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Vollständige Version anzeigen : Der Legasthenie-Strang



Königstiger87
25.03.2014, 20:49
Ich habe mich als Legastheniker in letzter Zeit sehr über die Unkenntnis einiger User geärgert. Ich habe daher diesen Strang zum Informieren und Diskutieren eröffnet.

Definition:
Dr. Astrid Kopp-Duller

„Ein legasthener Mensch, bei guter oder durchschnittlicher Intelligenz, nimmt seine Umwelt differenziert anders wahr, seine Aufmerksamkeit lässt, wenn er auf Symbole, wie Buchstaben und Zahlen trifft, nach, da er sie durch seine differenzierten Teilleistungen anders empfindet als nicht legasthene Menschen, dadurch ergeben sich Schwierigkeiten beim Erlernen des Lesens, Schreibens oder Rechnens.“

Ursache:
Derzeit werden unter anderem die folgenden Ursachen diskutiert:



Genetik: Da in Familien häufig mehrere Familienmitglieder von Legasthenie betroffen sind, wird in jüngerer Zeit verstärkt eine genetische Komponente diskutiert. Da die Konkordanz für Legasthenie bei eineiigen Zwillingen 68 %, bei zweieiigen Zwillingen hingegen nur 38 % beträgt, ist ein substantieller genetischer Einfluss nicht von der Hand zu weisen. Man vermutet eine polygenetische Ursache mit Bezug zu den Chromosomen 2, 3, 6, 18 und vor allem 15. Ein deutsch-schwedisches Forscherteam hat 2006 auf dem 6. Chromosom ein Gen mit der Bezeichnung DCDC2 identifiziert (GeneID 51473), das mit Legasthenie anscheinend deutlich korreliert ist. Es wird angenommen, dass dieses Gen bei der Entwicklung des Gehirns und dabei insbesondere bei der Migration der Nervenzellen im fetalen Gehirn eine Rolle spielt. Daneben werden aber auch noch verschiedene andere Gene bzw. Genvarianten als Ursache der Legasthenie diskutiert, sodass derzeit nicht von einer monogenetischen Ursache ausgegangen werden kann.





Neurologie: Bereits Neugeborene aus Risikofamilien zeigen abweichende Hirnstrommuster bei der Darbietung sprachlicher und nicht-sprachlicher akustischer Stimuli. Auch bei Schülern und Erwachsenen mit Legasthenie konnten mit Hilfe von bildgebenden Verfahren beim Lesen Abweichungen der Aktivierungsmuster in der Großhirnrinde nachgewiesen werden. Diese betreffen vorwiegend die sprachverarbeitenden Zentren im Schläfen- und Stirnlappen der linken Hirnhälfte, in der im Vergleich zu nicht-legasthenen Personen andere Aktivierungszentren und -lokalisationen zu finden sind. Man beobachtete auch, dass die zuständigen Hirnzentren nicht ausreichend synchron arbeiten oder nicht ausreichend vernetzt sind. Weiterhin liegen Hinweise auf ein Defizit in der Verarbeitung schneller Folgen von Stimuli vor, das auf eine weniger effiziente Erregungsweiterleitung in der Seh- und Hörbahn zurückzuführen ist.





Wahrnehmungs- und Blickfunktionsstörungen: Störungen der auditiven und/oder visuellen Wahrnehmungen sowie Störungen der Blicksteuerung können zu einer Legasthenie und Dyskalkulie beitragen, auch wenn periphere Hör- und Sehprobleme Ausschlusskriterien einer Legasthenie-Diagnose sind. Die Blicksprünge (Sakkaden) von Kindern mit Legasthenie sind oft zeitlich unpräziser als diejenigen gleichaltriger Kinder, und bis zu 60 % der legasthenischen Kinder haben Probleme, ihren Blick bewusst präzise so zu steuern, wie es beim Lesen von Text nötig ist (siehe auch Punkt 2. Neurologie).




Zusammenhang Legasthenie und Sprachentwicklungsverzögerung: Risikofaktor Sprachentwicklungsverzögerung: Kinder durchschreiten meistens mit zirka 18 bis 24 Monaten die 50-Wort-Grenze und beginnen Zweiwortsätze zu verwenden. 13 bis 20 % der Kinder verfügen jedoch auch im Alter von 24 Monaten noch nicht über 50 Wörter. Diese Kinder bezeichnet man als „late talkers“, zu Deutsch „Spätsprecher“. Etwa die Hälfte der „late talkers“ holt den Entwicklungsrückstand bis zu einem Alter von drei bis vier Jahren wieder auf (sog. „late bloomers“ zu Deutsch „Spätzünder“), bei der anderen Hälfte manifestiert sich eine Sprachentwicklungsstörung. Bei etwa 50 % der Kinder mit einer Sprachentwicklungsverzögerung tritt wiederum in der Folge eine Legasthenie auf. Man kann also sagen, dass ungefähr ein Viertel der Kinder, die im Alter von 24 Monaten noch keine 50 Wörter verwenden können und noch nicht in Zweiwortsätzen sprechen, später eine Legasthenie entwickeln.




Phonologische Informationsverarbeitung: Die phonologische Bewusstheit ist der wichtigste Einzelprädiktor (= Merkmal mit Vorhersagekraft) der Leseentwicklung, und es konnte ein enger Zusammenhang zwischen ihr und der Rechtschreibleistung nachgewiesen werden. Etwa zwei Drittel der Kinder, die später eine Lese-Rechtschreib-Störung entwickeln, können bereits im Vorschulalter oder zum Zeitpunkt der Einschulung anhand von Schwächen der phonologischen Bewusstheit erkannt werden.


Abgrenzung der Begriffe LRS und Legasthenie
Bei Kindern mit Legasthenie, die nur im Lese- und Schreibbereich (und Kinder mit Dyskalkulie nur bei Rechenaufgaben) schlechte Leistungen zeigen, in anderen Fächern aber nicht, spricht man von einer Teilleistungsstörung.
Es handelt sich also bei der Legasthenie um ein Problem normal-, oft hochbegabter Kinder, die trotz normalen Schulbesuchs nicht die für ihre Altersgruppe erwartbaren Lese- und Schreibfähigkeiten erwerben. Das macht sie zu einer Randgruppe, weil in unserem Kulturkreis von einer mangelnden Rechtschreibfähigkeit fälschlich auf mangelnde Intelligenz geschlossen wird. Die betroffenen Kinder sind sich ihrer Defizite sehr häufig bewusst. Um zu verhindern, dass ihre Schwächen entdeckt werden, setzen sie oft Vermeidungsstrategien in Gang, was zu Verhaltensstörungen sozialer und emotionaler Art führen kann.


Erkennen von Legasthenie:

Welche Anzeichen für Legasthenie gibt es im Vorschulalter?
- Das Erlernen des Klarsprechens erfolgt später, als erwartet, Phrasen werden vermischt bzw. verwechselt
- Das Kind spricht schneller als es handelt
- Verwendung von ähnlichen oder Ersatzwörtern
- Verwendung von falschen Bezeichnungen, z.B. Lampenschirm für Laternenpfahl
- Durcheinanderbringen von richtungweisenden Wörtern, z.B. hinauf/hinunter, innen/außen
- Erhöhte Kreativität
- Probleme beim Erlernen von Kinderliedern
- Probleme beim Reimen von Wörtern
- Problem beim Herausfinden eines nicht passenden Wortes
- Krabbelte nicht oder nur wenig ausgiebig
- Probleme mit „Abläufen“ (Reihungen), z.B. farbige Perlen aneinanderreihen

Welche Anzeichen für Legasthenie gibt es bei Kindern unter oder mit 9 Jahren?
- große Schwierigkeiten beim Lernen des Lesens und Schreibens
- ständiges und fortlaufendes Vertauschen von Zahlen und Buchstaben, z.B. 15 für 51; b für d
- Problem beim Unterscheiden von rechts und links
- Schwierigkeiten beim Behalten des Alphabets, beim Multiplizieren von Tabellen und im Erinnern von Reihenfolgen wie z.B. der Tage der Woche, der Monate des Jahres und der Jahreszeiten
- Fortlaufende Schwierigkeiten beim Binden von Schuhbändern, Ball fangen, Seilspringen usw.
- Unaufmerksamkeit
- Frustration, die zu Verhaltensproblemen führen kann

Welche Anzeichen für Legasthenie gibt es bei Kindern von 9 – 12 Jahren?
- fortlaufende Fehler beim Lesen, Fehlen des Leseverständnisses
- sonderbare Aussprache, Buchstaben werden z.B. ausgelassen oder in der falschen Reihenfolge ausgesprochen
- für Schreibarbeiten wird eine überdurchschnittlich lange Zeit benötigt
- Desorganisation zu Hause und in der Schule
- Probleme beim genauen Abschreiben von der Tafel oder dem Lehrbuch
- Probleme beim Niederschreiben (Aufschreiben) von mündlichen Anweisungen
- Wachsender Mangel an Selbstvertrauen und wachsende Frustration

Welche Anzeichen für Legasthenie gibt es bei Schülern mit 12 Jahren und älter?
- Neigung falsch (ungenau) oder nicht zusammenhängend zu lesen
- inkonsequentes Buchstabieren
- Probleme beim Planen (Entwerfen) und Schreiben von Aufsätzen
- Neigung, mündliche Anweisungen und Telefonnummern durcheinander zu bringen
- ernsthafte Problem mit fremden Sprachen
- geringes Selbstvertrauen

Behandlung
Legasthenie kann sehr effektiv behandelt oder die Lernsituation kann verbessert werden, wenn sie frühzeitig erkannt wird. Am erfolgreichsten sind präventive Maßnahmen vor dem eigentlichen Schriftspracherwerb oder im ersten Schuljahr. Diese präventiven Maßnahmen basieren auf der Diagnose und Förderung der phonologischen Bewusstheit. Idealerweise sollten potentielle Schwierigkeiten erkannt und angegangen werden, bevor Probleme im Schriftspracherwerb überhaupt in Erscheinung treten.
Bleiben bei einem Kind dauerhafte Probleme in der Schriftsprache bestehen, so empfiehlt es sich, so frühzeitig wie möglich mit der Förderung zu beginnen. Interventionsmaßnahmen entfalten ihre größte Wirkung in den beiden ersten Grundschuljahren, danach chronifizieren die Probleme sehr rasch. Es gibt zahlreiche effektive Verfahren, die je nach Alter des Kindes und der individuellen Symptomatik zu Verbesserungen der Lese- und/oder Rechtschreibleistung führen können. Meist wird aber kein durchschnittliches Schriftsprachniveau erreicht und bei einem Teil der Kinder bestehen die Probleme trotz intensiver, langjähriger Förderung fort. In diesen Fällen hat die Entlastung des betroffenen Schülers vom schulischen Notendruck Priorität (siehe „Legasthenie, Gesellschaft und Schule“). Da eine Legasthenie häufig von einer massiven Sekundärproblematik wie z. B. Schulangst begleitet wird, ist oftmals eine Ergänzung durch zusätzliche psychologische Interventionen nötig. Die Behandlung von Begleitstörungen beinhaltet unter anderem:


Abbau von leistungsbezogenen Ängsten und Aufbau von Lernmotivation, Übungen zur Konzentration und Entspannung, die Erarbeitung von Selbsthilfemethoden, Techniken der Fehlerkontrolle und Selbstbestätigung
Einübung von Bewältigungsstrategien: Verarbeiten von Fehlererfahrung und Versagenserlebnissen Behandlung spezifischer psychopathologischer Symptome wie z. B. Schulangst, Einnässen oder dissoziale Entwicklung


Quelle: http://www.legasthenieverband.org/fragen_und_antworten/ & Wiki

Efna
25.03.2014, 22:00
Ich bin ja Legasthenikerin, ist ja bekannt. Naja es gibt dann halt immer ein bestimmtes Klientel die meinen die müssten sich wichtig machen und nach Rechtschreib und Grammatikfehlern suchen...

PS: Diese Leute glauben halt das Legasthenie ein Zeichen von Dummheit ist, was aber falsch ist.

Heifüsch
25.03.2014, 22:04
Ich bin ja Legasthenikerin, ist ja bekannt. Naja es gibt dann halt immer ein bestimmtes Klientel die meinen die müssten sich wichtig machen und nach Rechtschreib und Grammatikfehlern suchen...

Weiß der Strandwanderer das? Falls ja wäre das ein weiterer Grund, ihm aus dem Weg zu gehen...

Efna
25.03.2014, 22:07
Weiß der Strandwanderer das? Falls ja wäre das ein weiterer Grund, ihm aus dem Weg zu gehen...

Der taucht hier auch noch auf....

Krabat
25.03.2014, 22:13
Ich bin ja Legasthenikerin, ist ja bekannt. Naja es gibt dann halt immer ein bestimmtes Klientel die meinen die müssten sich wichtig machen und nach Rechtschreib und Grammatikfehlern suchen...

PS: Diese Leute glauben halt das Legasthenie ein Zeichen von Dummheit ist, was aber falsch ist.

Es wäre nicht gut, das an Deinem Beispiel zu erörtern.