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Vollständige Version anzeigen : Hetzmeute



Bunbury
15.03.2015, 21:09
Justine Sacco, US-Amerikanerin, twittert aus einer Laune heraus auf dem Flug nach Südafrika: "Going to Africa. Hope I don’t get AIDS. Just kidding. I’m white!" Folge: Anschwellender Bocksgesang, wenige Stunden später ist sie schon eine der meistgehaßten Frauen auf Erden. Alle Bitten um Entschuldigung, um eine differenziertere Sichtweise helfen nichts. Sie wird in Südafrika zur Gejagten, muß ihren Urlaub abbrechen und verliert in den USA ihren Arbeitsplatz.

Hamburger Ratswahl 2015: Jörg Rupp, ein Grüner, twittert über den Einsatz von "Titten und langen Beinen" bei einer FDP-Politikerin. Einen Tag später ist er schon gargekocht: Kotau, Entschuldigung. Er geht offline und kann froh sein, daß seine Partei ihn hält.

Als bösen und ironischen Kontrapunkt zum Weltfrauentag 2015 setzt der Krautreporter Tilo Jung eine Photoserie ins Netz: Bilder von einer Frau am Strand, der ein (männlicher) Fuß einen Tritt versetzt, so daß sie stürzt. Das Tremolo der Empörung schwillt an. Die Krautreporter distanzieren sich von ihrem Kollegen. Jung entschuldigt sich und kann froh sein, daß er aus seinem Laden nicht rausfliegt.

Elisabeth von Thurn und Taxis photographiert eine Pariser Obdachlose, die - von Müll umgeben - in einem Exemplar der "Vogue" blättert. Frau TNTs Kommentar: "Paris ist voller Überraschungen - Leser der 'Vogue' in unerwarteten Ecken". Stunden später muß sie schon ihren Netz-Eintrag löschen. Die Empörung hält bis heute an.

Mein Mitleid mit den betreffenden Leuten hält sich in Grenzen. Was mich interessiert, ist der von ihnen ausgelöste Shitstorm-Mechanismus, die inszenierte Wohlanständigkeit der Kritiker, die selbstgefällige Zurschaustellung der eigenen Gutheit, das Betroffenheitspathos. Es kommt dabei genau das heraus, wogegen dieses 'gesunde Volksempfinden' angeblich kämpft: Stigmatisierung, Treibjagd, höchster Ausschlag auf der F-Skala. Was ist das Motiv fürs Mitwirken in einer solchen Hetzmeute? Absicherung, Selbstentlastung? Das sicherste Mittel, nicht selbst zum Opfer einer solchen Kampagane zu werden, besteht darin, daß man sich unter die Täter mischt?

Mcp
16.03.2015, 10:03
Was ist das Motiv fürs Mitwirken in einer solchen Hetzmeute? Absicherung, Selbstentlastung? Das sicherste Mittel, nicht selbst zum Opfer einer solchen Kampagane zu werden, besteht darin, daß man sich unter die Täter mischt?

Anthropologie. Das hat wenig mit politischen Motiven zu tun, denn solche Reflexe lassen sich immer und überall auslösen. Die Masse reagiert nicht anders als eine Affenhorde oder ein Pawlowscher Hund. Es genügt ein Reizwort um Beißreflexe auszulösen. Jedes abwertende Wort über Frauen, als Beispiel, kann so etwas initiieren.

So zu reagieren liegt in der menschlichen Natur, hervorgebracht in einer Zeit, da derartige Verhaltensmuster überlebenswichtig waren. Die Kunst der Manipulation besteht darin, den Reiz durch Belohnung, hier öffentliche Anerkennung - wie die urkundliche Bescheinigung von 'Zivilcourage' -, zu implementieren. Den meisten Protagonisten reicht das öffentlich gemachte Lob schon aus, um sich der Meute anzuschließen, ganz einfach um sich 'wohl' zu fühlen.

Brathering
16.03.2015, 13:36
Diese Leute sollten ihre Meinung verteidigen statt sich zu entschuldigen - denn an dem Punkt verlieren sie bei mir jeden Respekt.

Trantor
16.03.2015, 14:03
Diese Leute sollten ihre Meinung verteidigen statt sich zu entschuldigen - denn an dem Punkt verlieren sie bei mir jeden Respekt.

Ja, ,denn die Leute bzw hier diese US amerikanerin ist ja sowieso nicht der Meinung sie hätte was falsches gesagt, oder gedacht. Sie ist mit Sicherheit der gleichen Meinung wie vorher. Der einzige Unterschied ist das sie vllt bereut hat das sie ihre Meinung frei und offen gesagt hat. Aber die Mensche haben halt Angst um ihren Job ihre soziale Stellung ja vllt sogar um ihr Leben, darum kommen dann diese "Entschuldigungen" die sowieso keine sind.
Und die Medienwelt staunt dann über angeblichen "Alltagsrassismus" - alles Idioten.

Bunbury
16.03.2015, 14:18
Diese Leute sollten ihre Meinung verteidigen statt sich zu entschuldigen [...]

Und wenn sie schon glauben, sich entschuldigen zu müssen, dann müßten sie um Entschuldigung bitten. Man kann sich nicht selbst entschuldigen.



[...] denn an dem Punkt verlieren sie bei mir jeden Respekt.

Geht mir genauso.

Shahirrim
16.03.2015, 14:20
Und wenn sie schon glauben, sich entschuldigen zu müssen, dann müßten sie um Entschuldigung bitten. Man kann sich nicht selbst entschuldigen.



Geht mir genauso.

Das scheint aber heute total in Mode zu sein. Irgendwie waren die Menschen früher anders. Heute gibt es keinen Luther mehr, der da sagt: "Ich stehe hier und kann nicht anders!"

Wo sind diese Menschen hin?

Affenpriester
16.03.2015, 14:29
Diese Leute sollten ihre Meinung verteidigen statt sich zu entschuldigen - denn an dem Punkt verlieren sie bei mir jeden Respekt.

So ist es. Die machen einen Witz und Gutmenschen spucken Gift und Galle während sie ihre Meinung schreiend zitternd voller Hass zum Unikum diktieren. Falsches Spiel für die Intelligenzbestien ... dumme Witze wollen nicht erzogen und aufgeklärt werden denn sie haben keinerlei Wahrheitsanspruch oder Propagandaseminar beansprucht. Falscher Sport. Dumme Leute machen dumme Witze und reden dummes Zeug für andere dumme Leute. Jeder hat das Recht, dumm zu sein und dummes Zeug zu reden. Will man denen das Wort verbieten? Kann nicht jeder so aufgeklärt und zivilisiert werden wie diese kleinen Moraldiktatoren voller Hass und Überlegenheit.

Murmillo
16.03.2015, 14:31
Das scheint aber heute total in Mode zu sein. Irgendwie waren die Menschen früher anders. Heute gibt es keinen Luther mehr, der da sagt: "Ich stehe hier und kann nicht anders!"

Wo sind diese Menschen hin?

Heute gibts das Internet und " soziale Netzwerke". Das ist eine ganz andere Qualität als früher. Da hätte man sich vielleicht auch empört, aber wie wolltest du denn einen Shitstorm auslösen ? Mit der Schneckenpost ? Heute geht das in Minuten um den ganzen Erdball.
Wie hätten denn früher die Deliquenten ohne Twitter und Co. eine solche Reaktion auslösen , wie in solche kurzer Zeit solche Massen erreichen sollen ?

Shahirrim
16.03.2015, 14:32
Heute gibts das Internet und " soziale Netzwerke". Das ist eine ganz andere Qualität als früher. Da hätte man sich vielleicht auch empört, aber wie wolltest du denn einen Shitstorm auslösen ? Mit der Schneckenpost ? Heute geht das in Minuten um den ganzen Erdball.
Wie hätten denn früher die Deliquenten ohne Twitter und Co. eine solche Reaktion auslösen sollen ?

Dafür droht aber kein Scheiterhaufen mehr. Und ermordet wird trotz Shitstorm auch nur in Extremfällen jemand.

KatII
16.03.2015, 14:49
Justine Sacco, US-Amerikanerin, twittert aus einer Laune heraus auf dem Flug nach Südafrika: "Going to Africa. Hope I don’t get AIDS. Just kidding. I’m white!" Folge: Anschwellender Bocksgesang, wenige Stunden später ist sie schon eine der meistgehaßten Frauen auf Erden. Alle Bitten um Entschuldigung, um eine differenziertere Sichtweise helfen nichts. Sie wird in Südafrika zur Gejagten, muß ihren Urlaub abbrechen und verliert in den USA ihren Arbeitsplatz.

Hamburger Ratswahl 2015: Jörg Rupp, ein Grüner, twittert über den Einsatz von "Titten und langen Beinen" bei einer FDP-Politikerin. Einen Tag später ist er schon gargekocht: Kotau, Entschuldigung. Er geht offline und kann froh sein, daß seine Partei ihn hält.

Als bösen und ironischen Kontrapunkt zum Weltfrauentag 2015 setzt der Krautreporter Tilo Jung eine Photoserie ins Netz: Bilder von einer Frau am Strand, der ein (männlicher) Fuß einen Tritt versetzt, so daß sie stürzt. Das Tremolo der Empörung schwillt an. Die Krautreporter distanzieren sich von ihrem Kollegen. Jung entschuldigt sich und kann froh sein, daß er aus seinem Laden nicht rausfliegt.

Elisabeth von Thurn und Taxis photographiert eine Pariser Obdachlose, die - von Müll umgeben - in einem Exemplar der "Vogue" blättert. Frau TNTs Kommentar: "Paris ist voller Überraschungen - Leser der 'Vogue' in unerwarteten Ecken". Stunden später muß sie schon ihren Netz-Eintrag löschen. Die Empörung hält bis heute an.

Mein Mitleid mit den betreffenden Leuten hält sich in Grenzen. Was mich interessiert, ist der von ihnen ausgelöste Shitstorm-Mechanismus, die inszenierte Wohlanständigkeit der Kritiker, die selbstgefällige Zurschaustellung der eigenen Gutheit, das Betroffenheitspathos. Es kommt dabei genau das heraus, wogegen dieses 'gesunde Volksempfinden' angeblich kämpft: Stigmatisierung, Treibjagd, höchster Ausschlag auf der F-Skala. Was ist das Motiv fürs Mitwirken in einer solchen Hetzmeute? Absicherung, Selbstentlastung? Das sicherste Mittel, nicht selbst zum Opfer einer solchen Kampagane zu werden, besteht darin, daß man sich unter die Täter mischt?

Ganz primitiver Herdentrieb lässt die Menschen am Shitstorm teilnehmen. Siehe z.B. Parolen in Fussballstadien: Aale aale aale aale eeeee, Be Fau Beeee H.......

Bunbury
16.03.2015, 16:06
Heute gibts das Internet und " soziale Netzwerke". Das ist eine ganz andere Qualität als früher. Da hätte man sich vielleicht auch empört, aber wie wolltest du denn einen Shitstorm auslösen? Mit der Schneckenpost?

Ich erinnere mich noch gut an vergleichbare Aktionen aus analoger Zeit, z.B. an das Kesseltreiben gegen den Bundestagspräsidenten Jenninger, nach dessen angeblich verunglückter Gedenkrede. Es endete erst mit dem Rücktritt Jenningers. Später hat Ignaz Bubis den Text noch einmal verlesen, als eigene Rede getarnt, und da hat sich niemand beschwert.

Tryllhase
16.03.2015, 16:10
Ich erinnere mich noch gut an vergleichbare Aktionen aus analoger Zeit, z.B. an das Kesseltreiben gegen den Bundestagspräsidenten Jenninger, nach dessen angeblich verunglückter Gedenkrede. Es endete erst mit dem Rücktritt Jenningers. Später hat Ignaz Bubis den Text noch einmal verlesen, als eigene Rede getarnt, und da hat sich niemand beschwert.
Reste von Verantwortungsbewusstsein und Moral sind heute nur hinderlich. Siehe die Linken-auch wenn man ihnen hundertmal Stasimitarbeit beweist, bleiben sie auf ihrem Posten, wie die Partei es befiehlt.

Bunbury
16.03.2015, 17:13
Ein anderes Beispiel aus prä-Twitter-Zeiten: Eva Herman. Für die Öffentlichkeit ist sie "verbrannt", auf immer und ewig. Wer sich einmal mißliebig gemacht hat und nicht abschwört, wer sich der offiziellen Sprachregelung widersetzt und den Kotau verweigert, für den gibt es keine zweite Chance. Keine Resozialisierung.

reflecthofgeismar
16.03.2015, 17:13
Das scheint aber heute total in Mode zu sein. Irgendwie waren die Menschen früher anders. Heute gibt es keinen Luther mehr, der da sagt: "Ich stehe hier und kann nicht anders!"

Wo sind diese Menschen hin?

Assad. Hätte auch nach England verduften können!
Bleibt aber in seinem Vaterland und steht seinen Mann.

reflecthofgeismar
16.03.2015, 17:14
Ein anderes Beispiel aus prä-Twitter-Zeiten: Eva Herman. Für die Öffentlichkeit ist sie "verbrannt", auf immer und ewig. Wer sich einmal mißliebig gemacht hat und nicht abschwört, wer sich der offiziellen Sprachregelung widersetzt und den Kotau verweigert, für den gibt es keine zweite Chance. Keine Resozialisierung.

Früher hätte man den Kerner für die Aktion mit der Eva verhauen.
Wäre auch richtig gewesen.:germane:

Shahirrim
16.03.2015, 17:16
Assad. Hätte auch nach England verduften können!
Bleibt aber in seinem Vaterland und steht seinen Mann.

Ja. Ist auch von allen Staatschefs auf der Erde, die jetzt leben und regieren, meine Top 1!

reflecthofgeismar
16.03.2015, 17:21
Ja. Ist auch von allen Staatschefs auf der Erde, die jetzt leben und regieren, meine Top 1!

Ich glaube, wäre Ahmadinedschad in Assads Lage gewesen, der Orient würde anders aussehen. :D

Architeuthis
16.03.2015, 18:02
Ich weiß, wie man dem Shitstorm entgeht. Sich gar nicht erst in den Sozialen Netzwerken anmelden.

Junge Leute, die narzisstisch veranlagt sind und permanent selfies und jeden Rotz ins Netz stellen müssen, haben dann letztendlich den Shitstorm verdient.

C-Dur
16.03.2015, 18:04
Diese Leute sollten ihre Meinung verteidigen statt sich zu entschuldigen - denn an dem Punkt verlieren sie bei mir jeden Respekt.Jawohl, das ist ein excellenter Vorschlag! Dem stimme ich bei.

kotzfisch
16.03.2015, 20:32
Ein anderes Beispiel aus prä-Twitter-Zeiten: Eva Herman. Für die Öffentlichkeit ist sie "verbrannt", auf immer und ewig. Wer sich einmal mißliebig gemacht hat und nicht abschwört, wer sich der offiziellen Sprachregelung widersetzt und den Kotau verweigert, für den gibt es keine zweite Chance. Keine Resozialisierung.

Bein KOPP Verlag und beim KOPP TV schon.
Gut, Sparflamme.

Leseratte
17.03.2015, 07:46
Eva Herman hat selbst eine Existenz vernichtet.



„Mir geht die Geschichte mit dem Hamburger Taxifahrer durch den Kopf. Als dieser Anfang 2000 meine Freundin jüdischer Abstammung, deren Familie zum großen Teil in Konzentrationslagern umgekommen war, zutiefst beleidigte, indem er den Holocaust leugnete, zeigte ich ihn an. Er verlor seine Lizenz, worüber in einer großen Tageszeitung berichtet wurde.“[19] (http://de.metapedia.org/wiki/Herman,_Eva#cite_note-18)


http://de.metapedia.org/wiki/Herman,_Eva

Lahn12
17.03.2015, 12:25
Heute gibts das Internet und " soziale Netzwerke". Das ist eine ganz andere Qualität als früher. Da hätte man sich vielleicht auch empört, aber wie wolltest du denn einen Shitstorm auslösen ? Mit der Schneckenpost ? Heute geht das in Minuten um den ganzen Erdball.
Wie hätten denn früher die Deliquenten ohne Twitter und Co. eine solche Reaktion auslösen , wie in solche kurzer Zeit solche Massen erreichen sollen ?

Was juckt es mich, ob jemand in Togo, Bhutan oder Argentinien empört ist??
Der Shitstorm perlt an mir ab