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Vollständige Version anzeigen : Kuttenwesen



Oettinger
12.12.2005, 23:26
Wie denken Sie über das sogenannte "Kuttenwesen" unter Fußballfans?

juli
12.12.2005, 23:42
Wie denken Sie über das sogenannte "Kuttenwesen" unter Fußballfans?Das gleicht ja in jedem Wort: http://www.politikforum.de/forum/archive/9/2005/05/4/103463

Gärtner
12.12.2005, 23:45
Wie denken Sie über das sogenannte "Kuttenwesen" unter Fußballfans?
Unsportlich, wie ich bin, bevorzuge ich natürlich die meinige - die hat wesentlich mehr Tradition und ist derzeit sogar weihnachtlich gepimpt.

Werner Fink
12.12.2005, 23:47
Was ist das "Kuttenunwesen" ?

Gärtner
13.12.2005, 00:05
Was ist das "Kuttenunwesen" ?
Er spielt wohl auf die unter Hardcore-Fußballfans verbreitete Sitte an, sich zum Anlaß eines Spiels in härenen, selbstgewirkten Säcken ("Kutten") zu zeigen, denen man das Wort "Kleidungsstück" schwerlich zuerkennen mag und in dem sie das Aussehen einer Horde betrunkener Orks haben. Das Benehmen ist demgemäß.

Werner Fink
13.12.2005, 00:10
Was es nicht alles so gibt!

Mann, bin ich froh, dass ich aus dem alter raus bin.

Oettinger
13.12.2005, 00:11
@Gelehrter

Sind Sie Anhänger des 1.FC Köln? Wie denken Sie über die Kölner Kutten- und Ultraszene?

Gärtner
13.12.2005, 00:12
@Gelehrter

Sind Sie Anhänger des 1.FC Köln?
Ja, ich bin leidgeprüfter FC-Anhänger.


Wie denken Sie über die Kölner Kutten- und Ultraszene?
Degoutant. Was im übrigen für derlei "Szenen" ganz generell gilt.

Gärtner
13.12.2005, 00:14
Was es nicht alles so gibt!

Mann, bin ich froh, dass ich aus dem alter raus bin.
Vertu dich nicht. Da gibt es durchaus Leute, die zumindest ihrem Paß nach noch viel bemooster sind als wir.

Oettinger
13.12.2005, 00:17
Ja, ich bin leidgeprüfter FC-Anhänger.Aufgrund Ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem harten Kern der Fanszene nehme ich an, dass sich Ihr Stammplatz auf der stimmungsarmen West- oder Osttribüne befindet.

Degoutant. Was im übrigen für derlei "Szenen" ganz generell gilt.Bedauerlich, zumal zumindest die Ultraszene durch dezidierte antikommerzielle und antirepressive Tendenzen nobilitiert wird, wenn sie auch (im Gegensatz zum FC St. Pauli beispielsweise) noch nicht zur Perzeption der Welt als durch Klassenantagonismen konstituiert vorgedrungen ist.

Gärtner
13.12.2005, 00:20
Aufgrund Ihrer ablehnenden Haltung gegenüber dem harten Kern der Fanszene nehme ich an, dass sich Ihr Stammplatz auf der stimmungsarmen West- oder Osttribüne befindet.
Durchaus nicht. Wenn schon, dann Kurve.


Bedauerlich, zumal zumindest die Ultraszene durch dezidierte antikommerzielle und antirepressive Tendenzen nobilitiert wird, wenn sie auch (im Gegensatz zum FC St. Pauli beispielsweise) noch nicht zur Perzeption der Welt als durch Klassenantagonismen konstituiert vorgedrungen ist.
Oh, ich bin ein schlichtes Gemüt. Ich möchte guten Fußball und den FC gewinnen sehen.

Oettinger
13.12.2005, 00:27
Durchaus nicht. Wenn schon, dann Kurve.
Trotz Ihrer bürgerlichen Gesinnung beginnen Sie in meinem Ansehen zu steigen.

Sauerländer
13.12.2005, 02:10
Wie denken Sie über das sogenannte "Kuttenwesen" unter Fußballfans?
Ich hab meine alte Kutte noch zuhause im Schrank hängen, mit dem riesigen Aufnäher "Südtribüne :) Westfalenstadion ;( ) Passt mir längst nicht mehr. Aber irgendwie hat sich der Anteil der Kutten ja weitgehend doch erheblich gesenkt. Ultras machen dem Kleidungsstil nach ja meist eher auf Möchtegernhools. :rolleyes:

Kuttenwesen ist in meinen Augen nicht zwingend. Zu einem guten "Gesamtkunswerk Fußballspiel" gehören ein spannender Matchverlauf, Stehplätze, Bier, laustarker Support, gerne auch Bengalos, Rauch und Blockfahnen, und für die, die Spaß dran haben und das auf Gleichgesinnte beschränken auch ein bischen Boxerei. Und wenn sich gelegentlich mal jemand einen neuen, ansatzweise kreativen Gesang einfallen lässt, ist das auch fein. Da braucht es keine Kutten zu.

Bei den Ultras finde ich immer die "Vorsänger" mit den Megaphonen peinlich. Zu unseren Zeiten kannte man seine Lieder auswendig, und wenn doch einer meinte, den Vorgröhler machen zu müssen, dann tat er das mit bloßer Stimmkraft. Dass man nach einem Spiel ungefähr einen Tag lang keine Stimme mehr hat, gehört dazu.

Überhaupt ist der Fußball viel zu...sauber geworden, viel zu fernsehtauglich. Nachdem die Hoolszene mehr oder weniger aus den Stadien verjagt wurde (auch wenn es in den tieferen Ligen und speziell im Osten momentan wieder aufwärts geht), haut nun der dafür zuständige Repressionsapparat weiter zu, und zwar auf alles, was auch nur ansatzweise nonkommerziell guckt und potentiell einem Fernsehhochglansbild abträglich ist. Mir sind noch die Bilder in Erinnerung, wo die Südtribüne ein einziges Fackelmeer war - Versuch das heute, und in drei Minuten bist draussen, hast ein Stadionverbot und eine Anzeige am Hintern hängen. X(
Beschwer dich nur einmal über Bullenschikane, und sofort landest Du in der "bösen Kartei". Und wenn Du dann irgendwann mal wieder international auswärts fahren willst, kommst Du aus dem Staunen nicht mehr raus.

Da fängt man schon ein wenig an, den Zeiten nachzutrauern, als man zugegebenermaßen zwar mit Kindern/Familie dem Stadion besser fernblieb, jedoch alles, da die Staatsmacht so ziemlich NICHTS im Griff hatte, irgendwie freier, dreckiger, prolliger ablief.

Gärtner
13.12.2005, 02:27
Zwischen diesem:


ein bischen Boxerei.
und jenem:


die Hoolszene
liegen aber wirklich Welten.


(auch wenn es in den tieferen Ligen und speziell im Osten momentan wieder aufwärts geht), haut nun der dafür zuständige Repressionsapparat weiter zu, und zwar auf alles, was auch nur ansatzweise nonkommerziell guckt und potentiell einem Fernsehhochglansbild abträglich ist.
Primitives Schlägerpack, das sich einen Dreck um das eigentliche Ereignis - nämlich das Spiel - kümmert, verdient zu allerletzt, zu Helden der Nonkommerzialität hochgejazzt zu werden.

Im Gegenteil, dieses viehische Treiben ist nichts anderes als der Ausdruck eines gelangweilten, mental verkrüppelten Wohlstands-Pöbels, der seinen Thrill nur noch im blutspritzenden Spektakel findet und selbst Mord & Totschlag als Teil der Lustbarkeit ansieht. Diesem Treiben mit der ganzen Härte des Gesetzes zu begegnen, ist die einzig richtige Antwort.

SAMURAI
13.12.2005, 06:29
Er spielt wohl auf die unter Hardcore-Fußballfans verbreitete Sitte an, sich zum Anlaß eines Spiels in härenen, selbstgewirkten Säcken ("Kutten") zu zeigen, denen man das Wort "Kleidungsstück" schwerlich zuerkennen mag und in dem sie das Aussehen einer Horde betrunkener Orks haben. Das Benehmen ist demgemäß.

Na, das sind wohl die zukünftigen Dummbeutel-Randalemacher ! :]

wtf
13.12.2005, 09:04
Wie denken Sie über das sogenannte "Kuttenwesen" unter Fußballfans?

Ich habe kein Interesse an alkoholaffinen Hauptschülern.

Angel of Retribution
13.12.2005, 10:36
Fußballkutten sind scheiße, metal-Kutten sind super! :]

Sauerländer
13.12.2005, 13:01
Zwischen diesem:
und jenem:
liegen aber wirklich Welten.
Jein. Wenn man sich solche Aktionen anschaut wie die, bei der Herr Nivel fast zu Tode gekommen wäre, oder die regelmäßigen Inschuttundaschelegungen niederländischer Städte, wenn Ajax auf Feyenoord trifft (wobei das auch damit zusammenhängt, dass in der niederländischen Szene wesentlich stärker Drogen verwandt werden. Als tendenzieller Psychopath mit einer ordentlichen Speed/Kokain-Mischung gibt es nunmal wenig Grenzen...), dann tendiere ich dazu, dir Recht zu geben, dann kann man in der Tat von "viehischem Pöbel sprechen" - allerdings sieht das ein guter Teil der Szene in Deutschland ähnlich. Auch in Folge des Repressionapparats beziehungsweise dessen Allgegenwart weicht man da mittlerweile oft genug auf "Feld, Wald und Wiese" aus, und da kommt nun wirklich niemand unbeteiligtes zu Schaden.
Deshalb schrieb ich auch "solange das unter Gleichgesinnten bleibt". Asiaktionen wie in den gegnerischen Block (mit Frauen, Kindern und Rentnern) Leuchtkugeln reinzuballern (wie ich es bei Auswärtsspielen auf Schalke zu Zeiten des Parkstadions permanent erlebt habe), sind ohne jeden Vorbehalt verdammenswert, keine Frage. Sowas ist in aller Regel aber auch nicht Werk tatsächlich als solche zu bezeichnender Hooligans - die sind sich in aller Regel sehr bewusst, dass sie damit in drei Minuten gekrallt sind (IM Stadion passiert zumindest in den ersten beiden Ligen ja praktisch gar nichts mehr), ohne dafür ihren Kick bekommen zu haben - dem eigentlichen Hooligan geht es ja um die direkte physische Auseinandersetzung beziehungsweise auch den Reiz der Gefahr, der er sich damit aussetzt -deshalb vergleichen Hools ihr "Hobby" auch gerne mit Extremsportarten- , nicht darum, zu "gewinnen" oder den Gegener so massiv wie möglich zu schädigen.
Letzteres ist eher das Phänomen "normaler" Fans, die in Kombination aus schlechtem Spielverlauf, 2 Promille und allgemein mieser Laune meinen, die Niederlage ihrer Mannschaft "korrigieren" zu müssen. Das sind dann auch die, die Spielen Trommelstöcke an die Rübe schmeissen etc.
Diese Schädigung nehmen Hools zwar stillschweigend in Kauf - aber alleine schon, weil im Gegenüber der prinzipiell Gleichartige erkannt wird, hat das Grenzen. Der Ehrenkodex verlangt Verzicht auf Waffen jeglicher Art wie auch das Unterlassen des Nachtretens auf Liegende - die sind raus. Wer weitermachen will, steht wieder auf. Wer liegenbleibt, ist entweder "weg vom Fenster" (und da kümmern sich oft genug auch "Gegner" um den Kaputten), oder hat genug.
Zugegeben, die Grenzlinien zwischen Hools und normalen Fans, die besoffen randaieren, ist nicht immer wirklich trennscharf (das liegt aber auch an der entsprechenden Berichterstattung), gerade auch der Nachwuchs der Szene, der meint, sich da durch besondere Brutalität "profilieren" zu müssen, ist ein echtes Problem.
Dennoch bin ich der Meinung, dass -allein schon aufgrund des Zahlenverhältnisses- die Kategorie C nicht das Problem darstellt, zu dem sie immer hochstilisiert wird.

Primitives Schlägerpack, das sich einen Dreck um das eigentliche Ereignis - nämlich das Spiel - kümmert, verdient zu allerletzt, zu Helden der Nonkommerzialität hochgejazzt zu werden.
Da hast Du mich falsch verstanden, die Nonkommerzialität bezog sich hier eher auf alles, was dem fernsehtauglichen Modefan, der auf Kommando sich von seinem Sitzplatz erhebt, klatscht und ansonsten die Schnauze hält, nicht entspricht - nicht auf eine etwaige Klassifizierung der Hooligans als letzte unkommerzielle Helden. Das wäre gerade bei dem in der Szene häufig anzutreffenden Markenwahn und der allgemeinen Arroganz auch sehr verfehlt.

Was ich andeuten wollte, war die Tatsache, dass der Sicherheitsapparat zur Bekämpfung des Problems physischer Gewalt in den Stadien ein Instrumentarium zugelegt hat, dass er jetzt, wo die Gewalt aus den Stadien vertrieben ist, keineswegs wieder abbaut, sondern mit gleicher Härte gegen immer harmlosere Normabweichungen einsetzt. Mittlerweile wird schon in Stehblocks reingeknüppelt, wenn dort Spruchbänder mit tendenziell agressivem Gehalt zu sehen sind, und bei der Hemmungslosigkeit, mit der Bullerei mittlerweile Pfefferspray auch in Ansammlungen von Frauen und Kindern reinjagt, fragt man sich manchmal, wer die eigentlichen Gewalttäter sind. X(
A.C.A.B.
Was das Desinteresse am eigentlichen Spiel angeht, erinnere ich mich an eine Dokumentation über Hools im Umfeld meines Lieblingsalptraumsvereins, wo einer der Beteiligten sagte: "Man will uns ja immer gerne absprechen, Fußballfans zu sein. Aber wenn wir keine Fußballfans wären, bräuchten wir nicht zum Stadion zu pilgern, dann hätten wir uns nie getroffen, wäre die Clique nie entstanden. Wir freuen uns auch auf ein gutes Spiel wie jeder andere."

Im Gegenteil, dieses viehische Treiben ist nichts anderes als der Ausdruck eines gelangweilten, mental verkrüppelten Wohlstands-Pöbels, der seinen Thrill nur noch im blutspritzenden Spektakel findet und selbst Mord & Totschlag als Teil der Lustbarkeit ansieht. Diesem Treiben mit der ganzen Härte des Gesetzes zu begegnen, ist die einzig richtige Antwort.
Wie ich schon sagte, bei entsprechenden Exzessen (wie man sie auch damit hervorruft, dass Exzess und minderschwerer Regelbruch mit genau der selben Härte verfolgt werden), stimme ich da zu, alles muss seine Grenzen haben. Gleichzeitig kommt hier eine gewisse Zivilisationsarroganz zum Ausdruck, die sich über derartiges völlig erhaben wähnt.
Ich empfehle dir das Buch "Among the thugs" von Bill Buford (in deutscher Übersetzung: "Geil auf Gewalt"). Der gute Mann -Amerikaner, ohne jede Beziehung zum Fußball, Schöngeist, gebildet, Literaturkritiker- begegnet während eines Großbritannienaufenthalts erstmals einer Horde pöbelnder Fußballfans - und findet dieses Phänomen so faszinierend-unbegreiflich, dass er sich bemüht, ein Teil davon zu werden, um es von innen heraus zu verstehen. Das Buch ist das Ergebnis.

Veldhryc
13.12.2005, 14:21
Das gleicht ja in jedem Wort: http://www.politikforum.de/forum/archive/9/2005/05/4/103463

Und auch noch Jahrgang '77. Ich schäme mich.

Zum Thema:
Fußballklischees eben. Ich mag Fußball nicht, hab es zu keiner Zeit gemocht und die damit verbundenen "Traditionen" ebensowenig.

Scrooge
13.12.2005, 16:20
Ja, ich bin leidgeprüfter FC-Anhänger.
Naja, immerhin haben FC-Fans eine hohe Frustrationstoleranz. Das übt! :D