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Vollständige Version anzeigen : Das Schul- und Ausbildungsysstem der "Fachkräfte" aus Nahost und Co.



gurkenschorsch
06.11.2015, 14:15
Nachdem sich lange Zeit die Mär durch Medien und Politiker am Leben hielt, dass zu uns überwiegend "gut ausgebildete, junge, motivierte Fachkräfte" kämen, die freie Stellen füllen, unseren Wohlstand heben, die Altersvorsorge sichern und unser ganzes Land dadurch bereichern sollten, kamen ja zuletzt von verschiedener Seite (Nahles, Wirtschaft, etc.) bereits die ersten Richtigstellungen, dass es sich eben überwiegend nicht um gut ausgebildete Fachkräfte handeln würde, sondern im Gegenteil um kaum bis gar nicht gebildete Menschen, die häufig nicht mal einen adäquaten Schulabschluss besitzen.

Hier stellt sich die Frage: Wusste man das nicht vorher oder hat man das Volk absichtlich verarscht?

Sei es wie es sei, es gibt Argumente für beide Möglichkeiten, der Fakt bleibt jedoch bestehen, dass uns ein Heer an schlecht vermittelbaren und wohl ewig auf der Tasche liegenden Neuankömmlinge aufgesucht hat.

Aus eigenem Antrieb wollte ich mich kürzlich über das syrische Schul- und Ausbildungssystem informieren. Bei Google gab ich "Syrien Schulsystem" als Suchbegriff ein und bereits der erste Treffer war sozusagen goldwert. Ich landete auf dieser Seite: https://www.bq-portal.de/de, dem "BQ-Portal - Das Informationsportal für ausländische Berufsabschlüsse".
Auf der Startseite erklärt sich das BQ-Portal selbst:

Herzlich willkommen auf dem BQ-Portal!

Mit dieser umfassenden online Wissens- und Arbeitsplattform können Kammern und Unternehmen ausländische Aus- und Fortbildungsabschlüsse besser bewerten und einschätzen.

Das BQ-Portal gehört mit dem Portal "Anerkennung in Deutschland" und der Datenbank "anabin" zu den drei zentralen Informationsportalen zum Thema Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen.

Gefördert wird dieses Portal durch das "Bundesministerium für Wirtschaft und Energie" und besteht laut Homepage seit 2012 und wird kontinuierlich erweitert.
Derzeit befinden sich 73 veröffentlichte Länderprofile mit mehr als 1.400 Berufsabschlüssen im BQ-Portal.

Durch etwas Herumklicken gelangt man dann auch relativ fix zu den jeweiligen Länderprofilen. Schauen wir uns doch gleich mal unsere neuen Freunde aus Syrien an: https://www.bq-portal.de/de/db/berufsbildungssysteme/5077 Die zig Fragezeichen rühren von Copy + Paste, das sind eigentlich arabische Schriftzeichen.

Das syrische Bildungssystem ist stark zentralisiert. Schulpflicht besteht für 9 Jahre, davon 6 Jahre in der Grundschule und 3 Jahre in einer weiterführenden Schule.

Berufliche Qualifikationen können in Syrien an Schulen und Einrichtungen des Bildungsministeriums (Ministry of Education (MoE)/ ????? ??????? ????????) und des Ministeriums für Hochschulwesen (Ministry of Higher Education (MoHE)/ ????? ??????? ??????) erworben werden, die für die Organisation und die Entwicklung der Lehrpläne zuständig sind. Die meisten beruflichen Qualifikationen werden an Sekundarschulen erworben. Anders als in Deutschland ist in Syrien der Bereich der allgemeinen Schulbildung nicht klar vom beruflichen Bildungssektor zu trennen. So gehört in Syrien die rein schulische Ausbildung an der Technischen Sekundarschule bereits zur beruflichen Bildung.

Nach Abschluss der ersten 9 Schuljahre (6 Jahre Grundschule und 3 Jahre weiterführende Schule) können syrische Schüler/innen zwar ihre präferierten weiterführenden Bildungseinrichtungen angeben, zugeteilt werden sie jedoch entsprechend ihrer Ergebnisse in der Abschlussprüfung (Basic Education Certificate / ????? ????? ????? ??????? ???????). Neben der Möglichkeit, für weitere 3 Jahre eine allgemeine Sekundarschule (General Secondary School/ ???????? ??????) zu besuchen und anschließend die allgemeine Hochschulreife (Baccalaureate diploma / ??????????) zu erwerben, können Schüler/innen an den beruflichen und technischen Sekundarschulen folgende berufliche Abschlüsse (bzw. Fachabitur) erwerben:

An der 3-jährigen technischen Sekundarschule können Schüler/innen im Bereich Industrie den Abschluss Industrial Secondary Schools Diploma/ ????? ???????? ??????? ????????, im Bereich Handel den Abschluss Technical Secondary Schools of Commerce Diploma/ ????? ???????? ??????? ???????? sowie im Bereich Landwirtschaft den Abschluss Technical Secondary Schools of Agriculture Diploma/ ????? ???????? ??????? ????????“ erwerben.

Nach Abschluss der technischen Sekundarschule können Inhaber eines überdurchschnittlichen Diploms ein Studium in ihrer jeweiligen Fachrichtung an einer Universität aufnehmen. Allerdings erfüllen die meisten Absolventen die Anforderungen für die Hochschulzulassung nicht (sehr gute Noten) und haben dementsprechend nur die Möglichkeit, ein zweijähriges, staatliches technisches Institut (Technical Intermediate Institute, ???? ??? ?????) zu besuchen. Dort können sie ein Technical Institute Diploma/ ????? ??????? ?????? erwerben.

Neben den Technischen Sekundarschulen bieten einigen Ministerien Ausbildungsprogramme an - z. B. in den Bereichen Bau, Industrie, Landwirtschaft und Gesundheit. Diese Ausbildungsprogramme sind sehr heterogen (Ausbildungsinhalte und Abschlussbezeichnungen variieren stark) und richten sich - abhängig vom Programmzweck - an verschiedene Zielgruppen (z. B. Weiterbildungsprogramme für Schulabbrecher und junge Arbeitslose oder Sprach- und Informatikkurse). Allerdings sind solche Programme in der Regel nicht kontinuierlich (kurze Laufzeiten, solange es finanzielle Mittel gibt) und stellen weniger als 5% der gesamten Berufsbildungsangebote dar.

Zudem bietet das UNRWA (United Nations Relief and Works Agency) der Vereinigten Nationen einige Ausbildungsprogramme an, die sich hauptsächlich an die palästinensischen Flüchtlinge in Syrien richten. Die UNRWA Programme sind in zwei Gruppen geteilt: die zweijährigen sogenannten "Semi Professional Courses" für Absolventen der 12. Klasse, sowie die ein- bis zweijährigen "Trade Courses" für die Absolventen der 9./10. Klasse. Diese Programme umfassen ca. 50 verschiedene Ausbildungsangebote, die sich auf die Fachrichtungen Handel, Industrie (überwiegend als Auto- oder Elektromechaniker), Pharmazie sowie Informatik verteilen. Die UNRWA Ausbildungsangebote haben vergleichsweise einen höheren Praxisanteil und führen zum Erwerb eines Diploma-Abschlusses/????? ??????? ?????? ??????.

Weitere Ausbildungsmöglichkeiten finden sich in der Industrie, bei privaten Bildungsanbietern oder im informellen Sektor, der vielen Jugendlichen über das Prinzip „Learning by Doing“ einen Einstieg in das Berufsleben ermöglicht. Manche Unternehmen betreiben darüber hinaus eigene Ausbildungszentren.
Noch Fragen?

Schauen wir uns mal den syrischen Industrieelektroniker an: https://www.bq-portal.de/de/db/berufsqualifikationen/7002

Praxisanteil und Ort:
Der Besuch der technischen Sekundarschule beinhaltet in den meisten Fällen auch einen Praxisanteil. Dieser wird in (schuleigenen) Werkstätten, in Laboren oder auch in kooperierenden Betrieben durchgeführt. Darüber hinaus sind in vielen berufsschulischen Ausbildungen Betriebspraktika vorgesehen.

Genauere Informationen zum Praxisanteil gehen aus der jeweiligen Ausbildungsordnung hervor.

Mindest-Ausbildungsdauer:
3 Jahr(e) 0 Monat(e)
Höchst-Ausbildungsdauer:
3 Jahr(e) 0 Monat(e)
Möglichkeiten einer Verkürzung der Ausbildungsdauer:
Es kann vorkommen, dass die Ausbildung mehr als 36 Monate in Anspruch nimmt, da die Durchfallquote bei der Abschlussprüfung am Ende der Sekundarstufe hoch ist (je nach Fach zwischen 30 und 35 Prozent) und ein mehrfaches Wiederholen zum Ende des jeweils nächsten Schuljahres möglich ist.Bei uns gibt es das duale System (Betrieb + Schule), das in der Ausbildung einen praktischen Anteil von 2/3 bis 3/4 und einen schulischen Anteil von 1/3 bis 1/4 ausmacht.

In Syrien sieht das aber ganz anders aus. Da mangelt es an Praxis, es gibt "Diplome", die zwar genauso heißen, wie die hierzulande bekannten, aber mit unseren "Diplomen" - außer dem Namen - nichts gemein haben. "Learning by doing" heißt es da.

Das sind also die gut ausgebildeten Fachkräfte, die uns von nun an bereichern und für unseren Arbeitsmarkt auf einer Skala von 0 bis 10 so qualifiziert sind: -5.
:appl:


Es gibt natürlich auch noch andere Länder, deren Systeme man sich einfach mal anschauen kann. Die Bilanz wird danach ernüchternd sein.
:D


Nachdem ich diese Informationen relativ einfach über eine einzige Google-Suchanfrage gefunden habe, würde ich ja schon mal gerne wissen, warum dies in den Medien noch nie Thema war. Sind die Journalisten mittlerweile alle so blöde? Dass die eine Hälfte der Politiker strunzdumm ist und die andere uns vielleicht bewusst verarscht, das war mir klar. Aber dass das noch nie in den Medien Thema war, erstaunt mich. Die nachweislich falschen Behauptungen von Politikern und Wirtschaftsvertretern können anhand dieser Seite, die zur Krönung noch vom "Bundesministerium für Wirtschaft und Energie" unerstützt wird, auf leichteste Art und Weise falsifiziert werden.

-jmw-
06.11.2015, 15:03
Die wenigsten Verbrechensopfer werden vorher und auch noch wahrheitsgemäß vom Täter informiert.

gurkenschorsch
06.11.2015, 15:05
Die wenigstens Verbrechensopfer werden vorher und auch noch wahrheitsgemäß vom Täter informiert.
Da hast du wohl recht. :D