PDA

Vollständige Version anzeigen : Neoliberal - ein neu-deutsches Schimpfwort?



Mohammed
06.11.2005, 23:20
Neoliberal - ein neu-deutsches Schimpfwort?

Ein neuer Kampfbegriff macht in den letzten Jahren in der politisch-gesellschaftlichen Diskussion die Runde: "neoliberal" oder auch: "neoliberale Politik".

Häufig in emotional aufgeladener Weise gebraucht das linke Spektrum - von Attac bis zur letzten feministischen Splittergruppe - diese Bezeichnung zunehmend als Schimpfwort und Sammelbegriff für alles Schlechte, das sich am Kapitalismus, dem man generell mißtrauisch, wenn nicht ablehnend gegenüber steht, finden läßt. Und verhärtet damit die Fronten der Auseinandersetzung.

Der Begriff "neoliberal" hätte zweifellos das Potential, zum deutschen Unwort des Jahres 2005 gekürt zu werden, nach "Humankapital" und "Ich-AG" der vorherigen Jahre. Der Wahlkampf betont darüber hinaus unter Zurhilfenahme dieses Katalysators einmal mehr die Unversöhnlichkeit der Standpunkte zwischen Sozialpolitikern einerseits und Wirtschaftsbefürwortern andererseits. Als ob das eine das andere apriori auszuschließen hätte.
Cui bono ?

Daß sich die Linkspartei mit Oskar Lafontaine und Gregor Gysi des Begriffs als Kampfstrategie bemächtigt, verwundert nicht. Selbst die Medien beteten der "neoliberalen" Politik hinterher, so unlängst die Kritik der beiden Links-Granden, mit der sie warnend auf die gewichtige Multiplikatoren-Funktion der Presse anspielen.

SPD-Chef Franz Müntefering bediente sich zwar nicht explitzit der Bezeichnung "neoliberal", zielte aber in eben diese Richtung mit seiner Kritik am "Heuschrecken-Kapitalismus". Ein Versuch, den linken Flügel der einstigen Arbeiter- und Gewerkschaftspartei gegen die "neue Mitte" Schröders bei Laune zu halten?

Und neuerdings ist es auch der grüne Bundesaußenminister Joschka Fischer, der mit dem Begriff der "neoliberalen Politik" den politischen Gegner zu outen sucht, um Stimmen für das rot-grüne Lager zu angeln, die unter realer Regierungsverantwortung der inzwischen betagten Öko-Rebellen verloren geglaubt scheinen. Kehrt also ein "Realo" mit einem unzulänglichem Vehikel zu seinem Ursprung zurück?

Die Mobilisierung des frei umherirrenden Wählerpotentials ist mit einem solchen Begriff nicht weiter schwer zu bewerkstelligen. Schließlich ist die Bezeichnung "neoliberal" mehr oder minder seit jeher ein Kunstgriff und mittlerweile eine Schablone, in die die verschiedensten, teils sogar konträren Ansätze aus Wirtschaft, Gesellschaft und Politik mit dem alleinigen Ziel der Kritik gepresst werden - und der in seiner unspezifischen Schwammigkeit viel Raum für freie Assoziationen läßt.
Dankbare Worthülse in der Wahl-Schlacht

Wenn professionelle Wahlkämpfer allerdings derart dankbare Schlagworte in die Schlacht führen, ist allergrößte Vorsicht geboten: denn einkalkuliert ist bei der Verwendung solch offener Termini, möglichst vielen ein politisches Zuhause zu offerieren. Die entweder keines finden oder in der generellen Ablehnung eines gefunden zu haben glauben. Die also im Protest zuhause sind oder sich als Verlierer fühlen, es oft genug auch sind und deswegen nicht mehr wissen wohin.

Der Begriff "neoliberal" verfängt. Doch fragt man bei denjenigen, die ihn sich zumeist vom Hören-Sagen angeeignet haben, einmal nach was denn nun darunter genau zu verstehen sei, schlägt die pauschalierende Verurteilung von (kapitalistischer) Wirtschaft wie ein Bumerang - meist auf den Fragenden - zurück. Selbst in intellektuellen Kreisen hat der Begriff längst Einzug gehalten, häufig in Verbindung mit der Systemkritik an einem unmenschlichen "Turbo-Kapitalismus", dessen Diktat sich alles und jeder unterzuordnen hätte.
Differenzierung oder Verallgemeinerung

Doch zielte die Bezeichnung "Turbo-Kapitalismus" ursprünglich auf das Phänomen der sagenhaften Mach-III-Beschleunigung der Finanzströme im globalen Weltdorf. Möglich geworden durch den Siegeszug der Computer-Technologie, deren Nutzen auch von jenen unumstritten ist, die den "Turbo-Kapitalismus" angreifen. Daß linkskritische Intellektuelle deshalb den Computer, auf dem sie ihre flammenden Pamphlete gegen diese neu ausgemachte Variante kapitalistischen Wildwuchses verfassen, nun reihenweise dem Sperrmüll anvertrauten und wieder zur Schreibmaschine zurückkehrten, konnte bisher jedoch nicht beobachtet werden.

Es kann in einem Zusammenhang wie diesem keine Klärung eines Begriffs des "Neoliberalen" geben. Auch deshalb nicht, weil er in der öffentlichen Debatte als einheitliche Etikettierung all dessen dient, was sich ja eben nicht ohne weiteres mit simplen und schon gar nicht einheitlichen Etiketten versehen läßt. Aus dem gleichen Grund wäre jede Art der Verteidigung, selbst von sehr wohl kritisch zu bewertenden Elementen der anteiligen Konzepte, auf die der Begriff des "Neoliberalen" abzielt, im Ansatz müßig.

Bislang hat sich auch noch kein Vertreter vermeintlich "neoliberaler Politik" gefunden, der diesen Begriff selbst im Munde führte oder sich aufgerufen fühlte, den "Neoliberalismus" als ideologisches Theorem ernsthaft zu verteidigen. Dazu sind auch wiederum die Ansätze des Ökonomen John M. Keynes' , mit dem die Kritiker des Neoliberalen argumentieren, mittlerweile in der allgemeinen Wirtschaftstheorie zu sehr anerkannt und fest verankert.

Ob sich jedoch eine neue linke Strömung nach dem Zusammenbruch oder auch: der Aufgabe sozialistischer Wirtschaft - siehe China - auf derart tönernem Fundament wie allein der Gegnerschaft zum "Neoliberalismus" dauerhaft formieren kann, steht noch auf einem ganz anderen Blatt...

Iris K. Karlovits


http://www.factcheck-deutschland.de/Neoliberal.85.0.html

Ein sehr schöner Artikel über den massiven Mißbrauch des Wortes in Deutschland :]

Mohammed
11.11.2005, 13:28
*hust*


_______________

Hunne
11.11.2005, 14:06
http://www.factcheck-deutschland.de/Neoliberal.85.0.html

Ein sehr schöner Artikel über den massiven Mißbrauch des Wortes in Deutschland :]
Wer soll das denn alles lesen? Ich will Spaß

SAMURAI
11.11.2005, 14:57
Schimpfwort - stimmt !

HALT's MAUL !

Mark Mallokent
11.11.2005, 18:08
Ein sehr guter Artikel. Ich bemerke nur en passant, daß Liberale noch nie Kriege verschuldet haben und weder Massenvernichtungen noch Vernichtungslager auf dem Gewissen haben. Ihre Gegner sehr wohl.

JosephBlücher
11.11.2005, 18:12
So ist das nunmal mit fast allen ( vermeintlich ) politisch-kategorisierenden Begriffen.

habensiedavongewusst
11.11.2005, 20:59
Ein sehr guter Artikel. Ich bemerke nur en passant, daß Liberale noch nie Kriege verschuldet haben und weder Massenvernichtungen noch Vernichtungslager auf dem Gewissen haben. Ihre Gegner sehr wohl.Liberal ist im liberalen Sinne nicht nur liberal.

Die Liberalen sind in den USA und im UK oft an der Macht.

Da läppern sich die Kriege nur so (keiner hat mehr Krieg geführt, als die Liberalen - um den Liberalismus zu verbeiten.

Massenvernichtungen: Indianer, Buren, Aborigines

Vernichtungslager: Concentration Camps in Transvaal, Rheinwiesenlager

Mark Mallokent
11.11.2005, 21:33
Liberal ist im liberalen Sinne nicht nur liberal.

Die Liberalen sind in den USA und im UK oft an der Macht.

Da läppern sich die Kriege nur so (keiner hat mehr Krieg geführt, als die Liberalen - um den Liberalismus zu verbeiten.

Massenvernichtungen: Indianer, Buren, Aborigines

Vernichtungslager: Concentration Camps in Transvaal, Rheinwiesenlager

Alles unsinnige Vorurteile. Die Indianer sind größtenteils an Seuchen gestorben, im übrigen genießen sie alle demokratischen Rechte. Gleiches gilt von den Aborigines. Die Buren, Sklavenhalter der übelsten Sorte, sind von den Briten mit Samthandschuhen angefaßt worden.
Was diese sogenannten englischen Konzentrationslager betrifft, so sind die Insassen ordentlich behandelt und versorgt worden. Die Insassen von Auschwitz hätten jedenfalls gerne mit ihnen getauscht.

Salazar
11.11.2005, 21:50
[ Die Indianer sind größtenteils an Seuchen gestorben

Ausrottung durch Infektionskrankheiten

Die Indianer Amerikas wurden von den Europäern, die nach Amerika auswanderten, in oft blutigen und grausamen Auseinandersetzungen von ihrem Land verdrängt.

Daneben spielten viele bisher in Amerika nicht bekannte Infektionskrankheiten eine Rolle beim Rückgang der indigenen Bevölkerung. Teils wurden sie unbewusst oder doch unbeabsichtigt aus Europa eingeschleppt. Es gehört aber zu den schrecklichsten Kapiteln der Eroberung Amerikas durch die Europäer, dass diese teilweise Infektionen auch gezielt unter der Urbevölkerung verbreiteten, um zu töten. Dabei dürfte es sich vermutlich um den ersten Einsatz von biologischen Waffen handeln.

Quelle: Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Indigene_Völker_Nordamerikas#Ausrottung_durch_Inf ektionskrankheiten

Mark Mallokent
11.11.2005, 21:54
Es gehört aber zu den schrecklichsten Kapiteln der Eroberung Amerikas durch die Europäer, dass diese teilweise Infektionen auch gezielt unter der Urbevölkerung verbreiteten, um zu töten. Dabei dürfte es sich vermutlich um den ersten Einsatz von biologischen Waffen handeln.

Das ist wohl zutreffend. Allerdings kann man die damalige amerikanische
Regierung wohl kaum als liberal bezeichnen.

Mohammed
11.11.2005, 22:00
[I]...Das ist wohl zutreffend. Allerdings kann man die damalige amerikanische
Regierung wohl kaum als liberal bezeichnen.

Nicht zu vergessen das die meisten Indianer immer noch von den spanischen Conquistadoren getötet wurden

Roberto Blanko
12.11.2005, 10:04
Nicht zu vergessen das die meisten Indianer immer noch von den spanischen Conquistadoren getötet wurden

Der Neo-Liberalismus hat versagt. Er wird die Problem unserer Zeit nicht lösen.

Gruß
Roberto

Leo Navis
12.11.2005, 11:21
Der Neo-Liberalismus hat versagt. Er wird die Problem unserer Zeit nicht lösen.

Gruß
Roberto wie kann denn jemand versagen, wenn n och gar nicht loslegen durfte? ?(

Roberto Blanko
12.11.2005, 11:25
wie kann denn jemand versagen, wenn n och gar nicht loslegen durfte? ?(

Wollen wir hoffen, daß er nie so richtig loslegen darf. Deutschland und die Welt kann noch mehr Neo-Liberalismus nicht gebrauchen.

Gruß
Roberto

Leo Navis
12.11.2005, 11:26
Wollen wir hoffen, daß er nie so richtig loslegen darf. Deutschland und die Welt kann noch mehr Neo-Liberalismus nicht gebrauchen.

Gruß
Roberto Was ist denn deine Antwort auf die wirtschaftlichen Probleme unserer Zeit?

Roberto Blanko
12.11.2005, 11:54
Was ist denn deine Antwort auf die wirtschaftlichen Probleme unserer Zeit?

Nur der Sozialismus kann langfristig die Probleme der Welt lösen. Nur der Sozialismus ist in der Lage eine gerechte Weltwirtschaftsordnung einzuführen. Die Zeit ist noch nicht reif, aber sie wird kommen.

In der heutigen Zeit heißt es, den Raubtierkapitalismus wenigstens ein paar Zähne zu ziehen. Das kann in Deutschland nur die Sozialdemokratie.

Gruß
Roberto

Mohammed
12.11.2005, 11:58
Was hat Raubtierkapitalismus mit Neoliberalismus zu tun ?

Roberto Blanko
12.11.2005, 12:02
Was hat Raubtierkapitalismus mit Neoliberalismus zu tun ?

Es sind zwei unterschiedliche Bezeichnungen für ein und dieselbe Sache.

Gruß
Roberto

Roter Prolet
12.11.2005, 12:27
Das Wort neoliberal ist eine symbolische Bezeichnung für eine Epoche des Kapitalismus, wo dieser nicht mehr in der Systemauseinandersetzung mit (real-)sozialistischen Lager steht und damit verbunden all die soziale Errungenschaften und Zugeständnise (als Nebeneffekt mit einer ideologischen und psychologischen Untermauerung des Systems), die jahrzehntelang mehr oder weniger mühsam erkämpft wurden, in Frage zu stellen bzw. abzuschaffen.

Hier mach ich aber jetzt den Vorwurf an jene, die den Kapitalismus wieder zu diesem Ausnahmezustand zurückbringen wollen, dass sie nicht erkennen, dass dieser Zustand der Kapitalismus eben nur in Kauf nahm, um die Blockkonfrontation mit dem sogenannten "Ostblock" zu überleben (und überhaupt dem Wesen des Kapitalismus widerspricht!)
Und da dieser nicht mehr existiert, tja, ist komplet sinnlos, einen "sozialen Kapitalismus" zu fordern, so wie es u.a die fast die ganze Linkspartei.PDS und einige Teile von der SPD und Grüne tun.

Man kann ihn, den Kapitalismus nicht dauerhaft sozial verbessern oder reformieren, sondern er soll abgeschafft und durch eine alternative, eine sozialistische Gesellschaft ersetzt werden, mit völlig neuen Macht-, Produktions-, und Eigentumsverhältnisen.

lebenswerte
12.11.2005, 13:42
Die Indianer Amerikas wurden von den Europäern, die nach Amerika auswanderten, in oft blutigen und grausamen Auseinandersetzungen von ihrem Land verdrängt.

... aus Europa eingeschleppt. Es gehört aber zu den schrecklichsten Kapiteln der Eroberung Amerikas durch die Europäer, ...Wer hat denn diesen Artikel in Wikipedia abgesondert.

Der größte Teil der USA wurde nach dem Sezessionskrieg entvölkert. Es ist lachhaft, da noch von Europäern zu sprechen. Damals haben die USA schon 100 Jahre lang existiert.

Apollon7
12.11.2005, 13:43
Es kann nur eine Antwort geben und diese heißt: Mehr Kapitalismus

Mohammed
12.11.2005, 13:46
Wer hat denn diesen Artikel in Wikipedia abgesondert.

Der größte Teil der USA wurde nach dem Sezessionskrieg entvölkert. Es ist lachhaft, da noch von Europäern zu sprechen. Damals haben die USA schon 100 Jahre lang existiert.

Es ist die Rede von Amerikan und nicht nur Nordamerika. Im übrigen wäre es schon wenn du deine Behauptung untermauern könntest

lebenswerte
12.11.2005, 13:47
Nicht zu vergessen das die meisten Indianer immer noch von den spanischen Conquistadoren getötet wurdenWoher haben Sie das denn? Die Spanier haben sich im wesentlichen mit den Indianern vermischt.

Heute noch leben zahlose Indianer und Mestizen in Süd- und Mittelamerika. Das kann man von dem jämmerlichen Häufchen in den USA niocht behaupten.

Roberto Blanko
12.11.2005, 13:56
Es kann nur eine Antwort geben und diese heißt: Mehr Kapitalismus

Wenn "Mehr Kapitalismus" die Antwort ist, dann muß es eine sehr dumme Frage gewesen sein.

Gruß
Roberto

Mohammed
12.11.2005, 13:59
Woher haben Sie das denn? Die Spanier haben sich im wesentlichen mit den Indianern vermischt...

Lenken sie nicht vom Thema ab, belegen sie ihre Behauptung

Auch wenn es ihnen aus ideologischen Gründen nicht in ihr Weltbild mit den bösen bösen US Amerikanern passt haben die Spanier am meisten Indianer getötet:


Man schätzt die Zahl der Indios, die zwischen 1500 und 1600 direkt durch die Conquistadoren oder indirekt durch Hungersnöte oder aus Europa eingeschleppte Krankheiten wie die Pocken ihr Leben verloren, auf ca. 50 Millionen.

http://de.wikipedia.org/wiki/Conquistador