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Vollständige Version anzeigen : Versailles - Friede von Brest Litowsk - ein Vergleich



Sjard
05.02.2015, 14:51
Hallo zusammen,

nur wenige wissen heutzutage noch, das der Vertrag von Versailles ein Diktat war, das Deutschland die
Alleinschuld am 1 Weltkrieg und dem deutschen Volk als solches eine Kollektivschuld anhängen wollte.
Während die Alliierten im Westen alles dran setzten anstatt eines Friedensabkommens nur einen vorläufigen
Waffenstillstand ins Leben zu rufen, wurde im Osten Europas während des Friedensabkommens von
Brest-Litowsk zwischen dem deutschen Reich und dem russischen Reich / Sowjetunion auf Augenhöhe
miteinander verhandelt und eine Normalisierung der Beziehungen angestrebt.
Das deutsche Reich, das im Osten die Siegermacht des Krieges war hat die junge Sowjetunion
nicht durch irrsinnige Reparationsforderungen oder ähnliche widrige Anstalten versucht herabzuwürdigen,
wie es die Alliierten im Westen Europas mit dem deutschen Reich vornahmen.

Wie seht ihr das ?

Leseratte
05.02.2015, 17:13
Wie seht ihr das ?

Zustimmung.


Im Januar 1921 legen die Siegermächte dann die Gesamthöhe der Reparationen Deutschlands für die nächsten 42 Jahre fest: ca. 331 Milliarden Goldmark. Auch hier zwei Zahlen zum Vergleich. Die Kosten Deutschlands für den gesamten Ersten Weltkrieg hatten nur halb soviel betragen ( 163 Mrd. ). Und das besiegte Russland hatte 1918 im Frieden von Brest-Litowsk überhaupt keine Reparationen an die Sieger Deutschland und Österreich-Ungarn zahlen müssen.

http://www.vorkriegsgeschichte.de/content/view/17/33/





Diktat ohne moralisches Vernichtungsurteil

1918 schloß das Deutsche Reich mit der Sowjetunion den Frieden von Brest-Litowsk / Vergleiche zu Versailles 1919 hinken dennoch

Stefan Scheil

Derzeit ist in Deutschland wieder viel von Jahrestagen die Rede, vorwiegend von jenen, die sich zum fünfundsiebzigsten Mal nähern. Gleichzeitig wird häufig darauf verwiesen, die nationalsozialistische Revolution des Jahres 1933 sei ohne den Vertrag von Versailles schwer vorstellbar.
Nicht zuletzt die willkürliche Behandlung und moralische Abqualifizierung Deutschlands in diesem Pariser Vorort und in den Folgejahren legte die Axt an die Tragfähigkeit der innenpolitischen Ordnung in Deutschland, die ansonsten trotz der neugewonnenen republikanischen Verfassung überwiegend wie zu Kaisers Zeiten vor sich hintickte. Allerdings startete die Agitation, die einen Adolf Hitler ins Kanzleramt tragen sollte, nicht nur mit seiner Polemik gegen den Vertrag von Versailles allein, sondern mit einem Vergleich. Ein Jahr vor Versailles hatte das deutsche Kaiserreich selbst einen Frieden erzwungen, den Friedensvertrag von Brest-Litowsk mit der neugegründeten Sowjetunion. Auch er jährt sich in diesen Tagen, zum neunzigsten Mal.

Der künftige deutsche Kanzler und Diktator begann seine politische Laufbahn 1919 mit der Agitation für diesen Brest-Litowsker Vertrag und gegen die Versailler Regelungen. Die Inhalte machten es leicht möglich. Während sich die Alliierten in Versailles in einer Mammutkonferenz auf der Basis von "Alleinschuld" der Mittelmächte einen viele hundert Seiten langen Blankoscheck ausgestellt hatten, der nicht nur unbegrenzte finanzielle Forderungen an den geschlagenen Kriegsgegner möglich machte, sondern der künftigen Willkür und Demütigung Tür und Tor öffnete - bis hin selbst zur Grabsteinfarbe für deutsche Gefallene, denen "ehrenvolles" Weiß versagt wurde -, gehörte der Brest-Litowsker Vertrag noch einer anderen Generation von Friedensverträgen an.

Das kam unter anderem daran zum Ausdruck, daß er wohl als letzter der großen Friedensverträge die bis dahin seit Jahrhunderten übliche gegenseitige Amnestieklausel der Kriegsgegner für begangene Straftaten enthielt. Die unerhörten Verwüstungen, die russische Truppen 1914 in Ostpreußen angerichtet hatten, blieben in der Nachkriegszeit ebenso ohne strafrechtliche Verfolgung wie irgend eine strafbare Handlung deutscher Truppen auf russischem Boden. Es wurde anerkannt, daß Kriegszeiten außerordentliche Taten auch im negativen Sinn hervorbringen können, ohne daß dies in moralische Vernichtungsurteile zu künftigem politischen Nutzen umgemünzt wurde. Wirklichen Frieden konnte es nicht ohne einen Schlußstrich geben, dessen war sich Europa seit dem Westfälischen Frieden von 1648 immer bewußt gewesen. Im finanziellen Bereich verblieb das Deutsche Reich gegenüber der UdSSR ebenfalls im Konventionellen. Man einigte sich auf einen bezahlbaren und begrenzten Betrag an Kriegsentschädigung, wie es seit jeher üblich gewesen war.

Dennoch geriet der Vertrag von Brest-Litowsk in einem Bereich revolutionär, und zwar bei seinen territorialen Regelungen. Er drängte Rußland aus Europa ab und schuf dabei die Grundlagen für die heute noch bestehende Grenzziehung. Länder wie die Ukraine, Weißrußland, das Baltikum, Finnland und Polen erhielten so etwas wie staatliche Strukturen. Genaue Bestimmungen über Grenzen und Verfassungen blieben einstweilen noch offen. Die bereits seit langem unter deutscher Vermittlung laufenden Verhandlungen zwischen Ukrainern, Polen, Litauern und dem 1914 auf zionistische Initiative in Berlin gegründeten Komitee zur Befreiung der russischen Juden samt seinen Nachfolgeorganisationen hatten hier unüberbrückbare Gegensätze offenbart.

Die acht Monate, die zwischen der Unterzeichnung des Vertrags von Brest-Litowsk und der Novemberrevolution von 1918 noch blieben, stellten nur einen historischen Wimpernschlag dar. Für diesen Moment schien es so, als könnte das deutsche Kaiserreich sich zu einer Weltmacht auswachsen, deren Hauptstadt nicht mehr von Truppen bedroht war, die nur wenige hundert Kilometer entfernt bereitstanden. Statt dessen stand in Osteuropa ein deutscher "Hinterhof" zur politischen und wirtschaftlichen Durchdringung in Aussicht, wie ihn etwa die USA in Lateinamerika besaßen. Als das politische System des deutschen Kaiserreichs zusammenbrach, war ganz Osteuropa inklusive der Ukraine von deutschen Truppen besetzt. Kurz zuvor hatte noch Georgien um die Aufnahme in den deutschen Reichsverband gebeten.
Mit dem November 1918 war dies alles insofern Geschichte, als es mit der deutschen Großmachtstellung schlagartig vorbei war. Die letztlich siegreichen Westmächte sicherten sich die große Kriegsbeute durch Beschlagnahme des deutschen Nationalvermögens, Erwerb der Kolonien und vor allem durch die Aufteilung des ölreichen und strategisch wichtigen Nahen Ostens.

An Osteuropa hatten sie nur insofern Interesse, als sich die dort neu errichteten Staaten gegen Deutschland in Stellung bringen ließen. Was sich dafür innen- oder außenpolitisch nicht eignete, fiel unter den Tisch. Eine positive politische Vision für die osteuropäische Region war damit zwischen 1919 und 1939 nicht verbunden. Erst die Politik nach 1945 knüpfte an die Ansätze von Brest-Litowsk an, die 1989 schließlich gewissermaßen einen späten historischen Triumph feierten, als vom Baltikum über die Ukraine bis in den Kaukasus erneut unabhängige Staaten entstanden.

1919 blieb von den ein Jahr vorher vereinbarten Friedensregelungen zunächst lediglich die Gelegenheit zu reichlicher Polemik deutscher Nationalisten und Nationalsozialisten übrig. Noch Jahre später sah Hitler in seinen vergleichenden Reden über die Verträge von Versailles und Brest-Litowsk sein Hauptverdienst, da durch sie die Basis für die nationalsozialistische Bewegung gelegt worden sei. Auch dies gehört zur Vorgeschichte von 1933.

Foto: Unterzeichnung des Waffenstillstands von Brest-Litowsk im Dezember 1917, Beginn der dreimonatigen Vertragsverhandlungen: Wirklichen Frieden konnte es nicht ohne einen Schlußstrich geben

http://jungefreiheit.de/service/archiv/?www.jf-archiv.de/archiv08/200810022953.htm

Der Vertrag im Wortlaut

http://www.forost.ungarisches-institut.de/pdf/19180303-1.pdf

-jmw-
05.02.2015, 17:45
Der Verlust der Sowjetunion war nicht ohne, sie verlor grosse Räume und Massen an Menschen, darunter für ihre Verhältnisse eher weiter entwickelte Gebiete im Baltikum, in Polen.
Die die kommunistische Führung war die Sache weniger ein fairer Ausgleich, als vielmehr eine praktische Notwendigkeit, um Restrussland zu halten. Gelänge es ihnen dort, so die Logik, könnte man von diesem neuen Staate als Basis aus Weltrevolution betreiben.

Deutschland hätte nach Abschluss des Vertrages im Westen um Frieden ersuchen und (beinahe) alles schlucken sollen, um diesen zu bekommen: Abtretung des Elsass und Lothringens an Frankreich, Verlust von Kolonien, Reparationen, Andankung des amtierenden Kaisers...
Dies alles hätte in einem Europa, wo - idealiter - zwischen Helsinki und Kiew deutsche Prinzen als Könige über dem Reich zugewandte Staaten herrschen, keine Rolle gespielt.

Leseratte
05.02.2015, 19:06
Das Friedensangebot das Ludendorff und Hindenburg den Westmächten am 12. 12. 1916 gemacht haben, wurde von diesen nur als Schwächezeichen wahrgenommen. Mit der Friedensresolution des Reichstages 1917 war es auch nicht anders.

volkszorn
06.02.2015, 10:59
Der Verlust der Sowjetunion war nicht ohne, sie verlor grosse Räume und Massen an Menschen, darunter für ihre Verhältnisse eher weiter entwickelte Gebiete im Baltikum, in Polen.

Wobei zu erwähnen ist das es sich im Baltikum, Finnland, Polen, Moldavien um Fremdvölker gehandelt hat. Deutschland hat man Gebiete abgepresst die rein oder überwiegend deutsch besiedelt waren. Ein klarer Verstoß gegen Wilsons Punkt der Selbstbestimmung.


Deutschland hätte nach Abschluss des Vertrages im Westen um Frieden ersuchen und (beinahe) alles schlucken sollen, um diesen zu bekommen: Abtretung des Elsass und Lothringens an Frankreich, Verlust von Kolonien, Reparationen, Andankung des amtierenden Kaisers...
Volle Zustimmung

Leseratte
06.02.2015, 12:46
Man könnte aber auch den Zaren dazu auffordern, daß er Frieden hätte schließen sollen. Nachdem er in Ostpreußen eingefallen war und danach, wenn man mal von der Brussilow-Offensive absieht, nur noch Niederlagen eingesteckt hat. Wilhelm II. mußte nur ins Exil, der Zar wurde ermordet.


England hat den Krieg gewonnen verlor aber danach den größten Teil von Irland. Sein Weltreich war trotz des Sieges bereits angezählt. Also war es das wohl nicht wert.

Wilhelm II. kann man vorwerfen, daß er Ludendorff und Hindenburg nicht gleich in die OHL berief. Ludendorff wollte die Materialschlachten und den Stellungskrieg der nichts brachte im Westen beenden und sich ganz auf den Osten konzentrieren. Das hat er dann auch gemacht, nachdem er und Hindenburg doch noch berufen wurden. Aber eben zu spät.

-jmw-
06.02.2015, 19:09
Wobei zu erwähnen ist das es sich im Baltikum, Finnland, Polen, Moldavien um Fremdvölker gehandelt hat. Deutschland hat man Gebiete abgepresst die rein oder überwiegend deutsch besiedelt waren. Ein klarer Verstoß gegen Wilsons Punkt der Selbstbestimmung.
Besagte Selbstbestimmung halt für uns ja nicht, siehe Deutschösterreich.


Volle Zustimmung
Woran scheiterte es? Wieso war man dazu nicht bereit? Ich weiss es nicht, bin kein Fachmann für diese Zeit. Vielleicht kennt sich jemand besser aus und hilft uns da.

Leseratte
06.02.2015, 19:20
Im Frieden von Brest-Litowsk blieben allerdings die Weißrussen bei Rußland. Sie hatten offenbar keine Freunde unter den Mittelmächten.

Vielleicht helfen diese Verweise weiter

http://www.dieterwunderlich.de/weltkrieg_i_14.htm

http://geschichtsrevision.de/weltkrieg-friedensangebot-1916-dokumentierte-zeitgeschichte/