cajadeahorros
26.08.2015, 11:58
War ich zwei Jahre zu faul, um auf den Deutschen Buchpreis zu wetten? Das soll dieses Jahr wieder anders werden. Hier ist die "Longlist" ("Deutscher" Buchpreis. Genial ist übrigens, daß auf der Homepage HÖRproben angeboten werden. Keine Leseproben. Kann man den Verfall noch deutlicher zeigen????)
Egal, ich bin die Titel durchgegangen, werde mir vielleicht zwei oder drei davon besorgen. Potentielle Preisträger sind fett und rot gedruckt, Außenseiter fett. Meine Einkaufsliste grün.
Alina Bronsky: „Baba Dunjas letzte Liebe“, Kiepenheuer & Witsch, August 2015
("Baba Dunja ist eine Tschernobyl-Heimkehrerin. Wo der Rest der Welt nach dem Reaktorunglück die tickenden Geigerzähler und die strahlenden Waldfrüchte fürchtet, baut sich die ehemalige Krankenschwester mit Gleichgesinnten ein neues Leben im Niemandsland auf. Wasser gibt es aus dem Brunnen, Elektrizität an guten Tagen und Gemüse aus dem eigenen Garten. Während der sterbenskranke Petrov in der Hängematte Liebesgedichte liest und die Melkerin Marja mit dem fast hundertjährigen Sidorow anbandelt, schreibt Baba Dunja Briefe an ihre Tochter Irina, die Chirurgin bei der deutschen Bundeswehr ist. Doch dann kommt ein Fremder ins Dorf – und die Gemeinschaft steht erneut vor der Auflösung." Ukraine und Bundeswehr, Migration, einfaches Leben – da bekommt der Schriftleiter doch feuchte Augen! Möglicher Preisträger.)
Ralph Dutli: „Die Liebenden von Mantua“, Wallstein Verlag, August 2015
(Nette Idee, war auch schon mal nominiert, aber viel zu konventionell, phantasiereich und potentiell religionskritisch. No way!)
Jenny Erpenbeck: „Gehen, ging, gegangen“, Knaus Verlag, August 2015
(„Wie erträgt man das Vergehen der Zeit, wenn man zur Untätigkeit gezwungen ist? Wie geht man um mit dem Verlust derer, die man geliebt hat? Wer trägt das Erbe weiter? Richard, emeritierter Professor, kommt durch die zufällige Begegnung mit den Asylsuchenden auf dem Oranienplatz auf die Idee, die Antworten auf seine Fragen dort zu suchen, wo sonst niemand sie sucht: bei jenen jungen Flüchtlingen aus Afrika, die in Berlin gestrandet und seit Jahren zum Warten verurteilt sind. Und plötzlich schaut diese Welt ihn an, den Bewohner des alten Europas, und weiß womöglich besser als er selbst, wer er eigentlich ist.“ – Kann ein Land so verkommen sein, und dem schon fast nach Auftragswerk stinkenden Bändchen den Buchpreis umhängen. Ich glaube, ja!)
Valerie Fritsch: „Winters Garten“, Suhrkamp Verlag, März 2015
(Eine Postkartenidylle grüner Weltverbesserer wandelt sich in einen Schreckensort? So nicht, meine Liebe!)
Heinz Helle: „Eigentlich müssten wir tanzen“, Suhrkamp, September 2015
(Eine Wanderung durch ein zerstörtes Land, von Erinnerungen an eine bessere Zeit durchsetzt - biste meschugge? Dafür gibt es keinen Preis.)
Gertraud Klemm: „Aberland“, Literaturverlag DROSCHL, Februar 2015
(Alternde Frau, Mutter-Tochter-Konflikt, Feminismus - in ein paar Jahren wieder, Mädchen.)
Steffen Kopetzky: „Risiko“, Klett-Cotta Verlag, Februar 2015
(Abenteuerroman über eine halbhistorische Geheimmission nach Afghanistan während des I. WK. Zu spannend und ohne erhobenen Zeigefinger. Das werde ich mir vielleicht holen.)
Rolf Lappert: „Über den Winter“, Hanser Literaturverlage, August 2015
(Schwester tot, zurück zur Familie, annere Schwester arbeitslos, schnarch. Deutscher Sozial- und Gefühlskitsch ist out.)
Inger-Maria Mahlke: „Wie Ihr wollt“, Berlin Verlag, März 2015
(Arme behinderte Cousine von Elisabeth I. nimmt Kampf gegen die Krone auf. Vielleicht was für die Brigitte.)
Ulrich Peltzer: „Das bessere Leben“, S. Fischer – Hundertvierzehn, Juli 2015
(Revolution ist böse, Kapitalismus auch, und wir sind alle mittendrin. Schnarch.)
Peter Richter: „89/90“, Luchterhand Literaturverlag, März 2015
(Klingt nach Tellkamps "Turm", politisch korrekt garniert mit Neonazis. Außenseiterchancen.)
Monique Schwitter: „Eins im Andern“, Droschl, August 2015
(Zwölf Ex-Liebhaber = Zwölf Apostel? Plus ein Selbstmord. Jesus, Maria und Joseph!)
Clemens J. Setz: „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“, Suhrkamp, September 2015
(Wohnheim, Behinderter, Stalker, Selbstmord, und eine "Bezugsbetreuerin, die das ganze verstehen will. Bullshit. Und damit mit Außenseiterchancen.)
Anke Stelling: „Bodentiefe Fenster“, Verbrecher Verlag, März 2015
(Das Neue Deutschland schreibt: "Anke Stelling hat, so viel kann gesagt werden, hier einen der Romane des Jahres vorgelegt: Mit genauem Blick und subtilem Humor erzählt sie vom Scheitern eines Milieus, von Lebenslügen und falschen Glücksvorstellungen und blickt tief in die Abgründe des grün-pseudolinksliberalen, neobürgerlichen Lebens, das einmal ein befreites sein wollte." Aber weil es auch der ZEIT gefällt, und trotz allem der Mutterkult nicht zu kurz kommt und niemand aus dem Elend ausbricht, hat es Chancen. Für eine Jury mit einem Rest Selbstachtung.)
Ilija Trojanow: „Macht und Widerstand“, S. Fischer, August 2015
(Bulgarischer Widerstandskämpfer gegen bulgarischen Apparatschik. Falscher Zeitpunkt.)
Vladimir Vertlib: „Lucia Binar und die russische Seele“, Paul Zsolnay, Februar 2015
(„Lucia Binar ist 83, und sie ist verärgert. Die Große Mohrengasse, in der sie seit langem lebt, soll aus Gründen der politischen Korrektheit in "Große Möhrengasse" umgetauft werden. Und die soziale Einrichtung, die sie versorgt, hat versagt: Ihr Essen wurde nicht geliefert. Der Telefondienst ist in ein Callcenter ausgelagert, dort rät ihr eine Mitarbeiterin, sich von Manner-Schnitten zu ernähren. Lucia ist empört. Sie will die Frau aufsuchen und zur Rede stellen. Dabei hilft ihr ausgerechnet Moritz, ein Student, der die "Anti-Rassismus-Initiative Große Möhrengasse" unterstützt.“ Politisch korrekte Generationenkonfliktüberwinder-Story mit Humor. Vielleicht.)
Kai Weyand: „Applaus für Bronikowski“, Wallstein, März 2015
(Nichtsnutz wird Bestattungshelfer und lernt dadurch Verantwortung. Na gut. Vielleicht amüsant. Leseprobe liest sich holprig. Mag ich nicht. Die Jury, denke ich, auch nicht.)
Frank Witzel: „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“, Matthes & Seitz Berlin, Februar 2015
("Gudrun Ensslin eine Indianersquaw aus braunem Plastik und Andreas Baader ein Ritter in schwarzglänzender Rüstung - die Welt des kindlichen Erzählers, der den Kosmos der alten BRD wiederauferstehen lässt, ist nicht minder real als die politischen Ereignisse, die jene Jahre in Atem halten und auf die sich der 13-Jährige seinen ganz eigenen Reim macht. Erinnerungen an das Nachkriegsdeutschland, Ahnungen vom Deutschen Herbst und Betrachtungen der aktuellen Gegenwart entrücken ihn dabei immer weiter seiner Umwelt." Das könnte wirklich ein großer Wurf sein, der mich persönlich vor allem wegen seines sperrigen, bei Peter Weiss entlehnten Titels anspricht. Aber schafft es ein 50jähriger wirklich, sich in ein Kind dieser Zeit hineinzuversetzen - wie Mark Twain in Huck Finn? Das muß ich, fürchte ich, überprüfen, als Kind dieser Zeit. Gebe dem Buch aber nur Außenseiterchancen.)
Christine Wunnike: „Der Fuchs und Dr. Shimamura“, Berenberg Verlag, März 2015
(Phantasiesprühendes Buch über einen besessenen Japaner auf Europareise. Das wird nichts.)
Feridun Zaimoglu: „Siebentürmeviertel“, Kiepenheuer & Witsch, August 2015
(Preisüberhäufter Quotentürke im PEN-Zentrum. Flucht vor Gestapo nach Multikulti-Istanbul, das aber gar nicht multikultidyllisch, sondern brutal ist. Da nörgelt das Deutschlandradio Kultur. Andere Kritiker fragen sich, was es mit den 99 "kryptischen" Überschriften auf sich hat. Wie ungebildet darf man eigentlich sein, als freiheitlich-demokratischer Migrantenversteher? Fällt vermutlich durch.)
Egal, ich bin die Titel durchgegangen, werde mir vielleicht zwei oder drei davon besorgen. Potentielle Preisträger sind fett und rot gedruckt, Außenseiter fett. Meine Einkaufsliste grün.
Alina Bronsky: „Baba Dunjas letzte Liebe“, Kiepenheuer & Witsch, August 2015
("Baba Dunja ist eine Tschernobyl-Heimkehrerin. Wo der Rest der Welt nach dem Reaktorunglück die tickenden Geigerzähler und die strahlenden Waldfrüchte fürchtet, baut sich die ehemalige Krankenschwester mit Gleichgesinnten ein neues Leben im Niemandsland auf. Wasser gibt es aus dem Brunnen, Elektrizität an guten Tagen und Gemüse aus dem eigenen Garten. Während der sterbenskranke Petrov in der Hängematte Liebesgedichte liest und die Melkerin Marja mit dem fast hundertjährigen Sidorow anbandelt, schreibt Baba Dunja Briefe an ihre Tochter Irina, die Chirurgin bei der deutschen Bundeswehr ist. Doch dann kommt ein Fremder ins Dorf – und die Gemeinschaft steht erneut vor der Auflösung." Ukraine und Bundeswehr, Migration, einfaches Leben – da bekommt der Schriftleiter doch feuchte Augen! Möglicher Preisträger.)
Ralph Dutli: „Die Liebenden von Mantua“, Wallstein Verlag, August 2015
(Nette Idee, war auch schon mal nominiert, aber viel zu konventionell, phantasiereich und potentiell religionskritisch. No way!)
Jenny Erpenbeck: „Gehen, ging, gegangen“, Knaus Verlag, August 2015
(„Wie erträgt man das Vergehen der Zeit, wenn man zur Untätigkeit gezwungen ist? Wie geht man um mit dem Verlust derer, die man geliebt hat? Wer trägt das Erbe weiter? Richard, emeritierter Professor, kommt durch die zufällige Begegnung mit den Asylsuchenden auf dem Oranienplatz auf die Idee, die Antworten auf seine Fragen dort zu suchen, wo sonst niemand sie sucht: bei jenen jungen Flüchtlingen aus Afrika, die in Berlin gestrandet und seit Jahren zum Warten verurteilt sind. Und plötzlich schaut diese Welt ihn an, den Bewohner des alten Europas, und weiß womöglich besser als er selbst, wer er eigentlich ist.“ – Kann ein Land so verkommen sein, und dem schon fast nach Auftragswerk stinkenden Bändchen den Buchpreis umhängen. Ich glaube, ja!)
Valerie Fritsch: „Winters Garten“, Suhrkamp Verlag, März 2015
(Eine Postkartenidylle grüner Weltverbesserer wandelt sich in einen Schreckensort? So nicht, meine Liebe!)
Heinz Helle: „Eigentlich müssten wir tanzen“, Suhrkamp, September 2015
(Eine Wanderung durch ein zerstörtes Land, von Erinnerungen an eine bessere Zeit durchsetzt - biste meschugge? Dafür gibt es keinen Preis.)
Gertraud Klemm: „Aberland“, Literaturverlag DROSCHL, Februar 2015
(Alternde Frau, Mutter-Tochter-Konflikt, Feminismus - in ein paar Jahren wieder, Mädchen.)
Steffen Kopetzky: „Risiko“, Klett-Cotta Verlag, Februar 2015
(Abenteuerroman über eine halbhistorische Geheimmission nach Afghanistan während des I. WK. Zu spannend und ohne erhobenen Zeigefinger. Das werde ich mir vielleicht holen.)
Rolf Lappert: „Über den Winter“, Hanser Literaturverlage, August 2015
(Schwester tot, zurück zur Familie, annere Schwester arbeitslos, schnarch. Deutscher Sozial- und Gefühlskitsch ist out.)
Inger-Maria Mahlke: „Wie Ihr wollt“, Berlin Verlag, März 2015
(Arme behinderte Cousine von Elisabeth I. nimmt Kampf gegen die Krone auf. Vielleicht was für die Brigitte.)
Ulrich Peltzer: „Das bessere Leben“, S. Fischer – Hundertvierzehn, Juli 2015
(Revolution ist böse, Kapitalismus auch, und wir sind alle mittendrin. Schnarch.)
Peter Richter: „89/90“, Luchterhand Literaturverlag, März 2015
(Klingt nach Tellkamps "Turm", politisch korrekt garniert mit Neonazis. Außenseiterchancen.)
Monique Schwitter: „Eins im Andern“, Droschl, August 2015
(Zwölf Ex-Liebhaber = Zwölf Apostel? Plus ein Selbstmord. Jesus, Maria und Joseph!)
Clemens J. Setz: „Die Stunde zwischen Frau und Gitarre“, Suhrkamp, September 2015
(Wohnheim, Behinderter, Stalker, Selbstmord, und eine "Bezugsbetreuerin, die das ganze verstehen will. Bullshit. Und damit mit Außenseiterchancen.)
Anke Stelling: „Bodentiefe Fenster“, Verbrecher Verlag, März 2015
(Das Neue Deutschland schreibt: "Anke Stelling hat, so viel kann gesagt werden, hier einen der Romane des Jahres vorgelegt: Mit genauem Blick und subtilem Humor erzählt sie vom Scheitern eines Milieus, von Lebenslügen und falschen Glücksvorstellungen und blickt tief in die Abgründe des grün-pseudolinksliberalen, neobürgerlichen Lebens, das einmal ein befreites sein wollte." Aber weil es auch der ZEIT gefällt, und trotz allem der Mutterkult nicht zu kurz kommt und niemand aus dem Elend ausbricht, hat es Chancen. Für eine Jury mit einem Rest Selbstachtung.)
Ilija Trojanow: „Macht und Widerstand“, S. Fischer, August 2015
(Bulgarischer Widerstandskämpfer gegen bulgarischen Apparatschik. Falscher Zeitpunkt.)
Vladimir Vertlib: „Lucia Binar und die russische Seele“, Paul Zsolnay, Februar 2015
(„Lucia Binar ist 83, und sie ist verärgert. Die Große Mohrengasse, in der sie seit langem lebt, soll aus Gründen der politischen Korrektheit in "Große Möhrengasse" umgetauft werden. Und die soziale Einrichtung, die sie versorgt, hat versagt: Ihr Essen wurde nicht geliefert. Der Telefondienst ist in ein Callcenter ausgelagert, dort rät ihr eine Mitarbeiterin, sich von Manner-Schnitten zu ernähren. Lucia ist empört. Sie will die Frau aufsuchen und zur Rede stellen. Dabei hilft ihr ausgerechnet Moritz, ein Student, der die "Anti-Rassismus-Initiative Große Möhrengasse" unterstützt.“ Politisch korrekte Generationenkonfliktüberwinder-Story mit Humor. Vielleicht.)
Kai Weyand: „Applaus für Bronikowski“, Wallstein, März 2015
(Nichtsnutz wird Bestattungshelfer und lernt dadurch Verantwortung. Na gut. Vielleicht amüsant. Leseprobe liest sich holprig. Mag ich nicht. Die Jury, denke ich, auch nicht.)
Frank Witzel: „Die Erfindung der Roten Armee Fraktion durch einen manisch-depressiven Teenager im Sommer 1969“, Matthes & Seitz Berlin, Februar 2015
("Gudrun Ensslin eine Indianersquaw aus braunem Plastik und Andreas Baader ein Ritter in schwarzglänzender Rüstung - die Welt des kindlichen Erzählers, der den Kosmos der alten BRD wiederauferstehen lässt, ist nicht minder real als die politischen Ereignisse, die jene Jahre in Atem halten und auf die sich der 13-Jährige seinen ganz eigenen Reim macht. Erinnerungen an das Nachkriegsdeutschland, Ahnungen vom Deutschen Herbst und Betrachtungen der aktuellen Gegenwart entrücken ihn dabei immer weiter seiner Umwelt." Das könnte wirklich ein großer Wurf sein, der mich persönlich vor allem wegen seines sperrigen, bei Peter Weiss entlehnten Titels anspricht. Aber schafft es ein 50jähriger wirklich, sich in ein Kind dieser Zeit hineinzuversetzen - wie Mark Twain in Huck Finn? Das muß ich, fürchte ich, überprüfen, als Kind dieser Zeit. Gebe dem Buch aber nur Außenseiterchancen.)
Christine Wunnike: „Der Fuchs und Dr. Shimamura“, Berenberg Verlag, März 2015
(Phantasiesprühendes Buch über einen besessenen Japaner auf Europareise. Das wird nichts.)
Feridun Zaimoglu: „Siebentürmeviertel“, Kiepenheuer & Witsch, August 2015
(Preisüberhäufter Quotentürke im PEN-Zentrum. Flucht vor Gestapo nach Multikulti-Istanbul, das aber gar nicht multikultidyllisch, sondern brutal ist. Da nörgelt das Deutschlandradio Kultur. Andere Kritiker fragen sich, was es mit den 99 "kryptischen" Überschriften auf sich hat. Wie ungebildet darf man eigentlich sein, als freiheitlich-demokratischer Migrantenversteher? Fällt vermutlich durch.)