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Rutt
24.06.2014, 13:05
Restbestände der Demokratie in der Endspiel-Zeit

Politiker und Journalisten im Wahn ihrer Ideologie -

Ein Kommentar von WOLFGANG BITTNER, 16. Juni 2014 - Wolfgang Bittner ist Jurist und Schriftsteller.

Die US-Propaganda hat die deutschen Leitmedien fest im Griff. Woran das liegt, ist geklärt, nachdem aufgedeckt wurde, dass viele der leitenden Journalisten US-amerikanischen Thinktanks und CIA-gesteuerten Vereinigungen nahestehen oder sogar angehören. Das also ist unsere „vierte Gewalt“ im Staate, verdorben bis ins Mark. Und sie brüsten und spreizen sich immer noch, obwohl viele Menschen diese Schäbigkeit und Scheinheiligkeit inzwischen durchschaut haben. Die existenziellen Gefahren, die damit einhergehen, haben bisher nur Wenige erkannt.

Wollen sie Krieg?

Von den Kämpfen in dem von der NATO zusammengebombten Libyen hören und sehen wir gar nichts mehr, aus Afghanistan immer weniger, über den Irak erst wieder mehr, seit dort die Terrortruppe „Islamischer Staat im Irak und in Syrien“ (ISIS) auf dem Vormarsch ist und Blutbäder anrichtet. Stattdessen hören und lesen wir, dass die Präsidentschaftswahlen in Syrien am 3. Juni von „verschiedenen arabischen Staaten“, von der syrischen Opposition im Exil sowie westlichen Politikern und Medien als „Farce“ angesehen werden, weil nur ein Teil der Syrer hätten wählen können. Die US-Regierung bezeichnet die Wahlen als „Schande“. Da stutzt der politisch interessierte Bürger und erinnert sich, wie das kürzlich mit der Ukraine war, als die Wahl von Poroschenko, an der nur ein Teil der Ukrainer teilnahm, als Gewinn für die ukrainische Demokratie gefeiert wurde.

Was für Politiker und Journalisten sind das, die versuchen, die Menschen für dumm zu verkaufen und derart zu indoktrinieren. Was ist das für ein verlogenes, verkommenes Pack? Wollen sie Krieg und wissen sie nicht, was das bedeutet? Lapidar heißt es: „Die ukrainischen Sicherheitskräfte setzen ihre Offensive fort“, bei Luftangriffen seien mehr als 50 Separatisten getötet und etwa 150 verletzt worden. Dann wieder erfahren wir: „Die Ukraine trauert.“ Um wen? Um ihre Soldaten, die Krieg gegen ihre Landsleute führen. Die von den USA installierte und unterhaltene Mörderbande in Kiew schreckt vor nichts zurück, aber „unsere“ Medien verharmlosen, lügen und hetzen gegen Russland. Im Hintergrund agiert die CIA, schickt Söldnertrupps, koordiniert die Propaganda.

Barack Obama, der einstige Hoffnungsträger, entwickelt sich mehr und mehr zu einer Ausgeburt des Schreckens für die ganze Welt. Waren die Bush-Präsidenten schon furchtbar, scheint er sie inzwischen zu übertreffen. Er wird uns am 4. Juni vor einem amerikanischen Kampfjet auf polnischem Territorium präsentiert und warnt Russland vor einer militärischen Intervention gegen westliche Staaten, für die es jedoch keinerlei Anzeichen gibt. Er verspricht eine Milliarde Dollar für die zusätzliche Stationierung von Truppen in osteuropäischen Ländern (in die Destabilisierung der Ukraine wurden bis Dezember 2013 bereits fünf Milliarden Dollar „investiert“), während die Verelendung im eigenen Land zunimmt und die Staatsverschuldung auf die unvorstellbare Summe von 17,8 Billionen US-Dollar angewachsen ist. Er schwadroniert von Freiheit als kostbarem Gut, verspricht Polen, Litauen und Rumänien, die USA als „stärkste Militärmacht der Welt“ und die NATO stünden an ihrer Seite. Wir dürfen uns fragen: Zu welchem Zweck? Und was haben Obama und seine Militärmacht in Polen, Litauen und Rumänien zu suchen?

„Endspiel-Zeit“

Wer immer noch auf die Rechtschaffenheit der US-Regierung hofft, sollte das erschütternde Interview mit dem politisch unverdächtigen CDU-Politiker Willy Wimmer anhören. (1) Wimmer war mehr als drei Jahrzehnte Mitglied des Deutschen Bundestages, in den 1980er und 1990er Jahren verteidigungspolitischer Sprecher der CDU/CSU und Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Verteidigung, von 1994 bis 2000 Vizepräsident der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE).
http://www.youtube.com/watch?v=8B1sctKCvxI
(Williy Wimmers (CDU) erschütterndes Interview)

Wimmer kritisiert scharf die aggressive Außenpolitik der US-Regierung, insbesondere deren Haltung gegenüber Russland, und er befürchtet, die USA wollten Europa in einen Krieg hineinziehen. Die deutsche Regierung – so meint Wimmer – sollte sich nicht für die egoistischen imperialen Ziele der USA instrumentalisieren lassen, die ein stabiles, prosperierendes Europa als Konkurrenz nicht dulden wollen. Und er stellt fest, dass die westeuropäischen Leitmedien jegliche Unabhängigkeit in der Berichterstattung verloren haben. Er spricht erschreckender Weise von „Restbeständen der Demokratie“ und einer „Endspiel-Zeit“. (2) Es ist zu befürchten, dass er recht hat. Die US-Regierung mit der Rüstungs- und Erdöl-Lobby im Rücken geht im wahrsten Sinne des Wortes über Leichen.

In wessen Hände sind wir geraten?

Die NSA (National Security Agency), eine Verbrecherorganisation, die im Auftrag der kriminellen US-Regierung die ganze Welt ausspäht und überwacht, darf unbehelligt weitermachen wie bisher. Wimmer sagt: „Diese Form von schleichender Kontrolle zerstört unsere Gesellschaft.“ Anstatt sich um diese Ungeheuerlichkeit zu kümmern, fahren „unsere“ Politiker zur Fußballweltmeisterschaft nach Brasilien, das ist ihnen wichtiger, und das Land wird ebenso wie 2008 China und 2014 Russland während der dortigen olympischen „Spiele“ madig gemacht (wieder funktioniert die CIA-Propaganda und Wühlarbeit).

Auch die Untersuchungen zum NSU (Nationalsozialistischer Untergrund), dem neun ausländische Mitbürger und eine Polizistin zum Opfer fielen, verlaufen im Sande; Beweise wurden vernichtet, die Haupttäter Mundlos und Böhnhardt sind unter seltsamsten Umständen ums Leben gekommen und samt Beweismaterial verbrannt, der unbequeme Vorsitzende des Untersuchungsausschusses und Geheimdienst-Kritiker Sebastian Edathy wurde „abgeschossen“. Es wird vertuscht, abgewiegelt, gelogen dass sich die Balken biegen, die Geheimdienste und der Verfassungsschutz werden nicht reduziert, sondern ausgebaut.

Es ist bekannt, dass die deutschen Dienste mit der NSA zusammenarbeiten, aber die Bundeskanzlerin laviert oder hüllt sich in Schweigen, der Innenminister spricht von Antiamerikanismus, dem es zu begegnen gilt, der Außenminister warnt Putin. „In wessen Hände sind wir da geraten?“, fragt der frühere Bundestagsabgeordnete Albrecht Müller, Herausgeber des Internet-Portals NachDenkSeiten. (3) Und der ehemalige SPD-Politiker und Bundesminister für Forschung und Technologie Andreas von Bülow vertritt die Auffassung: „In den Industriestaaten, deren Bevölkerung die Komplexität der Lebensverhältnisse kaum noch durchschaut, lassen sich mit dem Instrumentarium der manipulierten Demokratie inzwischen Ergebnisse erreichen, die denen einer Diktatur in nichts nachstehen.“

Restauration und Dekadenz

Die Menschen werden überwacht und manipuliert, sie werden drangsaliert, abgezockt, in Kriege, Mord und Totschlag verwickelt, die Demokratie wird nach und nach abgeschafft. Aber das alles wird als Normalität vermittelt. Die Medien versagen, ein großer Teil der Bevölkerung verblödet (Couch-Potatos und Tittitainment) oder zieht sich ins Private zurück. „Was kümmert’s mich, solange es mir gut geht“, ist zu hören. Oder: „Sie sind sowieso alle korrupt …“ Viereinhalb Millionen Hartz-4-Empfänger, Kinderarmut, ein Viertel der deutschen Bevölkerung lebt unterhalb oder am Rande des Existenzminimums. Nachts im Fernsehen: Blut und Sperma, Dreck und Horror; in den Kinderzimmern – soweit vorhanden – Kitsch und Kram.

In den Mittelmeerstaaten sind mehr als fünfzig Prozent der jungen Menschen arbeitslos, ein Rettungspaket nach dem anderen wird verabschiedet: Geld für die Banken. Jetzt hat der NATO-Generalsekretär Rasmussen die Mitgliedstaaten der Militärallianz aufgefordert, angesichts einer „neuen Sicherheitslage in Europa“ ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen. „Wir brauchen die richtigen Fähigkeiten, um eine glaubwürdige Verteidigung beibehalten zu können“, sagt er. Der unsägliche Bundespräsident Gauck verlangt „ein Ja zu einer aktiven Teilnahme an Konfliktlösungen im größeren Rahmen“, auch mit militärischen Mitteln. Die Bevölkerung wird zur Kasse gebeten, in den Städten und Gemeinden werden viele der sozialen Errungenschaften der vergangenen Jahrzehnte abgebaut.

Hofberichterstattung ist angesagt, auf allen Gebieten, die Bevölkerung wird abgelenkt, mit Halbwahrheit, Lügen und Hetze bombardiert. Wer nicht mitmacht, wer sich querstellt, wird fertiggemacht. Die Restauration marschiert und wir gucken erschüttert und von Tag zu Tag wütender zu. Was sollen wir tun? Was können wir? Ändert sich etwas, wenn wir protestieren?

Wir können nicht anders, wir müssen protestieren, um nicht schuldig zu werden. Obwohl wenig Hoffnung besteht, dass sich in absehbarer Zeit etwas zum Positiven ändert.
Quelle komplett:http://www.hintergrund.de/201406163121/feuilleton/zeitfragen/restbestaende-der-demokratie-in-der-endspiel-zeit.html





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