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Vollständige Version anzeigen : War die Gesellschaft früher politisierter?



Dima
08.03.2015, 01:36
Also ich frage mich ehrlich, ob die Gesellschaft in Deutschland in den 60er, 70er und 80er Jahren mehr politisiert war als heute.

Ich habe in dieser Zeit nicht gelebt, ich sehe Deutschland nur aus der Brille der 90er, 00er und 01er Jahre.

Es gibt aber die Annahme, dass z.B. Studenten früher politischer waren. In den 70ern z.B. dachten linke Studenten über das ganze System nach, heute denken sie nur über Homo-Rechte, getötete Straßenhunde und Gender-Mainstreaming nach.

Ich meine, wenn es um die damalige Zeit, sind mir diese ganzen linken Studentenvereinigungen sogar schon ein bisschen sympathisch. Ich meine, sie bekämpften Amerika, die amerikanisch gesteuerte BRD, den Kolonialismus. Oder auch in den 90er Jahren. Mein älterer Bruder mischte 1999 in der Antifa mit, weil sie gegen den Jugoslawienkrieg und die NATO-Intervention waren. Doch kurz danach war mein Bruder von der Antifa enttäuscht und verflucht den Verein seitdem.

Und das nicht ohne Grund: Heute haben wir die kleinkarierten Antifanten, die in jedem Deutschländerwürstchen die Wiedergeburt von NS und Hitler sehen, dabei die USA-Okkupiertheit der BRD vollständig ignorieren. Sie ignorieren auch die Tatsache, dass in der Ukraine, vor der Haustür Europas, faktisch ein faschistoides Regime aufgebaut wird.

Während die Antifaschisten in den 70ern mehr als laut auf die US-faschistoide Vereinnahmung Chiles aufmerksam gemacht haben. Bei der Ukraine dagegen kein Wort!

Also, mal eine ganz allgemeine Frage. Sind die Deutschen wirklich weniger politisch geworden? Sind die Deutschen braver geworden als sie es noch vor 30-40 Jahren waren?

Efna
08.03.2015, 01:54
Also ich frage mich ehrlich, ob die Gesellschaft in Deutschland in den 60er, 70er und 80er Jahren mehr politisiert war als heute.

Ich habe in dieser Zeit nicht gelebt, ich sehe Deutschland nur aus der Brille der 90er, 00er und 01er Jahre.

Es gibt aber die Annahme, dass z.B. Studenten früher politischer waren. In den 70ern z.B. dachten linke Studenten über das ganze System nach, heute denken sie nur über Homo-Rechte, getötete Straßenhunde und Gender-Mainstreaming nach.

Ich meine, wenn es um die damalige Zeit, sind mir diese ganzen linken Studentenvereinigungen sogar schon ein bisschen sympathisch. Ich meine, sie bekämpften Amerika, die amerikanisch gesteuerte BRD, den Kolonialismus. Oder auch in den 90er Jahren. Mein älterer Bruder mischte 1999 in der Antifa mit, weil sie gegen den Jugoslawienkrieg und die NATO-Intervention waren. Doch kurz danach war mein Bruder von der Antifa enttäuscht und verflucht den Verein seitdem.

Und das nicht ohne Grund: Heute haben wir die kleinkarierten Antifanten, die in jedem Deutschländerwürstchen die Wiedergeburt von NS und Hitler sehen, dabei die USA-Okkupiertheit der BRD vollständig ignorieren. Sie ignorieren auch die Tatsache, dass in der Ukraine, vor der Haustür Europas, faktisch ein faschistoides Regime aufgebaut wird.

Während die Antifaschisten in den 70ern mehr als laut auf die US-faschistoide Vereinnahmung Chiles aufmerksam gemacht haben. Bei der Ukraine dagegen kein Wort!

Also, mal eine ganz allgemeine Frage. Sind die Deutschen wirklich weniger politisch geworden? Sind die Deutschen braver geworden als sie es noch vor 30-40 Jahren waren?

Ich bis heute für die Verteufelung des Pinochet Regimes und dessen grössten Arschkriecher damals den Franz Josef Strauss und natürlich bin ich gegen US Imperialismus, aber im Prinzip bin ich gegen Imperialismus. Ich denke das die Politisierung damals grösser, aber man muss auch fragen ist eine Totale Fixierung auf das politische überhaupt immer gut? Ich meine jeder Mensch hat auch ein Leben neben der Politik und vielleicht ist auch die überpolitisierung der politischen Ränder auch ein Grund deswegen das die Gesellschaft nicht mehr so politisiert ist. Und mittlerweile bahnt sich vor allem ein Konflikt zwischen Linken und rechten an....

Cruithne
08.03.2015, 01:54
Meine Antwort lautet Jein.

Man kann es natürlich nicht verallgemeinern. Ich würde sagen: Je höher der Bildungsstand, desto politisierter die Menschen. Bei mir ist es z.B. so, dass ich zurzeit den Master mache, die meisten meiner Freunde einen vergleichbaren Bildungsstand haben und mit vielen von ihnen könnte ich stundenlang über Politik diskutieren, wobei ich selbst innerhalb meiner eigenen Familie bestimmte Themen lieber nicht anspreche, da dies in der Vergangenheit schön öfter dazu geführt hat, dass man sich gegenseitig anschreit.

Mein Bruder ist z.B. eine richtig linke Zecke, und ich habe früher teilweise echt Sprüche abgelassen, dass mich manchmal selbst meine Mutter so entsetzt angeguckt hat, als wäre ich Adolf Hitler. :D

Naja, jedenfalls bin ich in den letzten Jahren viel toleranter geworden, vor allem dadurch, dass ich durch meine Arbeit quasi täglich mit Ausländern zu tun habe und ich viele Menschen näher kennenlernen konnte, über die ich vorher krasse Vorurteile gehabt hätte. Überraschenderweise ist es jetzt so, dass ich manche Ausländergruppen mittlerweile sogar in Schutz nehme, sich aber zwischendurch meine Eltern ziemlich radikalisiert haben und ich mittlerweile meinen Vater manchmal wie Hitler angucke, wenn er mal wieder einen vom Stapel lässt.

Auf jeden Fall, worauf möchte ich hinaus: Ich glaube nicht, dass die Gesellschaft grundsätzlich unpolitischer ist als früher, aber es macht sich schon Resignation breit. Wir als Gesellschaft haben Revolutionen gesehen, haben Kriege gesehen, haben politische Umbrüche gesehen, aber letztendlich sind in jedem System die reichen Menschen reicher und die Armen ärmer geworden... Und wenn man sich für irgendetwas engagiert, egal für was, wird man in irgendeine radikale Ecke gestellt, diffamiert und am Ende ändert sich doch nichts...

Efna
08.03.2015, 01:57
Auf jeden Fall, worauf möchte ich hinaus: Ich glaube nicht, dass die Gesellschaft grundsätzlich unpolitischer ist als früher, aber es macht sich schon Resignation breit. Wir als Gesellschaft haben Revolutionen gesehen, haben Kriege gesehen, haben politische Umbrüche gesehen, aber letztendlich sind in jedem System die reichen Menschen reicher und die Armen ärmer geworden... Und wenn man sich für irgendetwas engagiert, egal für was, wird man in irgendeine radikale Ecke gestellt, diffamiert und am Ende ändert sich doch nichts...

Ich sage mal so, der Grossteil beschäftigt sich weniger mit Politik als damals, aber bei denjenigen die sich mit Politik beschäftigen auf eine wesentlich radikalere Weise....

Cruithne
08.03.2015, 02:02
Ich sage mal so, der Grossteil beschäftigt sich weniger mit Politik als damals, aber bei denjenigen die sich mit Politik beschäftigen auf eine wesentlich radikalere Weise....

Ich weiß nicht, letztens saß ich 45 Minuten in einem fast leeren Bus hinter dem Fahrer und durfe mir anhören, wie sich der Busfahrer 45 Minuten lang mit irgendeinem Renter darüber unterhalten hat, wie abgefuckt alles in der Politik ist. Wobei eigentlich fast nur der Busfahrer geredet hat und der Rentner zugehört hat.

Ich muss ganz ehrlich sagen, der Busfahrer ging mir irgendwie tierisch auf den Sack, aber ich habe es aus irgendeinem Grund vorgezogen, mich nicht umzusetzen und mir sein Geschwafel reinzuziehen, als 45 Minuten lang Felder und Bäume aus dem Fenster anzustarren.

Also so unpolitisch kann die Gesellschaft gar nicht sein.

Niklas87
08.03.2015, 02:07
Studenten auf jeden Fall. Die 68er haben sich wie man sieht durchgesetzt und den Marsch durch die Institutionen geschafft, jetzt sitzen die an den Schalthebeln der Macht und in den Medien.

Natürlich waren die politisierter. So ne Bewegung könnte die heutige Jugend / Studenden nicht auf die Beine stellen.

Efna
08.03.2015, 02:13
Ich weiß nicht, letztens saß ich 45 Minuten in einem fast leeren Bus hinter dem Fahrer und durfe mir anhören, wie sich der Busfahrer 45 Minuten lang mit irgendeinem Renter darüber unterhalten hat, wie abgefuckt alles in der Politik ist. Wobei eigentlich fast nur der Busfahrer geredet hat und der Rentner zugehört hat.

Ich muss ganz ehrlich sagen, der Busfahrer ging mir irgendwie tierisch auf den Sack, aber ich habe es aus irgendeinem Grund vorgezogen, mich nicht umzusetzen und mir sein Geschwafel reinzuziehen, als 45 Minuten lang Felder und Bäume aus dem Fenster anzustarren.

Also so unpolitisch kann die Gesellschaft gar nicht sein.

Jain, ich meine das ständige geschimpfe auf die Politik ist in gewisserweise schon Folklore, da nehme ich es mal wie Bismarck


Es ist ein Grundbedürfnis der Deutschen, beim Biere schlecht über die Regierung zu reden.

Und da denke ich hat der alte Herr recht. Aber meistens sind solche Gespräche in der Bahn und co. von mässiger politischer Bildung geprägt. Aber ich denke es gibt vor allem eine immer stärkere Konfrontation zwischen dem Linken und Rechten Lager wobei beide wohl eher Minderheitenpositionen beziehen, auch wenn beide im Glauben verharren die mehrheit hinter sich zu haben. Es ist schwer zu beschreiben....

Efna
08.03.2015, 02:19
Nochwas, ich kann es aus meinen Freundes, Bekannten und Verwandtenkreis sagen und da muss ich sagen im Bezug auf No SÜGIDA und SÜGIDA und da muss ich sagen das ein Grossteil davon sich gar nicht dafür intressiert und sich sogar genervt davon fühlt und zwar von beiden Seiten....

Rhino
20.10.2015, 00:52
Ich bis heute für die Verteufelung des Pinochet Regimes und dessen grössten Arschkriecher damals den Franz Josef Strauss und natürlich bin ich gegen US Imperialismus, aber im Prinzip bin ich gegen Imperialismus. Ich denke das die Politisierung damals grösser, aber man muss auch fragen ist eine Totale Fixierung auf das politische überhaupt immer gut? Ich meine jeder Mensch hat auch ein Leben neben der Politik und vielleicht ist auch die überpolitisierung der politischen Ränder auch ein Grund deswegen das die Gesellschaft nicht mehr so politisiert ist. Und mittlerweile bahnt sich vor allem ein Konflikt zwischen Linken und rechten an....
Ohne Anspruch auf Vollstaendigkeit:
51955

Alphateilchen
20.10.2015, 18:22
Waren die Deutschen denn früher "politisiert"? Ich denke, sie hatten nie ein rechtes Interesse an Politik. Stichwort Biedermeier.

Rhino
20.10.2015, 18:45
Studenten auf jeden Fall. Die 68er haben sich wie man sieht durchgesetzt und den Marsch durch die Institutionen geschafft, jetzt sitzen die an den Schalthebeln der Macht und in den Medien.

Natürlich waren die politisierter. So ne Bewegung könnte die heutige Jugend / Studenden nicht auf die Beine stellen.Jedenfalls war eine Kerngruppe politisierter, entschlossener und zielstrebiger. Deren "Erfolg" ist aber vielleicht auch darauf zuruckzufuehren, dass die Massen eben nicht politisiert waren und diese kulturmarxistische Kuddelei ueber sich ergehen liessen.

Captain_Spaulding
04.11.2015, 22:55
Bevor ich auf einzelne Punkte eingehe, will ich die Frage erstmal allgemein beantworten:
Ja, sie ist entpolitisierter. Und, um gleich mal etwas vorweg zu nehmen, das ist auch gut so.

Sofern wir von der Gesellschaft reden, also die Summe der einzelnen Menschen und nicht etwa von den Medien und staatlichen Institutionen , die "von oben" kontrolliert werden ,muss man sagen, dass die Menschen allgemein politikverdrossener sind als in der Vergangenheit.


Also ich frage mich ehrlich, ob die Gesellschaft in Deutschland in den 60er, 70er und 80er Jahren mehr politisiert war als heute.
Die Medien und staatlichen Institutionen waren weniger politisiert, die Menschen damals aber um so mehr.


Ich habe in dieser Zeit nicht gelebt, ich sehe Deutschland nur aus der Brille der 90er, 00er und 01er Jahre.
Ich ebenfalls, um eine ausführliche Auseinandersetzung mit der jüngeren Vergangenheit , besonders mit der 68er Bewegung bin ich trotzdem niemals herum gekommen. ... Du anscheinend aber schon, ansonsten wüsstest du, dass die gesammte "neue Linke" in Thinktanks der USA ausgebütet wurde, diese Studentenproteste , die du so bewunderst ,waren eben nicht kritisch , sondern das exakte Gegenteil. Sie waren "von oben" initiert.



Es gibt aber die Annahme, dass z.B. Studenten früher politischer waren. In den 70ern z.B. dachten linke Studenten über das ganze System nach, heute denken sie nur über Homo-Rechte, getötete Straßenhunde und Gender-Mainstreaming nach.
Vorallem gab es in den 70ern auch hundert mal mehr "linke Studenten" , diese Tatsache findet meiner Ansicht nach in deinem Eingangsthread zu wenig Beachtung. Und die Linken haben damals auch nicht "über das gesamte System nachgedacht" , sondern haben brav den Gehirndurchfall nachgeplappert, der ihnen von NSA-gepamperten Marionetten wie Adorno vorgeschrieben wurde.
... Da ist der heutige deutsche Michel, der politische Artikel in der Bild wegblättert und sich lieber die Brüste von wem-auch-immer ansieht tausendmal kritischer als dieser Idiotenhaufen von 68er-Möchtegernrevoluzzern, die du aus unerklärlichen Gründen bewunderst.


Ich meine, wenn es um die damalige Zeit, sind mir diese ganzen linken Studentenvereinigungen sogar schon ein bisschen sympathisch.
Bist du stoned? Das war die schlimmste Generation in unserer 15.000 jährigen Geschichte.
Da sind mir die heutigen entpolitisierten Party-Studenten tausendmal lieber.


Ich meine, sie bekämpften Amerika, die amerikanisch gesteuerte BRD, den Kolonialismus.
Ja, aber immer nur um weißen Menschen Schaden zu zufügen! Sie haben immer nur die Teile der USA und der BRD bekämpft , die noch funktioniert haben und die gut für die jeweiligen Bevölkerungen waren. Dagegen haben sie die Teile und Funktionen dieser Staaten, die ihren Bevölkerungen (vorallem den Weißen) geschadet haben nur weiter verstärkt und nie bekämpft.


Oder auch in den 90er Jahren.

Mein älterer Bruder mischte 1999 in der Antifa mit, weil sie gegen den Jugoslawienkrieg und die NATO-Intervention waren. Doch kurz danach war mein Bruder von der Antifa enttäuscht und verflucht den Verein seitdem.
Die linken Organisationen waren damals noch weniger verstaatlicht, das ist alles. Man muss diese Randnotiz nicht überbewerten.


Und das nicht ohne Grund: Heute haben wir die kleinkarierten Antifanten, die in jedem Deutschländerwürstchen die Wiedergeburt von NS und Hitler sehen, dabei die USA-Okkupiertheit der BRD vollständig ignorieren. Sie ignorieren auch die Tatsache, dass in der Ukraine, vor der Haustür Europas, faktisch ein faschistoides Regime aufgebaut wird.
Ja, diese Organisationen wurden verstaatlicht, dafür sind sie aber auch für sehr viele Leute unattraktiv geworden. Das gleicht es meiner Ansicht nach wieder aus.



Also, mal eine ganz allgemeine Frage. Sind die Deutschen wirklich weniger politisch geworden? Sind die Deutschen braver geworden als sie es noch vor 30-40 Jahren waren?

Du hast es nicht verstanden, brav wären sie, wenn sie wie in den 68er Jahren massenweise gegen ihre eigenen Grundrechte auf die Straße gehen würden. Sie sind entpolitisierter zum Leidwesen des Systems, nicht zu dessen Vorteil, wie du suggerierst.

Genau genommen sind die Deutschen auch nicht komplett entpolitisiert, sie sind nur weniger systemhörig. Und da man eben einer extremen Diskriminierung "von oben" ausgesetzt ist, wenn man nicht systemhörig ist, geben sich die meisten nach außen hin entpolitisiert. Politischen Verstand haben sie aber mehr denn je.

mfg