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Vollständige Version anzeigen : Wurde der "wahre Faschismus "nie verwirklicht?



Waldgänger
14.11.2005, 17:56
man kann die geburtsstunde des Protofaschsimus zu Beginn des 20.Jahrhunderts ansehen, aber kann man vom Faschismus im Allgemeinen wie vom Sozialismus/Kommunismus von einen idealen,der nie verwirklicht wurde und von einen "realexistierenden Faschismus", wie er wirklich auftrat reden, so wie es die Marxisten tun?Zudem:Wer waren die geistigen väter/Mütter des Faschismus?

malnachdenken
14.11.2005, 18:44
man kann die geburtsstunde des Protofaschsimus zu Beginn des 20.Jahrhunderts ansehen, aber kann man vom Faschismus im Allgemeinen wie vom Sozialismus/Kommunismus von einen idealen,der nie verwirklicht wurde und von einen "realexistierenden Faschismus", wie er wirklich auftrat reden, so wie es die Marxisten tun?Zudem:Wer waren die geistigen väter/Mütter des Faschismus?


die frage stellt sich wirklich ertsmal, ob der faschismus eine ideal besitzt, das vorher definiert wurde (wie beim kommunismus) oder ob es eine beschreibung für ein geschehenes konstrukt ist. denke wohl eher letzeres.

Waldgänger
14.11.2005, 18:57
die frage stellt sich wirklich ertsmal, ob der faschismus eine ideal besitzt, das vorher definiert wurde (wie beim kommunismus) oder ob es eine beschreibung für ein geschehenes konstrukt ist. denke wohl eher letzeres.

Diese Frage stelle ich ja, ob man es so sehen kann ob es einen idealen Faschismus gibt, oder nur das was man historisch kennt.

JosephBlücher
14.11.2005, 19:00
Diese Frage stelle ich ja, ob man es so sehen kann ob es einen idealen Faschismus gibt, oder nur das was man historisch kennt.
Weder noch...

Waldgänger
14.11.2005, 19:02
Weder noch...
Was dann?Erläutere mal deine Theorie?

~sperschi~
14.11.2005, 19:11
Es gibt ideellen Faschismus! Ganz entschieden!
Der Faschismus hat erkannt, dass durch den Militarismus, den er vertritt und ausbaut, Wissenschaft und Wirtschaft immens gesteigert werden, zudem baut er auf einem Prinzip des Zusammenhalts und auf, meiner Meinung nach, gesundem Nationalismus auf, nicht umsonst ist er nach lat. 'fascis' = 'Rutenbündel' - nur gemeinsam stark und undurchbrechbar - benannt.

Katukov
14.11.2005, 19:14
Was ist denn Faschismus?
Was ist denn sein Programm?

JosephBlücher
14.11.2005, 19:17
Was dann?Erläutere mal deine Theorie?
Ich habe da keine genaue Theorie zu, ich habe noch nicht einmal Ahnung von dem Thema,
aber ich denke dennoch, daß der Begriff des Faschismus im heutigen Gebrauch weder etwas mit einer Ideologie, noch mit historisch gewachsenen Vorgängen zu tun hat.
Dieser Begriff wird von allen möglichen linken oder ähnlichen Gruppen obligatorisch als Verbalkeule benutzt, um sämtliche Argumente des Gegenüber zu entkräften und sie ins Lächerliche bis Illegale zu entziehen, nur um nicht auf etwaige Aussagen eingehen zu müssen.
Das gefährliche daran ist nur, daß es sich bei diesem Usus um eine gesellschaftliche Norm handelt.

Waldgänger
14.11.2005, 19:26
Es gibt ideellen Faschismus! Ganz entschieden!
Der Faschismus hat erkannt, dass durch den Militarismus, den er vertritt und ausbaut, Wissenschaft und Wirtschaft immens gesteigert werden, zudem baut er auf einem Prinzip des Zusammenhalts und auf, meiner Meinung nach, gesundem Nationalismus auf, nicht umsonst ist er nach lat. 'fascis' = 'Rutenbündel' - nur gemeinsam stark und undurchbrechbar - benannt.

Ich meine nicht nur die italienische Variante, sondern auch die Protofaschisten aus Frankreich um 1890-1919.Welche von einem sozialistischen Nationalstaat sprachen etc.Mir fallen die Namen nur nicht ein.Mir fällt aber George Sorel ein und das "Futuristischen Manifest" ein von dem die Protofaschistenvieles übernahmen.Sie nannten sich nicht Faschisten, deshalb nenne ich es Protofaschismus.Könnt ihr mir da mehr sagen und meine Frage bestätigen oder abweisen?

Waldgänger
14.11.2005, 19:30
Ich habe da was gefunden von Zeev Sternhell.Was sagt ihr dazu?
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Während des 19. Jahrhunderts hatten sich Nationalismus und Liberalismus vereinigt, um eine Kraft für Befreiung und Emanzipation zu werden. Der Nationalismus war tief mit demokratischen und universalistischen Werten durchtränkt und berief sich auf die Französische Revolution und die Philosophie der Menschenrechte. Als er jedoch unter den Einfluss der neuen wirtschaftlichen Verhältnisse und der erbitterten Auseinandersetzungen geriet, die diese Verhältnisse auf dem Weltmarkt hervorriefen, veränderte der Nationalismus schrittweise seinen Charakter, denn diese Auseinandersetzungen hoben die gegensätzlichen Interessen der europäischen Großmächte hervor, wie die Geburt Italiens und Deutschlands aus Feuer und Blut demonstriert, und zeigten ebenso die Auswirkungen des Sozialdarwinismus auf den Marxismus und den internationalistischen Sozialismus.

Die nationalistischen Bewegungen in Italien und Frankreich zu Beginn jenes Jahrhunderts ähnelten den nationalistischen Hoffnungen eines Michelet oder Mazzini nur noch wenig. Der Geist des Nationalismus von 1848 starb aus - bei den Franzosen nach Sedan, bei den Italienern nach Adowa. Der Fehlschlag des Äthiopienfeldzugs von 1896 wurde von Enrico Corradini, dem geistigen und politischen Führer der italienischen Nationalisten, als Niederlage der italienischen Demokratiebewegung und ihrer Unterstützer auf Seiten der extremen Linken betrachtet. Die französischen Nationalisten - Déroulède, Barrès, Maurras - waren der Meinung, dass die Niederlage von 1870 einem Land zugefügt worden war, das bereits durch eine revolutionäre Ideologie, durch Rationalismus und Individualismus unterhöhlt gewesen war. Die Unfähigkeit der Republik, die Demütigung des Landes zu rächen und Frankreich die verlorenen Provinzen wiederzubeschaffen, oder sich auch nur einfach auf den Krieg vorzubereiten, rührte für sie aus der grundlegenden Schwäche der liberalen Demokratie her, ihrer Kraftlosigkeit und ihrer Zusammenhaltlosigkeit. So kam es, dass der neue europäische Nationalismus zuerst und vor allem eine Bewegung der Revolte gegen die Demokratie wurde und zu einer heftigen Kritik an dieser Herrschaftsform in all ihrer Schwäche, Vereinzelung und ihrem unpersönlichen Charakter. Es handelte sich um einen Angriff im Rahmen der allgemeinen Revolte gegen die Werte der Französischen Revolution und der Aufklärung.

Zugleich schmähte dieser neue Nationalismus die Reichen und griff die wirtschaftlichen Ungerechtigkeiten an. Er klagte die liberale Demokratie sowohl als Regierungsform als auch als sozio-ökonomisches System an. Er forderte, der Staat solle autoritäre Strukturen entwickeln, und griff die soziale Ungerechtigkeit an, die die Solidarität der Gemeinschaft zerstöre. Die nationalistische Bewegung versuchte, die sozial am meisten benachteiligten Klassen zu mobilisieren, diejenigen, die durch die neuen Produktionstechniken und die neuen Formen des Handels benachteiligt waren. Dies war der Hintergrund, der das Heranwachsen einer neuen Spielart des Sozialismus förderte, die weder marxistisch noch internationalistisch war, sondern ausdrücklich national. Zu jener Zeit erkannten französische Nationalisten zum ersten Mal die Möglichkeiten einer Synthese aus bestimmten Formen des Sozialismus und dem politischen Autoritätsdenken der Nationalisten. Diese wurde später durch die von Corradini geführten italienischen nationalistischen Kreise übernommen, wiederum später durch die Anhänger Sorels und Mussolinis, und brachte schließlich eine vollständig ausgebildete faschistische Ideologie zur Welt.



Frankreich

Es war Maurice Barrès, der als nationalistischer Kandidat für Nancy im Mai 1898, während der durch die Dreyfus-Affäre verursachten heftigen Unruhen, als erster den Begriff „Sozialistischer Nationalismus“ prägte. Dieser Begriff verdankt seinen Ursprung der Idee, die nationale Einheit werde durch die Lösung der sozialen Frage geschaffen. 20 Jahre später erklärte Enrico Corradini vor dem Konvent der Nationalisten: „Von Anfang an und vor allem kann der Nationalismus, da er definitionsgemäß national in Fragen der Politik ist, gar nicht anders als ebenso national in Fragen der Ökonomie sein, da die letztere die Basis der ersteren ist.“ Maurras seinerseits erklärte, es gebe eine „Form des Sozialismus, die, wenn sie ihrer demokratischen und kosmopolitischen Anhängsel entkleidet wird, mit dem Nationalismus ebenso zusammenpassen wird, wie ein gut gefertiger Handschuh zu einer schönen Hand passt“. Auf seine Veranlassung unternahm die Action Française beträchtliche Anstrengungen, die Unterstützung der Arbeiter zu erreichen, seitdem sie erkannt hatte, wie mächtig die Abneigung des Proletariats gegen den liberalen Staat war.

Ein weiteres Experiment, das nichts anderes war als ein Probelauf für den Faschismus, war die Gründung einer National-Sozialistischen Partei im Jahr 1903 durch den ehemaligen Sozialisten Pierre Biétry. Sie wurde ein Jahr später durch die „Fédération des Jaunes de France“ abgelöst. Der Gelbe Sozialismus - als Gegensatz zum Roten Sozialismus - predigte die nationale Solidarität anstelle des Klassenkampfes und warb für den Zugang zum Eigentum anstelle von Enteignungen, außerdem warb sie für die Beteiligung der Arbeiter an den Unternehmensgewinnen und eine Form von Gewerkschaftsarbeit, bei der die Vertretungen der Arbeiter und der Unternehmensführungen Seite an Seite existieren sollten, was durch den starken Staat überwacht werden sollte. An der Spitze dieser Struktur sollte eine Versammlung nationaler und regionaler Repräsentanten stehen, die durch das Gewerbe und die Unternehmen finanziert würden. Es versteht sich von selbst, dass die Gelbe Bewegung den Marxismus schärfer ablehnte und zugleich den Personenkult ihres Führers förderte, der tatsächlich der Mini-Diktator der Partei war. Außerdem war sie antisemitisch. Die „Fédération des Jaunes en France“, die als „besessen von der Idee, die Arbeiterklasse aus den sozialistischen Geleisen herauszureißen“ beschrieben worden ist, war zweifellos die erste Gruppierung, die den gesamten Apparat faschistischer Ideen in praktischen Begriffen ausprobierte. Diese französische Bewegung hatte einen Modellcharakter für die schweizerischen und deutschen gelben Organisationen, mit denen sie in enger Verbindung stand. Zur gleichen Zeit brachte Österreich die DAP, die Deutsche Arbeiter-Partei, hervor, gegründet im selben Jahr, in dem Biétry seine PSN ins Leben rief.
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Weiß jemand was dazu?

Waldgänger
14.11.2005, 19:33
Hier etwas zum Einfluss Sorels und den Futuristen.Lest es erstmal und sagt mir dann ob es einen idealen Faschismus hätte geben können oder nicht.
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Der Einfluss Sorels

Das Werk von Georges Sorel ist heute wohl bekannt; und auch als er 1908 seine „Reflections sur la violence“ veröffentlichte, schrieb er nichts, was ungewöhnlich in den Ohren der Syndikalisten klang. Seine Bücher waren ganz einfach eine systematische Aufarbeitung der Schriften sozialistischer und syndikalistischer Führer, die weit bekannter waren als Sorel selbst. Auf diese Art und Weise erlangte er seine Bedeutung und spielte dann, besonders in Italien, eine maßgebliche Rolle bei der Konversion bestimmter syndikalistischer Gruppen zur Rechten. Denn Sorel und seine Gefolgsleute vollzogen die Synthese all jener Ideen und damaligen Denkrichtungen, die die Revolte gegen die bürgerliche Gesellschaft und deren gesamte Moral und politische Werte verlangten, sowie die Revolte gegen die Doktrin der Menschenrechte und gegen Liberalismus und Demokratie. Revolutionäre Syndikalisten und Nationalisten hatten ebenso wie Antidemokraten und Antiliberale unterschiedlicher Färbung nunmehr einen gemeinsamen Boden gefunden. Der Übergang vom revolutionären Syndikalismus zum Nationalismus oder umgekehrt war in der Theorie niemals jenseits der Grenzen des Möglichen gewesen; und zu der Zeit, da der Erste Weltkrieg sich am Horizont abzeichnete, schien er unvermeidlich zu sein.

In den Jahren 1911/12 gab Georges Sorel - der revolutionäre Syndikalist - eine Zeitschrift namens „L'Indépendance“ heraus, die nationalistisch und antisemitisch war. Ungefähr zur gleichen Zeit erblickten zwei weitere Publikationen das Licht der Welt, die zu den interessantesten und bemerkenswertesten Vorboten des Faschismus gehörten: „Les Cahiers du Cercle Proudhon“ in Frankreich und „La Lupa“ in Italien.

Der Cercle Proudhon wurde im Dezember 1911 unter der Präsidentschaft von Charles Maurras gegründet, wobei Georges Sorel der treibende Geist war. Er vereinte Syndikalisten mit Nationalisten der Action Française. Einen Monat später wurde die erste Ausgabe der „Cahiers du Cercle Proudhon“ veröffentlicht. Unter den Mitarbeitern ragten zwei Namen heraus, die kennzeichnend für die Art des Unternehmens sind: George Valois, zum linken Flügel der Action Française gehörend, Autor von „La Monarchie et la Classe Ouvrière“, der 1925 die Faisceau gründen sollte, und Edouard Berth, ein Schüler von Sorel, der sich in den zwanziger Jahren von der extremen Rechten zur extremen Linken bewegte. Jene Nationalisten und Syndikalisten stimmten darin überein, dass die „Demokratie der größte Fehler des letzten Jahrhunderts war“, dass sie die schrecklichste Ausbeutung der Arbeiter erlaubt habe und zunächst „das Gesetz des Goldes anstelle des Gesetzes des Blutes“ im kapitalistischen System aufgestellt und später unterstützt habe. Sie folgerten, „wenn wir die Moral, das intellektuelle und materielle Kapital der Zivilisation, erhalten und stärken wollen, ist es absolut notwendig, die Institutionen der Demokratie zu zerstören“.

Da Krise auf Krise folgte, zunächst in Bezug auf die Libyen-Frage und dann auf den Interventionismus, übernahm eine Reihe von syndikalistischen Gruppen neue Positionen, die sich nachweislich auf die Nation und auf das Volk bezogen. Diese Umgruppierung von Syndikalisten und Nationalisten, die bereits auf den Faschismus hinauslief - obwohl dieser damals noch keinen Namen hatte -, vollzog sich unter dem Banner von „La Lupa“, einer Zeitschrift, die erstmals ein Jahr vor dem Tripolis-Feldzug herauskam. Sie erschien in Florenz und wurde von Paolo Orano herausgegeben, einem typischen Vertreter der italienischen Schule der Syndikalisten, dessen Ziel es war, den ökonomischen Syndikalismus und den politischen Nationalismus miteinander zu versöhnen.

Zu den Mitarbeitern von La Lupa zählten Enrico Corradini, Arturo Labriola und Roberto Michels. Der Begründer des modernen italienischen Nationalismus konzentrierte seine Bemühungen auf den Nachweis, dass Nationalismus und Sozialismus wirklich und wahrhaftig miteinander identifiziert werden könnten, insofern sie beide dieselbe spezifische „vortreffliche Substanz“ in sich trugen. „Für den Syndikalismus ist die einzige moralische Pflicht der Kampf. Für den Nationalismus ist die einzige sittliche Notwendigkeit ... Krieg zu führen.“ Sie hatten einen gemeinsamen Gegner - die Bourgeoisie.

1913 wurde von Giovanni Papini, der 1904 „Ein nationalistisches Programm“ veröffentlicht hatte, eine neue Zeitschrift unter dem Titel „Lacerba“ herausgebracht. „Lacerba“ brachte Papini, Ardengo Soffici und die Futuristen unter Führung von Marinetti zusammen. In einem Artikel aus dem Jahr 1913 rief Papini nach einem „Blutbad“. Er sah im Krieg das Mittel zur inneren Wiedergeburt Italiens und zur Zerstörung der falschen Werte der Demokratie. Er und seine Kollegen verknüpften den Nationalismus mit der Unterwanderung der etablierten kulturellen und moralischen Werte.



Die Futuristen

Hier erkennen wir bereits den Einfluss Marinettis und der Futuristen. Schon im Jahr 1909 hatte das Futuristische Manifest all die Grundsätze verbreitet, die später die moralischen Ideen des Faschismus werden sollten, zu denen die zwanziger und dreißiger Jahre keine neuen Beiträge mehr lieferten: „1. Wir wollen die Liebe zur Gefahr singen, die gewohnheitsmäßige Energie und die Tollkühnheit. 2. Die Hauptelemente unserer Poesie werden der Mut, die Kühnheit und die Empörung sein. 3. ... wollen wir die aggressive Bewegung, die fiebrige Schlaflosigkeit, den gymnastischen Schritt, den gefahrvollen Sprung, die Ohrfeige und den Faustschlag preisen. (...) 9. Wir wollen den Krieg preisen - diese einzige Hygiene der Welt -, den Militarismus, den Patriotismus, die zerstörende Geste der Anarchisten, die schönen Gedanken, die töten, und die Verachtung des Weibes. 10. Wir wollen die Museen, die Bibliotheken zerstören, den Moralismus bekämpfen, den Feminismus und alle opportunistischen und Nützlichkeit bezweckenden Feigheiten.“ Marinetti blieb dem Faschismus bis zum Ende treu und wurde ein enthusiastischer Unterstützer der Republik von Salò.

Der Schatten des Krieges lastete immer schwerer auf Europa, und angesichts dieses allgemeinen Rückschlags im Bewusstsein wurde jede Nation allmählich empfänglicher für den Einfluss neuer Entwicklungen. Auch im syndikalistischen und nationalistischen Lager war das Umschlagen des Windes zu spüren und zeigte sich beispielsweise besonders deutlich in Robert Michels Analyse des italienischen Neo-Imperialismus, den er kennzeichnete als „einen Imperialismus der Armen“, womit er Ideen von Corradini weiterentwickelte. Die Welt war geteilt in wohlhabende Nationen und in proletarische Nationen, in Nationen, die bereits einen Platz an der Sonne hatten, und Nationen, die hofften, einen solchen Platz zu gewinnen.

Und auch dieses Konzept sollte einer der grundlegenden Lehrsätze des Faschismus werden. Es zog die Überführung des unvermeidlichen Kampfes von der Bühne der Innenpolitik auf die der Außenpolitik nach sich und - in der Theorie - die Ausschaltung der Probleme des Proletariats, welches sich in der Sphäre des Krieges, der durch die gesamte Nation geführt wird, auflösen werde. Die Zukunft werde gestaltet durch den Kampf, nicht zwischen den proletarischen und den kapitalistischen Klassen, sondern zwischen proletarischen und plutokratischen Nationen. Anstelle einer Klasse war es nunmehr die Nation, die den Lauf der Geschichte als Vertreterin von Fortschritt und Zivilisation bestimmte.

Und genau dies war der Paradigmenwechsel, der den Übergang von links nach rechts so einfach machte, denn an jedem anderen Punkt hatten sich die extreme Linke, die sich aus Syndikalisten und revolutionären Sozialisten zusammensetzte, und die Radikalen und Nationalisten der Neuen Rechten bereits getroffen und Übereinstimmung festgestellt. Antiliberalismus, Antiparlamentarismus, Antisemitismus (außer in Italien), die Verehrung der Elite, der Jugend, der Kraft und der Gewalt, die Revolte gegen den Rationalismus und die Aufklärung, die Befürwortung des politischen Autoritätsdenkens - jedes der Elemente, das den Faschismus herausbilden sollte, existierte bereits und nicht nur als Rohmaterial, denn sie waren bereits zu einem relativ geschlossenen System ausgearbeitet worden.
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So mehr habe ich nicht.Jetzt könnt ihr mal was vorbringen.

Settembrini
14.11.2005, 19:55
@Stahlhelm: Interessante Artikel!

Anstatt etwas konstruktives zum Thema beizutragen (habe leider keine solchen Texte zur Hand) , moechte ich folgende Frage in den Raum stellen:

Gibt es ueberhaupt irgendeine politische Ideologie, die jemals kompromisslos und unverwaessert in die Praxis umgesetzt wurde?
Ich meine: Nein.

Waldgänger
14.11.2005, 19:59
@Stahlhelm: Interessante Artikel!

Anstatt etwas konstruktives zum Thema beizutragen (habe leider keine solchen Texte zur Hand) , moechte ich folgende Frage in den Raum stellen:

Gibt es ueberhaupt irgendeine politische Ideologie, die jemals kompromisslos und unverwaessert in die Praxis umgesetzt wurde?
Ich meine: Nein.

Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube nicht.Schade.Eigentlich dürfte es nicht so schwierig sein etwas durchzuführen was auf einem Blatt Papier oder in einem Buch steht.
Gab es nun ein "faschistisches Ideal" das nicht verwirklicht wurde?Es hat noch immer keiner darauf geantwortet.

JosephBlücher
14.11.2005, 20:01
Nein, gab es nicht!

Salazar
14.11.2005, 21:28
Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube nicht.Schade.Eigentlich dürfte es nicht so schwierig sein etwas durchzuführen was auf einem Blatt Papier oder in einem Buch steht.
Gab es nun ein "faschistisches Ideal" das nicht verwirklicht wurde?Es hat noch immer keiner darauf geantwortet.

Von den Grundideen her, sehr ähnlich aber in der Ausführung und der, den unterschiedlichen Nationen eigenen, Theorie doch verschieden.

So würde ich die unterschiedlichen Ausprägungen des Faschismus characterisieren.

Pirx
14.11.2005, 21:51
Ist diese Frage wirklich so schrecklich wichtig?

Waldgänger
14.11.2005, 21:53
Ist diese Frage wirklich so schrecklich wichtig?

Im Grunde nicht, aber in die Kommunisten sagen doch auch immer, dasss ihre idee verraten wurde.Wollte nur wissen, ob man das beim Faschismus auch sagen kann.

~sperschi~
15.11.2005, 15:27
Ich meine nicht nur die italienische Variante, sondern auch die Protofaschisten aus Frankreich um 1890-1919.Welche von einem sozialistischen Nationalstaat sprachen etc.Mir fallen die Namen nur nicht ein.Mir fällt aber George Sorel ein und das "Futuristischen Manifest" ein von dem die Protofaschistenvieles übernahmen.Sie nannten sich nicht Faschisten, deshalb nenne ich es Protofaschismus.Könnt ihr mir da mehr sagen und meine Frage bestätigen oder abweisen?
Meiner Meinung nach wurde der ideelle Faschismus damals in Italien verwirklicht.