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Vollständige Version anzeigen : mein antikommunistischer werdegang



ernesto, die katze
12.12.2005, 16:21
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ernesto, die katze
12.12.2005, 16:21
guten tag liebe forums - gemeinde,

da ich mich, trotz meiner bourgeoisen herkunft und meines bourgeoisen auftretens im forum, geradezu pervers - proletarischen hetzkampagnen ausgesetzt fühle und sehe, und ein zentraler vorwurf meiner politisch - philosophischen gegner / opfer meine angebliche sprunghaftigkeit in bezug auf meine weltanschauung zu sein scheint, kam ich zu dem entschluss, dass ich dem geneigten leser, also dem wahrhaftig interessierten, meine einmalige, offenbar radikale wandlung vom [ tatsächlich ] überzeugten kommunisten zum anarchistischen individualisten erklärend in worte kleide, was ein besonderer service meinerseits ist, der bezwecken soll, dass die bereits angesprochene hetze aufhört.

vorerst,

es sei festzuhalten :

ich war kommunist!

und wer hier etwas anderes behauptet, beweist, dass er offenkundig keinerlei ahnung hat - dies sei vorauseilend erwähnt, weil ich schlichtweg kein interesse an ideologischen klein - kriegen in diesem thread habe.

ich habe sowohl die werke von marx und engels, als auch die von trotzki und größtenteils lenin gelesen und mit diversen kommunisten und kennern des marxismus - leninismus darüber debattiert, die theoretischen dummheiten mao zedongs wurden mir mit der zeit zu langweilig, und ich kämpfte mich zwar durch die schätzungsweise 3000 seiten, die die gesammelten werke maos darstellen, verlor aber die lust daran und auch die bereitschaft seine ideen wirklich aufzunehmen, ähnliches bei stalin. als gesichert kann auch gelten, dass meine mit trotzki - sympathisierende grundhaltung den ausschlag für mein doch eher einseitiges studium des marxismus - leninismus gab.

die theoretischen grundsätzlichkeiten sind freilich ein nichts, wenn die emotionale begeisterung fehlt, die bei mir aber - zumindestens zeitweise - im ausreichenden maße vorhanden war, was sich z.b in der quasi - fanatischen verteidigung des intellektuellen, sozialistischen erbes gegen die " sozialistische realität " niederschlug - diesen aspekt halte ich im übrigen auch heute noch für in der tendenz richtig, da es definitiv vereinfacht und somit falsch ist, die kommunistischen projekte dieser erde - die, machen wir uns nichts vor, allesamt; mal im extremen maße, sowjetunion, ddr, rotchina und mal im geringeren maße, wie z.b auf kuba; gescheitert sind - als verwirklichung der marxistischen ideen anzusehen -, weiterhin bleibt zu sagen, dass mich die armut, die ich bisher in meinem leben als aussenstehender mitbekam, nicht kaltgelassen, sondern tief bewegt hat -- weshalb sich ein großteil meiner heutigen proletariats - kritik auch an, beziehungsweise gegen die westliche arbeiterschafts richtet --, allerdings blieb immer - auch als sogenannter internationalist - ein nationales gefühl vorhanden, und es ist ja auch nur logisch, dass man sich als deutscher kommunist primär für die befreiung des deutschen proletariats einsetzt, unabhängig von der " zärtlichkeit der völker " [ guevara ], der solidarität. jedoch, gerade dieses nationale gefühl führte dazu, dass ich mich emotional vom kommunismus hinfort bewegte -, denn : ich nehme für mich durchaus in anspruch ein recht guter beobachter von menschen zu sein und speziell dann, wenn einen die unfassbare dummheit und ignoranz der mehrheit anspringt, wenn diejenigen, anstatt für ihre eigene befreiung zu kämpfen lieber bild lesen, wenn diejenigen, anstatt sich um ihre zukunft gedanken zu machen, für überteuertes geld klingeltöne runterladen oder menschen " abziehen ", wird es zeit sich über eine mögliche politische kursänderung gedanken zu machen, weil es ist nicht mit der sozialen lage zu erklären, dass viele meiner altersgenossen und proleten weder die korrekte bezeichnung für den staat kennen, in dem wir leben, noch bundeskanzler, aussenminister, bundespräsident namentlich zu nennen im stande sind - natürlich hängt es mit der allgemeinen, sicherlich nicht vollends unkontrollierten verdummungskampagne der medien zusammen; aber : nichtsdestotrotz ist das erstens keine entschuldigung und zweitens geht es diesen menschen anscheinend gut genug - zwar schlecht genug um sich zu beschweren, gleichzeitig jedoch gut genug um nichts dagegen zu unternehmen -, insofern habe ich für mich - , der ja auch eine verantwortung sich selbst gegenüber hat - beschlossen, mein schicksal nicht mit dem einer groben, gedanklich - faulen und - wenn man so möchte - glücklich verdummten masse zu verbinden, was gut und gerne mit egoismus übersetzt werden kann.

max stirner hat es wie folgt ausgedrückt, vorab, ich schließe mich ihm an :

ich hab' mein' sach'
auf nichts gestellt

was soll nicht alles meine sache sein! vor allem die gute sache, dann die sache gottes, die sache der menschheit, der wahrheit, der freiheit, der humanität, der gerechtigkeit; ferner die sache meines volkes, meines fürsten, meines vaterlandes; endlich gar die sache des geistes und tausend andere sachen. nur meine sache soll niemals meine sache sein. »pfui über den egoisten, der nur an sich denkt!«
sehen wir denn zu, wie diejenigen es mit ihrer sache machen, für deren sache wir arbeiten, uns hingeben und begeistern sollen.
ihr wisst von gott viel gründliches zu verkünden und habt jahrtausende lang »die tiefen der gottheit erforscht« und ihr ins herz geschaut, so dass ihr uns wohl sagen könnt, wie gott die »sache gottes«, der wir zu dienen berufen sind, selber betreibt. und ihr verhehlt es auch nicht, das treiben des herrn. was ist nun seine sache? hat er, wie es uns zugemutet wird, eine fremde sache, hat er die sache der wahrheit, der liebe zur seinigen gemacht? euch empört dies missverständnis und ihr belehrt uns, dass gottes sache allerdings die sache der wahrheit und liebe sei, dass aber diese sache keine ihm fremde genannt werden könne, weil gott ja selbst die wahrheit und liebe sei; euch empört die annahme, dass gott uns armen würmern gleichen könnte, indem er eine fremde sache als eigene beförderte. »gott sollte der sache der wahrheit sich annehmen, wenn er nicht selbst die wahrheit wäre?« er sorgt nur für seine sache, aber weil er alles in allem ist, darum ist auch alles seine sache; wir aber, wir sind nicht alles in allem, und unsere sache ist gar klein und verächtlich; darum müssen wir einer »höheren sache dienen«. - nun, es ist klar, gott bekümmert sich nur um's seine, beschäftigt sich nur mit sich, denkt nur an sich und hat sich im auge; wehe allem, was ihm nicht wohlgefällig ist. er dient keinem höheren und befriedigt nur sich. seine sache ist eine - rein egoistische sache.
wie steht es mit der menschheit, deren sache wir zur unsrigen machen sollen? ist ihre sache etwa die eines anderen und dient die menschheit einer höheren sache? nein, die menschheit sieht nur auf sich, die menschheit will nur die menschheit fördern, die menschheit ist sich selber ihre sache. damit sie sich entwickle, lässt sie völker und individuen in ihrem dienste sich abquälen, und wenn diese geleistet haben, was die menschheit braucht, dann werden sie von ihr aus dankbarkeit auf den mist der geschichte geworfen. ist die sache der menschheit nicht eine - rein egoistische sache?
ich brauche gar nicht an jedem, der seine sache uns zuschieben möchte, zu zeigen, dass es ihm nur um sich, nicht um uns, nur um sein wohl, nicht um das unsere zu tun ist. seht euch die übrigen nur an. begehrt die wahrheit, die freiheit, die humanität, die gerechtigkeit etwas anderes, als dass ihr euch enthusiasmiert und ihnen dient?
sie stehen sich alle ausnehmend gut dabei, wenn ihnen pflichteifrigst gehuldigt wird. betrachtet einmal das volk, das von ergebenen patrioten geschützt wird. die patrioten fallen im blutigen kampfe oder im kampfe mit hunger und not; was fragt das volk darnach? das volk wird durch den dünger ihrer leichen ein »blühendes volk«! die individuen sind »für die grosse sache des volkes« gestorben, und das volk schickt ihnen einige worte des dankes nach und - hat den profit davon. das nenn' ich mir einen einträglichen egoismus.
aber seht doch jenen sultan an, der für »die seinen« so liebreich sorgt. ist er nicht die pure uneigennützigkeit selber und opfert er sich nicht stündlich für die seinen? ja wohl, für »die seinen«. versuch' es einmal und zeige dich nicht als der seine, sondern als der deine: du wirst dafür, dass du seinem egoismus dich entzogst, in den kerker wandern. der sultan hat seine sache auf nichts, als auf sich gestellt: er ist sich alles in allem, ist sich der einzige und duldet keinen, der es wagte, nicht einer der »seinen« zu sein.
und an diesen glänzenden beispielen wollt ihr nicht lernen, dass der egoist am besten fährt? ich meinesteils nehme mir eine lehre daran und will, statt jenen grossen egoisten ferner uneigennützig zu dienen, lieber selber der egoist sein.
gott und die menschheit haben ihre sache auf nichts gestellt, auf nichts als auf sich. stelle ich denn meine sache gleichfalls auf mich, der ich so gut wie gott das nichts von allem anderen, der ich mein alles, der ich der einzige bin.
hat gott, hat die menschheit, wie ihr versichert, gehalt genug in sich, um sich alles in allem zu sein: so spüre ich, dass es mir noch weit weniger daran fehlen wird, und dass ich über meine »leerheit« keine klage zu führen haben werde. ich bin [nicht] nichts im sinne der leerheit, sondern das schöpferische nichts, das nichts, aus welchem ich selbst als schöpfer alles schaffe.
fort denn mit jeder sache, die nicht ganz und gar meine sache ist! ihr meint, meine sache müsse wenigstens die »gute sache« sein? was gut, was böse! ich bin ja selber meine sache, und ich bin weder gut noch böse. beides hat für mich keinen sinn.
das göttliche ist gottes sache, das menschliche sache »des menschen«. meine sache ist weder das göttliche noch das menschliche, ist nicht das wahre, gute, rechte, freie usw., sondern allein das meinige, und sie ist keine allgemeine, sondern ist - einzig, wie ich einzig bin.
mir geht nichts über mich! "

aus,

" der einzige und sein eigentum ", s. 3 - 5

[ ich denke, ich muss dieses " zitat " in der länge posten, obwohl der letzte absatz eigentlich die zentrale aussage ausspricht; jedoch wirkt es mit den von stirner gebrachten beispielen glaubwürdiger und verständlicher ]

jeder mensch ist ein egoist, ob er nun für " seine " kommunistische sache oder für SEINE sache arbeitet; moralisch erkenne ich - als atheist - keinerlei unterschiedlichkeit, da jeder dem folgt, was er als das beste für sich erachtet, denn selbst der altruismus ist in letzter konsequenz ein gnadenloser egoismus, weil ich den menschen nicht ihretwegen, sondern ausnahmslos meinetwegen helfe - ohne das gefühl " etwas gutes " zu tun oder getan zu haben, helfe ich diesen menschen nicht -- wenn ich frei von gefühlen für sie bin, helfe ich ihnen nicht --, ich helfe ihnen nur, weil ich fühle, dass das, was ich tue, " etwas gutes " ist, weil ich mich danach gut fühle, weil ich mir sagen kann " ich bin ein guter kommunist " , oder " ich bin ein guter christ "...ich als einzelner habe den wunsch glücklich zu werden, strebe wie jeder in sich halbwegs intakte mensch nach glück, zufriedenheit und erfüllung; dieser innige wunsch peitscht und treibt mich pausenlos an, ich kann mich ihm nicht entziehen - ohne nihilist zu werden, was faktisch unmöglich ist -; die frage / n, die ich mir - aufgrund der gemachten erfahrungen - also stellte, war - völlig frei von der möglichen antwort - zutiefst egoistisch, und zwar : wie willst du leben? wie willst du zu deinem glück finden? glaubst du, dass es sinnvoll ist, mit letzter konsequenz für die befreiung einer klasse zu kämpfen, die nicht befreit werden will? ist es nicht wesentlich einfacher und letztendlich womöglich zufriedenstellender für dich - und, von mir aus auch für das nähere umfeld - und deine individuelle befreiung zu kämpfen, die losgelöst ist vom schicksal der arbeiterklasse? die beantwortung dieser frage fiel mir allzu leicht nicht, denn wäre dem so, hätte ich einen einfachen schnitt gemacht, der denn lange zeit ausgeblieben ist [ subba, ein überzeugter anarchoegoist, z.b verzweifelte regelrecht an mir ;) ], da ich immer wieder hin und her pendelte, zwischen dem egoistischen kommunismus und dem egoistischen egoismus; die end - antwort ist wohl, so denke ich, gemacht und ich habe mich - als mensch - für den egoistisch - egoistischen weg entschieden; eine wahrhaftige sprunghaftigkeit hierbei, bei einer nicht bloß gedanklichen - das wäre leicht -, sondern auch emotionalen fortentwicklung, kann ich beim besten willen nicht ausmachen und ich verlange auch, dass mein entschluss - frei von den ideologien der betrachter - akzeptiert und respektiert wird, weil es für mich selbst schwer war und dass leute wie der rote prolet mir schlichtweg ein mode - links - sein unterstellen trifft mich zwar nicht sonderlich, da es eben von dem roten proleten kommt, macht mich jedoch ein kleines wenig wütend, weil es eindeutig falsch und unaufrichtig ist, sowas zu sagen. diese frage stellte ich mir auch nicht aus einer gewissen speziell - egoistischen position heraus; z.b ein familien - internes angebot einen laden zu übernehmen oder darin zu arbeiten, sprich im allgemeinen, teil des kapitalismus zu werden - nein, diese frage stellte sich irgendwann nunmal.

der vorwurf des " mode - links - sein " regt mich vor allem deshalb auf, weil ich die mode - linken zutiefst verabscheute und immernoch verabscheue und zwar aufgrund ihrer unaufrichtigkeit; ich war als linker nämlich nie zufrieden, das erste woran ich morgens nach dem aufstehen dachte, war die ungerechtigkeit auf diesem planet, und das letzte, woran ich nachts, ehe ich mich schlafen legte, dachte, war die ungerechtigkeit auf diesem planet. mit dem " jung und links und frei " - getue konnte ich mich nie anfreunden, denn ich war zwar jung und links, aber niemals frei - wie konnte ich auch, wo doch alltäglich millionen, wenn nicht gar milliarden für hungerlöhne - wenn überhaupt - schufteten; wie konnte ich da mit meinem links - sein zufrieden sein? für mich war immer klar, dass die einzige befreiung als linker, als kommunist, einhergeht mit der befreiung des proletariats -- alles andere war nicht akzeptabel und jeder linke, der anderes angibt, ist ein elendiger heuchler, ein lügner, und sein links - sein darf gut und gerne in frage gestellt werden! links - sein alleine löst keine probleme; kein chinesischer, chilenischer oder nord - amerikanischer arbeiter hat etwas davon, wenn ich mich selbst als linken definiere - und somit war die einzige, individuelle befreiungsmöglichkeit die des radikalen bruchs mit dem alten gedankengut und den alten, in mir verwurzelten idealen.

Leyla
12.12.2005, 16:31
ich habe sowohl die werke von marx und engels, als auch die von trotzki und größtenteils lenin gelesen und mit diversen kommunisten und kennern des marxismus - leninismus darüber debattiert, die theoretischen dummheiten mao zedongs wurden mir mit der zeit zu langweilig, und ich kämpfte mich zwar durch die schätzungsweise 3000 seiten, die die gesammelten werke maos darstellen, verlor aber die lust daran und auch die bereitschaft seine ideen wirklich aufzunehmen, ähnliches bei stalin. als gesichert kann auch gelten, dass meine mit trotzki - sympathisierende grundhaltung den ausschlag für mein doch eher einseitiges studium des marxismus - leninismus gab.Ächz. Du hast in deinem jugendlichen Alter versucht, ein Theoretiker zu sein.

Warum gerade ein kommunistischer?

Was war denn überhaupt deine Motivation, tausende von Seiten (mehr oder weniger) kommunistischer Literatur zu lesen?

Normalerweise gibt es doch einen emotionalen Auslöser dafür - persönliche Betroffenheit von Armut und Ausbeutung kann es ja bei deiner Herkunft nicht gewesen sein.

Übrigens: wenn man diese Werke ganz alleine verschlingt (ohne ab und zu mal einen Break zu machen und mit anderen darüber zu diskutieren), lässt zwangsläufig die Konzentration nach. Und wenn man nebenbei noch bewusstseinserweiternde Substanzen konsumiert, erst recht.

ernesto, die katze
12.12.2005, 16:35
erkläre ich später ausführlich; zu den diskussionen schrieb ich aber bereits etwas. und zur betroffenheit eigentlich auch, aber du hast recht, ich könnte es noch mal ausführen bzw. konkretisieren, aber erst heute abend.

FerdinandLassalle
12.12.2005, 16:38
vorerst,

es sei festzuhalten :

ich war kommunist!



Tja da haben wir was gemeinsam, das war ich auch mal, da ich aber älter und weiser wurde, habe ich gesehen was das für Verbecher waren und sind, siehe Nordkorea, und ich habe beschlossen zurückzukehren in den Schoß der Mutter Sozialdemokratie, mit einem Umweg über die grüne Bewegung. Da diese mir diese aber zu weit nach rechts abdriftet, war mein Weg in die Sozialdemokratie genau richtig. Schon aus familärer Tradition heraus. Sind nämlich alles Sozis, weltweit.

Leyla
12.12.2005, 16:40
erkläre ich später ausführlich; zu den diskussionen schrieb ich aber bereits etwas. und zur betroffenheit eigentlich auch, aber du hast recht, ich könnte es noch mal ausführen bzw. konkretisieren, aber erst heute abend.Wenn ich dich richtig verstehe hast Du erst mal alles mögliche gelesen und dann erst bemerkt, dass es nicht mit dem Bewusstsein der proletarischen Masse korrespondiert, von der Du nun bitter enttäuscht bist, weil sie sich gar nicht befreien will (zumindest nicht bewusst; sie ist eher diffus unzufrieden und schämt sich teilweise sogar, das zuzugeben).

Das erklärt aber nicht deine Motivation, wieso Du das alles gelesen hast.

ernesto, die katze
12.12.2005, 17:28
Wenn ich dich richtig verstehe hast Du erst mal alles mögliche gelesen und dann erst bemerkt, dass es nicht mit dem Bewusstsein der proletarischen Masse korrespondiert, von der Du nun bitter enttäuscht bist, weil sie sich gar nicht befreien will (zumindest nicht bewusst; sie ist eher diffus unzufrieden und schämt sich teilweise sogar, das zuzugeben).

Das erklärt aber nicht deine Motivation, wieso Du das alles gelesen hast.also, es wäre verlogen zu sagen, ich wäre allein aus moralischen - altruistischen gründen heraus kommunist geworden, da es definitiv nicht zutrifft; grundsätzlich davon zu sprechen, ich sei ein sonderlich mitfühlender mensch ist wohl ebenfalls nicht korrekt.

aber ich bin auch nicht " durch die bücher " kommunist geworden, sondern stand unter dem einfluss - naja, einfluss ist wahrscheinlich schon zuviel gesagt - unterschiedlichster, kommunistisch - orientierter person, etwas oberhalb meiner altersklasse. durch deren schilderungen habe ich wohl zum ersten male in meinem leben ein wirkliches verständnis für die ungerechtigkeiten - oder, vermeintlichen ungerechtigkeiten - auf der erde entwickelt; vorher war mir das alles schnurz - piep - egal; ich erinnere mich noch gut daran, wie ich mit zwei schulfreunden die papier - sammelbüchsen unserer klasse verbrannte, in denen geld für notleidende kinder gesammelt wurden. der blick auf das, was " da draussen " geschah weitete sich, vielleicht begann er auch überhaupt erst zu existieren - im nachhinein möchte ich mich da nicht festlegen, aber ich wurde durch entstehendes mitgefühl - gleichzeitig aber auch aus egoistischen motiven, da ich den kommunismus und die kommunistischen revolutionäre bewunderte, nicht nur für ihr tun, sondern auch für ihr sein - und die theoretische schulung kommunist.

ob man das eine vom anderen trennen sollte? ich glaube nicht.

" das alles " las ich dann weil es mich fesselte, weil ich glaubte mehr von der welt zu verstehen, und weil ich zeitgleich die ansatzweise geschilderten erfahrungen mit der armut machte. das eine spielte dem anderen - so gesehen - in die arme.