am Hafen war tatsächlich nur die MUWS. Karlshöhe war ja geteilt. Links wir - Rechts die FlaRak Kaserne. Bei uns waren auch noch die Kampfschwimmer untergebracht. Wilde Gesellen.

Bergischer Löwe
21.10.2016, 12:35
hätte das nicht richtigerweise anders geschrieben werden sollen?

:D

Ich war noch ein Kind. Frisch vom Gymnasium in einem schlecht sitzenden Kulani und einer riesigen Tellermütze. Der gestählte Seemann wurde ich erst an Bord. Und im kleinen aber feinen Rotlichtviertel von Flensburg im "Samson-Gang".

Bergischer Löwe
21.10.2016, 12:39
Ich war einmal auf einem U-Boot in Neustadt. War schon eine andere Nummer, als in der Kaserne zu hocken. Dort gabs keine Freizeit.

---

Wir haben uns in Kiel zeitweise eine Pier mit den Piepels von den U-Booten geteilt. Am Wochenende war immer nur eine traurige Gestalt da, die im Winter eiskalten Boote bewachen musste. Die lagen da im Päckchen. Der kam dann immer zu uns rüber sich aufwärmen. Ich war oft unten bei denen. Kannte einen auf U 27. Nur gewohnt haben die im Hafen nicht drauf. Das ging nicht. Die wohnten in der Flotille. Wir mussten an Bord wohnen. Hatte aber einen finanziellen Vorteil: Immer Bordzulage. Und natürlich: Wir bekamen unsere Arbeit am Bett serviert. Mussten nie weit laufen.

luis_m
21.10.2016, 12:44
Nein, das war Karlshöhe. Wenn man reinkam, war da eine riesige uralte Allee. Unten am Hafen war tatsächlich nur die MUWS. Karlshöhe war ja geteilt. Links wir - Rechts die FlaRak Kaserne. Bei uns waren auch noch die Kampfschwimmer untergebracht. Wilde Gesellen.

Ist ja auch schon länger her, daß ich dort war. Und richtig die Kampfschwimmer waren dort auch, gleich beim Eingang, da mußten wir mal Reinschiff machen nach einem Saufgelage dieser Truppe.

luis_m
21.10.2016, 12:47
:D

Ich war noch ein Kind. Frisch vom Gymnasium in einem schlecht sitzenden Kulani und einer riesigen Tellermütze. Der gestählte Seemann wurde ich erst an Bord. Und im kleinen aber feinen Rotlichtviertel von Flensburg im "Samson-Gang".

Oluf Samson Gang! Bitte!

Bergischer Löwe
21.10.2016, 12:49
Ist ja auch schon länger her, daß ich dort war. Und richtig die Kampfschwimmer waren dort auch, gleich beim Eingang, da mußten wir mal Reinschiff machen nach einem Saufgelage dieser Truppe.

Ja, die waren lustig. Haben - wahrscheinlich sone uralte Dummfug Geschichte - angeblich regelmäßig die "Kisten" mit nem Sturz die Treppe runter im Spind "begrüßt". Ich hab sie nur ein Paar Mal zu sehen bekommen. Waren meist unten am Hafen. Die hatten ja da ihr Schiff. "Scharhörn" oder wie die hieß. War wohl ein umgebauter Hochseeschlepper. Ecktown habe ich ja auch nur drei Monate genießen dürfen. Heute wohl alles weg.

Bergischer Löwe
21.10.2016, 12:49
Oluf Samson Gang! Bitte!

Stimmt. Das Oluf hatte ich vergessen.

luis_m
21.10.2016, 12:53
Stimmt. Das Oluf hatte ich vergessen.

Kennst du noch das Schlammi oder Seewarze in Flensburg, diesen Radauschuppen?

Bergischer Löwe
21.10.2016, 12:59
Kennst du noch das Schlammi oder Seewarze in Flensburg, diesen Radauschuppen?


Ich kann mich an die Namen leider nicht mehr erinnern. In irgendsoeinem Laden gab`s Korn mit Maracuja Saft, abgefüllt in alte Limoflaschen aus der Tiefkühltruhe für 8 Mark zu kaufen. Das war übel. Resultat einmal: 6 Stiche an der Stirn und ne gebrochene Rippe. Bin den Niedergang zu unserem Deck runtergekracht. Man fand mich in der Dusche inmitten einer riesigen Blutlache. Die dachten ich wäre tot. Kann mich nur noch an das "Ogott!" erinnern, als wir auf die Zivilwache am Stützpunkt zuwankten.

Der Schuppen war direkt neben so einem alten Patrizierhaus am Hafen. Dahinter war der Kontakthof vom Eros Center. Da hab ich mir schon mal die schallendste Ohrfeige meines Lebens eingefangen. Die "Dame" fand meine Handelei nicht lustig.

Schlummifix
21.10.2016, 13:00
Liest sich so, als ob es dir bei der BW gut gefallen hat.
Mir damals auch. Ich war zum ersten Mal lange von zu Hause weg, mit Kumpels aus einem ganz anderen Milieu zusammen.
Und ich kam als "Stabsdienstsoldat" in den Generalstab. Alle Vorgesetzte ab Major aufwärts. Auch ein paar Doktoren dabei.

Heute weiß ich, dass das alles Deppen sind, die ihr Leben vergeuden. Sogar der kommandierende General war ein absoluter Depp, ein Vollpfosten.
Die hatten auch keine Ahnung von Computern; mussten wir ihnen beibringen :D
Bei der BW verblödet jeder.

kiwi
21.10.2016, 13:05
Liest sich so, als ob es dir bei der BW gut gefallen hat.
Mir damals auch. Ich war zum ersten Mal lange von zu Hause weg, mit Kumpels aus einem ganz anderen Milieu zusammen.
Und ich kam als "Stabsdienstsoldat" in den Generalstab. Alle Vorgesetzte ab Major aufwärts. Auch ein paar Doktoren dabei.

Heute weiß ich, dass das alles Deppen sind, die ihr Leben vergeuden. Sogar der kommandierende General war ein absoluter Depp, ein Vollpfosten.
Die hatten auch keine Ahnung von Computern; mussten wir ihnen beibringen :D
Bei der BW verblödet jeder.



Wir latschen durch´s Gelände wir latschen durch die Saat hurra wir verblöden und uns bezahlt der Staat – weiter kann ich es nicht mehr ist schon zu lang her.

Schlummifix
21.10.2016, 13:14
Wir latschen durch´s Gelände wir latschen durch die Saat hurra wir verblöden und uns bezahlt der Staat – weiter kann ich es nicht mehr ist schon zu lang her.

Die meisten BWler machen nicht mal das. Wenn es wenigstens eine sportlich gestählte Truppe wäre, wie es die Wehrmacht war.
Ich habe so ein paar Küchenoffiziere kennengelernt; die waren für Futterbeschaffung zuständig. Die haben den ganzen Tag nur gefressen...
Wie ich die verachtet habe.

Ich hatte ein paar Oberstleutnante als Vorgesetzte, die haben buchstäblich 1 Jahr lang nichts Vernünftiges gemacht. Einfach nur Schwachsinn gemacht, vor allem Powerpoint-Präsentationen. Höchstes Führungspersonal der BW, das nur Kindergartenkram macht. Von Computern hatten sie null Ahnung, da mussten wir immer helfen.

Und der kommandierende General war im Grunde ein fetter Politiker. So eine Art S.Gabriel in Uniform. Blöd war er noch dazu.
Na ja, ich kann leider nichts Gutes an dem Laden lassen.

Hoffentlich ist es heute besser, als Berufsarmee mit internationalen Aufgaben. Aber ich bezweifle es.
Die waren auch alle neidisch auf uns Ausscheider.

__________________

Jetzt aber weiter mit BL und seinem Bericht zur Revolution '89

Bergischer Löwe
21.10.2016, 13:52
Wie dem auch sei:

Mitte September 89 verlegten wir routinemäßig ins Kieler Arsenal, um einige Antennenanlagen - geschützt vor neugierigen Blicken - zu ergänzen, die in der Werft noch nicht fertig waren. Dazu kamen Zivilisten von Krupp-Atlas an Bord. Als Frischling (genannt "Kiste") hatte ich ne Weile Wochenendwachen. Nicht sehr nett aber so ist es halt an Bord. Die "Altgefahrenen" sagen, wo`s lang geht. Ich werde es nie vergessen - Freitag spätnachmittag. Nur noch wir 5 an Bord. Plötzlich kommt der WO angerannt (war ausgerechnet unser Steuermann - der einzige Nicht-Offizier WO als Hauptbootsmann), im Schlepptau den UvD, unser "Gas-Wasser-Scheiße" Obermaat aus Cuxhaven. Also die geballte Kompetenz. Wo ich denn (ich war der Schiffstelefonist) die Telefonliste hätte. Ich gab sie ihnen und sie verschwanden wieder. Wortlos.

2 Stunden später - ich stand mittlerweile draußen als Pierwache mit der Uzi unterm Arm - kam ein silberner Passat Kombi mit Flensburger Nummer angerollt. Ich dachte: "Ach Du Scheiße - der Kommandant!". Griff zum Telefonhörer und den WO gewahrschaut. Ich durfte ja meinen Posten nicht verlassen - also keine "Seite", kein Kommandantenwimpel - all das Brimborium, wenn der "Alte" an Bord kommt fiel flach. Ich ging ihm entgegen, wollte Meldung machen und der lief mit versteinertem Gesicht an mir vorbei und ließ mich stehen. Ich stand da wie verdattert. Keine halbe Stunde später kamen immer mehr zurück. Der 1WO, der 2WO der FMO, der SSM, der Decksmeister. Alle, die so in der Nähe wohnten. Auch einige ältere Lords kamen eingetrudelt. Ich wurde dann abgelöst und mein Vorgesetzter der FMO, ein netter OLt z.S. beorderte mich zu sich. "Alle anrufen" meinte er. "Zuerst alle nördlich Hamburg. Dann, wenn Sie mindestens 50% erreicht haben, die südlich Hamburg." "Sollen sich bis morgen Mittag 12:00 an Bord melden!". Sprachs und ging zum Alten in die Unterkunft. Bis etwa 21:00 hatten ich und ein anderer Funker etwa 60% der Besatzung erreicht. 70% war nötig, um volle Einsatzbereitschaft festzustellen. War halt noch nicht die Zeit von Handys und WhatsApp. Das dauerte eben.

Die ersten trudelten bald ein. Bis etwa am kommenden Morgen waren von ca. 70 Mann 30 da. Um halb 12 etwa 50. Viele habe ich dann noch erreicht - die sind dann am späten Nachmittag eingetroffen. Um 15:00 war Kommandantenmusterung auf dem Helikopterdeck. Dort wurden wir informiert, daß um 21:00 Seeklarmusterung stattfinden würde. Weiter nichts. Ich hatte meinen Bereich bereits seeklar und - am Flaggenkasten stehend, damit niemand denkt, ich täte nichts und wäre für andere Arbeiten verfügbar - konnte ich auf dem anderen Ufer der Förde den Tanker "Eifel" beobachten, wie er der "Rommel" und der "Lütjens" die Treibölbunker vollmachte. Als der weg war, ging "Z" an den Flaggenmasten hoch. Signal für Munitionsübernahme. Zig LKW auf der Pier. Mehr konnte ich nicht erkennen. Und: Die U-Boote und ihr Tender waren weg. Wohl in der vorherigen Nacht. Und zwar alle. DAS war allerdings seltsam.

Um 20:55 bekam ich vom IWO den Befehl "Durchsage zum Klarmachen zur Seeklarmusterung". Ich machte die Durchsage und alles trat aufs Helideck. Der Kommandant teilte uns mit knappen Worten mit, daß für Mitternacht Auslaufen befohlen sei. Um 22:00 wären die Schlepper da und würden uns rüber in den Stützpunkt verholen. 23:00 Treibstoffübernahme. 02:00 auslaufen aus der Förde. Grund sei eine veränderte Sicherheitslage in der "Mittleren Ostsee". Wir wären beordert, unser Schwesterschiff "Alster" zu unterstützen und würden unterwegs auch das dritte Schiff der Klasse, die "Oste" treffen. Dann nur ein kurzes: "Besatzung sich klarmachen zum Auslaufen. Seeklarzustand!"

Wir übernahmen unsere Rolle für Revierfahrt. Ich war Läufer und Befehlsübermittler auf der Brücke. Um 22:00 waren die Schlepper da und unsere Lords schossen die Leinen rüber. Auf der anderen Seite wartete ein Tanker, von dem wir Treiböl übernahmen. Wir legten nach der Übernahme an der Pier wieder an und von allen Seiten rollten LKW herbei. Übernahme von Munition für die Handfeuerwaffen, Stinger. Übernahme von Proviant und Ersatzteilen. Die ganze Schufterei dauerte fast bis 03:00. Ausgelaufen sind wir dann gegen 05:00 morgens. Vor der Förde wartete schon die "Oste" auf uns. Begleitet von den U-Jagd Korvetten "Triton" und "Theseus". Ich saß derweil im Funkraum und sortierte die Funklisten. In der Region war viel Prominenz. Der holländische Kreuzer "Tromp". Der britische Zerstörer "Bristol" und die Fregatten "Augsburg" und "Nürnberg". Im Anmarsch: "Rommel" und Lütjens". Die "Mölders" stand vor der Kieler Förde.

Ich dachte: Hmm - ein Manöver??

Bald mehr.

Systemhandbuch
21.10.2016, 19:44
Schöner Strang !!! :popcorn:

89 war ich am Ende der Grundausbildung. Fliegermuschi.:D

Da wurde nur gemunkelt, dass man die Kaserne für die DDR-Bürger evtl. räumen sollte. Haben wir dann gemacht. Hab ich jetzt nicht als negativ in Erinnerung.

kotzfisch
21.10.2016, 20:05
Ich bin Mitglied der Salzburger Marinekameradschaft und die Mitgliedschaft wurde mir auf dem Achterdeck der HMS Victory angetragen an der Plakette
auf der steht: This is the place were Nelson felt.

Eine große Ehre.(Im Rahmen einer marinehistorischen Reise durch Südengland)

Ich war niemals bei der Marine habe aber dann fürs Vereinsblättchen eine Reihe kleinere Artikel über K&K Küstenbatterien und Schlachtschiffe wie der Viribus Unitis und der Sveti Istvan verfasst.

Hat Spaß gemacht.

Stopblitz
21.10.2016, 22:08
Liest sich so, als ob es dir bei der BW gut gefallen hat.
Mir damals auch. Ich war zum ersten Mal lange von zu Hause weg, mit Kumpels aus einem ganz anderen Milieu zusammen.
Und ich kam als "Stabsdienstsoldat" in den Generalstab. Alle Vorgesetzte ab Major aufwärts. Auch ein paar Doktoren dabei.

Heute weiß ich, dass das alles Deppen sind, die ihr Leben vergeuden. Sogar der kommandierende General war ein absoluter Depp, ein Vollpfosten.
Die hatten auch keine Ahnung von Computern; mussten wir ihnen beibringen :D
Bei der BW verblödet jeder.

Es sind meist die Bekloppten, die anderen erzählen sie wären bekloppt. Hast du mal darüber nachgedacht ob du nicht vielleicht ein Depp bist? Kleine Frage von einem ehemaligen SaZ.

Bergischer Löwe
21.10.2016, 22:23
Ich bin Mitglied der Salzburger Marinekameradschaft und die Mitgliedschaft wurde mir auf dem Achterdeck der HMS Victory angetragen an der Plakette
auf der steht: This is the place were Nelson felt.

Eine große Ehre.(Im Rahmen einer marinehistorischen Reise durch Südengland)

Ich war niemals bei der Marine habe aber dann fürs Vereinsblättchen eine Reihe kleinere Artikel über K&K Küstenbatterien und Schlachtschiffe wie der Viribus Unitis und der Sveti Istvan verfasst.

Hat Spaß gemacht.

Soweit ich weiß, war die "Rommel" das Patenschiff der ehemaligen Besatzungsmitglieder der "Prinz Eugen". Die wiederum der "Tegethoff". Und so gab es in den 70ern noch Besuch von hochbetagten Herren der k.u.k. Marine beim Paten ihres Paten. Ich habe viel Sympathie für die österreichische Marine des ersten Weltkriegs. Gute Schiffe, gute Besatzungen, katastrophale Führung, doofe Lage in einem Binnenmeer. Die "Viribus Unitis" war ein verdammt gutaussehendes Schiff.

Beobachter
25.10.2016, 22:38
Lässt die Fortsetzung noch lange auf sich warten?

Deutschmann
26.10.2016, 06:42
Ja. Vielleicht haben auch andere eine Geschichte aus ihrer Militärzeit zu erzählen. Interessant wäre z.B. jemand, der quasi von heute auf morgen von der NVA zur BW wechseln musste. Wie da die Stimmung war etc ...

Muninn
26.10.2016, 15:48
Ja. Vielleicht haben auch andere eine Geschichte aus ihrer Militärzeit zu erzählen. Interessant wäre z.B. jemand, der quasi von heute auf morgen von der NVA zur BW wechseln musste. Wie da die Stimmung war etc ...

Nach der Wende war doch jeder froh einen Job zu haben..

Von einem wechseln mußte kann keine Rede sein. Eher von einem wechseln durfte.

marcus1011
26.10.2016, 16:03
89 war ich auch beim Bund, Refü bei der Luftwaffe. Kein Heldenjob, aber mein eigener Herr :cool:

Bieleboh
26.10.2016, 16:28
Ja. Vielleicht haben auch andere eine Geschichte aus ihrer Militärzeit zu erzählen. Interessant wäre z.B. jemand, der quasi von heute auf morgen von der NVA zur BW wechseln musste. Wie da die Stimmung war etc ...

Ich habe nur die Zwischenzeit bis Juli 1990 erlebt.In der Übergangszeit brachen viele Normen, Vorgesetzte, vor denen man noch vor Wochen stramm stand hatten kaum noch Reputation. Zukunft ungewiss, allgemeine Auflösungserscheinungen. Lockere Ausgangsregeln, Alkohol auf den Stuben, sowas gabs vorher nicht. Die 40 Stundenwoche wurde eingeführt, die mit zwei Tagen Wachdienst abgegolten war und dazu noch als Überstunden angerechnet wurden. Der Rest war rumlungern und Fronturlaub.

Frontferkel
02.11.2016, 20:48
89 war ich auch beim Bund, Refü bei der Luftwaffe. Kein Heldenjob, aber mein eigener Herr :cool:
Was ist ein Refü ? Reinigungsfürst ?

Bieleboh
02.11.2016, 21:03
Was ist ein Refü ? Reinigungsfürst ? Rechnungsführer

Frontferkel
02.11.2016, 21:10
Rechnungsführer
Ah ja. Danke . Gab es auf der anderen Seite nicht . So etwas haben Zivilisten gemacht . Habe von I/72 bis I/75 gedient .

Veruschka
02.11.2016, 21:10
89 war ich auch beim Bund, Refü bei der Luftwaffe. Kein Heldenjob, aber mein eigener Herr :cool:
Die Herren der Luftwaffe *grrrr
Darf man hier auch mitreden, wenn man mal ein Praktikum bei der StOV gemacht hat?

kotzfisch
02.11.2016, 21:20
Ich war StloTw.

Deutschmann
02.11.2016, 22:43
Ich war StloTw.

Ich T7 :D

Frontferkel
04.11.2016, 22:27
Die Herren der Luftwaffe *grrrr
Darf man hier auch mitreden, wenn man mal ein Praktikum bei der StOV gemacht hat?
Rede noch mal schlecht über die Luftwaffe bzw. Luftstreitkräfte/Luftverteidigung und ich versohle Dir virtuell den Podex .:D

Frontferkel
04.11.2016, 22:31
Ich war StloTw.
Wat is dat denn ? Irgendwas mit Stab , oder? Null Ahnung .
Ich war im Flg.Ing.D. , Techniker/Bordmechaniker Uffz.im damals einzigen HG der DDR .

Multiplex
05.11.2016, 03:28
Ich war nach der Grundausbildung im Herbst 89 Nachschubbuchführer in einem Divisionsdepot. Da waren zu 80% Abiturienten. Das Proletenpack fand man bei den Panzergrenadieren, zu denen natürlich keiner Kontakt hatte. Auch ein Panzerbataillion gab es dort. Die Wehrdienstzeit sollte Stand Herbst 89 von 15 auf 18 Monate verlängert werden.

Im März 1990 hieß es hinter vorgehaltener Hand, dass es keine Verlängerung auf 18, sondern eine Verkürzung auf 12 Monate geben sollte. Diejenigen, die im Herbst 1990 anfangen wollten zu studieren, konnten das nicht glauben und schoben wie verrückt Dienste, um früher rauszukommen. Das war dann im Juli oder August hinfällig. Sie hatten mehr Dienste geschoben, als in ihren verkürzten Grundwehrdienst passte, und bekamen keine einzige Mark dafür erstattet. Die waren stinksauer. Ich konnte genau wie sie im September 90 austreten. Die Divisionsversorgungsnachschubeinheit wurde ein Jahr später aufgelöst. Die Hallen wurden in 1985/86 erst erbaut und standen dann einige Jahre nutzlos in der Gegend rum, bevor da in den 90er Jahren Asylanten reinkamen.

Aber es wird mir immer ein Rätsel bleiben, wie der Oberstleutnant im März 1990 schon so sicher sein konnte, dass die Kürzung auf 12 Monate kommen würde, obwohl die erst im Juli parlamentarisch beschlossen wurde. Zu einer Zeit, wo noch gar nicht klar war, ob es die Wiedervereinigung geben würde. Die Nachricht, dass Honecker zurücktrat, erreichte uns beim Waffenputzen. Wir haben damals die Waffen regelrecht kaputtgeputzt.

Natürlich waren die ganzen Zettis Zivilversager und Flachschüppen. Dass man aber beim Bund so schnell verblödet, hätte ich mir damals nicht vorgestellt. Eigentlich ein Abgrund, den man nicht nochmal erleben möchte, obwohl es beim Nachschub noch ziemlich gesittet zuging.