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Vollständige Version anzeigen : Zermürbung gegen Manöver: die zwei Arten der Kriegsführung in der Diskussion



Nibelung
02.12.2005, 17:47
Man wird kaum einmal einen Militärfanatiker von der Kriegsführung der Zermürbung schwärmen hören.
Stattdessen dauert es keine fünf Sekunden bis folgende Schlagworte des Manövers fallen werden:
einkesseln, ausflankieren, Zangenbewegung, Kommando-Operationen (wie Fallschirmjäger), elastische Defensive und so weiter.

Das ist natürlich auch allzu verständlich. Der gesunde Geist bewundert stets das Aussergewöhnliche, das Brillante.
Lasst uns doch mal die beiden Arten der Kriegsführung und deren Anwendbarkeit und Vor- und Nachteile diskutieren.


1. Zermürbung

Wann immer sich eine Nation überlegen fühlt in Zahlen und Ressourcen wird sie versuchen den Gegner mit geringst möglichem Risiko niederzuringen.
Das nennt man die Kriegsführung der Zermürbung (attrition).
Kennzeichnend für diese Art:
Hohe Verluste an Mensch und Material, dafür jedoch geringes Risiko der Niederlage.

Optimale Strategie für Nationen wie USA und Russland.

Die einzigen zwei Möglichkeiten zu verlieren sind:
a) Fehleinschätzung. Der Gegner war stärker als erwartet.
b) Der Gegner (seiner Unterlegenheit bewusst) führt riskante "Manöver" erfolgreich durch (welches eine hohe Qualifizierung und viel Glück erfordert).


2. Manöver

Der Begriff umschreibt eine unorthodoxe Herangehensweise, um den Feind zu überlisten.
Das beste Beispiel ist wohl der deutsche "Blitzkrieg" im 2. WK.
Es ist nicht überraschend, daß die Deutschen diesen erfanden.
Nicht unbedingt aus Genialität, sondern eher aus der Not geboren.
Immerhin stand der Wehrmacht alleine in Polen eine zahlenmäßig gleichwertige Armee gegenüber (ganz zu schweigen von den weit überlegenen Franzen und Tommies).

Ein Manöver durchzuführen geht stets Hand in Hand mit einem hohen Risiko des Scheiterns (selbst bei bester Planung kann alles schiefgehen aufgrund der Komplexität des Unternehmens).

Jedoch ist das Manöver gleichzeitig auch die einzige Chance für die schwächere Seite des Krieges.
Deutschland hätte im 1. WK noch erfolgreich die Zermürbung durchführen können (wäre man nicht an der Heimatfront zugrunde gegangen).
So war z.B. Verdun ein klarer deutscher Sieg (entgegen der allgemeinen Überzeugung). Die Franzosen, die Deutschland in Verdun "verbluten" lassen wollten mussten im Nachhinein mehr Verluste hinnehmen, weil sie sich nicht rechtzeitig zurückzogen.

Im 2. WK hingegen war Deutschland von Beginn an deutlich unterlegen, somit musste es sich auf eine Kette von Manövern verlassen, von denen irgendwann einmal eines scheitern musste (leider war es Barbarossa).

So gewinnt denn auch für gewöhnlich die stärkere Seite den Krieg.
Da hilft auch das größte Genie nichts. Beispiele:
Napoleon, Südstaaten, Wehrmacht.

___________________________________

Wie sind angesichts der Gesetzmäßigkeiten der Kriegsführung tatsächlich die Leistungen der Vergangenheit zu bewerten?

Hätte die Wehrmacht nicht auch einen einfallslosen Zermürbungskrieg geführt, wenn Deutschland über Ressourcen und Menschenmassen wie die USA oder Russland verfügt hätte?
Aus der Not geboren waren die Geniestreiche der Wehrmacht, das soll ihre Leistung jedoch in keinster Weise schmälern.
Ich bin überzeugt, daß es kein anderes Volk in der Geschichte vollbracht hätte, einen so unglaublich überlegenen Feind beinahe zu besiegen.

Ich würde gerne Beispiele der Geschichte mit Euch diskutieren und bewerten. Hoffe auf zahlreiche Meinungen, danke!

Mark Mallokent
02.12.2005, 21:05
Auch der Schwächere kann einen Zermürbungskrieg führen, allerdings nur defensiv. Etwa Friedrich der Große nach Kunersdorf. Auch Guerillakriege sind normalerweise Abnutzungskriege. Beispiel Vietnam. Letztlich beruhen sie darauf, daß die Verteidigung - wie Clausewitz mit Recht schreibt - die stärkere Form der Kriegsführung ist. Eine Garantie für den Erfolg ist das freilich nicht. Siehe die deutsche Kriegsführung nach Stalingrad.

Geronimo
02.12.2005, 21:10
- wie Clausewitz mit Recht schreibt -

Du zitierst Clausewitz? Löblich! Schau auf meine Sig!
Im Übrigen habe ich selbst mit 34 Kriegern mehr als 3000 Blauröcke über Jahre beschäftigt!

Geronimo

Mark Mallokent
02.12.2005, 21:27
Du zitierst Clausewitz? Löblich! Schau auf meine Sig!
Im Übrigen habe ich selbst mit 34 Kriegern mehr als 3000 Blauröcke über Jahre beschäftigt!

Geronimo
Aber am Ende haben sie dich doch gekriegt :] . Wenn ich mich Recht entsinne, schreibt Clausewitz auch, daß zahlenmäßige Überlegenheit irgenwann einen Grad erreicht, daß Widerstand sinnlos wird. Er ist jedenfalls immer lesenswert.

Geronimo
02.12.2005, 21:38
Er ist jedenfalls immer lesenswert.

So ist es! Mich haben die nur gekriegt, weil ich meine Familie wiedersehen wollte. Haben die Verbrecher nach Florida verschleppt, um sie da in den Sümpfen an Fieber verrecken zu lassen!!!!!!!!!!! Sonst wär´ich in Mexiko geblieben und hätte mit glutäugigen Senoritas
einen neuen Stamm gezeugt. Glaube mir!!!!!!!!

Geronimo

Waldgänger
02.12.2005, 22:41
Aber am Ende haben sie dich doch gekriegt :] . Wenn ich mich Recht entsinne, schreibt Clausewitz auch, daß zahlenmäßige Überlegenheit irgenwann einen Grad erreicht, daß Widerstand sinnlos wird. Er ist jedenfalls immer lesenswert.

Clausewitz ist der größte Kriegstheoretiker aller Zeiten!
Wäre die kaiserliche Armee im Ersten Weltkrieg von Clausewitz statt
von Moltke geführt worden, hätten wir gesiegt.Oder wäre die Wehrmacht von
Clausewitz statt von Hitler geführt worden, hätten wir Barbarossa gewonnen.
Hoch lebe der größte Militärtheoretiker der Welt!CLAUSEWITZ!

Geronimo
02.12.2005, 23:31
Clausewitz ist der größte Kriegstheoretiker aller Zeiten!
Wäre die kaiserliche Armee im Ersten Weltkrieg von Clausewitz statt
von Moltke geführt worden, hätten wir gesiegt.Oder wäre die Wehrmacht von
Clausewitz statt von Hitler geführt worden, hätten wir Barbarossa gewonnen.
Hoch lebe der größte Militärtheoretiker der Welt!CLAUSEWITZ!

Bedenke: Clausewitz war Theoretiker. Er hatte nie ein Kommando in der preussischen Armee. Es ist schon ein Unterschied, ob du kluge Gedanken am lodernden Kaminfeuer absonderst, oder ob du, möglicherweise, sehr schnell handeln musst.

Dessen ungeachtet ist natürlich deine Feststellung richtig: der größte Militärtheoretiker aller Zeiten. BTW: Die Amis haben ihre Kadetten in West Point Clausewitz im Original!, also auf deutsch, lesen lassen. Das war Pflicht! Meines Wissens mindestens bis zu Beginn der 1980er Jahre.

Und ob ihr es wollt oder nicht:
Heil Lindenwirth (Sekretär von Clausewitz 1830-1834)

Geronimo

Geronimo
03.12.2005, 01:28
Clausewitz ist der größte Kriegstheoretiker aller Zeiten!
Wäre die kaiserliche Armee im Ersten Weltkrieg von Clausewitz statt
von Moltke geführt worden, hätten wir gesiegt.Oder wäre die Wehrmacht von
Clausewitz statt von Hitler geführt worden, hätten wir Barbarossa gewonnen.
Hoch lebe der größte Militärtheoretiker der Welt!CLAUSEWITZ!

Schon richtig. Aber differenziere bitte, STAHLHELM, v. Moltke d. Ältere (70/71)
war ein anderes Kaliber als sein Neffe, der Kaiser-Arschkriecher!
Geronimo

[HC]KROPOTKiN
03.12.2005, 01:34
Wen's interessiert, hier einige militärtheoretische Infos:

http://www.napoleon-series.org/military/c_military.html

Nibelung
03.12.2005, 06:30
Ich würde niemals widersprechen, daß Clausewitz der größte ist.

Jedoch bringt es die Natur der Angelegenheit mit sich, daß moderne Theoretiker mehr aussagekraft besitzen, da sie einerseits auf Clausewitz und co. zurückgreifen können und sich andererseits die Kriegsführung grundlegend verändert hat.

Ich würde folgende Theoretiker empfehlen:
- Edward Luttwak
- Basil Liddell Hart
- Heinz Guderian

Vor allem Luttwak ist ein brillanter Kopf, der die gesamte Logik der Strategie perfekt analysiert.

Mark Mallokent
03.12.2005, 07:38
Bedenke: Clausewitz war Theoretiker. Er hatte nie ein Kommando in der preussischen Armee. Es ist schon ein Unterschied, ob du kluge Gedanken am lodernden Kaminfeuer absonderst, oder ob du, möglicherweise, sehr schnell handeln musst.

Dessen ungeachtet ist natürlich deine Feststellung richtig: der größte Militärtheoretiker aller Zeiten. BTW: Die Amis haben ihre Kadetten in West Point Clausewitz im Original!, also auf deutsch, lesen lassen. Das war Pflicht! Meines Wissens mindestens bis zu Beginn der 1980er Jahre.

Und ob ihr es wollt oder nicht:
Heil Lindenwirth (Sekretär von Clausewitz 1830-1834)

Geronimo
Wenn ich mich recht entsinne, war er in den Befreiungskriegen Stabschef eines Armeekorps und hat als solcher die großen Hauptschlachten mitgemacht. Insofern hatte er schon praktische Erfahrung mit dem Kriegsführung.

Mark Mallokent
03.12.2005, 07:41
Habe ich gerade in Wikipedia gefunden.
Im Belgienfeldzug gegen Napoleon nimmt er 1815 als Stabschef im III. preußischen Armeekorps unter Generalleutnant Freiherr von Thielemann an den Schlachten von Ligny und Waterloo teil.
http://de.wikipedia.org/wiki/Clausewitz

Mauser98K
03.12.2005, 08:56
Ich würde niemals widersprechen, daß Clausewitz der größte ist.

Jedoch bringt es die Natur der Angelegenheit mit sich, daß moderne Theoretiker mehr aussagekraft besitzen, da sie einerseits auf Clausewitz und co. zurückgreifen können und sich andererseits die Kriegsführung grundlegend verändert hat.

Ich würde folgende Theoretiker empfehlen:
- Edward Luttwak
- Basil Liddell Hart
- Heinz Guderian

Vor allem Luttwak ist ein brillanter Kopf, der die gesamte Logik der Strategie perfekt analysiert.

Den vermutlich besten habt ihr vergessen:

Sunzi (auch Sun Tsu geschrieben).

Er war ein chinesischer General schrieb vor etwa 2500 Jahren das geniale Buch "Die Kunst des Krieges".

Absolut lesenswert!

Erstaunlich ist, wie viele Parallelen zu Clausewitz` "Vom Kriege" erkennbar sind.

Waldgänger
03.12.2005, 18:30
Schon richtig. Aber differenziere bitte, STAHLHELM, v. Moltke d. Ältere (70/71)
war ein anderes Kaliber als sein Neffe, der Kaiser-Arschkriecher!
Geronimo

Ich meinte auch seinen Neffen, der meinte der Schlieffenplan wäre nichtim Original durchführbar und hat deshalb aus Angst unsinnigerweise den Plan verändert und es fehlten Truppen zur Marneschlacht.Der Beginn des Grabenkrieges an der Westfront.Die zweite Chance eines deutschen Sieges war die Großoffensive in der Picardie vom 21.März 1918.Jedoch waren die Amerikaner schon materiell zu überlegen, sodass tragischerweise die Offensive im Juli/August 1918 im Sand verlief und wir durch materieller Überlegenheit der Westmächte den Krieg verloren.

Kaiser
03.12.2005, 21:37
Clausewitz ist der größte Kriegstheoretiker aller Zeiten!
Wäre die kaiserliche Armee im Ersten Weltkrieg von Clausewitz statt
von Moltke geführt worden, hätten wir gesiegt.Oder wäre die Wehrmacht von
Clausewitz statt von Hitler geführt worden, hätten wir Barbarossa gewonnen.
Hoch lebe der größte Militärtheoretiker der Welt!CLAUSEWITZ!

Nur das Clausewitz Denkweise und Theorien auf den militärischen, technischen und wirtschaftlichen Grundlagen aus der Zeit der napoleonischen Kriegen basierte. Auf dieser Grundlage wären zwangsläufig sowohl der 1.WK als auch der 2.WK in den Sand gesetzt worden.